Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kollegen! Bereits in der ersten und zweiten Lesung haben wir uns mit dem vorliegenden Gesetzentwurf befasst. Die Mängel kamen dabei zutage und wurden aufgelistet: erstens die nicht durchdachte kostenlose Ausleihe ohne Aufzeigen einer Gegenfinanzierung bzw. die prinzipiell kostenlose Nutzung von Büchereien. Der Zugang zu Bibliotheken ist bereits umsonst. Gegen eine Schutzgebühr bei der Ausleihe spricht darüber hinaus nichts. Bibliotheken oder Büchereien können auch selbst entscheiden, wie sie es machen wollen. In letzter Zeit wird auch mehr Gebrauch von der Onlineausleihe gemacht; da wird sogar das Buch automatisch gesperrt und ist wieder zum Leihen frei.
Zweitens geht es um die Sonntagsöffnung, welche von den Bibliotheken abgelehnt wird. Hier ist uns der Sonntagsschutz, der Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wichtig; denn auch sie haben einen Tag der Ruhe verdient.
Die Anhörung hat gezeigt, dass der FDP-Gesetzentwurf nicht das erfüllt, was sich die Vertreter des Bibliothekswesens gewünscht haben. Wir haben bereits im letzten Plenum dem Bibliotheksgesetz zugestimmt. Gut, denn dies ist durchdacht und bietet das, was die Bibliotheken brauchen. Die CDU steht klar auf der Seite der Bibliotheken. Wir wollen und werden sie erhalten, wir wollen und werden sie für die Zukunft stark machen, wir wollen, dass sie die nötigen Mittel erhalten, um arbeiten zu können, und wir wollen, dass sie freier entscheiden können als bisher. Das alles wird bereits mit dem neuen Bibliotheksgesetz erfüllt.
Das erfüllt der Gesetzentwurf oder der Änderungsantrag der FDP aber nicht alles. Hinzu kommt, dass der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst den Gesetzentwurf der FDP abgelehnt hat. Wir folgen dieser Entscheidung und weisen das Papier der FDP zurück. Vielen herzlichen Dank, dass wir uns so lange damit beschäftigen durften. Einige Punkte nehmen wir auch auf und lassen sie im Kopf noch ein bisschen ruhen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich bin das letzte Hindernis vor dem Feierabend und vor der Abstimmung. Aber ich muss doch noch etwas zum Kollegen Steinraths sagen. Ich weiß nicht, wer Ihnen die Rede hingelegt hat, aber Sie können zumindest nicht bei der Anhörung gewesen sein; denn die habe ich völlig anders in Erinnerung.
Liebe Mirjam Schmidt, ich glaube, wir sind uns in vielen Positionen, was Bibliotheken angeht, sehr einig. Ich finde, du hast es wieder einmal geschafft, hier das schönste Bild von Bibliotheken zu zeigen, indem du nach dem blauen Bibliotheksbus in Kabul
Was verbindet uns? – Uns verbindet, dass wir die Bibliotheken ausbauen wollen, dass wir sie zu offenen Orten der Demokratie, des Austausches, der Kultur machen wollen. Das ist etwas Gemeinsames. Deswegen haben wir Ihren Gesetzentwurf für ein neues Bibliotheksgesetz auch nicht abgelehnt, sondern wir haben uns enthalten; denn es gibt viel Gemeinsames.
Aber Sie müssen sich schon die Frage stellen: Was hat Ihr Entwurf denn eigentlich bewirkt? Sie haben jetzt nach 30 Jahren die Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden aufgenommen – geschenkt. Aber was ist denn jetzt eigentlich das gesellschaftlich Neue? Ich glaube, da sind sich GRÜNE und FDP viel näher als Sie und die Christdemokraten.
Ich bin fest davon überzeugt; denn es gab dafür wieder ein wunderbares Beispiel. Kollege Steinraths hat doch nicht ein einziges Argument gebracht. Ich weiß gar nicht, ob Sie sich einmal mit unserem Antrag befasst haben. Wir haben zwei zusätzliche Forderungen erhoben. Wir haben gesagt, wir wollen die Sonntagsöffnung. Die gibt es übrigens schon; sie wird auch von katholischen Bibliotheken befürwortet. Das hat die Anhörung ergeben, Herr Kollege Steinraths. Und wir wollen die Gebührenfreiheit, und zwar die Gebührenfreiheit bei der Ausleihe und bei den Ausweisen, nicht beim Betreten der Bibliothek. Das ist ein Missverständnis, Kollege Steinraths.
Warum wollen wir die Gebührenfreiheit? Weil es um Chancengleichheit geht. Weil die Anhörung gezeigt hat, dass es sich bei diesen beiden Punkten sehr wohl um zentrale Punkte handelt, haben wir noch einmal nachgebessert. Wir haben zwei weitere Vorschläge gemacht, zum einen, dass wir den Bibliotheksentwicklungsplan wieder aufleben lassen wollen. Den gab es 1982 schon einmal in Hessen. Denn die Anhörung hat gezeigt, dass wir in Mittel- und Nordhessen zu wenige Bibliotheken haben. Da fände ich es gut, wenn sich das Ministerium dieser Sache einmal zuwenden würde.
