Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Fanclub-Rede von Herrn Okun hörte sich fast so an wie ein Plädoyer für Alkoholverbot auf St. Pauli. Die Probleme von St. Pauli sollten uns heute abend nicht beschäftigen, obwohl wir jetzt ein Thema zu fassen haben, das in den vergangenen Wochen ganz viele Gemüter der Stadt zutiefst bewegt hat. Der Wirbel hat ein bißchen verwundert, man könnte fast von einem Sturm im Light-Bier-Glas sprechen.
Seit Jahrzehnten gibt es im Volksparkstadion kein Vollbier zu trinken. Sämtliche Innensenatoren haben das aus Sicherheitsbedenken nicht zugelassen.Auch ein Herr Werner Hackmann, der heute als HSV-Chef mit juristischen Schritten droht, zeichnete in seiner Amtszeit als Innensenator dafür verantwortlich, daß nur Light-Bier aus den Zapfhähnen kam.
Zu Recht, denn nach dem tödlichen Unfall, der 1980 die Begründung für ein totales Bierverbot geliefert hat, haben sich die baulichen Gegebenheiten, die dazu beitrugen, nicht geändert, auch nicht durch den Neubau. Hohe Tribünen und steile Niedergänge charakterisieren einen baulichen Rahmen, der dem Besucher und der Besucherin ein hohes Maß an Standfestigkeit abverlangt.Das ist nach Genuß von Vollbier nicht immer gewährleistet.
Der zweite Aspekt ist auch schon kurz zur Sprache gekommen. In der Vergangenheit gab es immer wieder Ausschreitungen von HSV-Hooligans, und zwar meist von alkoholisierten. Das Gewaltpotential, das bei dieser Minderheit von HSV-Anhängern immer wieder zu finden ist, ist keine Erfindung der Medien, sondern immer wieder in den öffentlichen Verkehrsmitteln und vor allem am Rande des Stadions zu erleben.Wenn es um die Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Gruppen, aber auch um Übergriffe gegenüber Unbeteiligten geht, ist jeder Hemmungen abbauende Schluck Alkohol zu viel, meine Damen und Herren.
Deshalb ist es unverantwortlich, „Freier Schluck für freie Bürger“ zu fordern, überall und immer, wann sie es wollen und wann sie es für richtig halten.Es ist kurios, daß sich gerade die Law-and-order-Partei CDU an diesem Punkt nicht um Sicherheit schert und den Alkoholausschank beim HSV fordert.
Daß in Hamburg Benachteiligung gewittert wird, wenn in anderen Stadien Bierausschank gestattet ist, kann kein Grund sein, im Volksparkstadion den alkoholisierten Gerstensaft in Strömen fließen zu lassen.Ausnahmen von dem vom Deutschen Fußballbund erlassenen totalen Alkoholverbot müssen gut begründet sein. Die Fanstruktur des HSV und die baulichen Rahmenbedingungen lassen solche Ausnahmen aus unserer Sicht nicht zu. Deshalb lehnen wir natürlich Ihren Antrag ab.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch einmal den gesundheitspolitischen Aspekt dieser Debatte darlegen. Auch wenn es Ihnen allen schwerfällt, möchte ich darauf hinweisen, daß es beim Alkoholkonsum in erster Linie um den Konsum eines Suchtmittels geht und um nichts anderes.
Im November 1997 beschloß die Gesundheitsministerkonferenz den „Aktionsplan Alkohol“. Für unerläßlich wurden unter anderem folgende Maßnahmen gehalten: Verstärkung von Prävention und gesetzliche Maßnahmen zur Reduzierung des Angebots von Alkohol. Die vom Senat im Herbst letzten Jahres begonnene Kampagne „Alkohol. Irgendwann ist der Spaß vorbei.“ ist ein richtiger Schritt, die Gefahren des Alkoholkonsums aufzuzeigen.
Aus einer bekannten französischen Untersuchung, dem sogenannten Rouque-Report, wissen wir, daß von Alkohol viel mehr Gefahren ausgehen als zum Beispiel von Haschisch. Wie würde wohl diese Debatte heute abend sein, wenn es um das Thema „Haschkonsum im Stadion“ gehen würde? Die Argumentation „Bier gehört zum Fußball“, Herr Ehlers, ist gefährlich. Auch sogenanntes Light-Bier enthält Alkohol. Ich kann Ihnen von diversen Patienten berichten, bei denen eine Leberzirrhose festgestellt wurde und die mir sagten, sie hätten in den letzten zehn Jahren keinen Alkohol getrunken, nur Bier. Das ist die Argumentation.
Meine kurze Anmerkung soll eigentlich nur darauf hinweisen, daß wir als Abgeordnete ein Zeichen setzen und uns dafür aussprechen sollten, daß bei Sportveranstaltungen gar kein Alkohol ausgeschenkt wird. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin immer sehr dafür, daß man für Argumente aufgeschlossen ist, und erwarte das allerdings auch vom jeweiligen Partner von der anderen Seite. Ich bin auch sehr dafür, daß man Unterschiede herausarbeitet. Das möchte ich in diesem Fall auch tun. Ich habe also zur Kenntnis genommen, daß die Vertreter der Regierungsfraktionen, Herr Schmidt und Herr de Lorent – anders als die CDU-Fraktion –, Unterschiede in der Qualität des Zustandes der Fangruppen und der Fans sehen.
