Protocol of the Session on March 2, 2000

(Rolf-Dieter Klooß SPD)

A C

B D

Herr Abgeordneter! Nach Auffassung der Justizbehörde müßte die Planung mindestens so weit sein, daß erkennbar ist, hier ist nicht die Gerichtsbarkeit allgemein berührt, hier geht es um Planungsfragen, um konkrete Raum- und Stockwerksaufteilung und um Architektur. Paragraph 57 Absatz 3, den ich erwähnt habe, ist sehr breit gefaßt und will sicherstellen – so sagt es auch die Kommentarliteratur –, daß die Mitbestimmung nicht erst einsetzt, wenn alles entschieden ist. Die Justizbehörde hat daran Interesse, weil diejenigen Richter, die nachher dieses Gebäude nutzen sollen – wenn es überhaupt dazu kommt –, selbstverständlich mitwirken wollen. Das ist unser ureigenes Interesse und beim Neubau auch eine Chance.

Die zweite Nachfrage von Herrn Lüdemann.

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Darf ich das so verstehen, daß nach Ihrer Auffassung die Richterräte erst zu beteiligen sind, wenn es um Raumaufteilungen geht, und nicht um die Frage, ob überhaupt umgezogen werden soll?

Herr Staatsrat Strenge.

Herr Lüdemann! Diese Fragen liegen auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Die Entscheidung, wie die Raumaufteilungen sind und welches Gebäude überhaupt für eine Nutzung in Frage kommt, kann zeitlich durchaus vor dem Umstand liegen, ob es überhaupt zu einem Umzug kommen würde, weil das davon abhängt, wer Eigentümer und wer Investor wird.Insofern kann ich Ihre Frage nicht eindeutig mit Ja oder mit Nein beantworten.Wenn die Vorplanungen so konkret werden, wie Sie es in Ihrem Frageteil beschrieben haben, ist die Mitbestimmung in der Tat berührt. Das hängt nicht von der Frage ab, ob überhaupt umgezogen wird. Das ist nach dem Richterrecht und dem Personalvertretungsrecht ein weiterer Mitbestimmungsfall.

Weitere Nachfragewünsche sehe ich nicht. Dann ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 22 auf: Drucksache 16/3855, gemeinsamer Antrag der SPD und der GAL zum Eisenbahnverkehr zwischen Hamburg und Berlin.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Ausbau des Eisenbahnverkehrs von und nach Berlin, insbesondere eine ICE-Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Hamburg und Berlin – Drucksache 16/3855 –]

Hierzu ist Ihnen als Drucksache 16/3928 ein Antrag der CDU-Fraktion zugegangen.

[Antrag der Fraktion der CDU: Ausbau des Eisenbahnverkehrs von und nach Berlin, insbesondere eine Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Hamburg und Berlin – Drucksache 16/3928 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall.Die Abgeordnete Duden bekommt es.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das Karussell geht los!)

Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren! In der heutigen Diskussion geht es nicht

darum, wer recht hat und wer vielleicht anders gehandelt hätte, wenn der Transrapid gekommen wäre. Es geht nicht darum, wer nachträglich noch seine guten Ideen prämiert wissen will, sondern darum, daß wir als Bürgerschaft noch einmal bekräftigen, was wir brauchen und was wir nicht brauchen.

(Vizepräsidentin Sonja Deuter übernimmt den Vor- sitz)

Alles andere Grundsätzliche – nach dem Motto „was wir immer schon zum Thema Transrapid und ICE sowie zum Thema Hamburg und Berlin sagen wollten“ – gehört hier heute nicht her. Wir brauchen Geld, und das, was wir bekommen, hat der Herrscher des Geldes aus Berlin, Hans Eichel, auf der Matthiae-Mahlzeit erklärt; und das sicher nicht nur, weil der Bürgermeister ihm mit dem Entzug des Nachtisches gedroht hatte.

Herr Klimmt, der zweite Mann in Berlin, der damit zu tun hat, hat 1 Milliarde DM für den Ausbau der nördlichen ICETrasse über Büchen und Wittenberge bereitgestellt. Wenn dieser Ausbau fertig ist, werden Züge – vielleicht auch so tolle wie der Metropolitan – im Jahre 2003 mit Tempo 230 fahren können. Damit wird sich die Fahrt zwischen Hamburg und Berlin in absehbarer Zeit auf 90 Minuten reduzieren. Bis dahin müssen die Halbschranken durch Vollschranken ersetzt werden.Dann werden Stück für Stück die Bahnübergänge verschwinden, und es muß parallel dazu Planfeststellungsverfahren geben.

(Werner Dobritz SPD: Genau, der Bergedorfer Bahnhof muß umgebaut werden!)

Über Bergedorf werden wir dann sicher noch reden.

Es ist schade, daß schon jetzt berufsmäßige Schwarzseher unken, daß dieses ehrgeizige Ziel frühestens im Jahre 2007, 2008 erreicht werden kann. Die SPD-Fraktion geht davon aus, daß alle die Notwendigkeit und die Eilbedürftigkeit dieser Baumaßnahme einsehen.

Was wir zusätzlich brauchen, ist die bei der Zusammenkunft der norddeutschen Regierungschefs bekräftigte Entscheidung des Ausbaus der Südtrasse über Stendal, die wir dringend für den Güterverkehr benötigen.

Hamburg braucht eine attraktivere Verbindung, damit die Fahrgastzahlen auf dieser Strecke steigen und die Überlegung, ob man mit dem Auto oder mit dem Flugzeug nach Berlin kommt, eindeutig für die Bahn entschieden wird.Das entlastet auch die Umwelt.

