Protocol of the Session on June 21, 2000

„Wir werden die Entsorgung blockieren, indem wir keine Zwischenlager genehmigen, damit diese ganze Kiste in den Dreck fährt.“

Das finde ich schon sehr stark. Das sind ganz neue Töne der Opposition. Da frage ich mich dann allerdings auch, wo die Glaubwürdigkeit bleibt, da von Ihnen und Ihren Parteifreunden früher immer auf die Sicherheit der Entsorgung hingewiesen wurde.Jetzt ist offensichtlich Herr Stoiber derjenige, der die Entsorgung blockiert. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Dr. Roland Salchow CDU: Aber Ihre Zwischenlager sind doch das unsichere Ding!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Engels.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Schmidt, daß Sie einen Kommentator der „Le Monde“ aus Frankreich zitieren müssen, dessen Auffassung nicht unbedingt die Auffassung der Redaktion wiedergibt, um einen Beleg dafür zu finden, daß am deutschen Ausstiegswesen der Rest der Welt anfängt zu genesen, ist ein Armutszeugnis sondergleichen und zeigt auch, wie weit Sie sich in Ihrer ideologischen isolierten Befangenheit befinden.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte aber noch einmal zur Energiekonzeption kommen. Meine Damen und Herren, diese Konsensabmachung – man weiß noch nicht, wie man es so richtig nennen soll – enthält durchaus eine ganze Reihe von konkreten Zahlen. Ganz konkret würde zum Beispiel eine Abschaltung oder ein Auslaufenlassen aller Kernkraftwerke jährlich ein Mehr an 190 Millionen Tonnen CO2, des wichtigsten Treibhausgases, bedeuten.

Nun weiß ich natürlich auch, Herr Porschke, daß Sie alle möglichen Zielsetzungen ökologischer Art, Energiesparen, regenerative Energie und so weiter haben.Aber in dem Au

genblick, in dem Sie in Konsensgesprächen Vereinbarungen treffen, muß ein Konzept so aussehen, daß Sie konkret sagen, wieviel Windenergie, Solarenergie und Import benötigt werden; dann brauchen wir Zahlen.

(Dr. Monika Schaal SPD: Abwarten!)

Alles andere sind Wunschträume und Gesundbetereien, die uns nicht weiterhelfen, und sind erst recht kein Konzept.

(Beifall bei der CDU – Dr. Martin Schmidt GAL: Das geben wir zu Protokoll!)

Die Ökosteuer als Konzept zu bezeichnen, nur weil davor „Öko“ steht; sie ist in Wirklichkeit ein großer Beitrag zur Rentenversicherung und fließt ansonsten in den allgemeinen Haushalt hinein;

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Das hat Frau Merkel vor den Wahlen eingefordert!)

es hat überhaupt nichts mit ökologischem Konzept zu tun. Schon der Name ist eine Lüge.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Frau Merkel hat gelo- gen!)

Kommen wir doch einmal auf den Konsensvertrag zurück. Dort wird vom Einstieg in die direkte Endlagerung gesprochen.Und was wird tatsächlich verabredet? Zwischenlager. Wie lange diese betrieben werden sollen, steht völlig in den Sternen. Im Moment sieht es tatsächlich so aus, daß diese Zwischenlagerung neunzehnmal in der Bundesrepublik – um Hamburg herum viermal – in den angeblich so gefährlichen Castor-Behältern für diese Bundesregierung die sogenannte Endlagerung ist. Daß das keine Endlagerung ist und zusätzliche Unsicherheiten schafft, liegt doch auf der Hand.

Im übrigen ist genau an dieser Stelle, an der die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen zu Recht angreifen, der Knackpunkt. Dort sind nämlich die Länder direkt bei den Genehmigungsverfahren mit eingebunden und müssen in den entsprechenden gesetzlichen Verfahren mit berücksichtigt werden.Damit kommen sie nicht mehr alleine, sondern nur mit Hilfe der Mehrheit der jetzigen Bundesregierung durch.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Und billigen Sie das?)

An der Stelle möchte ich noch einmal etwas bemerken, weil ausgerechnet der Bürgermeister eben die Bemerkung machte: „Das ist aber eine müde Debatte.“

Interessant ist, was der Vorstandsvorsitzende zu diesem Konsensvertrag gesagt hat. Er hat gesagt: „Die HEW ist nicht gefragt worden!“ Es gibt auch diverse Fragezeichen, wie die Hamburger Electricitäts-Werke selbst – eine sehr wichtige Frage für unsere Stadt – mit diesem Konsens umgehen werden. Da ist es schon sehr bemerkenswert, daß der Umweltsenator an diesem Pult hier den Bürgermeister als Aufsichtsratsvorsitzenden laut fragt, was er eigentlich zu dieser Situation zu bemerken habe. Ausgerechnet dieser Bürgermeister besitzt die Stirn zu sagen: „Das ist aber eine müde Debatte.“

Herr Bürgermeister, Sie haben hier eine Verantwortung für Hamburg. Nun einfach auf Tauchstation zu gehen, ist gegenüber diesem Parlament und im übrigen gegenüber der Hamburger Öffentlichkeit wirklich nicht zu dulden. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Silke Urbanski SPD)

(Dr. Monika Schaal SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Jobs.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Bürgermeister redet offenbar nicht, obwohl Atomausstieg im Koalitionsvertrag doch zur Chefsache gemacht worden ist; Herr Engels hat es gerade noch einmal provoziert. Herr Runde äußert sich nicht, weil er eingestehen müßte, daß er vor der HEW, vor der Atomlobby eine der größten Niederlagen eingesteckt hat, die er gemäß dem Koalitionsvertrag einstecken konnte;

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

er hat sich nämlich nicht durchgesetzt mit seiner Position.

