Ich lasse über den Antrag insgesamt abstimmen. Wer stimmt der Drucksache 16/6348 zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 46 auf, Drucksache 16/6188: Bericht des Gesundheitsausschusses zum Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Hamburg.
[Bericht des Gesundheitsausschusses über die Drucksache 16/5218: Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst in Hamburg (Senatsantrag) – Drucksache 16/6188 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Leider hat die Novellierung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst nicht dieselbe Aufmerksamkeit im Parlament und anscheinend auch nicht bei den Medien wie das Gesetz, das wir vorhin diskutiert haben, obwohl heute wahrlich ein historischer Tag ist, weil das Gesetz, das wir jetzt ablösen, noch aus der Nazizeit stammt und über die Jahrzehnte immer fortgeschrieben wurde. Das weiterhin Bemerkenswerte ist, daß zunächst die Koalitionsfraktionen Eckpunkte festgelegt haben, die BAGS einen Gesetzesvorschlag gemacht hat und wir dann fraktionsübergreifend im Ausschuß noch weitere Verbesserungen vorgenommen haben, so daß ich davon ausgehe, daß wir dieses Gesetz heute einvernehmlich beschließen können.
Während das historische, frühere Gesetz zum Öffentlichen Gesundheitsdienst ein Seuchenpolizeigesetz war, ist dieses Gesetz jetzt ein Gesetz zum Schutz von Patienten, zum Schutz älterer Menschen, psychisch Kranker, chronisch Kranker und Behinderter geworden. Der Hauptgedanke dieses Gesetzes liegt darin, Prävention, Selbsthilfe, Gesundheitsberichtserstattung, Gesundheitsschutz und Infektionsschutz umzusetzen. Wie effektiv der Öffentliche Gesundheitsdienst ist, mußte er leider gerade in Wandsbek beweisen. Im Ausschuß ist uns über das Vorgehen gegen die Meningitis berichtet worden.
Es ist so, daß auch der Öffentliche Gesundheitsdienst zum Dienstleister wird. Ich möchte das am Beispiel der Änderungen deutlich machen, die den Schulärztlichen Dienst betreffen. Früher war es so, daß der Schulärztliche Dienst Reihenuntersuchungen in den Schulen durchführte. Das ist sicher auch heute noch seine Aufgabe, aber darüber hinaus wird der Schularzt zum Betriebsarzt für die jeweilige Schule, zuständig für Gesundheitsförderung an der Schule und Berater und Ansprechpartner für Schüler, Lehrer und Eltern. Das ist ein wesentlicher Fortschritt.
Weiterhin ist es so, daß das Infektionsschutzgesetz, das auf Bundesebene geändert wurde, in Hamburg dadurch hervorragend umgesetzt wird, daß die Verantwortung beim Hygiene-Institut gebündelt wird und die einzelnen Gesundheits- und Umweltämter meldepflichtige Erkrankungen dorthin weitermelden, und das auch sehr kurzfristig, weil auch wir Ärzte entsprechend anders melden müssen als in der Vergangenheit.
Es ist möglich, in einzelnen Bezirken Gesundheits- und Pflegekonferenzen einzurichten, um vor Ort umweltmedi
zinische, präventionsmedizinische Gedanken besser umzusetzen. Das ist keine Mußbestimmung, sondern eine Kannbestimmung und soll Initiativen fördern. Es soll nichts übergestülpt und aufgesetzt werden, aber es ist eine Chance, die auf bezirklicher Ebene aufgegriffen werden kann.
Ein wesentlicher Punkt ist die Gesundheitsberichtserstattung, die verbindlich für alle fünf Jahre festgelegt wird und uns, wie jetzt jüngst schon am Bespiel der Stadtdiagnose geschehen, einen Überblick über Gesundheitsprobleme, gekoppelt zu einzelnen Bevölkerungsgruppen und Stadtteilen in dieser Stadt, gibt. Das gibt uns die Möglichkeit, ganz anders über Prävention nicht nur nachzudenken, sondern auch Konzepte zu erstellen, die dann Krankheiten besser entgegenwirken.