Das ist nicht meine Wahrnehmung, und das entspricht auch nicht unserer Erfahrung aus den letzten Jahren.
Insofern bitte ich Sie, das zu überprüfen.Herr Schmidt, Ihre Fraktionskollegen in Altona sind offensichtlich in dieser Frage zu einer ganz anderen Einschätzung als Sie gekommen. Das muß seinen Grund und seine Ursache haben.
Natürlich sind die näher dran, und die sind vielleicht auch häufiger da; nicht mehr als Sie, Herr Schmidt, das weiß ich nun zufällig genau.
Insofern bleibt für mich das Resümee, daß diese Ungleichbehandlung ungerechtfertigt ist, weil sie von falschen Tatbeständen ausgeht.
Weil Sie das hier angebracht haben, Herr Schmidt, lassen Sie mich etwas zu den fliegenden Händlern sagen. Das ist natürlich Nonsens. Wir wissen, wie die Verwaltung das macht. Da wird einmal im Jahr, einmal in der Serie zum Spiel HSV gegen Bayern München gegangen. Dann wird sozusagen die ganze Verwaltung an die Front geschickt und alles „verhaftet“, dingfest gemacht, was sich dort vor Ort tummelt und widerrechtlich Dosenbier und auch andere Sachen – das wissen wir aus der Vergangenheit – verkauft. Was passiert dann? Die Händler stellen sich natürlich darauf ein – das haben Sie richtig dargestellt, Herr de Lorent –, die verziehen sich plötzlich und wissen natürlich genau, daß die personellen Kapazitäten für das nächste Mal nicht mehr ausreichen. Das nächste Mal passiert dasselbe wieder.Da wünsche ich mir etwas mehr Gespür und Gefühl für die Situation, daß sich die Verwaltung zwei-, dreimal hintereinander die Kapazitäten schaffen muß, um so etwas dauerhaft zu unterbinden. Sonst geht das natürlich in der Tat in die Hose, wir sprechen darüber, und nichts passiert und ändert sich. Das sollten wir tunlichst vermeiden.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich über den Antrag abstimmen. Wer möchte den CDU-Antrag annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltung? – Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 7./8. Juli 1999 (Drucksache 16/2651) – Call-Center – – Drucksache 16/3850 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach einer solchen Debatte zum Thema Bierausschank ist es natürlich ein bißchen schwer, Ihre Aufmerksamkeit für das Thema Call-Center zu gewinnen.Dennoch halte ich es für ein sehr wichtiges Thema in dieser Stadt. Call-Center sind eine Wachstumsbranche mit erheblichem Beschäftigungspotential und mit zunehmender Bedeutung für Vertrieb und Handel. Über Internet werden sich für die Call-Center künftig auch noch zusätzliche Aufgabenbereiche erschließen.
Vor gut einem Jahr haben wir in der Bürgerschaft erstmals über Call-Center diskutiert. Da es sich um eine noch junge Branche handelt, waren das Interesse und der Informationsbedarf an diesem Thema sehr groß.Inzwischen liegt die Drucksache des Senats zu diesem Thema vor. Die Ergebnisse lassen sich in Kürze – auch mit Blick auf die Uhr will ich mich recht kurz fassen – wie folgt zusammenfassen:
In Hamburg gibt es in diesem Bereich rund 8000 bis 10 000 Arbeitsplätze.Nicht alle Arbeitsplätze sind neu entstanden. In zahlreichen Fällen sind Arbeitsplätze aus bestehenden Betrieben und Unternehmen „outgesourct“ worden. Weiterhin wird deutlich, daß Call-Center insbesondere für Frauen Chancen bieten.Frauen nutzen diese Tätigkeit vielfach, um wieder in das Berufsleben einzusteigen.Der Frau
enanteil unter den Beschäftigten liegt in diesem Bereich gegenwärtig bei circa 60 bis 70 Prozent. In Hamburg nutzen insbesondere beratungsintensive Dienstleister aus dem Finanz- und Versicherungsbereich diese Möglichkeit. Insgesamt ist hier der Trend zu höherqualifizierten Tätigkeiten hervorzuheben.
Leider liegen uns derzeit noch keine gesicherten Daten und Erkenntnisse zu diesem Thema vor, wie wir uns das erhofft hatten. Die Bewertung von Call-Centern und die Entwicklung eines Konzepts zur Ansiedlung und Erweiterung von Call-Centern sind daher gegenwärtig nur mit Einschränkungen möglich.
