Das ist der Fall. Dann darf ich Frau Dr. Stapelfeldt bitten, nach oben zu kommen und den Präsidentenplatz zu übernehmen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen und nehme es als Verpflichtung für das mir übertragene hohe Amt.Mein Anspruch wird es sein, dieses Amt und alle damit verbundenen Geschäfte auf der Grundlage und im Geiste unserer Verfassung zu führen, die Rechte der Bürgerschaft und jedes Abgeordneten zu
schützen, die Würde des Parlaments zu wahren, die Arbeit des Hauses zu fördern, unparteiisch und gerecht, impulsgebend und vermittelnd im Sinne aller Mitglieder dieses Parlaments und zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.
Die vorgegebenen Maßstäbe sind hoch. Schon sie zu erhalten, wird kein geringer Anspruch sein, vollends, wenn man das Amt aus so bewährten Händen wie denen meiner Vorgängerin übernimmt.Ihnen, liebe Frau Pape, gilt an dieser Stelle besonderer Dank.Sechseinhalb Jahre haben Sie die Sitzungen der Hamburgischen Bürgerschaft mit Ruhe und Freundlichkeit, mit Routine und, wenn nötig, auch mal mit Nachdruck geführt. Ich bin sicher, im Namen aller Abgeordneten zu sprechen, wenn ich sage, wir alle hatten stets die feste Überzeugung, daß die Angelegenheiten dieses Parlaments während dieser Zeit in guten Händen lagen.
Umsichtig haben Sie, liebe Frau Pape, den Prozeß der Parlamentsreform begleitet, der 1996 mit weitreichenden Änderungen unserer Verfassung und unserer parlamentarischen Arbeit abgeschlossen wurde. Entschlossen haben Sie es sich zur Aufgabe gemacht, unsere Arbeit und unser Wirken durchschaubarer, anfaßbarer, vertrauenerweckender zu machen, das Rathaus zu öffnen, die Bürgerinnen und Bürger bei vielerlei Gelegenheiten einzuladen. Weitsichtig haben Sie von Hamburg aus Brücken geschlagen in unsere Partnerstadt St. Petersburg zum Beispiel mit Wirkung auch in den weiteren Ostseeraum hinein, nach Israel und Palästina mit dem Blick auf die Verantwortung, die für uns alle aus der Zeit des nationalsozialistischen Terrors nach wie vor bestehenbleibt.
Engagiert, liebe Frau Pape, haben Sie sich nicht zuletzt als Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft um jene wichtige Gruppe unserer Gesellschaft bemüht, der nun Ihr Hauptaugenmerk gilt, der Jugend. Die Belege für Ihren Erfolg bei all diesen Zielen spiegeln sich in der überwältigenden Resonanz auf Bürgerschaftsforen und Tage der offenen Tür wider, auf Veranstaltungsreihen wie „Jugend im Parlament“ oder neuerdings „Jugend debattiert“. Sehr geehrte Frau Pape, Sie haben die Hamburgische Bürgerschaft stets mit großem Einsatz und Würde vertreten.Dafür möchte ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses herzlich danken. Mögen Sie in Ihrem neuen verantwortungsvollen Amt ebenso geschätzt und erfolgreich sein.
Meine Damen und Herren! Das Parlament ist das Herz der Demokratie. Nur wo das Vertrauen in das Parlament, in seine Arbeit, seinen Einfluß, seine Effektivität gegeben ist, wird auch eine Teilnahme, ein politisches Engagement der Bürgerinnen und Bürger zu erwarten sein. Dieses Vertrauen müssen wir immer wieder neu gewinnen. In Zeiten starker Individualisierung und Entfremdung der Bürgerinnen und Bürger von öffentlichen Institutionen, in Zeiten schwerwiegender Fehler einzelner Politiker im Umgang mit Recht und Gesetz gilt dies um so mehr. Den Bescheid dieses Vertrauens in Gestalt prozentualer Wahlbeteiligung kennen wir. An uns liegt es, und wir haben die Chance, dieses verlorengegangene Vertrauen zurückzuerobern, diesen zum Teil ernüchternden Bescheid wieder erfreulicher zu gestalten, ihn ermutigender und dauerhaft bestärkender aussehen zu lassen.
