Protocol of the Session on June 13, 2001

Gegen all dies wird die von Jürgen Trittin vorgelegte Verpackungsverordnung einen deutlichen Fortschritt bringen. Wenn sie auch nicht alle anderen Probleme auf der Welt gleich mitlöst, soweit muß ich in der Beziehung Herrn Jobs natürlich recht geben.

Zum Ausufern der Wegwerfverpackungen. Herr Engels, teilweise wird von den Gegnern der jetzigen Verordnung argumentiert, es würde darum gehen, den Mehrweganteil zu stabilisieren. Nein, es ging darum, das Ausufern der Wegwerfverpackungen zu verhindern. Das war der Grund dafür. Das war auch die, wie ich finde, vernünftige Lösung – da möchte ich Ihnen ausdrücklich recht geben –, daß man mit der damaligen Verpackungsverordnung versucht hat, einen Kompromiß zu finden, der sagt, okay Industrie, wenn du mit eigenen Mitteln schaffst, das Ausufern der Wegwerfverpackungen zu begrenzen, dann sei es das, sonst kommt die Pfandpflicht. Man muß sich einmal klarmachen, daß zur Zeit ungefähr 25 Prozent der Mehrwegverpackungen für 70 Prozent der Getränke eingesetzt werden und umgekehrt 75 Prozent der Verpackungen für 30 Prozent der Getränke. Würde es also dramatisch so weitergehen mit dem Verfall der Mehrwegquote und womöglich irgendwann keine Mehrwegverpackung mehr benutzt werden, dann hätten wir die vierfache Verpakkungsmenge.

Wir müssen aber auch etwas gegen den Vertrauensverlust industrieller Selbstverpflichtung tun. Herr Engels hat zu Recht darauf hingewiesen, daß dies „Merkel-Pfand“, das 1998 noch einmal von Frau Merkel bestätigt worden ist, quasi die Androhung gewesen ist, wenn ihr es mit eigenen

(Hartmut Engels CDU)

Maßnahmen nicht schafft, dann kommt die ordnungsrechtliche Lösung einer Pfandpflicht. Wenn es jetzt immer so ist, daß die Industrie ihre Verpflichtung dann nicht einhält und sagt, okay, dann gehen wir halt eine neue Verpflichtung ein, aber eure Sanktionen müßt ihr natürlich zurückziehen, dann würde jegliche industrielle Selbstverpflichtung in Zukunft nicht mehr ernst genommen werden können. Das würde ich auch nicht wollen,

(Beifall bei Antje Möller GAL)

denn es gibt natürlich durchaus Dinge, wo uns die industriellen Selbstverpflichtungen weiterhelfen als das Ordnungsrecht. Insofern müssen wir etwas gegen den Vertrauensverlust industrieller Selbstverpflichtungen tun.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Und wir müssen natürlich etwas gegen die Vermüllung von Landschaft, Parks und Grünanlagen tun. Wenn man sich einmal anguckt, was nach einem warmen Wochenende die Papierkörbe in den Parks zum Überlaufen bringt, dann sind das diese Hohlkörper, dann sind das die Dosen, dann sind das die Einwegflaschen, die ungefähr 30, 40 Prozent ausmachen. Da möchte ich natürlich Herrn Engels recht geben: Eine Aktion wie „Keep Sweden Tidy Foundation“ ist eine schöne Sache. Die wird nur noch verbessert durch „Hamburg, ich pfleg dich“. Dazu sind Sie herzlich eingeladen. Das machen wir in Hamburg ja auch. Insofern, wenn Sie alle mitwirken, die Parks und Grünanlagen mit sauberzuhalten, ist das eine gute Sache.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Aber man muß am Ende nicht so tun, als würde es sich dabei nur um eine umweltpolitische Frage handeln. In Wirklichkeit ist es natürlich auch so, daß es ein Stück die kleinen Brauereien gegen die großen Brauereien ist. Die kleinen Brauereien, gerade in Bayern mit einer großen Tradition regionaler Brauereien, haben ja dafür gesorgt, daß der Bayerische Landtag, ich glaube, mit 70 oder 80 Prozent Mehrheit, beschlossen hat, daß die Landesregierung dieser neuen Verpackungsrichtlinie zustimmen soll, weil natürlich der Schutz kleiner, regionaler Brauereien nicht nur die Verpackungsflut begrenzt, sondern die regionalen Besonderheiten stabilisiert. Aus ökologischer Sicht ist mit der Förderung der regionalen Brauereien natürlich noch der Vorteil der kurzen Wege und damit der kulturellen Identität verbunden.

