Protocol of the Session on June 22, 2000

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Frau Simon erhält das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn es diesen Vorfall im Bezirksamt Altona gegeben hat – ich habe daran keine Zweifel, weil Sie das Schreiben zitiert haben –, werden wir diesem auch nachgehen. Wir sind uns mit der Senatorin einig, daß Hilfen zur Arbeit ganz gezielt und speziell im Sinne der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger angewandt werden müssen. Wir streben eine individuelle Vermittlung in Arbeit an, wenn sie möglich ist.

(Zuruf von Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Ich möchte jetzt erst einmal ausreden, Frau Uhl, und dann können Sie sich nach mir gerne noch einmal zu Wort melden.

In einem langen und ausführlichen Gespräch muß die persönliche Situation dieser Menschen ausgelotet werden. Das kann bedeuten, er oder sie ist noch nicht in der Lage, in Arbeit vermittelt zu werden.Wir müssen ihnen unter Umständen psychosoziale Betreuung zukommen lassen und anderweitige Maßnahmen nennen, um beispielsweise die Schuldenproblematik oder Suchtproblematik zu lösen. Ich nenne das Stichwort „Maatwerk“. Wenn es möglich ist und die Qualifikation bei diesen Menschen vorhanden ist, heißt es, es wird für sie eine Arbeit gesucht. Das ist nicht der Verweis auf „Bild“-Zeitungs-Annoncen. Wenn wir dies gezielt umsetzen wollen, ist es wichtig, diesbezüglich auch das Sozialamt Altona zu überzeugen, damit das, was da passiert ist – auch wenn es ein Einzelfall ist, der schon schlimm genug ist –, nicht wieder vorkommt. Viele Menschen, die Sozialhilfe beziehen – aus welchen Gründen auch immer –, verfügen über keine Qualifikation, die es ihnen ermöglichen würde, in ein existenzsicherndes Arbeitsverhältnis zu kommen. Wir müssen bei diesen Menschen ganz gezielt Weiterbildung, Qualifikationsmaßnahmen vorschalten, bevor – hoffentlich – der Übergang in die Arbeit als Chance und Perspektive begriffen wird. Für mich, Herrn Grund, für meine Kolleginnen und Kollegen sowie die SPD ist es selbstverständlich, daß es ein existenzsicherndes, tariflich bezahltes Arbeitsverhältnis ist. Alles andere würden wir nicht mittragen.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort hat Frau Sudmann.

Es gibt in Hamburg sehr viele Menschen, die glauben, daß Sozialhilfe etwas mit Luxus zu tun hat und daß Sozialhilfebezug ein ganz toller Zustand ist, in dem die Menschen gerne bleiben wollen.

(Uwe Grund SPD: Das ist nicht so!)

Erstaunlicherweise befinden sich die meisten Menschen, die das glauben, hier. Am liebsten würde ich Ihnen emp

(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

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fehlen, mindestens ein, zwei Monate nur von Sozialhilfe zu leben, ohne Erspartes zu haben. Sie könnten auch einmal ein paar Wochen im Sozialamt arbeiten, um mitzubekommen, über welche Menschen Sie eigentlich reden.

(Farid Müller GAL: Aber Sie wissen es besser!)

Ich weiß es besser, ich habe da lange genug gearbeitet, Herr Müller. Insofern sollten Sie sich etwas zurückhalten.

Was ist schlimm an den Stellenmarktanzeigen in der „Bild“Zeitung? Es sind Anzeigen, es sind Angebote, aber es sind keine Zusagen, daß man eine Stelle bekommt. Der Bescheid, aus dem zitiert wurde, hieß:

„Wir stellen die Sozialhilfe ein, weil es Stellenanzeigen gibt.“

Das ist unmöglich, und dem sollten Sie nachgehen.

(Uwe Grund SPD: Sie sollen sich bewerben!)

Die Bescheide zeige ich Ihnen gern.

Sie verschweigen alle, daß wir in Hamburg zur Zeit 11 500 offene Stellen und 75 000 Erwerbslose haben. Da können Sie nicht sagen, ein Sozialamt kann mit gutem Gewissen auf freie Stelle verweisen.