Herr Bühler, du mußt schon Schwielen an den Händen haben vom Zurückrudern in der letzten Woche. Nachdem die ersten Äußerungen zu den Ergebnissen auf den Tisch gekommen sind, stimmt es schon ein bißchen nachdenklich, wie wohl in der letzten Zeit die Daumenschrauben angelegt worden sind, damit sich deine Position doch noch so verändert.

An die CDU gerichtet: Ich weiß nicht, warum Sie sich aufregen.

(Zuruf von der CDU: Tun wir gar nicht!)

Natürlich regen Sie sich auf. Sie sagen: Die arme Atomlobby wird jetzt ein Problem haben. Ich zitiere einmal Herrn Majewski, der Vorstandsvorsitzender der Bayernwerke und Präsident des Deutschen Atomforums ist.

(Michael Dose SPD: Den zitieren Sie sonst ja auch nicht!)

Er hat gesagt:

„Unser erklärtes Ziel, die deutschen Kernkraftwerke zu wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen weiterhin nutzen zu können, haben wir erreicht.Die Bundesregierung wäre in der Lage gewesen, den Bestand und Betrieb der Kernkraftwerke nachhaltig zu beeinträchtigen.“

Sie wäre in der Lage gewesen und hat darauf verzichtet. Daher komme ich noch einmal auf diesen Punkt.Was wäre eigentlich möglich gewesen? Wir haben in der letzten Zeit immer wieder gehört, daß ein Konsens mit der Atomenergie angesichts der Bedrohung durch die Atomtechnologie nicht notwendig ist. Es ist auch möglich, ein Ausstiegsgesetz im Dissens durch den Bundestag zu bringen und damit die Atomwirtschaft zu zwingen, ihre unverantwortlich gefährliche Technologie abzuschaffen. Darauf hat die Regierung verzichtet. Das nenne ich eine der größten Niederlagen, die sie einstecken konnte.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Ich komme noch einmal zu zwei inhaltlichen Aspekten. Ich glaube, Herr Porschke hat gesagt, daß vereinbart wurde, die Wiederaufarbeitung im Jahre 2005 zu beenden, und das sei ein Erfolg.

Es ist eigentlich bekannt:Es gibt keinen einzigen Vertrag eines deutschen Energieversorgungsunternehmens mit einer Wiederaufarbeitung, der über das Jahr 2005 hinausgeht, weil den Betreibern inzwischen selbst deutlich geworden ist, daß sich diese Technologie nicht rechnet und das Image schädigt, weil sie die Meere dieser Welt verseucht.

(Dr. Roland Salchow CDU: Na, na!)

Dieser Erfolg ist kein Erfolg, weil es tatsächlich nichts weiter ist als ein Auslaufen der Verträge. Deshalb ist es albern, wenn ihr das auf eure Fahnen schreibt.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Zu den Zwischenlagern. Es werden neue Atomanlagen entstehen; die Zwischenlager, Axel Bühler. Immer wieder, auch in der letzten Debatte, hast du und auch Alexander Porschke hier gesagt: Natürlich sind Zwischenlager nur dann akzeptabel, wenn es festgeschriebene Restlaufzeiten für alle Atomkraftwerke gibt.Diese festgeschriebenen Restlaufzeiten gibt es nicht. Es gibt die freie Verfügbarkeit der Atomwirtschaft, dieses hin und her zu tauschen. Sie sind diejenigen, die entscheiden, welches Atomkraftwerk wie lange laufen kann, und dementsprechend gibt es keine festgeschriebenen Restlaufzeiten und auf der Grundlage eurer Argumentation keine Legitimation für neue Zwischenlager rund um Hamburg. Deren Sicherheitsstandards müssen dazu aus eurer Sicht natürlich auch so bedenklich sein, daß sie zu diesem Zeitpunkt nicht zu genehmigen sind.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Und nun noch einmal zur Hamburger Situation, Alexander Porschke. Über das Bemühen des Hamburger Senats, auf die HEW einzuwirken, haben wir hier auch schon das eine oder andere Mal geredet. Ihr habt immer wieder gesagt, ihr hättet mit der HEW mal gesprochen, aber die wollten nicht so richtig und sie brauchten es eigentlich auch nicht, weil auf Berliner Ebene schon alles geregelt wird. Der Bürgermeister selbst hat hier gesagt, daß der Atomkonsens auf Berliner Ebene es schon regeln wird, daß eines der Hamburger Atomkraftwerke zum Jahre 2002 vom Netz geht. Das wird, wenn alles so läuft, wie es die Atomwirtschaft vorhat, nicht der Fall sein. Dementsprechend habt ihr hier in Hamburg ohne Not die Möglichkeiten, die es gibt, den Atomausstieg tatsächlich voranzubringen, aus der Hand gelegt. Alexander, Herr Runde, ihr habt die Sache des Atomausstiegs, mit den gegebenen Möglichkeiten den Atomausstieg auch nur ein kleines Stück voranzubringen, in Hamburg völlig verrissen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Bühler.

Herr Jobs, nur kurz zu Ihnen:Ich glaube, mit Ihnen wären wir bestimmt nicht weitergekommen.

(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke: Das stimmt!)