Protocol of the Session on July 11, 2001

(Günter Frank SPD: Das ist doch gut!)

Das ist an sich sehr zu begrüßen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Doch seither haben Senat und öffentliche Unternehmen unter dem Deckmantel angeblicher Privatisierungsmaßnahmen

(Dr. Holger Christier SPD: Da sind wir noch kosten- bewußter geworden! Siehe HVV!)

und unternehmerischer Flexibilität ihren Tätigkeitskreis kontinuierlich erweitert, neue Geschäftsfelder erschlossen

(Erhard Pumm SPD: Wo ist die Kritik?)

und dabei die eigentliche Aufgabe, nämlich nur die Daseinsvorsorge der Bevölkerung sicherzustellen, vollständig aus den Augen verloren.

(Beifall bei der CDU)

In Paragraph 65 der Landeshaushaltsordnung sind die Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung Hamburgs geregelt. Voraussetzung ist nach diesen Bestimmungen ein wichtiges staatliches Interesse zum einen und zum anderen, daß der angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise zu erreichen ist. Der Begriff „staatliches Interesse“ ist bedauerlicherweise ein sehr unbestimmter Rechtsbegriff, der seit jeher vom Senat politisch instrumentalisiert wird.

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL)

Leidtragende sind insbesondere die unzähligen kleinen und mittelständischen Betriebe Hamburgs.

(Beifall bei Jürgen Mehlfeldt CDU)

Immer stärker sind sie dem unfairen Wettbewerb durch die öffentlichen Unternehmen ausgesetzt, die in zahlreichen Branchen bereits Unternehmerexistenzen bedrohen, ja sogar zum Teil vernichtet haben. Und das soll dem staatlichen Interesse Hamburgs dienen? Private Unternehmen erbringen Leistungen besser und wirtschaftlicher als die öffentliche Hand.

Das aktuellste Beispiel ist doch die TexiG, der neu gegründete Wäschereibetrieb des Landesbetriebes Krankenhäuser.

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL)

Immer wieder kritisierte der Rechnungshof die im Vergleich zur Privatwirtschaft viel zu hohen Kosten dieser städtischen Wäschereibetriebe.

(Erhard Pumm SPD: Wo wäre denn die Wäscherei hingekommen?)

Doch auch hier zeigte sich der Senat beratungsresistent und verantwortungslos. Statt hier zu privatisieren und diese Aufträge an die mittelständischen Hamburger Unternehmen zu geben, wurde für 30 Millionen DM aus öffentlichen Mitteln ein neuer Wäschereibetrieb gegründet,

(Ingrid Cords SPD: In Hamburg!)

natürlich viel zu groß, um auch nur im Ansatz einen wirtschaftlichen Betrieb sicherzustellen. Retter in der Not sollen jetzt die privaten Kunden sein, die die TexiG auf dem privaten Markt gewinnen will. Leidtragende sind dabei wieder die privaten Wäschereien, denen die TexiG nicht nur die Aufträge aus dem LBK wegnimmt, sondern auf dem freien Markt auch noch die Aufträge abspenstig machen wird,

(Erhard Pumm SPD: Welche denn? Wo denn?)

denn die TexiG spielt wie alle öffentlichen Unternehmen im freien Wettbewerb mit gezinkten Karten, praktisch ohne Konkursrisiko, steuerlich bessergestellt und oftmals deutlich günstiger refinanziert als der private Wettbewerb.

(Beifall bei der CDU)

Und das, meine Damen und Herren, soll dem staatlichen Interesse Hamburgs dienen? Frau Nümann-Seidewinkel, erzählen Sie uns bitte nicht wieder, das mit der günstigen Refinanzierung stimme nicht. Sie haben in den Jahren 1995 bis 1998 dem Landesbetrieb Krankenhäuser Betriebsmittelkreditzinsen in zweistelliger Millionenhöhe erlassen. Nennen Sie mir bitte eine Bank, die so etwas für einen privaten Unternehmer tun würde.

Zum Schluß ein weiterer Punkt. Der Senat entzieht den öffentlichen Unternehmen fast vollständig und systematisch die parlamentarische Kontrolle durch die Bürgerschaft.