Herr Grund, ich frage mich, was ich machen soll, wenn Sie mein Gewerkschaftsvorsitzender wären und sagen, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können das ändern, wenn es keine Tarifverträge gibt. Wenn ich irgendwo frisch eingestellt werde und sage, was ihr hier macht, ist gegen Gewerkschaft, das mache ich nicht länger mit, dann habe ich diese Stelle drei Tage.Dann komme ich zurück zum Sozialamt – und was passiert? Mir wird die Sozialhilfe gestrichen. Das ist doch absurd.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Einen positiven Aspekt konnte ich immerhin feststellen. Sie sagen, auch Ihnen sind Standards wichtig, auch Sie wollen tarifgerechte Bezahlung. Dann verstehe ich nicht, warum Sie das hier so pauschal ablehnen.Sie sind so weit von der Realität und von Leuten, die Sozialhilfe bekommen, entfernt, daß Sie überhaupt nicht mehr wissen, worüber Sie reden.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen zur Abstimmung.Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dieser Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf: Große Anfrage der SPD zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien: Drucksache 16/4162.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Fördermaßnahmen zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien angesichts veränderter bundespolitischer Rahmenbedingungen – Drucksache 16/4162 –]

Vom wem wird das Wort begehrt? – Das Wort erhält Frau Dr. Schaal.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein Boulevardblatt, das nachhaltig unsere Meinung prägt, bescheinigt uns heute, daß die gestrige De

batte über den Atomkonsens gar nichts mit Hamburg zu tun hätte. Gegendarstellung:

Energiepolitik ist nicht nur eine nationale, sondern durchaus auch eine regionale Angelegenheit. Energiepolitik bedeutet effiziente Nutzung vorhandener Energien, Einsatz erneuerbarer Energien und vor allen Dingen Energiesparen. Ein riesiges Potential zum Energiesparen besteht im Wohnungsbereich, vor allen Dingen bei Altbauten. Sie verursachen 95 Prozent aller CO2-Emissionen. 70 Prozent aller Altbauten sind nach Berechnungen des Fraunhofer Instituts in Stuttgart modernisierungsbedürftig. Hier schlummert ein ungeheures Potential zum Klimaschutz. Wie man das weckt, meine Damen und Herren, demonstriert die Hamburger Umweltbehörde mit ihren Förderprogrammen zur Energieeinsparung und zur Nutzung erneuerbarer Energien.

Mit 10 Millionen DM erscheint der Etat für die Fördermaßnahmen relativ gering, aber sie sind eingebettet in eine umfassende Innovations- und Modernisierungsstrategie, die zu ausgesprochenen Multiplikatoreffekten führt.

Im Rahmen der Initiative „Arbeit und Klimaschutz“ lösten Fördergelder in Höhe von circa 9 Millionen DM weitere Investitionen in Höhe von 48 Millionen DM aus. Allein mit den Maßnahmen aus dem Hamburger Klimaschutzprogramm konnten 450 Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden.

Klimaschutzprogramme können aber auch mit weiteren Modernisierungsprogrammen aus der Hansestadt und aus dem Bund sowie mit Fördermitteln des Bundes für erneuerbare Energien kombiniert werden.Gestern ist viel auf der Ökosteuer herumgehackt worden.Ich möchte nur daran erinnern, daß aus der Ökosteuer ein Förderpaket von 200 Millionen DM für den Einsatz erneuerbarer Energien finanziert wird.

Nutznießer der Hamburger Förderprogramme sind vor allem große Wohnungsbauunternehmen und nicht nur die kleinen Einfamilienhäuser. Es kommt damit jedem in der Stadt zugute und nicht nur Bürgerinnen und Bürgern, die vielleicht ein „A26“-Einkommen haben.

Für die Vermietbarkeit von Wohnungen ist in den großen Unternehmen die zweite Miete ein ganz starkes Argument. Mit den Fördermaßnahmen können beispielsweise Wärmeisolierung durchgeführt und solare Warmwasserbereitungsanlagen eingebaut werden, die kräftig dazu beitragen, die Heizkosten zu senken. Außerdem herrscht in den großen Wohnungsunternehmen das Bewußtsein, daß eine Solaranlage auf dem Dach durchaus zum Imagegewinn beiträgt.