Nun weiß man natürlich, daß es auch große Brauereien gibt. Die haben natürlich nicht den Vorteil. Damit haben wir auch in Hamburg ein Problem. Aber nach der derzeitigen Rechtslage kommt in jedem Fall eine Pfandpflicht für Bierdosen. Es gilt, zu entscheiden, ob die Pfandpflicht nur nach der Getränkeart – das Bier ja, die Limonade nein – oder nach „ökologisch vorteilhaft“ oder „ökologisch nachteilig“ gemacht wird. Selbstverständlich muß es darum gehen, der Bevölkerung zu vermitteln, eine Pfandpflicht einzuführen. Deswegen spricht alles dafür, daß die jetzige Verpackungsverordnung, wie sie Jürgen Trittin vorgeschlagen hat, angenommen wird.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Bevor ich dem Abgeordneten Engels das Wort gebe, teile ich dem Senator mit, daß seine Befürchtungen unberechtigt waren. Es waren exakt fünf Minuten, null Sekunden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD, der CDU und bei Farid Müller GAL)

Der Abgeordnete Engels hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Porschke, nachdem wir – Sie haben das auch bestätigt – in der Zielsetzung weitestgehend Einigkeit demonstriert haben, muß allerdings bei Ihrer Bemerkung zu Trittins Novellierung der entsprechenden Verordnung noch etwas detaillierter argumentiert werden. Damit habe ich gewisse Probleme, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

Wir teilen beide die Auffassung – das haben Sie noch einmal bestätigt, und der Begriff ist als Überschrift auch hervorragend –, nicht zu fragen, welche Getränkearten in den Verpackungen sind, sondern welcher Art die Verpackung ist. Hier wird es allerdings etwas enger. Die Frage heißt natürlich: Was ist ökologisch vorteilhaft? Wir wissen, daß nicht jede Einwegverpackung ökologisch schlechter ist als eine Mehrwegverpackung. Das ist der entscheidende Punkt, der in der Novellierung zu diesem Begriff geführt hat.

(Antje Möller GAL: Genau!)

Nur, Herr Trittin hätte vielleicht – und es hätte nicht geschadet, wenn das im Bundesrat nach der Sommerpause geschehen wäre – etwas intensiver zusammen mit dem in dieser Frage durchaus versierten Umweltbundesamt an der Frage feilen müssen, daß man eine präzisere Definition und vor allen Dingen eine Maßtechnik mit hineinnimmt, mit deren Hilfe man berechnen kann, was ökologisch vorteilhaft ist und was nicht. Dieses ist in dieser Verordnung ein wesentlicher und zentraler Mangel.

(Beifall bei der CDU)

Leider hatte man nach dieser einvernehmlichen Kaminrunde im Laufe der letzten Monate das Gefühl, daß Umweltminister Trittin in den Fragen der Kernenergie und der Abfalltransporte Profil verloren hat. Nun wollte er mit Hilfe der Drohungen, die alte Verpackungsverordnung herauszuholen, nur weil 72 Prozent geringfügig unterschritten waren, mit der Geschwindigkeit und der heißen Nadel, mit der er diese Novellierung jetzt gemacht hat, versuchen, Profil nachzuholen. Das schadet aber der Sache und nützt nichts. Einvernehmlich sind wir allerdings in der Frage der kleinen Brauereien. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Schaal.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Engels, der Begriff „ökologisch vorteilhaft“ ist nicht aus der Luft gegriffen. Das Umweltbundesamt hat dazu umfängliche Studien gemacht. Wenn Sie es wollen, können Sie sie beim Umweltbundesamt bestellen und gleich zugefaxt bekommen. Das ist überhaupt kein Problem.

Das Wichtigste ist, daß das Umweltbundesamt nicht starr zum Beispiel nach Mehrwegglassystemen und PET-Flaschen unterscheidet, ob sie mehrwegverwendet werden, sondern jeweils Ökobilanzen heranzieht für einzelne Verpackungsarten wie auch für Kartonverpackungen, was jetzt sicher neu ist. Sie sagen auch, daß der Tatbestand, ökologisch vorteilhaft zu sein, in Abständen überprüft wird, weil sich möglicherweise neue Erkenntnisse und auch neue Stoffe ergeben, die dann der Diskussion eine ganz andere Wendung geben könnten.

