(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Dr. Martin Schmidt GAL: Das mußte ja mal gesagt werden!)
(Dr. Martin Schmidt GAL: Damit du alter Sack nicht mehr aufstehen mußt! Dann kannst du alles im Ses- sel erledigen! – Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: www.Hackbusch.de!)
Den zweiten Punkt, den wir uns ansehen sollten, finde ich spannend, und er betrifft das, was gestern veröffentlicht worden ist im Zusammenhang mit der Idee, Hamburg.de neu zu kommerzialisieren und damit neue Schritte zu machen. Ich finde es eindeutig begeisternd und gut, daß es für jeden möglich ist, kostenlosen E-Mail-Zugang zu bekommen und sich kostenlos eine Homepage einzurichten. Dabei kann man aber nicht stehenbleiben. Für die Politik ist es wichtig, nicht nur die sogenannte Info-Elite zu erreichen – darin möchte ich Herrn Müller unterstützen –, die 30 bis 40 Prozent, die bis jetzt gut mit dem Internet arbeiten, sondern es ist notwendig, auch den Rest zu erfassen.
Dazu sind viele politische Anstrengungen notwendig, zum Beispiel öffentliche Zugänge über Volkshochschulen zu organisieren. Da sehe ich bisher wenig Ansätze.
Der zweite kritische Punkt hierzu – dabei bin ich auch sehr skeptisch – müßte nach meiner Meinung im Wirtschaftsausschuß einmal genauer diskutiert werden, nämlich inwieweit die Kommerzialisierung und die Exklusivität sämtlicher Hamburger Verwaltungsstränge über das Internet – ein Unternehmen, das mehrheitlich Banken gehört – etwas Vernünftiges und Richtiges ist. Bisher ist es diesbezüglich zu keiner kritischen Diskussion gekommen. Ich muß aber ehrlich zugeben, daß ich es nicht möchte, wenn ich bei der Hamburger Verwaltung etwas angefragt habe, hinterher von irgend welchen Online-Unternehmen mit Cookies, EMails oder Werbegeschichten zugeschüttet zu werden. Ich möchte gern wissen, wie das geschieht.
Man muß überlegen, welches kommerzielle Interesse Banken und Sparkassen daran haben, diesen privatwirtschaftlichen Zugang überhaupt zu organisieren. Unternehmen und Banken nutzen gegenwärtig vor allem die Möglichkeit, Kundenkontakte herzustellen und diese dementsprechend auch zu zählen. Ich weiß bisher nicht, inwieweit der Senat aufgepaßt hat, damit meine Verbindungen mit der Verwaltung oder die der Menschen in dieser Stadt nicht als Kundenkontakte aufgenommen werden, und daß hoffentlich verhindert wird, daß man mitten in einer Marketingmaßnahme landet.
Drittens ist mir nicht ganz klar, welche Auswirkungen diese Verbindungen haben, denn mir fällt auf, daß gerade die
Haspa dabei sehr wichtig ist. Inwieweit ist ausgeschlossen, daß Verbindungen in das Filialennetz der Haspa gelangen?
Diese Investition, die getätigt wird, ist groß, sie wird vieles in dieser Stadt verändern. Deshalb steht meiner Meinung nach die politische Diskussion darüber erst am Anfang und darf nicht auf billige Weise abgehandelt werden nach dem Motto: Wir erlauben alles umsonst. Auch die entsprechenden Kosten dazu müssen sorgfältig behandelt werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat hat es sich in Deutschland herumgesprochen, daß Hamburg die führende Position im Bereich Multimedia hat.
Ebenso wahr ist, daß dies zu Reaktionen führt, daß also andere sich aufmachen, uns diesen Rang streitig zu machen. Daher lohnt die Debatte darüber, was wir tun können und müssen, damit wir weiter die Nase vorn haben und an der Spitze stehen. Meines Erachtens wird es auf drei Punkte besonders ankommen.
Das erste ist, daß Hamburgs Stellung als Multimediametropole bisher deutschlandweit bekannt geworden ist. Dies ist aber eine internationale wirtschaftliche Entwicklung, und deswegen müssen wir uns zusätzliche Mühe geben, Hamburg als Multimediametropole auch international zu positionieren, zumal vor dem Hintergrund, daß Berlin und München insofern einen Vorsprung vor Hamburg haben.
Die zweite Anstrengung, die wir unternehmen müssen, ist, Arbeitsstätten und -flächen, Milieus zu bieten, in denen diese Unternehmen und die Menschen, die in ihnen tätig sind, arbeiten wollen. Diese Leute haben eine eigene Form der Arbeit und überhaupt eine eigene Form des Lebens entwickelt. Sie suchen nach bestimmter Atmosphäre und Umgebung. Deswegen ist auch die Entwicklung der HafenCity ein besonderes Projekt zur Stärkung und Förderung des Wirtschaftsstandortes Hamburg, denn dort werden Angebote entstehen, die für diese Unternehmen von besonderem Wert sind.
Die dritte Anstrengung betrifft die Ausbildung und den qualifizierten Nachwuchs. Ich unterstütze ausdrücklich – darauf kommen wir vielleicht später noch – den Vorschlag von Kanzler Schröder, den Nachwuchsmangel mit Green Cards zu überbrücken. Wenn jetzt gelegentlich der Versuch gemacht wird, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, zu sagen, das sei nun die Bankrotterklärung von Kanzler Schröder, dann ist das lächerlich. Denn die Versäumnisse, die es in dem Bereich gegeben hat, sind Versäumnisse der deutschen Wirtschaft und der deutschen Politik in den neunziger Jahren,
die man wahrhaftig nicht dieser Regierung anlasten kann. Wir brauchen dies zur Überbrückung, aber es darf nicht die verstärkte deutsche Anstrengung in den Unternehmen und durch die Politik ersetzen.
Wir brauchen feste Ausbildungszusagen der IT-Wirtschaft im Gegenzug zu den Green Cards. Wir müssen eigene Anstrengungen unternehmen vom Multimedia-Führerschein, so bescheiden der Ansatz sein mag, bis hin zu den Hoch
schulen. Deswegen ist es wichtig, daß zum Beispiel die Technische Universität Hamburg-Harburg ab dem Wintersemester 2000 ein Masterprogramm „Information in Mediatechnologys“ aufnehmen wird und daß andere Hochschulen, wie etwa die Fachhochschule, ihr Programm zunehmend auf diese Anforderungen hin umstellen. Ich wünsche mir, daß die private Multimedia-Akademie-Initiative in Hamburg auch zum Erfolg führt. Ich werde sie jedenfalls im Rahmen meiner Möglichkeiten dabei unterstützen.
Was ist die Perspektive dieser Stadt im New-Media-Bereich, abgesehen von dem, was Kollege Müller richtig zu der Durchdringung der Wirtschaftsbereiche gesagt hat, sozusagen über ihre ganze Breite? Die Entwicklung der nächsten Jahre wird insbesondere im Handel liegen, im E-Commerce und M-Commerce. Schätzungen sagen, daß von 1997 bis 2002 – also innerhalb von fünf Jahren – ein Weltmarkt von 8 auf 360 Milliarden DM anwächst. Was wäre logischer, als daß die Handelsmetropole Hamburg zur ECommerce-Metropole des 21. Jahrhunderts wird? Ich finde, das ist eine wirtschaftspolitische Perspektive, für die zu arbeiten sich lohnt. Und damit schließe ich mich an etwas an, was gesagt worden ist: auf dem deutschen Wege, also unter Mitnahme der gesamten Gesellschaft und nicht, indem wir nur die Begabten aus aller Welt heranziehen und uns nicht darum kümmern, wie diejenigen, die vielleicht nicht ganz so schnell lernen und nicht ganz so leistungsfähig sind, mit den Phänomenen umgehen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich teile die Auffassung von Herrn Müller, der gesagt hat, daß die Frage, die wir heute diskutieren, nicht nur eine Frage ist, wie man subjektiv Internetvorgänge bewertet, sondern sich für die Politik letztlich die strategische Frage stellt, ob diese neuen Techniken – so neu sind sie ja gar nicht mehr – Multimedia, Internet nicht die entscheidende Chance für Hamburg sein können, den weltweiten Strukturwandel an vorderster Stelle in Deutschland oder vielleicht in Europa zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund ist diese Diskussion von unglaublicher strategischer Bedeutung. Ich denke, daß wir uns im Sinne des Beitrags von Herrn Dobritz in einigen Jahren fragen werden, ob nicht ECommerce und die strategischen Fragen und Antworten, die wir heute geben, und alles, was damit zusammenhängt, letztlich genau die gleiche Bedeutung haben, wie vielleicht vor fünfzig oder hundert Jahren Strukturfragen des Hamburger Hafens. Es hat die gleiche Bedeutung für die Politik, die Wirtschaft und die Arbeitsplätze.
