Protocol of the Session on May 24, 2000

Wir haben den Senat gebeten, das im neuen Hamburgischen Hochschulgesetz mit einzubauen. Wenn ich die Presseerklärung von Frau Sager vom Montag dieser Woche richtig verstanden habe, soll das auch bei der Hochschulgesetzesnovelle berücksichtigt werden.

Zweitens ist die Bürgerschaft aus meiner Sicht zumindest nicht das Studierendenparlament, sondern immer noch die Legislative im Bundesland Hamburg. Und wenn wir irgend etwas beschließen, dann machen wir das als Gesetz oder als Ersuchen an den Senat, das er dann früher oder später beantwortet. Aber Deklarationen und ähnliche Politikmittel sollten wir weiterhin dem Studierendenparlament überlassen.

Ich weiß, daß Sie das alles nicht überzeugen wird, obwohl sich nach mir vermutlich sogar GAL und CDU gegen Studiengebühren aussprechen werden.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Was heißt hier „so- gar“?)

Sie werden weiterhin ganz verzweifelt ihr Fünf-ProzentThema suchen und dabei auch vor Halbwahrheiten oder gar Schlimmerem nicht zurückschrecken und weiterhin aus Mücken Elefanten machen. Das Studienkontenmodell von Professor Zöllner, Frau Sager und anderen erscheint mir im übrigen überlegenswert, auch wenn sicherlich die Details zu klären sind. Aber eines gilt nach wie vor: Die SPD-Fraktion lehnt Gebühren für grundständige staatliche Studien

(Julia Koppke REGENBOGEN – für eine neue Linke)

gänge ab, ob es Ihnen gefällt oder nicht.Ich bitte Sie daher, den REGENBOGEN-Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. de Lorent.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich am Anfang kurz mit dem Antrag und der Intention des REGENBOGEN beschäftigen. Nicht erst durch die Presseerklärung, die Anfang der Woche herausgegeben worden ist, ist deutlich geworden – Herr Marx hat darauf hingewiesen –, daß der Krefelder Aufruf schon einige Monate alt ist und es hier um Diffamierung geht, wenn solche Worte fallen wie SPD und GAL wollen die Wähler täuschen und machen etwas ganz anderes, als sie versprochen haben. Hier geht es dem REGENBOGEN in besonderer Weise auch darum, die Grünen und die grüne Wissenschaftssenatorin zu diskreditieren.

Für mich ist dieser Antrag auch der Versuch eines Nachweises, die eigene Existenzberechtigung zu begründen, den Oppositionszuschlag zu verdienen, nachdem das manchmal nicht gelungen ist. Für mich ist es auch ein Zeichen der fortschreitenden Möllemannisierung des REGENBOGENS,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Da habt ihr ein neues Schreckgespenst!)

der Versuch, die Grünen als überflüssig und wortbrüchig zu karikieren.Meine Damen und Herren vom REGENBOGEN, was Ihnen fehlt, ist eine differenzierte Einschätzung gesellschaftlicher Realitäten; das ist naheliegend. Ein REGENBOGEN kennt nur Sonne und Regen, er kennt nichts dazwischen, er kennt nur schwarz und weiß.

(Beifall bei der GAL)

Ein Blick auf die KMK und die Diskussion in den letzten Monaten zeigt – es regiert nicht in allen Bundesländern nur der REGENBOGEN –, daß es Ansätze von Studiengebühren in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Niedersachsen und Sachsen gibt und es richtig, wichtig und notwendig ist, sich auf die KMK einzustellen, diese Diskussion zu verfolgen und zu beeinflussen.Sowohl Wissenschaftsminister Zöllner als auch die Hamburger Senatorin machen das in kluger und intelligenter Weise.

Ich halte es für abenteuerlich, diejenigen zu diffamieren, die sich gegen Studiengebühren einsetzen. Das machen Sie sowohl mit Bundesbildungsministerin Frau Bulmahn als auch mit Krista Sager. Für alle diejenigen, die vielleicht die Debatte nicht so verfolgen, will ich ein paar Dinge zitieren, die gerade in den letzten Monaten sowohl von seiten der SPD als auch von seiten der Grünen an eindeutigen Aussagen gemacht worden ist. Fangen wir mit der Bundesbildungsministerin an. In einem Interview ist sie darauf angesprochen worden – Zitat –:

„Ihre niedersächsischen Genossen Wissenschaftsminister Oppermann und Ministerpräsident Gabriel können sich mit Studiengebühren anfreunden. Geraten Sie in den eigenen Reihen zunehmend unter Druck?“

Und sie antwortet:

„Nein, in der SPD gibt es immer Diskussionen, aber wir haben einen klaren Parteitagsbeschluß, den wir vor einigen Wochen getroffen haben.Danach ist und bleibt das

Erststudium kostenfrei. Es ist falsch, noch nach scheinbar simplen Lösungen wie Studiengebühren zu rufen.“

Und dann sagt sie weiter:

„Die Diskussion ist überflüssig, Gebühren sind kein geeignetes Modell, Hochschulen zu finanzieren.“

Dies ist eine eindeutige Aussage. Es ist eine Unverschämtheit, bei einer solchen Diskussions- und Aussagelage hier von Wahltäuschung durch die SPD und die Grünen zu reden.

(Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke: Dann stimmen Sie doch unserem Antrag zu!)

Als in der Wissenschaftsbehörde 7000 Unterschriften gegen Studiengebühren abgegeben worden sind, sind sie von Staatsrätin Marlis Dürkop angenommen worden, und sie hat darauf in einer Presseerklärung im Februar geantwortet:

„In Hamburg wird es keine Gebühren für das grundständige Studium geben. Wir werden uns auf politischer Ebene...“

(Zurufe bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Halten Sie doch einfach mal den Mund und hören einen Augenblick zu, das haben wir auch gemacht, Sie können sich dann wieder melden.