Was ist zu tun? Die CDU hat vorgeschlagen, in der Wirtschaftsbehörde eine zentrale Anlaufstelle einzurichten. Ich halte dies gegenwärtig für nicht erforderlich. Die Hamburger Gesellschaft für Wirtschaftsförderung – HWF – leistet gerade bei der Ansiedlung von Call-Centern hervorragende Arbeit.
Im vergangenen Jahr hat die HWF erfolgreich sechs CallCenter-Projekte mit 300 neuen Arbeitsplätzen betreut. Das interessanteste Projekt hierbei war eines aus dem Versicherungsbereich: die Ansiedlung der Notrufzentrale. Künftig wird ein Großteil der Notrufe von den Autobahndienststellen direkt in der Hamburger Zentrale angenommen.
Um Betrieben und Unternehmen einen guten Service zu bieten, halte ich es für sinnvoll, daß Dienstleistungen im Zusammenhang mit Wirtschaftsförderung von einer Stelle und aus einer Hand angeboten werden. Hier ist die HWF der richtige Ansprechpartner.
Ein weiterer Vorschlag ist die finanzielle Unterstützung.Hier stimme ich dem Senat zu, daß die bestehenden Möglichkeiten der Mittelstandsförderung sowie im Bereich der Existenzgründung ausreichend sind.Auch aus Sicht der Hamburger Wirtschaft spielt staatliche finanzielle Förderung für die Standortentscheidung eine eher untergeordnete Rolle.
Im Mittelpunkt – da knüpfe ich an das Thema der Aktuellen Stunde an – muß die Ausbildung von qualifizierten Fachkräften stehen.Noch einmal ein Hinweis zur Debatte um die Green Card, die vielfach unter dem Gesichtspunkt von Elite geführt wird. Unser Blick muß aber auch in die Breite gehen, und das bietet sich bei dem Thema Call-Center sehr gut an.
Wir brauchen vor allem im Medien- und IT-Bereich eine Ausbildungsoffensive, um insbesondere jungen Menschen und Frauen neue zukunftsträchtige Ausbildungs- und Berufschancen zu eröffnen. Hier gibt es ein sehr großes Potential. Dieses wird auch ein wichtiges Aufgabenfeld unserer neuen Schulsenatorin sein müssen. Das schnelle Wachstum der jungen Branche wird auch in Hamburg zu Engpässen bei qualifizierten Arbeitskräften führen, wenn nicht rechtzeitig die Weichen für ausreichenden Nachwuchs gestellt werden.Wenn wir Hamburgs Standortvorteil hinsichtlich des Personalangebots halten wollen, müssen wir eine Ausbildungsoffensive für den gesamten Multimediamarkt starten.
Wie die aktuelle Diskussion über die Green Card zeigt, sind intensive Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung erforderlich, um den Fachkräftebedarf in der Technologieund Kommunikationsbranche mittelfristig und langfristig durch eigenen Nachwuchs zu decken.Die Anwerbung ausländischer Experten zur Deckung des kurzfristigen Bedarfs ist notwendig. Sie darf aber nicht zur Dauerlösung werden.
Soweit es um Call-Center geht, ist eine gute Beherrschung der deutschen Sprache ohnehin unverzichtbar. Die Anwerbung ausländischer Fachkräfte würde hier gar nicht für Abhilfe sorgen.
Hamburg ist mit Projekten wie dem Multimediaführerschein und der geplanten Media-City-Akademie auf dem richtigen Weg. Wir haben eine Reihe Qualifizierungsmaßnahmen, die unter anderem auch von der Handelskammer auf den Weg gebracht worden sind. Das reicht jedoch noch nicht aus. Um schnell Abhilfe zu schaffen, sind alle gefragt, nicht nur die Politik, sondern auch Unternehmen, Handelskammer und Gewerkschaften. Die Förderung innovativer Berufsbilder bedarf einer konzertierten Aktion. Daran müssen wir sehr intensiv arbeiten.
Das Bündnis für Arbeit und Ausbildung, das es derzeit in Hamburg gibt und das ich für eine sehr wichtige und gute Initiative des Bürgermeisters halte, ist die richtige Plattform, um die dringend notwendige Qualifizierungsoffensive auch in diesem Bereich voranzutreiben.
Wie soll das Berufsbild des Call-Center-Agenten und -Projektleiters aussehen? Die Arbeitsverhältnisse sind zu differenziert, um heute schon von einem einheitlichen Berufsbild zu sprechen. Es gibt einfache Tätigkeiten, wie Bestellannahme und Telefonauskunft, und komplexe Tätigkeiten, wie juristische und steuerrechtliche Beratung. Deswegen besteht bislang noch wenig Einigkeit darüber, wie Qualitätsanforderungen an die Aus- und Weiterbildung für die Beschäftigten in Call-Centern zu stellen sind. In Zukunft wird sich das Aufgabenspektrum eher noch erweitern. Mit der wachsenden Bedeutung neuer Technologien werden in Call-Centern neben dem fast klassischen Telefongeschäft verstärkt auch andere Arten der Kommunikation – beispielsweise E-Mails, Videocalls oder Internetcalls – Eingang finden.