Um das zu erreichen, muß die zukünftige Preisgestaltung auf der Strecke attraktiv sein. Sie ist im Endeffekt vermutlich entscheidender dafür, mit der Bahn zu fahren, als fünf bis zehn Minuten eventueller Zeitgewinn.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Wir brauchen keine zweite endlose und unbefriedigende Diskussion um eine Lösung, die entweder doch nicht kommt oder – wenn sie kommt – zu lange dauert und zu teuer ist. Ein rein virtuelles Schweben zwischen Hamburg und Berlin dient niemandem. Die Wahrheit ist zur Zeit – auch wenn es viele nicht hören wollen –: Es wird in absehbarer Zeit keinen Neubau geben,

(Volker Okun CDU: Ach, auf einmal!)

und jede Häme von der CDU in dieser Frage geht auf die Opposition gradlinig und sehr schnell zurück. Auch wenn die CDU es nicht so gerne hört, Tatsache ist, daß 16 Jahre

Bonner Verkehrspolitik den Norden nicht vorangebracht haben.

(Carsten Lüdemann CDU: Ach, du Schande!)

Ein Neubau würde in etwa so viel kosten wie die aufgegebene Transrapid-Verbindung und wäre damit auch absehbar nicht finanzierbar.

Der Oppositionsführer, Ole von Beust, hat in einer Presseerklärung noch einmal besonders darauf hingewiesen, daß er es vermißt hat, daß man hier und auch in Berlin nicht zeitgleich mit der Diskussion über den Transrapid über eine mögliche ICE-Verbindung und über einen möglichen Neubau der Trasse nachgedacht hat. Da Herr von Beust natürlich nicht da ist...

(Antje Blumenthal CDU: Ihr Bürgermeister ist auch nicht da!)

Das ist klar, gucken Sie sich einmal an, wie häufig er anwesend ist.

Wenn man zu Zeiten, als wir alle noch davon ausgegangen sind, daß der Transrapid kommt, darüber nachgedacht hätte, dann hätte gerade die CDU laut in dieser Stadt darüber geredet, daß wir in Wahrheit nicht an den Transrapid glauben, weil wir schon lange andere Schienenverbindungen planen. – Danke.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Antje Möller GAL:Genau, wie man es macht, macht man es ver- kehrt!)

Das Wort erhält Herr Reinert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn hier schon darauf hingewiesen wird, daß der eine oder andere Kollege von uns nicht da ist, liebe Frau Duden, dann richten Sie den Blick auf die Senatsbank. Da sitzt nur ein Belegexemplar.

(Beifall bei der CDU – Barbara Duden SPD: Der ist auch zuständig! – Dr. Rolf Lange SPD: Es geht um Qualität, nicht um Quantität!)

Damit, Herr Dr. Lange, wird es noch auffälliger, wie wenig da sitzt.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte ein Bild aufgreifen, das in diesem Hause schon einmal gebraucht wurde: das Bild des Scheinriesen.

(Dr. Holger Christier SPD: Herr „Tur Tur“!)

Es paßt hier in ganz hervorragender Weise, denn wir haben in der ganzen Entwicklung eine wahre Versammlung von Scheinriesen erlebt.Es ist der Herr Mehdorn, es ist der Herr Bürgermeister – Herr Senator Wagner ist immer noch beim virtuellen Schweben, den möchte ich ausklammern –, und es haben sich mittlerweile die gesamten SPD- und GAL-Abgeordneten hier mit eingereiht. Der Scheinriese ist bekanntlich derjenige, der aus der Ferne wie ein Riese wirkt, aber immer kleiner wird, je näher er an den Betrachter herankommt. Da schauen wir uns den ersten Scheinriesen Mehdorn an.Was verkündete der am 5.Februar? Es ist doch gar nicht schlimm, wenn der Transrapid nicht kommt. Innerhalb von 18 Monaten werden die Züge zwischen Hamburg und Berlin auf 90 Minuten Fahrzeit beschleunigt, und das Ganze kostet nur 350 Millionen DM.Da hat jeder gesagt, wenn das so ist, hat der Mann eigentlich recht.Was ist aber aus dem Scheinriesen Mehdorn gewor

den? Die Fahrzeit wird über 90 Minuten bleiben. Frau Duden hat eben gesagt Zieldatum 2007, 2008, nicht 2001, und die Kosten werden über 1 Milliarde DM liegen.

(Barbara Duden SPD: Das habe ich nicht gesagt! 2003 habe ich gesagt!)

Dann gucken wir auf den nächsten Scheinriesen, auf den Bürgermeister. Was verkündete der am 5. Februar? Jetzt, wo der Transrapid nicht kommt, brauchen wir unverzüglich eine ICE-Strecke, die weitgehend nur eine Neubaustrecke sein kann. Am 11. Februar begrüßt er die Sprüche von Herrn Mehdorn und fordert – setzt sozusagen immer noch einen drauf – die Option auf eine Bahnverbindung zwischen Hamburg und Berlin in Stundenfrist. Das hat er ein paar Tage später wieder auf 70 Minuten abgemildert.

Am 18. Februar, wieder eine Woche später – der Scheinriese kommt etwas näher –, ist in der Erklärung mit den anderen Regierungschefs der norddeutschen Bundesländer nicht mehr die Rede von einer Neubaustrecke, sondern nur noch vom Ausbau zweier Strecken: Hamburg–Ludwigslust–Berlin und Hamburg–Uelzen–Stendal–Berlin. Immerhin zwei Strecken. Wieder eine Woche später, am 25. Februar – der Scheinriese hat sich weiter angenähert –, verkündet der Bürgermeister zusammen mit dem Bundesverkehrsminister: Erstens wird es auf absehbare Zeit überhaupt keinen Neubau geben, und zweitens ist die Südstrecke zeitlich weit nach hinten geschoben, die Nordstrecke bis zum Jahre 2005.