Ein ganz wichtiger Punkt ist, daß es mit diesem Gesetz möglich sein wird, nicht nur die stationäre Pflege der Heimaufsicht, sondern auch die ambulante Pflege viel besser zu kontrollieren, wenn gefährliche Pflege gemeldet wird. Es wird dann so sein, daß die Behörde auch den Pflegediensten Rechtssicherheit über eine Verordnung geben wird, wie genau diese Kontrolle stattfinden wird und nach welchen Kriterien, sicher in Anlehnung an die Kriterien des Medizinischen Dienstes zur Kontrolle der stationären Pflege. Das ist aber bundesweit im Gegensatz zur stationären Pflege noch nicht geregelt. Da ist Hamburg Vorreiter, und das ist ein bedeutender Fortschritt und eine bessere Absicherung auch für ältere Menschen, die auf Pflege angewiesen sind. Das Gesetz für den Öffentlichen Gesundheitsdienst fördert die Patientenrechte durch unabhängige Beschwerdestellen, unabhängig von Leistungsanbietern und Kostenträgern.
Insgesamt läßt sich zusammenfassend sagen: Dieses Gesetz bietet einen Rahmen für Prävention und Schutz von Menschen, die durch die anderen zwei Säulen, nämlich die ambulante und stationäre Versorgung, immer noch benachteiligt sind. Es regelt verbindlich die Gesundheitsberichtserstattung und die Kontrolle der ambulanten Pflege, es bietet jede Menge Chancen, auf bezirklicher Ebene tätig zu werden, Gesundheit weiter zu fördern. Wir können stolz auf dieses Gesetz sein.
Herr Präsident, meine vereinzelten Damen und Herren! Herr Zamory hat dargelegt, daß das Gesetz zum Öffentlichen Gesundheitsdienst ein sehr, sehr wichtiges Gesetz ist. Ich möchte Ihnen zwei Punkte darstellen, die ich für besonders wichtig halte, und zwar geht es bei dem einen Punkt um die Früherkennungsuntersuchung bei den Kindern. Die öffentliche Anhörung zu diesem Gesetz hat leider deutlich gemacht, daß noch immer Kinder durch das Raster der Regelungen hindurchfallen. Die Krankenkassen kontrollieren nicht, ob die Kinder an Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben. Hier wünschen wir uns sehr viel mehr Engagement bei den Kassen für ihre jungen Mitglieder.
Bei fehlender Vorsorgeuntersuchung sieht das Schulgesetz in Paragraph 34 Absatz 4 und 5 vor, daß entsprechende Untersuchungen durch die Schulärzte durchgeführt werden. Wir mußten hier erfahren, daß das noch nicht optimal läuft. Auch deshalb haben wir mit unserem gemeinsamen Petitum für den Paragraphen 7 deutlich ge
macht, daß der Öffentliche Gesundheitsdienst dann Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern und Jugendlichen durchzuführen hat, wenn deren Erziehungsberechtigte bevorstehende Angebote nicht wahrgenommen haben. Mit dieser Regelung wird die Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes deutlich, nämlich sich immer dann um die Gesundheit der Hamburgerinnen und Hamburger zu kümmern, wenn das bestehende System keine Möglichkeiten gibt.
Der zweite Bereich, den ich nennen möchte, ist die Gesundheitsförderung. Hier steht in Paragraph 6 Absatz 3 folgender Satz:
Hier möchte ich aus der öffentlichen Anhörung Frau Hagemann von der Patienteninitiative zitieren. Sie berichtet:
„Wir sind im Bezirk Nord in einer Regionalpflegekonferenz und haben dort sehr positive Erfahrungen gemacht. Immer dann, wenn es um konkrete Fragen geht, um konkrete Verabredungen geht, haben die verschiedenen Akteure an einem Tisch oft gute Lösungen gefunden. Ich denke, das ist ein sehr wertvolles Instrument, diese Konferenzen einzurichten.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Alle Beteiligten in diesen Prozeß mit einzubeziehen, muß erstes Interesse der Politik sein. Wir werden das große Engagement der Beteiligten aufnehmen, das heißt, wir werden Aufgaben und Ziele mit ihnen gemeinsam festlegen und die Ergebnisse in unseren Entscheidungsprozeß mit aufnehmen.