Vom Parlament aus können wir Maßgebliches tun, um einerseits jene zu gewinnen, die im Begriff sind, hineinzu
wachsen in diese Gesellschaft, und die als junge Menschen erkennen müssen, daß es auch schon sehr wesentlich in ihren Händen liegt, wie die Zukunft politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich aussehen wird. Und vom Parlament aus können wir Entscheidendes dazu beitragen, um andererseits jene unter unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern wiederzugewinnen, die im Begriff sind, sich ganz oder teilweise abzuwenden, schulterzuckend, resignierend, die kaum mehr etwas zu erhoffen oder zu erwarten wagen von Politikern, die in ihren Augen lediglich Versprechungen machen, haltlos und leer. Es liegt auch in der Hand der Parlamente und seiner Abgeordneten, das Gegenteil zu belegen.
Vom Parlament aus gilt es, dieses für eine Demokratie so wichtige, ja grundlegende Vertrauen nicht nur zu schaffen, sondern immer wieder einzulösen, indem wir selbstbewußt unsere legislativen Rechte wahrnehmen, indem wir entschlossen eine Form der Auseinandersetzung pflegen, die den Streit nicht um des Streites willen, sondern um des Zieles willen führt und damit das Parlament zum Vorbild für einen gesamtgesellschaftlich notwendigen Diskurs macht, indem wir für eine Offenheit nach außen stehen, indem wir zuhören und indem wir es sind, die Fragen stellen, anstatt uns immer sofort Antworten abzuringen und abzuzwingen.
Das Parlament als öffentliches Forum bietet die Chance, als Teil der öffentlichen Meinungsbildung, als ihr eigentlicher Ort im Sinne eines Zentrums, eines Fokus zu wirken und nicht ein ferner, abgeschlossener, unnahbarer Raum zu sein. In der Bürgerschaft und ihren Ausschüssen muß auch Raum sein für das Werdende, für das Unfertige, für Gedanken, die Gestalt annehmen sollen, die vielleicht auch wieder im offenen Austausch, im Arbeitsprozeß, in der Diskussion, im konkreten Bezug zu einer reichlich komplexen und facettenreichen Realität verworfen werden müssen.
Meine Damen und Herren! Es gab in dieser Legislaturperiode Entscheidungen in diesem Parlament, die nicht zuletzt deshalb denkwürdig waren und großen Respekt weit über unsere Stadt hinaus erfuhren, weil sie eine solche Offenheit und einen solchen Diskussionsprozeß verkörperten, glaubwürdig und ermutigend über die Fraktions- und Gruppengrenzen hinweg. Ich denke zum Beispiel an die Entscheidung, mit der sich die Hamburgische Bürgerschaft zu einer moralischen Schuld und einer daraus resultierenden Verpflichtung gegenüber den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern des nationalsozialistischen Regimes bekannt hat. Jeder weiß, daß diese parlamentarische Erklärung mehr als 50 Jahre nach Kriegsende, eine der ersten in Deutschland überhaupt, gewiß keine war, die einfach zustande kam, und gewiß keine ist, die nur aus Worten auf Papier bestehenbleiben kann.
Auch darin liegt ein Wert und eine Chance unserer parlamentarischen Demokratie, den Meinungsbildungsprozeß mitunter umkehren zu können, vom Parlament aus Mut zu beweisen, Impulse zu geben und den Inhalt solcher Beschlüsse, solcher zunächst nur rhetorischen Erklärungen unter Beweis zu stellen, indem sie in mehrfachem Wortsinn nach draußen getragen werden, um das zunächst nur abstrakte Bekenntnis gemeinschaftlich und gesellschaftlich mit Leben zu füllen.
