Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Es ist eindeutig, daß dieser Antrag aus der Feder von Sozialwissenschaftlern und Pädagogen stammt. Dafür bürgen bereits die Namen der ersten Antragsteller Christier und Brockmöller. Wirtschaftlicher Sachverstand, vor allen Dingen der von Existenzgründern, ist hier nur begrenzt eingeflossen. Zunächst, Herr Christier, wäre es im Sinne der Gleichstellung, sprachlich nicht mehr zwischen Existenzgründerinnen und Existenzgründern zu differenzieren. In der Praxis findet nämlich keine Differenzierung statt. Es zählt nur unternehmerisches Können, egal, ob Mann oder Frau. Als Vorsitzende des Verbandes deutscher Unternehmerinnen in Hamburg kann ich Ihnen sagen, daß ich weiß, wovon ich rede,
zumal Untersuchungen zu diesem Thema von Professor Sonja Bischoff von der HWP dies alles klar und deutlich nachweisen. Frau Brockmöller, es ist auch so, daß die Gründungsprofile bei HEI fünfzig zu fünfzig sind, also Frau und Mann gleichermaßen. Da müssen Sie sich einmal erkundigen.
Die Probleme der Existenzgründer, egal, ob Mann oder Frau, sind gleich. Daher ist es wichtig, für beide Gruppen erforderliche Unterstützung anzubieten.Daß Frauen in Einzelbereichen andere Beratungsinteressen als Männer haben, ist natürlich und selbstverständlich, und dafür gibt es auch verschiedene Angebote.
Pleiteursache Nummer eins bei Existenzgründungen – und das sind fast 70 Prozent – sind Finanzierungsmängel. Das zeigt jede Untersuchung.In allen Fällen fehlt beim Start das eigentlich notwendige Eigenkapital. Daneben wird auch
von vielen Gründern das Risiko unterschätzt oder die Marktsituation nicht richtig gesehen.Wichtig ist also vor jeder Gründung eine eingehende Beratung. Hier existiert – dank Professor Rittershaus mit der Hamburger Existenzgründungsinitiative – ein bundesweit beispielhaftes Angebot. Da muß ich Sie unterstützen, Frau Brockmöller.
Mit dem Startgeld der Deutschen Ausgleichsbank in Höhe von 50 000 Euro gibt es bereits ein Finanzierungsinstrument für Klein- und Kleinstgründungen. Das Startgeld muß allerdings über die Hausbanken beantragt werden, und hier hakt es. Immer wieder informieren Banken potentielle Existenzgründer nicht oder nicht ausreichend über die vorhandenen Förderungsmöglichkeiten. Manchmal beraten sie sie sogar falsch oder kanzeln die Gründer von vornherein ab.
neu ordnen und ihr Interesse an den Kleinkrediten deutlich nachgelassen hat, weil sich die Banken sagen, das lohnt sich für sie nicht mehr, sie wollen nur noch die großen Kredite von über 200 000 DM. Die Initiative zur Belebung des Gründungsgeschehens ist also bei den Banken angelegt. Das erreichen wir aber nicht durch kopflastige Berichtsanträge in der Bürgerschaft. Vielmehr müssen wir eine noch engere Verknüpfung des Beratungsangebotes zwischen Existenzgründern, Beratungsstellen und Banken schaffen.
Die Bürgschaftsgemeinschaft mit der Beteiligungsgesellschaft und der HEI ist ein guter Ansatz, und den können Sie doch ungeniert ausbauen, wenn Sie wirklich etwas tun wollen. Praktische Initiative ist hier gefragt, und ein Spitzengespräch unter Federführung des Wirtschaftssenators mit Beratungsstellen, Kammern, Verbänden und Banken würde auf Anhieb sicher viel mehr bewirken. Das würde uns auch die Diskussion über eine Änderung des Gesetzes über Kreditwesen ersparen, die wieder Jahre in Anspruch nehmen würde. Nur gemeinsam mit der Hausbank kann man ein Unternehmen, egal, ob groß oder klein, auf sichere Beine stellen.