Zum Zweiten haben wir gesagt: Wir wollen nicht nur die Gebührenfreiheit, sondern wir wollen auch die Gebührenfreiheit bei Mahn- und Strafgebühren. – Das war kein unumstrittener Punkt bei uns, weil wir am Anfang natürlich die Auffassung vertreten haben: Na ja, wenn ich das Buch nicht zurückbringe, dann muss das irgendeine Konsequenz haben. – Wir sind aber in der Anhörung belehrt worden; und ich glaube, da sind wir uns auch sehr nah, Frau Kollegin Mirjam Schmidt. Wir haben die Erkenntnis gewonnen, dass es sehr wohl Auswirkungen auf die Chancengleichheit hat, ob ein Erziehungsberechtigter einen Bibliotheksausweis unterschreibt oder nicht. Und warum tut er das oft nicht? Weil er die Sorge hat, dass Mahn- und Strafgebühren anfallen könnten. Das hat nichts damit zu tun, dass es nicht andere Sanktionsmöglichkeiten, mildere Mittel gibt, damit man ein Buch auch wieder in eine Bibliothek zurückbringt, z. B. indem man den Zugang sperrt, bis das Buch wieder da ist, oder indem man vielleicht einmal mahnt.
Kollege Grobe, ich weiß nicht, was Sie für eine Vorstellung von einer modernen Bibliothek haben. Aber wenn Sie über Bibliotheken reden, habe ich immer den Eindruck, da geht es um mittelalterliche Folianten, die an einer Eisenkette befestigt sind. So kommt mir das vor.
Wir wollen die Bibliotheken ausbauen, wir wollen mit Ihnen – ich schaue jetzt in Richtung der GRÜNEN – einen Schritt in diese Richtung gehen. Wir finden, dass dieser Entwurf der Landesregierung halbherzig ist. Deswegen sa
ge ich an dieser Stelle noch einmal: Vielleicht ist das heute gescheitert. Wir glauben aber, dass wir noch zur Sonntagsöffnung kommen, notfalls auch auf Bundesebene mit Ihnen gemeinsam. Wir glauben, dass wir die Gebührenfreiheit stärken müssen. Wir glauben, dass wir die Hemmnisse von Menschen – insbesondere von jungen Menschen –, in eine Bibliothek zu gehen, in diesem Land reduzieren müssen. Wir müssen hier endlich wirkliche Chancengleichheit gewährleisten. Dafür gibt es nicht so viele Möglichkeiten; das sind nun einmal die Bibliotheken.
Wenn wir die Rathäuser digitalisiert haben, dann sind die Bibliotheken die Wohnzimmer eines Ortes, einer Stadt, einer Gemeinde. Dann müssen sie in das Zentrum, in die Innenstädte rücken, und dann müssen wir mehr tun. Ich glaube, das ist ein sehr guter Vorschlag von uns.
Ich sage Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN und der CDU: Ein Buch kann ein Leben verändern, aber Bibliotheken können eine Gesellschaft verändern. – Vielen herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Naas. – Nächste Rednerin ist Abg. Ulrike Alex für die Fraktion der SPD.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es tut mir leid, dass Dr. Naas Ihnen Hoffnung gemacht hat, dass die Debatte schon zu Ende ist, und dass ich Sie jetzt doch noch einmal aufhalten muss, weil ich gerne auch noch etwas sagen möchte, wenn auch nur wenig.
Wir haben uns Ende vergangenen Jahres mit dem Bibliotheksgesetz befasst. Es wurde vom Landtag beschlossen. Wir hatten einige Kritikpunkte, aber doch nicht so große, als dass wir uns nicht zu einer wohlwollenden Enthaltung hätten durchringen können. Jetzt haben wir Anfang des Jahres, und jetzt beschäftigen wir uns wieder mit dem Bibliotheksgesetz. Die FDP hat noch ein bisschen hinzugefügt. Das eine ist der Bibliotheksentwicklungsplan; auch wir hatten moniert, dass es ihn nicht gab. Frau Schmidt, Sie hatten uns damals gesagt, es wäre jetzt zeitlich viel zu knapp, da noch einen Bibliotheksentwicklungsplan einzubauen. Das ist natürlich das Übliche: Ein Gesetz hat eine Laufzeit von fünf Jahren, und plötzlich ist die herum, und dann muss es ganz schnell gehen. – Okay, vielleicht kommt noch etwas nach, warten wir es ab.
Dann haben Dr. Naas und die FDP das interessante Thema der Straf- und Mahngebühren aufgeworfen. Ich bin da ganz auf Ihrer Seite. Sie beziehen sich, glaube ich, auf eine Studie aus New York, in der etwas dazu gesagt wird. Ich beziehe mich auf meine eigene Erfahrung.
Ich habe als Lehrerin sehr viel mit Kindern zu tun gehabt, deren Familien es ökonomisch sehr schlecht ging – mit anderen Worten: mit Kindern, die arm waren, die keine warmen Jacken im Winter hatten, die keine Butterbrote in der Schule hatten und deren Mittagessen in der Ganztagsschule nur gewährleistet werden konnte, weil es ehrenwerte Spen
der gab, die gesagt haben, dass sie für ein Jahr das Mittagessen für die Kinder zahlen. Deren Eltern haben ihnen den Bibliotheksbesuch auch gegönnt. Wenn wir mit den Kindern als Schulklasse in die Bibliothek gegangen sind, dann wollten das alle Kinder gern, und die Eltern haben das auch unterschrieben. Sie haben auch nicht diesen hektografierten Zettel gelesen, wo draufstand, wie viele Mahngebühren möglicherweise anfallen.
Das mit den Mahngebühren passiert, weil die Kinder nicht immer von zu Hause wegkommen, weil sie keine Mami oder keinen Papi haben, die oder der sie bei Regenwetter schnell einmal mit dem Auto zur Bibliothek fährt, oder weil sie zu Hause Aufgaben zu erledigen haben. