Protocol of the Session on June 27, 2001

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Erstens muß ich zugeben, daß ich befangen bin, weil ich beim DGB auch schon Brötchen gegessen habe.

(Dr. Michael Freytag CDU: Die große Moral, die Sie durchhängen lassen!)

Zweitens: Die Größenordnung des „Brötchenskandals“ hat sich in der Stadt etwas seltsam entwickelt. Aber wir wollen uns bemühen, wenn es um geringe Dinge geht, die sich auch beim Staat gerecht abspielen müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Insofern muß man über die „Brötchenaffäre“ richtig reden.

Ich bin nicht der Meinung, daß die CDU mit ihren Vorwürfen über unklare Dinge spricht, sie spricht über Dinge, die eigentlich ziemlich klar sind, die sie aber falsch darstellt.

Offensichtlich hat die CDU vor zwei Wochen nicht zugehört.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Schon früher nicht!)

In der aktuellen Fragestunde stellte die Abgeordnete Hajduk einige Fragen, die von der Senatorin beantwortet wurden. Zu Ihrer Kenntnis, Frau Blumenthal, denn Sie haben offenbar wirklich nicht zugehört:

(Antje Blumenthal CDU: Ich war gar nicht da!)

In der Antwort der Schriftlichen Kleinen Anfrage des Abgeordneten Frank ist ziemlich genau der Wortlaut der damaligen mündlichen Antwort der Senatorin dargestellt worden. Drei Tage später stand in der Schriftlichen Antwort auf die Anfrage des Abgeordneten Frank also nichts Neues.

(Antje Blumenthal CDU: Sie haben nur nicht zu- gehört!)

Darauf komme ich gleich.

Ich habe den Merkzettel der CDU-Pressekonferenz vor mir liegen, den die CDU am selben Tag – am 14. Juni – frühmorgens verteilt hat. Ich gebe zu, als unsere Pressereferentin von der CDU-Pressekonferenz zurückkam und sagte, daß die CDU einen Beweis dafür vorgelegt habe, daß Frau Roth die Unwahrheit gesagt habe, wurde mir schon angst. Den Zettel habe ich mir dann geben lassen, und da wurde mir nicht mehr angst. Jetzt reden wir einmal über die Frage, was sich wirklich abgespielt hat.

Es stand in den Zeitungen, daß Herr von Beust auf dieser Pressekonferenz folgendes gesagt hat – so wurde es mir auch berichtet; insofern gehe ich davon aus, daß die Zitate in den Zeitungen richtig waren –:

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

„Frau Roth lügt und trickst. Wer das macht, kann nicht Senator sein.“

(Ole von Beust CDU: Ja!)

Ich würde sagen: Herr von Beust, wer mit so wenigen Beweisen so etwas sagt, hat nicht das Zeug, Bürgermeister zu werden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie haben Ihre Vorwürfe im wesentlichen auf zwei Punkte gestützt:

(Jürgen Klimke CDU: Drei!)

Ich gehe einmal von zwei aus; zum dritten komme ich gleich noch.

Erstens: Die angeblich falsche Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der Abgeordneten Frau Blumenthal aus dem Jahr 2000.

Zweitens: Frau Roth hat angeblich schon lange wissen können, daß dieser Verein durch den Brötchendienst Einnahmen erzielt hat.

Drittens: Der Widerspruch zwischen den Äußerungen von Herrn Pumm und dem, was die Senatorin gesagt hat.

Gehen wir der Reihe nach vor. Hören wir bei den Daten aber genauer zu als vorhin, weil Sie selbst einmal überlegen sollten, was Sie gesagt haben.

Sie sagten, der Senat habe am 20. Juni 2000 eine Anfrage der Abgeordneten Blumenthal falsch beantwortet. Frau Blumenthal hat gefragt:

„Hat der Senat davon Kenntnis, daß ABM-Kräfte des Vereins zur Betreuung von Arbeitslosen und Selbsthilfegruppen Demonstrationen in 1998 organisiert, hierfür Plakate und Transparente hergestellt und die Teilnahme an den Demonstrationen vom Verein zur Betreuung von Arbeitslosen und Selbsthilfegruppen als reguläre Arbeitszeit anerkannt bekamen? Wenn ja, seit wann, und was hat der Senat unternommen?