Die großen Probleme, die im Bereich des Gesundheitswesens vor uns liegen, werden wir nur dann lösen können, wenn wir eine breite Diskussion führen und so viele wie möglich an dieser Diskussion beteiligen. Ich gehe davon aus, daß eine politische Lösung für das große Gesundheitswesen nur gemeinsam mit allen großen Parteien möglich sein wird. Die drei Fraktionen der Bürgerschaft – Herr Zamory hat schon darauf hingewiesen – haben durch die Erarbeitung eines gemeinsamen Petitums zu diesem Gesetz gezeigt, daß es sogar in Wahlkampfzeiten möglich ist, etwas gemeinsam auf die Beine zu bringen. Ich würde mir wünschen, daß das unser aller Parteioberen in Berlin im Bereich des Gesundheitswesens auch angehen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Gesetz zum Öffentlichen Gesundheitsdienst ist notwendig und überfällig. Es widersteht allerdings leider nicht der Versuchung, allen alles mögliche zu versprechen. In vielen Phasen ist dieses Gesetz oft mehr politische Ankündigung, als daß es wirklich konkrete Ziele umsetzt. Verstärkt wird der Eindruck leerer Versprechungen dadurch, daß keine finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden sollen, sondern lediglich umgeschichtet werden soll. Jeder, der die Situation in den Bezirken kennt, weiß, daß dort bisher alles mögliche eingespart wurde, also ein großer Spielraum für Umschichtungen nicht da ist. Statt dessen wird auf Gebührenerhöhungen hingewiesen.
Dennoch ist das Gesetz notwendig. Wir haben gemeinsam mit den anderen Fraktionen auch unsere Vorstellungen einbringen können, besonders die Stärkung der gesundheitlichen Eigenverantwortung, die Beteiligung der Selbsthilfe und die starke Rolle der Wohlfahrtsverbände im Sinne einer Subsidiarität. Deshalb können auch wir dem Gesetz zustimmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Tat ist das Gesetz ein guter, ein notwendiger, aber auch ein überfälliger Schritt. Es gibt sicherlich eine nicht unerhebliche Reihe von Punkten, wo ich sagen würde, da geht das Gesetz nicht weit genug. Ich erspare es mir, Ihnen das aufzulisten und Ihnen noch einmal deutlich zu machen, welche Kritik wir am Verfahren gehabt haben. Dieses Gesetz ist ein guter und notwendiger Schritt. Wir werden diesem Antrag zustimmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei allen Abgeordneten bedanken, die sich in die Debatte eingebracht haben, und zwar über alle Fraktionen hinweg. Gerade bei diesem Gesetz war Kooperation anstatt Konfrontation eine gute Situation innerhalb des Gesundheitsausschusses. Es war gut und richtig, daß wir dieses Gesetz so auf den Weg gebracht haben. Besonderer Dank gilt natürlich auch den Mitgliedern der Regierungsfraktionen, die insbesondere auch den Diskussionsprozeß im Senat mit begleitet haben. Es gab sehr viele Debatten im Rahmen des Dialogs Gesundheit. Wir haben nicht nur die Fraktionen einbezogen, sondern auch die Bezirke, die Gesundheitsämter, die Ärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung. Alle waren an dem Gesetzentwurf beteiligt und haben – und das ist das Ergebnis dieses Prozesses – auch ihre Position mit eingebracht, um einen wirklich modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst zu kreieren. Insofern freut es mich sehr, daß über alle Fraktionen hinweg angekündigt wird, diesem Gesetz auch zuzustimmen. So oft kommt das in der Bürgerschaft nicht vor, wie wir heute an anderer Stelle schon erlebt haben.