Richtig ist jedoch der Ansatz, Teilzeitgründungen verstärkt fördern zu wollen. Heute fallen Teilzeitgründungen fast durch jede Existenzförderung. Nur die Vollzeitgründung als Voraussetzung für eine Vollexistenz wird gefördert.Ich finde den Satz so schön, deshalb sage ich das jedes Mal.
Diese Initiative findet daher auch unsere Zustimmung.Dort müssen Sie konkret ansetzen. Warum nehmen Sie sich nicht einfach das Gesetz zur Existenzgründung vor und machen einen konkreten Vorschlag, was Sie schon getan haben, Frau Brockmöller, und setzen an, statt den Senat mit diesem Berichtsersuchen, das nur Show nach außen ist, zu beschäftigen. Mit diesem Berichtsantrag allein werden Sie nichts bewegen.Berichtsanträge, Prüfanträge – es kommt von Ihnen nichts anderes. Fangen Sie endlich an zu handeln. Nur vom Reden werden wir nicht satt.
Die CDU wird sich der Stimme enthalten, denn zumindest wird sich der Senat nach dem Ausscheiden von Professor Rittershaus wieder einmal mit der Existenzgründung beschäftigen, und das ist positiv für uns.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, als erstes muß ich Ihnen widersprechen, denn die Studie des Senatsamtes, die Sie erwähnt haben, und auch die Große Anfrage der GAL-Fraktion widersprechen Ihren Aussagen. Es gibt nämlich Unterschiede zwischen Existenzgründern und -gründerinnen.
Es ist richtig, daß in der Praxis nur der unternehmerische Geist zählt. Aber bis sie überhaupt einmal in die Existenzgründungsphase und in die Umsetzung dieses unternehmerischen Geistes kommen, zählt die Zugangssteuerung. Ich sage Ihnen jetzt einmal im einzelnen – ich hoffe, Sie haben die Studie gelesen, obwohl Sie das offensichtlich nicht realisiert haben –, wo die Unterschiede liegen.
Die Unterschiede liegen darin, daß Frauen in anderen Bereichen gründen, und zwar im Einzelhandel, in persönlichen Dienstleistungen, in Bereichen Erziehung und Gesundheit. Dort sind sie stärker vertreten, auch in den freien Berufen. Das ist ein Unterschied, der sich sowohl in den Investitionsvorhaben als auch dann in den Umsätzen widerspiegelt. Das müssen Sie anerkennen. Das hat mit unternehmerischem Geist überhaupt nichts zu tun,
denn die Gründungsmotivation ist bei Frauen auch deutlich unterschiedlicher als bei Männern. Da geht es nämlich mehr um eigenverantwortliches Arbeiten und nicht in erster Linie um Gewinnmaximierung und Einkommenserzielung in bestimmten Umsatzhöhen.
Bei der Planung und Realisierung der Finanzierungsvorhaben gibt es auch geschlechtsspezifische Unterschiede, die zum Teil von Frau Brockmöller schon sehr ausführlich dargestellt wurden. Die Finanzierungsquellen, die Frauen in der Regel benutzen, sind Sacheinlagen und Eigenkapital von Freunden und Verwandten – und deswegen reden wir heute darüber –, während Männer in der Regel Förderdarlehen und Bankkredite bevorzugen. Auch das ist ein deutlicher Unterschied,
der schon zielgerichtete Handlungsnotwendigkeiten ableitet, und das Senatsamt und die Wirtschaftsbehörde werden diese Ergebnisse auch entsprechend umsetzen.