(Beifall bei der CDU – Oh-Rufe bei der SPD und der GAL)

Liebe Frau Hajduk, Sie sitzen selbst im Rechnungsprüfungsausschuß. Der Rechnungshof hat das sehr stark moniert, und ich glaube, da sollten wir einmal hinhören.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Hajduk.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Ahrons, Sie müssen den Rechnungshof jetzt aber auch nicht falsch zitieren. Der Rechnungshof wirft

(Dr. Leonhard Hajen SPD)

manchmal schon die Frage auf, ob dieses oder jenes öffentliche Unternehmen noch gemäß seinem Zielbild arbeitet. Das mögen wir uns doch auch zu eigen machen, und das wird einzeln gemacht. Im übrigen stehen uns auch diese Informationen zur Verfügung, und wir Politiker sind aufgefordert, im Einzelfall politisch zu rechtfertigen oder zu verändern, was mit einem öffentlichen Unternehmen geschieht. Aber es wird nie pauschal verurteilt, und diese Behauptung können Sie auch nicht dem Rechnungshof in den Mund legen.

(Dr. Holger Christier SPD: Richtig!)

Die müssen Sie dann selber für sich beanspruchen, aber damit blamieren Sie sich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich glaube, daß die CDU die Dimension dieses Themas einfach nicht aushält und erträgt.

(Dr. Michael Freytag CDU: Machen Sie sich mal keine Sorgen!)

Sie sagen, es sind so viele geworden und das ist per se etwas Schlechtes. Sie müssen doch sehen, wie sich die Organisation der Verwaltung des öffentlichen Sektors über den Hamburger Tellerrand hinaus weiterentwickelt hat und welche Noten Hamburg für Ausgliederungen bekommt.

(Dr. Michael Freytag CDU: Von der Bremer Univer- sität!)

Das können Sie doch nicht weglassen und sagen, das wird immer mehr. Sie behaupten ja sogar, das sei eine Ausbreitung des staatlichen Sektors.

(Barbara Ahrons CDU: Ist es ja auch!)

Das ist falsch. Das ist in der Regel Ausgliederung. Öffentliche Aufgaben werden in einer anderen Organisationsform wahrgenommen. Das müßte doch eigentlich im Sinne von Effizienzsteigerung auch in Ihrem Interesse liegen.

(Beifall bei der GAL)

Deswegen möchte ich noch einmal einen Punkt sagen, der wichtig ist. Die Hamburger öffentlichen Unternehmen haben durch das Konsolidierungsprogramm, das wir von 1997 bis 2001 gemacht und auch schon vorher begonnen haben, mit den 300 Millionen DM Einsparungen jährlich einen immens großen Teil bis zu einem Drittel in den Sonderbereichen erbracht. Das heißt, dort wurden Einsparungen durch Effizienzsteigerungen erbracht, und dadurch mußten wir diese Einsparungen nicht in anderen Bereichen erbringen, die insgesamt gesehen auch Förderungen ermöglichen, die dem Bürger zugute kommen. Sie müssen das anerkennen, welche Konsolidierungsleistung auch in diesem Sektor steckt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Dann möchte ich Sie auffordern, sich Ihren Satz zu überlegen, wir kümmerten uns nur um die Daseinsvorsorge für die Bürger. Ich muß Ihnen einmal ein bißchen polemisch sagen: Das ist wirklich ein dickes Ding, daß Sie da „nur“ sagen, nur über die TexiG zu reden. Das ist schon ein etwas anderer Maßstab. Das ist angreifbar, auch wenn ich sonst für Einzelfälle etwas übrig habe, aber daß Sie die TexiG hier zum Inhalt Ihrer Rede machen und die Daseinsvorsorge für die Bürger hinten anstehen lassen wollen, das ist politisch wirklich ziemlich lächerlich.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte gerne, daß ein Redner aus Ihrer Partei einmal dazu Stellung nimmt, daß Sie immer wieder behaupten, Private seien besser – und wir gucken ja gerne über den Tellerrand hinaus –, Sie aber noch nichts dazu gesagt haben, daß das größte innenpolitische Problem – Innenpolitik, ein Thema, das so wichtig für Sie ist – für London dort der öffentliche Nahverkehr ist. Und wissen Sie warum? Weil die nicht gescheit investieren. Die öffentlichen Unternehmen in Hamburg haben ein Investitionsvolumen, das enorm ist. Auch das wissen Sie, daß das richtig ist. Also nehmen Sie bitte einmal Stellung dazu, warum und wie Private gerade bei solchen großen öffentlichen Aufgaben – wir reden jetzt nicht von den kleinen – für die Sicherheit, für die ökologische Verantwortung und auch für die Belastungen der Bürger besser sind. Wieder Fehlanzeige.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Hackbusch.