Die Antwort lautete:

„Die zuständige Behörde erhielt im November 1999 durch anonyme Hinweise Kenntnis davon, daß ABMBeschäftigte während der Arbeitszeit...“

Frau Blumenthal sagte dazu, daß dies nicht die Wahrheit sei.

(Antje Blumenthal CDU: Ja!)

Auf der Pressekonferenz haben Herr von Beust und heute auch Frau Blumenthal gesagt, das sei gelogen, denn die Behörde hätte das schon viel früher gewußt.

Die Behörde hat in der Tat folgendes früher gewußt: Die Behörde hat am 23. März 1998 – das hat Frau Roth vor zwei Wochen dargestellt, aber Sie haben nicht zugehört, so daß einige Abgeordnete durch hilflose Nachfragen noch einmal versucht haben, den Widerspruch herauszufinden; sie sind daran jedoch gescheitert – ein Schreiben von diesem Verein gesehen, in dem zu einer Demonstration für Arbeit und soziale Gerechtigkeit vor der CDU aufgerufen wurde. Der Brief war von der Portomaschine des Vereins frankiert. Dies legt die Vermutung nahe – so die Senatorin vor zwei Wochen –, daß die von der BAGS finanzierte Infrastruktur des Vereins mißbräuchlich zur Vorbereitung von Demonstrationen genutzt wurde.

(Walter Zuckerer SPD)

Der Verein wurde daraufhin drei Tage später angeschrieben, was los sei, und wurde mit entsprechenden Maßnahmen konfrontiert, die eingeleitet würden, wenn dies so sei.

Der Verein hat geantwortet, daß das ein Mißverständnis sei, daß diese Portokosten zum Aufruf, der nicht strafbar sei, nicht vom Verein, sondern vom DGB übernommen worden seien.

(Antje Blumenthal CDU: Und wie war die Antwort?)

Das war eine Antwort, die nicht weiter nachprüfbar war. Es ist eine Aussage, die von heute aus falsch gewesen sein mag, aber für die Behörde gab es keinen Anlaß, mehr dahinter zu vermuten, weil die Aussage klar war.

Erst viel später, nämlich im November 1999 – das ist Ihnen im Jahre 2000 geantwortet worden –, hat die Behörde Hinweise darauf bekommen, daß in diesem Verein Dinge getan worden sind, die nicht vom Zuwendungszweck gedeckt sind. Nun mögen Sie die Ansicht vertreten, die Behörde hätte genauer nachfragen oder ahnen müssen, daß der Vereinsvorsitzende eine Aussage gemacht hat, die bestimmt falsch war.

(Antje Blumenthal CDU: Nachfragen hätte ge- reicht!)

Das hätten Sie alles vermuten können. Sie können auch behaupten, man hätte nachfragen müssen. Aber eines können Sie nicht behaupten: Die Senatorin hat in ihrer Antwort auf Ihre Schriftliche Kleine Anfrage im Sommer 2000 gelogen. Das hat sie definitiv nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das haben Sie heute, Frau Blumenthal, und Herr von Beust vor zwei Wochen auf der Pressekonferenz gesagt. Ich glaube, das sollten Sie zurücknehmen und sich dafür entschuldigen.

Sie haben mindestens in Unkenntnis und gegen jeden Anschein von Wirklichkeit und Wahrscheinlichkeit gesprochen.

(Beifall bei Günter Frank SPD)

Auch heute haben Sie noch nicht den geringsten Beweis dafür, daß Ihre Behauptung, daß die Antwort des Senats falsch sei, richtig ist.

Sie haben ferner behauptet, daß Frau Roths Aussage, sie habe durch die Pressemitteilung am 7. Juni dieses Jahres von den Einnahmen des Vereins durch Brötchendienst erfahren, auch falsch sei, weil sie es hätte früher wissen müssen.