Der besondere Reiz der Hamburger Förderpolitik besteht aber nicht nur in der finanziellen Unterstützung bei der Markteinführung neuerTechnologien. Durch Informations-, Schulungs- und Weiterbildungsveranstaltungen für Handwerker, Architekten und Investoren macht die Umweltbehörde die neuen innovativen Technologien zum Energiesparen bekannt und führt in ihren Umgang ein.Tatsache ist, meine Damen und Herren, wir haben diese Technologien; viele Handwerker und vor allen Dingen Architekten kennen sie aber nicht und wissen nicht, mit ihnen in der Praxis umzugehen. Wenn sie aber in den geförderten Objekten mit diesen Technologien arbeiten, bringen sie die so gewonnenen Erfahrungen auch bei anderen Objekten, die nicht gefördert sind, mit ein. So wirken die Förderprogramme als Initialzündung für den regelhaften Einsatz von Energiespartechnologien.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Mit seiner Förderpolitik hat Hamburg über die Stadtgrenzen hinaus Maßstäbe gesetzt. Ich erinnere an das bereits Mitte 1999 abgeschlossene Niedrig-Energie-Haus-Programm. Damit hat Hamburg Standards entwickelt, die jetzt die Energiesparverordnung, die auf Bundesebene in Berlin in Arbeit ist, nachhaltig prägt. Durch den Niedrig-EnergieHaus-Standard lassen sich bis zu 70 Prozent der Heizenergie im Vergleich zu konventioneller Bauweise einsparen. Das damals 4 Millionen DM teure Programm hat heute seinen Zweck erfüllt, zumal wenn die Energiesparverordnung kommen wird und diese Standards zur Pflicht macht.

Die Umweltbehörde entwickelt dazu jetzt Qualitätssicherungsmaßnahmen. Denn was nützen die Standards im Baubereich, wenn nicht sichergestellt ist, daß sie in der Praxis korrekt umgesetzt werden.

Weiter geht es mit dem Energiesparen vom Niedrig-Energie-Haus-Standard zum Passivhaus.Dabei handelt es sich um eine sehr komplizierte Technologie mit Wärmedämmung und Wärmerückführung, die eine konventionelle Heizung im Hause überflüssig macht. Allerdings stellt dieser Standard auch an die Bewohner von Häusern sehr hohe Anforderungen. Dennoch gibt es bereits Anträge für Objekte im Geschoßwohnungsbau, die gefördert werden sollen. Bauherren wagen durchaus auch Neues.

Auch im Heizungsbau hat Hamburg durch frühere Programme Maßstäbe gesetzt. Ich erinnere an die „Hamburger Norm“ beim Heizkesselbau. Hier wurden durch immer schärfere Vorgaben bei den Emissionswerten und beim Umweltschutz Werte gesetzt, die von den Heizungsbauern eingehalten werden konnten. Letztlich wurden im Anlagenbau in der Praxis Werte erreicht, die die vom Gütesiegel „Blauer Engel“ weit unterboten haben.Trotzdem ist die Heizung der Zukunft eine kombinierte Heizungs- und Solaranlage. Mit jetzt schon 20 000 Quadratmetern Kollektorfläche auf über 1000 Häusern in Hamburg ist die Hansestadt auch bei dieser Technologie Vorreiter. Mit dem Programm „Heizung und Solar“ soll der Marktanteil bei dieser Technologie bei Erstinstallationen auf 20 Prozent, bei nachträglich eingebauten Heizungs-Solaranlagen auf 15 Prozent gesteigert werden.

All diese Beispiele zeigen, Hamburg hat sich zu einem regelrechten Kompetenzzentrum für rationelle Energienverwendung entwickelt. Darum rate ich dringend unseren Haushältern, keine Einschnitte beim bisherigen Fördervolumen vorzunehmen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und der GAL)

Angesichts der Erfolge der Energiespartechniken in der Wohnungswirtschaft sollte man dazu übergehen, diese Technologien in Bebauungspläne hineinzunehmen, selbst wenn sie nur als Merkposten für die Architekten dienen. Es ist nicht vertretbar, daß Klimaschutzpotentiale, wie sie im Wohnungsbau und im Altwohnungsbestand schlummern, nur aus Unkenntnis nicht genutzt werden.Wenn die Sanierung eines Altbaues ansteht, sollte man diese Maßnahmen zur Energieeinsparung und zum Klimaschutz aus Kostengründen mit vornehmen; dann wird es nämlich billiger.

Der Einwand, daß die Energiespartechnologien heute noch viel zu teuer seien, ist nicht mehr aufrechtzuerhalten. Erstens werden durch die massive Förderung in Hamburg – aber auch durch den Bund – langfristig die Preise gedrückt. Zweitens werden Heizöl und Gas in Zukunft nicht so preiswert bleiben wie heute. Drittens lassen sich solche Maßnahmen in Contractingvereinbarungen, zum Beispiel mit den entsprechenden Tochtergesellschaften bei HEW und

Hein Gas, langfristig finanzieren. Ein hervorragendes Beispiel haben wir in Hamburg mit der Solarsiedlung Karlshöhe, das im Contractingverfahren von der Hein-GasTochter HGC finanziert wurde.