Protocol of the Session on January 19, 2000

(Karl-Heinz Ehlers CDU)

Vierter und letzter Punkt: Herr Senator, Sie haben recht, wenn Sie betonen und immer wieder erklären – Herr Dobritz hat es in seiner Rede eben auch hervorgehoben –, daß es einer der Pluspunkte für diesen innerstädtischen Standort ist, daß Messe und Congress eine Einheit bilden. Das bedeutet aber auch, daß nicht nur die Messe, Herr Senator Mirow, sondern auch das 25 Jahre alte Congress Centrum zu modernisieren sein wird. Auch im Kongreßwesen steigen die Ansprüche an Qualität und Service. Wenn wir diese Rolle unseres Congress Centrums in der Welt behalten wollen, werden wir in das Congress Centrum investieren müssen und nicht nur in die Messe.Was das kosten wird und wie Sie es finanzieren wollen, dazu sind Sie in der Drucksache bisher eine Antwort schuldig geblieben.

Fazit: Es ist wichtig, die Umsetzung dieses Konzeptes zügig durchzuführen.Wir brauchen die nächsten 10 000 Quadratmeter innerhalb der nächsten vier Jahre. Auch deshalb ist es richtig, die Erweiterung am jetzigen Standort vorzunehmen. Andere Lösungen sind zu zeitaufwendig. Uns als Fraktion scheint es, daß die Vorteile Hamburgs für diesen Messestandort, nämlich die Innenstadtnähe und die Kombination zum CCH, ausschlaggebend sein sollten, um die Erweiterungen hier vorzunehmen. Wir sind gespannt darauf, Herr Senator Mirow, was Sie uns am Jahresende vorlegen werden.Unseren Goodwill und unsere Unterstützung für die Entscheidung, hier weiterzumachen, haben Sie. Die Überzeugungsarbeit für die Betroffenen, das Parlament und hinsichtlich der Finanzierung werden Sie leisten müssen.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Warum kommt eigentlich keine Stadt in der Bundesrepublik auf die Idee, ihre Messe in der Innenstadt auszuweiten? Keine andere Stadt kommt bei einer neuen großen Investition auf die Idee, in der Innenstadt zu bauen, nur Hamburg, Herr Senator Mirow und scheinbar die große Mehrheit dieses Hauses. Warum?

(Zurufe von der SPD und der CDU)

Weil alle anderen wissen, wie stark die Innenstädte schon belastet sind; vor allem im Zusammenhang mit dem Verkehr. Man weiß, daß ein so verkehrsintensives Bauen nicht in die Innenstadt paßt, denn eine Messe hat mit den anderen Stadtteilen gar keine Verbindung, wie wir es gerade bei dieser Messe am deutlichsten sehen können und wie es auch bei anderen Messen nicht gelingt. Das ist der eine Aspekt, aber der Verkehrsaspekt ist der entscheidende.

Jetzt stellen wir im Zusammenhang mit dem Messeausbau fest, daß man plant, dort 7500 neue Parkplätze zu bauen. Wer kommt auf eine solche wahnwitzige Idee, so etwas zu machen? Alle reden davon, wir müssen die Innenstadt autoärmer machen. Alle Zukunftsforscher sagen, man müßte sich in dieser Richtung anstrengen, denn man kann sonst in dieser Stadt nicht vernünftig existieren. Und Sie kommen auf die Idee, 7500 neue Parkplätze zu bauen; was macht das, das ist doch wunderschön! Die CDU ist diesbezüglich nicht ganz zurechnungsfähig.

(Karl-Heinz Warnholtz CDU: Na, na, na, so nicht!)

Sie verwechseln Leben und Autoverkehr miteinander. Das war schon immer ihr Problem.