„Wir werden uns auf politischer Ebene dafür einsetzen, daß sich die Bundesländer auf eine gemeinsame Linie einigen.“

Und weiter sagt Frau Dürkop:

„Der Zugang zu Bildung muß für möglichst viele Menschen offengehalten werden.Die Schwelle zum Studium darf nicht durch die Einführung von Studiengebühren erhöht werden.“

Dann gibt es diverse Zitate von Krista Sager in dieser Frage. Erst am Anfang der Woche hat sie gesagt:

„Vor allem aber soll der Ausschluß von Studiengebühren festgeschrieben werden. Hier hoffe man immer noch auf eine länderübergreifende Vereinbarung zum Ausschluß von Studiengebühren...“

Klare Worte, würde ich sagen.

Wenn Sie monieren, daß ich jetzt die grünen Mitglieder der Regierung zitiere, dann sage ich noch einmal, was der Bundesvorstand der Grünen zu diesem Thema am 18.April gesagt hat.

„Studiengebühren sind unvereinbar mit Lernen und Studieren in der Wissensgesellschaft. Die Debatte um Studiengebühren hat keinen erkennbar produktiven Beitrag geleistet, um die Hochschulstrukturen an den rapiden Wandel der Lebens- und Studienbedingungen an den Hochschulstandorten anzupassen. Sie ist vor allem das Ergebnis bildungs- und hochschulferner finanzministerieller Bemühungen in einigen Bundesländern, einer Umschichtung in den öffentlichen Haushalten zugunsten von Bildung und Wissenschaft auszuweichen.“

Und so weiter und so weiter – eindeutige Aussagen sowohl auf seiten der SPD als auch auf seiten der Grünen. Wenn Sie sich hier hinstellen und von Wahltäuschung sprechen, verdummen Sie die Leute und verkürzen die Diskussionen.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Unsinn!)

(Wolfgang Marx SPD)

Natürlich ist es notwendig, in diesem Zusammenhang über Fragen der Bildungsfinanzierung zu diskutieren. Es ist eindeutig und klar, daß den Hochschulen zu wenig Ressourcen zur Verfügung stehen; das jüngste OECD-Gutachten hat das noch einmal belegt. Die Ausgaben für Studierende sind in der Bundesrepublik Deutschland deutlich geringer als in anderen wirtschaftlichen Ländern. Wir versprechen uns durch die Green-Card-Diskussionen hier einen Push von seiten der Bundesregierung und insbesondere zusätzliche Mittel für den Hochschulbereich.

Und da bringe ich wieder den Zusammenhang: Wiewohl auch ich und die Grünen sich für eine finanzielle Stärkung des Bildungsbereichs einsetzen, wird es auch dann, wenn es mehr Ressourcen gibt, notwendig, mit Ressourcen pfleglich und bewußt umzugehen. Das ist ein wesentlicher Punkt, und von daher ist die Diskussion, die um das Studienkontenmodell geführt wird, eine interessante Diskussion, auf die ich gleich noch eingehe.

Der Diskussionsentwurf von SPD-Minister Zöllner aus Rheinland-Pfalz und das, was Krista Sager dazu gesagt hat, sind intelligente Ansätze, mit einem Problem umzugehen.Frau Koppke hat es verkürzt, sie hat gesagt, man kann ein bißchen studieren und alles, was darüber hinausgeht, muß bezahlt werden. Im Vorschlag von Herrn Zöllner geht es beispielsweise darum, so etwas wie Chips für Studierende in einem Umfang von 200 Semesterwochenstunden einzuführen, so daß sowohl das Studium gezielt stattfinden kann als auch Zeiten für Weiterbildung übrigbleiben. Ein solches Modell sichert ein gebührenfreies Erststudium und berücksichtigt Lebensentwürfe der Studierenden.Es würde möglich sein, nach einem solchen Modell ein Teilzeitstudium zu betreiben, während des Studiums Kinder zu betreuen, möglicherweise das Studium durch Auslandsaufenthalte und ähnliche Dinge zu unterbrechen.Es würde ein bestimmtes Kontingent für Weiterbildung sichern, und ich finde die Aussage von Krista Sager dazu wichtig und richtig, diese Studienkonten nicht mit der Regelstudienzeit zu koppeln. Es ist auch diskussionswürdig, ob 200 Semesterwochenstunden ein ausreichendes Kontingent sind, aber es sind Diskussionsentwürfe, und auf diese Diskussionsentwürfe muß und sollte man sich einlassen.

Um gegen die Diffamierung der Wissenschaftsminister, die in der KMK versuchen, gegen Studiengebühren zu argumentieren, ein paar Argumente dagegenzuhalten, möchte ich noch einmal Wissenschaftsminister Zöllner zitieren. Er sagt:

„Bildung und Ausbildung sind keine Privatangelegenheit. Die Gesellschaft muß ein nachhaltiges Interesse an einer ausreichenden Zahl gut ausgebildeter Menschen haben. Nach allen Prognosen wird diese Zahl eher steigen.“

Und Zöllner sagt weiter:

„Ein Studium verursacht auch heute schon erhebliche Kosten.Junge Menschen aus einkommensschwächeren Elternhäusern treffen auf nach wie vor erheblich größere Bildungsbarrieren.Eine Erhöhung der Kosten durch Studiengebühren würde sich zusätzlich negativ auf ihre Studienneigung auswirken.“

Ich könnte dies fortsetzen. Es gibt eine Reihe von Argumenten, die ernsthaft eingebracht werden, und ich finde es eine absolute Sauerei...

(Glocke)

Herr Abgeordneter, ich rufe Sie zur Ordnung.