(Senator Alexander Porschke)

Vielleicht sollte man der Vollständigkeit halber darauf hinweisen, daß immer die Lenkungsfunktion des Pfandes in Zweifel gezogen wird. Auch dieses Argument kann man leicht entkräftigen, weil ein wesentlicher Vorteil der Konkurrenz Einweg/Mehrweg – die Sofortentsorgung Ex und Hopp oder die Bequemlichkeit beim Gebrauch einer Getränkeverpackung – durch das Pfand wegfällt. Man muß jede Verpackung wieder zurück in den Laden tragen, wenn man neue Getränke kaufen will, auch die Einwegverpackung, wenn sie bepfandet ist, oder in einen der herrlichen Rücknahmeautomaten stecken, wie es sie zum Beispiel in Dänemark gibt. Es macht Spaß, seine Flaschen dort hineinzutun und dann das Geld zu kassieren. Der Anreiz, für 20 oder 30 Verpackungen soviel Geld zu bekommen, daß man sich eine Kinokarte kaufen kann, kann das Verhalten auch steuern.

Letztlich ist der Erfolg der Bepfandungsregelung, die – wie auch immer – im Bundesrat beschlossen wird, von dem Verhalten der Menschen abhängig, die mit den Verpackungen umgehen.

Noch eine Bemerkung zu den Unternehmen. Auf jeden Fall schafft das Pfand auch für die Hersteller, für die Abfüller und für den Handel Verhaltenssicherheit. Bisher wurde immer nur damit gedroht, es könnte ein Pfand kommen. Darauf kann man sich wirtschaftlich aber nicht einrichten. Wenn jetzt aber klar ist, daß ein Pfand kommt, muß in Rücknahmesysteme investiert werden. Das ist dann kalkulierbar und schafft Planungssicherheit.

Noch ein Wort zu den Kosten: Das Umweltministerium hat zusammen mit dem Wirtschaftsministerium ausgerechnet, was es die Verbraucher insgesamt kosten würde, wenn ein Pfand erhoben wird und die entsprechenden Einrichtungen geschaffen werden. Man ist zu dem Ergebnis gekommen, daß jeder, der Getränke kauft, weniger als 3,30 DM im Jahr zusätzlich aufwenden muß. Das sollte uns die Sache wert sein. – Danke.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Sehe ich weitere Wortmeldungen nach Paragraph 22 Absatz 3? Das bedeutet, nach der Rede des Senators könnte jede Fraktion oder Gruppe darauf noch erwidern. – Das ist nicht der Fall. Dann sind wir am Ende der Aktuellen Stunde angekommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf: Drucksache 16/6112, Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung.

[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl einer oder eines Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung – Drucksache 16/6112 –]

Der Stimmzettel liegt Ihnen vor. Er enthält ein Feld für Zustimmung, eines für Ablehnung und eines für Stimmenthaltung. Kreuzen Sie bitte nur ein Kästchen an. Mehrere Kreuze beziehungsweise weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit führen. Ich bitte Sie jetzt, Ihre Wahlentscheidung vorzunehmen. Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

(Die Wahl wird vorgenommen.)

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? Wenn nicht, bitte ich das zügig vornehmen zu wollen. Ich schließe die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden ermittelt und Ihnen im weiteren Verlauf der Sitzung bekanntgegeben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 40 auf: Drucksache 16/6000: Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern“.

[Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern“ – Drucksache 16/6000 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 16/6185 ein gemeinsamer Antrag der SPD-Fraktion und der GAL-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktionen der SPD und der GAL: Drucksache 16/6000, Bericht der Enquete-Kommission „Zukunft der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern“ – Drucksache 16/6185 –]

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Kruse hat es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Jahr und zwei Monate haben sich Sachverständige, Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft mit der Hilfe eines Arbeitsstabes einem zentralen Thema unserer Freien und Hansestadt gewidmet, nämlich der Frage, wie es um unser Hamburger Geld im Streit zwischen den Ländern steht; aber auch der Bund spielt hier eine große Rolle.

Ein kleiner Dank geht vorweg an die Fraktion der SPD, die dieses Thema angemeldet und mir als Vorsitzendem der Enquete-Kommission den Vortritt gelassen hat.

(Anja Hajduk GAL: So sind die Sozialdemokraten! Immer fair!)

Ja, Frau Hajduk, so etwas kommt vor, und man darf es dann auch sagen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU, der SPD und der GAL)

Ein Dank geht an unsere Sachverständigen-Mitglieder, die in zwölf Sitzungen immer wieder mit uns gearbeitet haben, konstruktiv, manchmal hart in der Debatte, aber immer eine Chance sahen, die Hamburger Situation daran abzuarbeiten. Insbesondere danke ich unserem Arbeitsstab, der uns in pfiffiger, schneller, zuverlässiger, wissenschaftlich sauberer Art und Weise alle vier Wochen vorbereitet hat.