Diese Aktion hat nur dann eine Akzeptanz, wenn die Freiwilligkeit, daran teilnehmen zu können, deutlich herausgestellt wird. Die SPD-Fraktion versteht die Pressekonferenz der GAL als eine Art Denkmodell, wobei auch klar wird, wo man mit solcher freien politischen Philosophie landen kann oder – anders ausgedrückt – wie einem die Pferde bei der Ausschmückung einer Idee durchgehen können, was durchaus auch Bewegung im Sinne des 22. September sein kann.
Pferde. – Aber die Pressekonferenz konterkariert auch ein bißchen Prodis Idee von der Nachdenklichkeit und dem neuen Lebensgefühl, das auch Herr de Lorent eben versucht hat, deutlich zu machen; es ist in Wirklichkeit ein bißchen gegen die Idee von Herrn Prodi. Wir wollen deutlich machen, was mit uns nicht machbar ist, aber auch, was mit uns machbar ist. Nicht machbar ist die zwanghafte Aufforderung, alle machen mit. Es gibt mit uns keine Sperrung von Hauptverkehrsstraßen in dieser Stadt.
Aber es gibt mit uns die Bitte an Vereine und Institutionen dieser Stadt, sich mit Aktionen an diesem Tag zu beteiligen. Dazu kann dann auch die Sperrung von kleineren Straßen in Ortszentren gehören, und das ist ein völlig normaler Vorgang und muß nicht mit großem Geschrei bewertet werden.
Bei vielen Märkten, Volksfesten und ähnlichem werden Straßen und Plätze in dieser Stadt gesperrt, bei Großereignissen – ich nenne nur ganz vorsichtig das Alstervergnügen – auch mal mehr, ohne daß es eine ideologisch gefärbte Diskussion um die Zukunft des Autoverkehrs in dieser Stadt gibt.
Die große Bereitschaft der Hamburger, solche Maßnahmen positiv aufzunehmen, ist bekannt und zum Beispiel auch beim Hansemarathon und den HEW-Cyclassics jedes Jahr aufs neue zu bewundern.
Was den zweiten Punkt des GAL-Antrags betrifft und die Rolle der Abgeordneten der Hamburger Bürgerschaft, kann ich nur einen Rat geben. Wer sich unbedingt als Robin Hood des motorisierten Individualverkehrs in Hamburgs Boulevardzeitung hervortun möchte, wird bei dieser Aktion auf freiwilliger Basis auf keinen Fall behindert. Viele Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zu überzeugen, auf freiwilliger Basis auf das Auto zu verzichten, sich eins zu fühlen mit den Bürgern in Europa, in Neapel, Paris und anderswo, ohne die Axt an den Stamm des Wohlstands zu legen, das wünscht sich die SPD-Fraktion als Ergebnis für den 22. September.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Antrag aus der Drahteselfraktion hat unsere rotgrüne Regierung von Weltniveau in den tiefsten Grundfesten erschüttert, jedenfalls wenn ich der Presse Glauben schenken darf.Da ist sogar das Gästehaus des Senats bemüht worden, Krisenmanagement im Rathaus, und der Fraktionsvorsitzende Christier mußte an verschiedenen Stellen bei verschiedenen Gesprächspartnern sein. Ausgangspunkt ist der Antrag autofreier Tag in Hamburg – ausgerechnet an einem Freitag.
Im übrigen, Herr de Lorent, haben Sie auf Ihrer Pressekonferenz darauf hingewiesen, daß Hauptverkehrsstraßen gesperrt werden sollten und auch 30-Kilometer-Zonen vor den Schulen, die im übrigen häufig an wichtigen Durchfahrtsstraßen liegen, mit fröhlichen Aktionen fröhlicher Kinder dichtgemacht werden sollten. Es sollten andere Bereiche mit Hilfe von Institutionen, Organisationen und Verbänden gesperrt werden.