Insofern bedanke ich mich zunächst auch bei Ihnen, daß es gelungen ist, denn es ist in der Tat so, Herr Zamory, daß das Gesetz lange überfällig war. Auf der Grundlage von 1937 kann man in diesem Jahrtausend nicht arbeiten. Ich glaube, es ist jetzt auch so reif, daß wir sagen können, daß wir ein gutes Gesetz vorgelegt haben.
Ich möchte mich an dieser Stelle aber auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Behörde bedanken,
denn sie haben im Rahmen dieses Gesetzes sehr viel Arbeit gehabt, sehr viel Diskussionsprozesse geführt, und das soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben.
Wir haben in Hamburg schon eine über hundertjährige Tradition bezogen auf den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Denken Sie an die Cholera-Epidemie und dann danach folgend all die Dinge, die eingerichtet worden sind und auch heute noch in Hamburg bestehen. Das großartige HygieneInstitut oder auch der Hafenärztliche Dienst oder das Bernhard-Nocht-Institut, alles Einrichtungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes. Manchmal habe ich den Eindruck, daß wir es gar nicht so sehr wahrnehmen, daß diese Institutionen wirklich Eckpfeiler eines Öffentlichen Gesundheitsdienstes sind, die sogar international anerkannt und angesehen sind.
Darüber hinaus haben wir jetzt noch ein Impfzentrum und regionale Impftage eingerichtet, um auch dem Thema der Infektion und der Vorbeugung Rechnung zu tragen. Wir haben darüber hinaus im Zusammenhang mit dem Infektionsschutzgesetz ein neues Meldesystem eingeführt. All diejenigen, die sich über Infektionskrankheiten in Hamburg informieren wollen, und zwar ziemlich zeitnah, nämlich alle zwei Wochen, können sich jetzt ins Internet einklinken und das sogenannte Infekt-Info anklicken, um dann zu sehen, wie der aktuelle Stand der Infektionen hier in Hamburg ist.
An zahlreichen Stellen wird deutlich, daß die Infrastruktur in Hamburg in bezug auf den Öffentlichen Gesundheitsdienst sehr gut ist. Wir haben besondere Beratungsangebote für Eltern und Kinder, aber auch für alte Menschen, für chronisch Kranke und für abhängige Kranke. Alle gesundheitsfördernden Angebote sind gut vernetzt, aber die Gesundheitsförderung, Gesundheitsberichterstattung und Gesundheitshilfen haben jetzt hohe Priorität im neuen öffentlichen Gesundheitsgesetz. Ich denke, daß insbesondere die Gesundheitsberichterstattung eine wichtige Voraussetzung dafür ist, auch die Gesundheitsplanung zu organisieren. Denken Sie an die neueste Stadtdiagnose 2, die eine sehr gute Arbeitsgrundlage nicht nur für die Institutionen ist, sondern zum Beispiel auch für bezirkliche Gesundheitspflegekonferenzen, die dann auch dazu führen könnten, die Arbeit innerhalb der Bezirke noch zu verbessern. Das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst hat eine Leitkonzeption. Die heißt:
Analyse der gesundheitlichen Situation, Bewertung dieser Situation und dann auch entsprechende gesundheitsfördernde Maßnahmen.
Dieses Gesetz berücksichtigt auch neueste Erkenntnisse im Bereich des Public health und darüber hinaus auch Erfahrungen aus anderen Ländern. Ich glaube, wir können über dieses neue Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst sehr froh sein, und ich hoffe und wünsche, daß die Leitlinien, die in diesem Gesetz dargestellt worden sind, nun auch mit Leben erfüllt werden und wir dann in Hamburg diese Modernisierung voranbringen. Ich bedanke mich für Ihre Unterstützung.