(Heiterkeit und Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Aber jetzt zu dem ernsthaften Bereich, mit dem wir das gemeinsam verbinden wollen.Ich bin entsetzt.Folgendes Beispiel. Herr Dr. Martin Schmidt und Herr Dr. Martin Schäfer, als wir noch Teil der Koalition waren, haben wir über 100 zusätzliche Parkplätze im Zusammenhang mit dem Wasserturmprojekt am Sternschanzenbahnhof diskutiert.Kommunalpolitiker haben wochenlang über die Frage nachgedacht, wie wir das für diesen Stadtteil verträglich organisieren können, und haben Konzepte für 100 zusätzliche Parkplätze entwickelt. Jetzt wird in 300 Metern Entfernung ein Parkhochhaus mit 6000 zusätzlichen Parkplätzen geplant. Da kann man noch so viel davon reden, daß das umweltverträglich geschehen und zum Stadtteil passen soll. Jeder weiß, daß das nicht geht. Darum lehnen wir dieses Projekt ab. Ich bin mir ganz sicher, daß durch ein solches Projekt wahnsinnige Belastungen entstehen werden, und man wird es auch nicht so leicht in diesen Stadtteilen durchsetzen können. Ich bin mir auch nicht sicher, ob allein die Entscheidung im Parlament ausreichen wird, um diese Frage klären zu können. Man wird überlegen müssen, ob man diese zusätzliche Belastung wirklich dem Karolinenviertel, dem Schanzenviertel und Eimsbüttel zumuten kann. Darüber wird es noch etliche Diskussionen geben.

Jetzt zu den Begründungen, warum es so wichtig ist, daß die Messeausweitung dort stattfinden soll. Die entscheidende Begründung, die genannt worden ist, ist die Verbindung zwischen Congress Centrum und Messezentrum. In der Drucksache erwähnt, aber hier noch nicht deutlich ausgedrückt, ist die Tatsache, daß die Messe das Congress Centrum überhaupt nicht braucht; es gibt diesbezüglich überhaupt keine Verbindung zwischen Congress Centrum und Messe.

(Dr. Monika Schaal SPD: Sie haben doch keine Ah- nung!)

Die Kleinen Anfragen, die wir dazu gestellt haben, haben deutlich gezeigt, daß es diesbezüglich überhaupt keine Wechselbeziehung zwischen Congress Centrum und Messe gibt. Fragen Sie Menschen, die bei der Messe tätig ist, daß dies so ist. Die Drucksache sagt als einziges dazu, bei Bewerbungen – Herr Mirow, ich habe das sehr genau gelesen – des Congress Centrums war es wichtig, so etwas anführen zu können. Es wurde nicht in Anspruch genommen. Es hat real gar nicht diese Wechselbeziehung gegeben.Es hat real nicht dazu geführt, daß das Congress Centrum – bis auf vielleicht ein, zwei Ausnahmen auf dem Messegelände – unbedingt darauf angewiesen ist, sondern diese Verbindung ist im öffentlichen Unternehmen hergestellt, aber nicht in der Realität. Dieser Punkt wird im Ausschuß kritisch zu diskutieren sein.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau gibt es die Fragestellung, wie man bei einem Neubau eine tote Ecke verhindern kann. Jeder, der sich einen Messeneubau angesehen hat, weiß, daß es, wenn der Zubau insgesamt äußerst klein ist, eine sogenannte Nase gibt, in die kein Aussteller hineingehen will.Dieses ist ein großes Problem.Wenn ich es richtig verstanden habe, soll es so gelöst werden, daß man gleich viel Neues baut, aber dadurch relativ viel Freiraum im südlichen Bereich der Messe schafft.Wenn ich richtig informiert bin – wichtige Fragestellung auch im Ausschuß –, bedeutet das, daß der Hamburger Staat vor zwei, drei Jahren umsonst ungefähr 150 Millionen DM für den Neubau des Messe-Eingangs Süd ausgegeben hat. Der würde dann leer, einsam, im Regen herumstehen, weil die Messe

(Karl-Heinz Ehlers CDU)

viel weiter nach Norden und um die Ecke gezogen ist.Auch diese Frage ist in der Drucksache nicht geklärt.