In diesem Sinne freue ich mich auf die bevorstehenden Aufgaben und Ihre Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen, bei den angestrebten Lösungen. – Danke schön.
Meine Damen und Herren! In Abänderung der Empfehlung des Ältestenrats habe ich bekanntzugeben, daß die Fraktionen sich darauf verständigt haben, den Punkt 25 ebenfalls zu vertagen.
Ich rufe zunächst das von der GAL-Fraktion angemeldete Thema auf. Dazu hat das Wort der Abgeordnete de Lorent.
(Der Redner betritt das Rednerpult an Krücken. – Dr.Martin Schmidt GAL:Benutze sie gleich als Dro- hung!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, lieber Jürgen Klimke! Es ist mir eine Ehre, von der neuen Präsidentin als erster aufgerufen zu werden, und ich werde nicht zum Thema Sport, von dessen Gesundheit ich absolut überzeugt bin, reden, sondern über die Verbesserung der Personalstruktur an den Hochschulen.
In den nächsten acht Jahren scheidet etwa die Hälfte der Professorinnen und Professoren aus dem aktiven Dienst aus. Es werden etwa 18 000 Stellen neu zu besetzen sein, höchste Zeit also und beste Gelegenheit, die Berufung und Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses zeitgemäß zu regeln.Von Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn ist eine Expertenkommission eingesetzt worden, die Vorschläge gemacht hat, wie die Personalstruktur und das Dienstrecht an den Hochschulen weiterentwickelt werden können.
Zur Erinnerung möchte ich Ihnen noch einmal die wesentlichen Kritikpunkte an der Personal- und Besoldungsstruktur der deutschen Hochschulen, die in der öffentlichen Diskussion eine besondere Rolle gespielt haben, kurz vortragen. Es fehlen Anreizsysteme für Qualitätssteigerungen in Forschung und Lehre. Die Qualifikationszeiten für Hochschullehrer dauern einfach zu lange, die Nachwuchswissenschaftler arbeiten zu lange unselbständig, der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft muß erleichtert werden, und – ein ganz wesentlicher Punkt für uns – die Bedürfnisse der Studierenden an einem qualifizierten Studium werden nur unzureichend berücksichtigt.
Sehen wir uns unter diesem Gesichtspunkt einmal die wesentlichen Ergebnisse der Kommissionsvorschläge an. Ich habe Zeit für etwa drei Punkte.
Erstens: Ein richtiger Schritt ist es, sogenannte Juniorprofessuren einzurichten. Damit soll und kann das Erstberufungsalter von Hochschullehrerinnen gesenkt werden. Heute dauert die Qualifikationszeit im Schnitt nach vier
Jahren Promotion und meist etwa acht Jahren Habilitation einfach zu lange. Wichtig ist, daß Juniorprofessoren vom Tag ihrer Ernennung an selbständig forschen und lehren können. Leider hat die Kommission sich nicht dazu durchringen können, die Abschaffung der Habilitation zu empfehlen. Ungut ist das Nebeneinander zweier Wege, der Juniorprofessur und der Habilitation, mit der Gefahr, daß der neue Weg in der Praxis als zweitklassig angesehen wird.
Zweitens: Besonders bedauerlich ist es, daß die Kommission trotz guter Argumente nicht den Mut hatte, die Abschaffung des Beamtenstatus der Professorinnen und Professoren zu fordern. Jeder weiß, wie unflexibel ein Hochschulapparat ist, der Professoren als Beamte auf Lebenszeit beruft. Sehen Sie sich die Hamburger Hochschulen an, an denen Anfang der siebziger Jahre Studiengänge eingerichtet wurden, die heute nicht mehr zeitgemäß sind, auf denen aber berufene Professoren sitzen. Oder denken Sie an die massenhaften Überleitungsverfahren zu Professoren Anfang der siebziger Jahre, durch die seitdem Einstellungsmöglichkeiten für den qualifizierten Nachwuchs blockiert werden. Außerdem wird der notwendige Transfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft so behindert, und der Wechsel zwischen Tätigsein an der Hochschule und außerhalb wird erschwert. Zumindest muß ein eigenes Wissenschaftsdienstrecht etabliert werden, wenn der Mut für mehr sich nicht durchsetzen kann.