Überlegen Sie sich einmal im Ernst, ob Ihre Lyrik dann wirklich zustande gekommen wäre, die Stadt ohne Auto zu erleben, die Stadt zum öffentlichen Bewegungsraum, zum Erlebnisraum zu machen. Was wäre denn passiert? Sowohl der Wirtschaftsverkehr als auch die Autofahrer, die aus beruflichen Gründen unterwegs sind – das sind im übrigen in Hamburg 75 Prozent, am Freitag erst recht –, wären in ihre Wohngebiete ausgewichen und hätten dort den Bürgern ein Erlebnis von zusätzlichen Abgasen und zusätzlichem Autoverkehr beschert.
Sie hätten mit Ihren Vorschlägen genau das Gegenteil von dem erreicht, was Sie in der Pressekonferenz vorgeführt haben.
Nun ist der ganze Prozeß ja weitergegangen. Mittlerweile ist der Antrag zugegebenermaßen etwas abgespeckt worden.
Aus Ihrer Rede ging nicht hervor, ob Sie tatsächlich von den Gesprächen mit der SPD-Fraktion viel gelernt haben, Herr de Lorent, denn Sie halten weiterhin an Ihrem Aktionismus fest.
(Manfred Mahr GAL: Das täte Ihnen auch mal ganz gut! – Gegenruf von Anja Hajduk GAL: Das geht bei ihm nicht!)
Aber immerhin ist einzuräumen, daß es sich hier mehr um einen bewußtseinsbildenden Antrag handelt, einmal über diese Frage nachzudenken, und dagegen haben auch wir nichts. Auch wir sind sehr dafür, sich zu überlegen, ob man das Auto benutzen muß oder nicht.
Jetzt kommt die Kehrseite Ihres Beifalls. – Die ganze Art und Weise, wie Sie hier vorgegangen sind, die Hamburger Autofahrer, die Hamburger Wirtschaft und die Menschen in dieser Stadt zu provozieren – stellen Sie sich einmal eine Hausfrau mit zwei Kindern auf dem Fahrrad vor, hinten eine Kiste Säfte, wie wollen Sie denn das bewerkstelligen, am Freitag kaufen die Leute ein – und sich davon einen bewußtseinsbildenden Effekt zu erhoffen, ist ein grundlegender Irrtum.
In Wirklichkeit haben Sie – sonst sind Sie immer so sehr gegen Ressentiments – gegen eine große Gruppe von Menschen schlicht und ergreifend nur Ressentiments geäußert. Sie sind mit Ressentiments hier angetreten, nämlich mit dem Ressentiment gegen die Autofahrer, die wirklich darauf angewiesen sind.
Nun ist von seiten regierungsnaher Presse der Wirtschaft und auch uns als CDU vorgehalten worden, unsere geistige Mobilität hätte nur den Radius eines Bierdeckels.
Das hat mich in der Tat provoziert. Zwar ist der ganze Vorgang sehr stark in der Nähe von einem Bierdeckel angesiedelt, insbesondere wenn auf dem Bierdeckel etwas steht und neben dem Bierdeckel auch noch ein Glas Schnaps oder vielleicht mehrere Gläser Schnaps stehen, aber es hat mich dennoch provoziert. Wenn es Ihnen schon um bewußtseinsbildende Anträge geht, dann könnte ich Ihnen noch weitere Ideen vermitteln.
Im übrigen macht der Verkehr 20 Prozent des Primärenergieverbrauchs aus, die einzelnen Haushalte machen 40 Prozent aus, und dann kommen Industrie und Energieerzeugung mit den restlichen Prozenten.Nun bedeutet natürlich Energieverbrauch Umweltbelastung, man könnte also einmal einen heizungsfreien Tag einführen.
Die Hauptzuleitungen wären leicht absperrbar, insbesondere, da wir ein relativ gut ausgebautes Fernwärmenetz haben.
Oder eine andere Möglichkeit: Wir führen einen abwasserfreien Tag ein. Hamburgs Abgeordnete gehen mit gutem Beispiel voran, waschen sich einen Tag nicht, verbrauchen keine umweltbelastende Seife mit ihren Detergenzien und Aromastoffen.