Wir hatten schon gesagt, daß bei der Gründung – das ist bei Männern und Frauen gleich, da gebe ich Ihnen recht – das Hausbankprinzip der eigentliche Engpaß ist. Richtigerweise müssen dort auch gezielt andere Maßnahmen ergriffen werden. Die Banken sind an diesen Kleinstgründungen nicht interessiert. Wir müssen also finanzielle Anreize anbieten, um den Banken auch die Möglichkeit zu eröffnen, bei Kleinstvorhaben null bis 100 000 DM auch tätig zu werden. Gütesiegel und Beratungsscheine sind möglicherweise auch ein Mittel, um das zu erreichen. Aber es gibt – und das haben Sie auch richtigerweise benannt –
das von der Deutschen Ausgleichsbank aufgelegte Startgeld. Das ist relativ erfolgreich für Kleinstgründungen, so auch für Frauen. Im übrigen betrifft das auch Migrantinnen. Das haben Sie beide außer acht gelassen. Wir haben jetzt schon eine relativ hohe Erfolgsquote bei dieser Beantragung des Startgeldes. In diesem Jahr sind 37 Prozent der Antragstellerinnen Frauen. Aber auch da wäre es wichtig, dieses Programm der Deutschen Ausgleichsbank deutlicher zu verbreiten und darüber zu informieren. Eine Möglichkeit, das jetzt umzusetzen, wäre zum Beispiel, diese Fördermaßnahme über die Sparkassen abzuwickeln, vielleicht hier über die Hamburger Sparkasse. Natürlich muß das noch einmal geprüft werden, weil 78 Prozent der Anträge über die Sparkassen erfolgt sind.
Die Frage ist, wie schnell wir handeln müssen – und nach Frau Ahrons müssen wir ziemlich schnell handeln – und ob es möglicherweise wichtig ist, jetzt sehr schnell ein Konzept vorzulegen, daß eine Bank auch all diese Angebote, die wir in Hamburg aufgelegt haben, umsetzen kann.
Sie hatten – und das finde ich auch sehr wichtig – die verstärkte Haftungsfreistellung erwähnt. Wir haben in Hamburg das Problem, daß wir über die Bürgschaftsgemeinschaft nur für große Investitionsvorhaben eine Haftungsfreistellung und Sicherheitsleistungen übernehmen können. Da wäre es auch dringend erforderlich – und das zeigt auch die Studie des Senatsamtes –, eine vermehrte Haftungsfreistellung als Förderinstrument für Kleinstvorhaben einzusetzen. Es gibt da ein gutes Beispiel aus Brandenburg.Dort können seit Januar 2000 Kreditbürgschaften für kleine und mittlere Unternehmen bis zur Größenordnung von 100 000 DM über einen Bürgschaftsfonds zur Verfügung gestellt werden. Etwas Ähnliches könnten wir sinnvollerweise auch hier in Hamburg einführen. Dennoch haben wir schon gute Beratungsleistungen in Hamburg. Wir haben das Gründungsnetzwerk, das bis auf die Kapitalvergabe alles Notwendige anbietet. Frau Brockmöller, Sie haben von diesen Strukturgesellschaften in den USA gesprochen. Ich bin nicht der Meinung, daß wir genau dies auch hier brauchen und umsetzen sollten, sondern vielmehr, daß das von der Wirtschaftsbehörde und der HEI bereits aufgelegte Programm unter all den Prämissen, die wir gemeinsam genannt haben, auch überprüft und verbessert werden könnte. Die Frage in bezug auf Kleinstgründungen ist ja, wohin wende ich mich als erstes und wer gibt mir die nötigen Informationen und Gespräche. Die Praxis, Frau Ahrons, weil Sie sagen, Sie seien die Praktikerin, was ich Ihnen auch nicht absprechen möchte, hat gezeigt, daß gerade bei Kleinstgründungen durch Frauen das Scheckheft sehr gut ist.Die Beratungsleistung von der HEI in bezug auf diese Kleinstgründungen ist allerdings noch nicht adäquat angepaßt. Da gibt es einen Handlungsbedarf.
Ich habe mich spaßeshalber einmal selbst bei meiner Hausbank erkundigt. Als ich dann endlich zu dem entsprechenden Berater vorgedrungen war, mußte ich feststellen, daß ich diesem Berater mehr sagen als er mir vermitteln konnte. Das darf natürlich in Zukunft, wenn wir dieses Hausbanken-Prinzip verändern wollen und auch müssen, nicht mehr passieren.