Drittens:Ein richtiger Schritt ist es wiederum, in Zukunft den Weg zu einer leistungsorientierten Besoldung von Professoren zu öffnen. Die bisherigen Alterszuschläge sollen genutzt werden, um neben einem Grundgehalt bis zur Höhe von 2150 DM Leistungszuschläge zahlen zu können. Wer also in der Forschung, in der Lehre oder bei der Betreuung von Studierenden oder der Prüfungsabnahme besonders erfolgreich oder engagiert ist, sollte dies honoriert bekommen. Bedauerlich ist allerdings, daß die Kommission sich bei der Bemessung eines Grundgehalts nicht dazu entschließen konnte, die Hochschullehrerinnen von Universitäten und Fachhochschulen gleichzubehandeln. Auch hier wäre eine einheitliche Bewertung zeitgemäß gewesen.
Meine Damen und Herren! In der öffentlichen Diskussion um eine Besoldungs- und Dienstrechtsreform hat die Hamburger Wissenschaftssenatorin eine mutige und fortschrittliche Rolle gespielt.Wenn es jetzt darum geht, einige Empfehlungen der Kommission real umzusetzen und darüber hinaus geltende Schritte zu realisieren, sollte sie von der Hamburger Bürgerschaft unterstützt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr de Lorent hat einiges zu den Zahlen auf Bundesebene gesagt; ich werde mich in meinem Redebeitrag mehr auf Hamburg konzentrieren.Auf die Hamburger Hochschulen kommt in den nächsten zehn Jahren ebenfalls ein Generationswechsel zu. So verliert beispielsweise die Technische Universität Hamburg-Harburg 35 C4-Professoren. An der Uni stehen weit über 400 Wechsel und Neubesetzungen in den C2- bis C4-Professuren an. Zum Vergleich: In den zehn Jahren danach werden nur etwa 140 Professoren in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Ein tiefgreifender Wechsel steht an, der Chancen eröffnet. Die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses in ausreichender Anzahl ist daher seit
langem einer unserer Schwerpunkte. Sie wird bereits von vielen Hamburger Hochschulen entsprechend umgesetzt. Die Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen Wissenschaftsbehörde und den Hamburger Hochschulen aus dem letzten Jahr haben zukunftsweisende Zielvorgaben.
Im Oktober letzten Jahres hat sich – Herr de Lorent ist ein bißchen darauf eingegangen – die Kultusministerkonferenz mit den Anforderungen an die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses beschäftigt. Die KMK hat entsprechende Vorschläge unterbreitet, und natürlich unterstützen wir gerade die Erstberufungen von Professoren, die dann vielleicht nur 34 Jahre alt sind, um der Überalterung unseres wissenschaftlichen Personals entgegenzuwirken.
Der jüngst vorgelegte Bericht „Reform des Hochschulstudienrechts“ der Expertenkommission hat viele Punkte aufgegriffen. Mit Herrn de Lorent bin ich einig, daß viele dieser Punkte wegweisend sind und uns eine verbesserte Zukunft bringen werden. Ich will auf einige Punkte eingehen, die das Dienstrecht umfassen. Hier hat die Expertenkommission ebenfalls wichtige Vorschläge gemacht. Vier Punkte sind besonders hervorstechend.
Erstens: Eine Reform des Beamtenrechts, um eine höhere Mobilität zu ermöglichen. Die Einstiegschancen von Wissenschaftlern aus der Wirtschaft und der Weg zurück in die Wirtschaft müssen erleichtert werden.
Zweitens: Etwaige Nebentätigkeiten müssen im Dienstrecht Berücksichtigung finden, und zwar speziell im Dienstrecht für die Professoren.