Hamburg hat hier aus meiner Sicht aus folgenden Gründen eine riesige Chance, auch wenn man es mit anderen Standorten vergleicht, die teilweise auch durch Subventionen versuchen, Investoren anzulocken, mit denen wir uns – wie ich finde – aus ordnungspolitischen Gesichtspunkten sehr rar gemacht haben. Vermutlich hat der Bereich Köln und Düsseldorf hinsichtlich neuer Medien, in Film und Filmproduktionen ein gewisses Prä. Und es ist wohl auch so, daß im Bereich München High-Tech, aber auch Hardware ein gewisses Prä hat und daß in Berlin ein hohes kreatives Potential ist, aber ohne Vernetzung und ohne Kapital. Wir in Hamburg haben die große Chance, kreatives Potential plus Vernetzung, plus zumindest die Möglichkeit der Kapitalhilfe. Diese Chance müssen wir nutzen. Da gibt es für mich drei Dinge, die eine große Rolle spielen.
Das ist zum einen die Frage, wie wir junge Leute ausbilden, damit die Firmen, die hier investieren wollen, Nachwuchskräfte haben, als Gründerfirmen genug Leute haben, die hier arbeiten können. Da ist der Internet-Führerschein, der Multimedia-Führerschein ein kleiner Einstieg. Das andere ist – und das muß die Politik positiv bewerten und begleiten – die private Initiative, eine Multimedia-Akademie zu gründen. Das ist auf einem guten Weg. Wie ich gehört habe, wird im Laufe des März die Bemühung gekrönt in einer Konstitution einer solchen Einrichtung. Ich meine, hier muß die Politik wirklich unterstützen, soweit sie unterstützen kann.
Es ist traurig, wenn es die Politik nicht geschafft hat, eine solche Akademie zu gründen. Wenn es Private schaffen, ist es vielleicht sogar besser als Initiativkraft, weil auch Kapital gebunden wird, das in öffentlichen Kassen gar nicht vorhanden ist, aber hier muß die Politik tatkräftig helfen.
Der zweite Punkt ist die Frage, wie es mit dem Kapital von Gründern ist. Auch hier ist einiges in Arbeit. Wie ich gehört habe, bemühen sich einige Hamburger Banken, diese Lücke durch konkrete Hilfestellung für Unternehmensgründer zu schließen und im März ein Programm vorzustellen, wo mit Banken, Joint-venture-Kapital und Begleitung durch Fachleute Gründer die Chance haben, auch Kapital für solche Unternehmensgründungen zu bekommen, wenn das Konzept stimmt.
Der dritte Punkt ist der entscheidende Punkt, wo die Politik ansetzen muß. Wenn wir sagen, daß es die entscheidende strategische Aufgabe in der Wirtschaftspolitik ist, dann muß sich diese Aufgabe aber auch durch alle Felder der Politik ziehen und darf nicht nur in den Bemühungen des Wirtschaftssenators enden.
Ich hätte mir zum Beispiel gewünscht, wenn wir über Hamburg-Werbung diskutieren, ob nicht eine intensive Werbung für den neuen Medienstandort Hamburg, für den Internetstandort Hamburg, interessanter gewesen wäre als „Hamburg hat Pfeffer im Sack“. Ich glaube, hier wäre eine Chance gewesen und hier ist eine Chance, eine vernünftige Hamburg-Werbung zu machen, die auch internationale Maßstäbe hat, meine Damen und Herren.
Es ist schlimm genug, verehrter Herr Christier, wenn Werbeagenturen das machen müssen, weil der Senat nicht in die Puschen kommt.
Lassen Sie uns doch sehen, wie wir Hamburg-Werbung – und Hamburg-Werbung ist doch in der Vergangenheit immer als politische Standortwerbung verstanden worden –, die Chance des Multimedia- und Internetstandortes nutzen und nicht verkümmern lassen. Nur das will ich, und ich würde mich freuen, Sie würden es auch wollen.
Wie können wir neben dem Wirtschaftssektor auch den Bereich Multimedia, Internet mehr hineinziehen in die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Forschung? Hier einen Schwerpunkt, ein Profil der Hamburger Hochschulen zu bil
den, ist wichtig für diesen Standort. Wie ist es mit der Kulturpolitik? Gehört nicht auch eine Kulturpolitik, die auf diese neue Form der Kultur zurückgreift, die neue Form der Kulturvermittlung im Internet und die die neuen Medien begreift, dazu? Wozu ich dringend rate und was ich bisher vermisse, ist, daß wir diese strategische Aufgabe als eine Querschnittsaufgabe der Hamburger Politik verstehen und nicht nur als eine Nische des Wirtschaftssenators, mit der er sich profilieren kann. Wir müssen alle an einem Strang ziehen. Das ist für den Standort von großer Wichtigkeit, wenn wir diese Aufgabe meistern wollen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die größte Aufmerksamkeit erregt Hamburg im Moment bundesweit nicht durch Plakate „Hamburg hat Pfeffer im Sack“, sondern durch das Moorhuhn.