Richtig ist, daß wir Teilzeitgründungen brauchen und auch entsprechend fördern müssen. Das ist im Rahmen der Hamburger Möglichkeiten im Moment noch nicht möglich. Das „hep“, die Initiative der Hamburger Hochschulen und ihrer Partner – eine sehr begrüßenswerte Initiative –, zeigt auch ganz deutlich, daß es geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Frau Ahrons, die Zahlen zeigen, daß die in
teressierten Frauen in der Regel in der Minderheit waren und die Gründerjobs an die Kollegen vergeben wurden. Das zeigt, daß dringend Handlungsbedarf geboten ist, der sich dann in der Praxis natürlich auch rechnet, weil Frauen im Vergleich zu Männern sehr viel weniger Konkurs anmelden.
Auch das Existenzförderungsprogramm des Handwerks und der gewerblichen Wirtschaft muß verbessert werden. Es gibt hier die sogenannte Positivliste, die tatsächlich ein Problem darstellt. Es handelt sich nämlich hierbei um Wirtschaftsbereiche, in denen Frauen als Existenzgründerinnen nicht vertreten sind. Somit sollten wir, um sie nicht weiter von diesem Programm auszuschließen, diesen Bereich vor allen Dingen für Dienstleistungen und Freiberufe beziehungsweise ganz öffnen. Das wäre das allerbeste.
Einige Anmerkungen – auch in Richtung Wirtschaftsbehörde, die heute leider nicht vertreten ist – zur Antwort auf die Große Anfrage der GAL: Neue Unternehmen und Gründungskultur in Hamburg, die uns doch etwas in Erstaunen versetzt hat. Es gibt natürlich Kritik anzumelden in bezug auf Existenzgründerinnen und auch Migrantinnen. Es zieht sich durch diese Große Anfrage immer wieder die Bemerkung, Männer und Frauen und Migrantinnen sprechen wir gleichermaßen an, das geht jetzt in Ihre Richtung, Frau Ahrons, daß es angeblich keine Unterschiede bei Existenzgründungen gibt. Wir wissen aber aufgrund der Studie des Senatsamtes, daß es diese Unterschiede gibt, und die werden auch teilweise in dieser Großen Anfrage deutlich benannt. Es wird einfach verkannt, daß es im Moment spezifische Bedarfe gibt, die wir auch anerkennen müssen. Wenn wir die Potentiale dieser Existenzgründer, die sozusagen in den Puschen stehen, unter Frauen, unter Migrantinnen auch nutzen wollen, dann müssen wir die Fördersystematik verbessern beziehungsweise anpassen.
In der Großen Anfrage ist auch die Statistik ein weites Kritikfeld. Fast die gesamte Statistik ist nicht geschlechtsspezifisch aufgeschlüsselt. Aber wenn wir die Frage nach Gründerinnen und Migrantinnen unter den Gründerinnen beantworten wollen, muß diese Aufschlüsselung dringend erfolgen und Gewerbe wird angemeldet. Dies wäre für die Erfassung in der Statistik nur eine weitere Zusatzfrage, die leicht zu erheben wäre.
Fazit:Wir sollten überlegen, ob wir nicht mittelfristig ein spezielles Existenzgründerinnen-Programm für Existenzgründerinnen und Migrantinnen in der Stadt auflegen müßten, das all die vorgenannten Überlegungen auch mit einbezieht. Hier ist auch sehr die Zusammenarbeit der Wirtschaftsbehörde mit dem Senatsamt für die Gleichstellung gefragt, um auf diese spezifischen Erfordernisse von Kleinstgründerinnen und Migrantinnen einzugehen.
Wir erleben hier – Sie haben es angemerkt, Frau Brockmöller – einen Boom. Wir sind Spitze im Rahmen der Existenzgründungen. Wir erleben eine unglaublich hohe Anzahl der Existenzgründungen, zum Beispiel im Rahmen des IT-Bereiches – alles hervorragend –, aber wir müssen uns auch in Zukunft die Frage stellen, um welche Arbeitsplätze es hier geht. Gibt es so etwas wie arbeitsgesetzliche Regelungen, gibt es so etwas wie eine Arbeitszeitgestaltung im Sinne der Menschen, die dort arbeiten und nach der Rund-um-die-Uhr-Tätigkeit auch oftmals frühzeitig ausgebrannt sind.