Ein weiterer Punkt sind die Kosten. Der Kostenvergleich ist nicht deutlich genug dargestellt worden.Es ist allen Leuten, die dieses Messegelände kennen, klar, daß am alten Messegelände sehr viel zu tun ist und dort sehr viele Investitionen zu tätigen sind. Entsprechend ist es gegenwärtig überhaupt nicht möglich zu sagen, inwieweit ein Neubau wirklich mehr kosten würde. Das ist in der Drucksache auch nicht versucht worden. Das wäre aber natürlich für eine Standortentscheidung wichtig.

Das Versprechen, viele Parkplätze in einem Tiefparkplatzbereich Glacischaussee zu bauen, kann nur dann realisiert werden, wenn man dafür sehr viel Geld ausgibt. Das wäre ungefähr das Teuerste, was man sich in dem Bereich vorstellen könnte. Ein weiterer Kostenfaktor wäre, daß dort sehr viele Leitungen verlegt werden müßten. Ich habe eher den Eindruck, daß ein Ausbau am alten Standort teurer werden würde als ein Neubau an anderer Stelle.Wir halten den jetzigen Standort für einen Ausbau für völlig falsch ausgesucht. Er ist für den Innenstadtbereich nicht verträglich. Wir meinen, die Alternativen dazu sind nicht ausreichend gewürdigt und angesehen worden.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Aus diesen Gründen werden wir der Drucksache natürlich nicht zustimmen, weil es eine falsche Entscheidung ist, Herr Böwer. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort bekommt Herr Senator Dr. Mirow.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich nach dem hier Gesagten recht kurz fassen und will meine Argumente auf drei kurze Gesichtspunkte konzentrieren.

Warum haben wir uns im Grundsatz für diese Lösung entschieden? Man muß noch einmal unterstreichen, daß wir insgesamt eine Entwicklung bekommen haben, die den großen Städten eine neue Chance gibt. Nachdem wir über Jahrzehnte eine Entwicklung hatten, daß die Unternehmen aus den Städten hinausgehen, und auch die Lebensgewohnheiten so waren, daß viele Menschen die Städte verlassen haben, gibt es jetzt eine Rückkehr zu den Städten, ein Thema bis hin zu den Titelblättern der „Wirtschaftswoche“. Das ist für Hamburg eine ungeheure Chance, die wir nutzen müssen. Die Entscheidung, die Messe in der Stadt zu lassen, ist eine Entscheidung für Hamburg, für die City und damit eine Entscheidung, die der Stadt guttut.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Diejenigen, die wie Herr Hackbusch oder in etwas abgemilderter Form der Präses der Kammer

(Heiterkeit im ganzen Hause und Beifall bei der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU)

ich wollte niemandem zu nahe treten – für eine Verlagerung nach Moorfleet plädieren, übersehen, daß es nicht damit getan wäre, allein eine Messe nach Moorfleet zu legen. Dies hätte zwangsläufig zur Folge, daß man die gesamte Infrastruktur, die man ebenfalls für Messen braucht – Gastronomie, Hotellerie –, die entsprechenden Verkehrsverbindungen auch in Moorfleet neu ansiedeln müßte.

(Karin Rogalski-Beeck SPD: Nein!)

Wie das zu Ihrer Orientierung einer boden- und stadtsparsamen Bewirtschaftung passen würde, erschließt sich mir nicht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Was hier von Herrn Dobritz und auch von Ihnen, Herr Ehlers, zur Positionierung der Messe gesagt worden ist, teile ich.Ich glaube, daß wir mit dem Stammgeschäft allein noch keine wirkliche Zukunftsperspektive für die Messe haben.

(Rolf Kruse CDU: Und hoffentlich kriegen werden!)

Nun kann man sagen, das hängt auch miteinander zusammen, man braucht das notwendige qualitative Angebot im Bereich der Infrastruktur, um die entsprechenden Konzepte verwirklichen zu können. Herr Hackbusch, Sie haben gesagt, es gebe die Verbindung zum Congress Centrum gar nicht.Ich meine aber, daß zum Beispiel Ansätze, wie wir sie mit dem Hamburger Dialog versuchen, wo wir Kongreßteile, Workshops, Symposienteile und dazugehörige Messebestandteile haben werden, ein wesentliches Element für die zukünftige Positionierung der Hamburg Messe bilden. Ihr Argument, Herr Hackbusch, die anderen täten das nicht, ist kein wirksames Gegenargument. Es ist umgekehrt: Wenn man als Messe die Nummer zehn ist, dann tut man gut daran, nicht einfach das nachzumachen, was alle anderen tun, sondern muß sich eine eigene vernünftige Positionierung erarbeiten.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wir wollen in der Liga bleiben!)

Zum weiteren Verfahren. Es ist sicher richtig, Herr Ehlers, daß es offene Fragen gibt. Die Drucksache tut auch nicht so, als ob es sie nicht gebe. Wir haben Wert darauf gelegt, daß es jetzt die Möglichkeit gibt, in gründlicher Befassung und auch gern mit Anhörungen, die noch offenen Fragen zu erörtern. Dazu gehören der Verkehr und die Finanzierung, wobei zu sagen ist, daß wir heute in solchen Zusammenhängen Finanzierungsinstrumente haben, die man vor wenigen Jahren noch nicht gehabt hat.Dazu gehört die verträgliche Nachbarschaft mit dem Fleischgroßmarkt und auch die Frage, wie mittel- und langfristig die Entwicklung des Kongreßbereichs ist. Nur, viele von Ihnen – so wie ich – sind ein paar Tage länger dabei. Es ist eine vernünftige Reihenfolge, zu sagen, erst treffen wir eine Grundsatzentscheidung, wo wir das machen wollen, und in einem zweiten Schritt wird dann die Planung konkretisiert. Es ist richtig, daß wir jetzt in den Ausschuß gehen. Es ist gut, weil eine Standortentscheidung, die vom Parlament getroffen wird – obgleich das zunächst eine exekutive Aufgabe ist –, in einem Stadtstaat wie Hamburg solideren Bestand hat, als wenn der Senat das alleine täte.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Man kann es ja mal ohne das Parlament versuchen, Herr Mirow!)

Es wäre gut, wenn wir miteinander so arbeiteten, daß bis zu Entscheidungen in städtebaulichen und Investorenwettbewerben – darüber, in welcher Reihenfolge und Kombination das geschehen soll, muß man noch gut nachdenken – die Vorbereitungen in dieser Legislaturperiode getroffen werden. Meine Vorstellung ist, daß das, was an Auswirkungen im Haushalt zu berücksichtigen ist, so in den Haushaltsplan-Entwurf 2002 und in die mittelfristige Finanzplanung Eingang findet, daß der Senat noch in dieser Legislaturperiode darüber entscheiden kann – das sind ja Beratungen über den Haushalt im Sommer 2001 –, die Überweisung an die Bürgerschaft erfolgt und dann die nächste Bürgerschaft, gewählt im Herbst 2001, die Mög

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)

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lichkeit hat, sozusagen auf den Knopf zu drücken, indem sie den Haushalt so, wie im Entwurf vorgelegt, entweder verabschiedet oder in veränderter Form verabschiedet. Dies würde uns ermöglichen, daß wir das politisch schwierige Jahr 2001, in dem man endgültige Entscheidungen über die Wettbewerbsentscheidung vermutlich nicht wird treffen können, nutzen. Senat und Bürgerschaft können dann, ausgestattet mit der Legitimation eines neuerlichen Wahlgangs, die Entscheidung unmittelbar treffen, so daß die Umsetzung gleich zu Beginn der Legislaturperiode erfolgen kann und man nicht noch einmal Zeit verliert.

Das ist ein vernünftiger Kalender.Die Ausschußberatungen bieten in der Tat noch sehr viel Stoff.Wenn wir diesen Fahrplan aber einhalten und die notwendige Sorgfalt aufbringen, haben wir eine gute Chance, eine für die Stadt langfristig wichtige Entscheidung auf den Weg zu bringen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der GAL und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Sudmann.

Ich hätte von Ihnen, meine Damen und Herren, ein bißchen mehr Schwung in der ersten Sitzung des neuen Jahres erwartet. Es ist viertel vor acht, wir haben gleich Feierabend, und trotzdem stöhnen Sie.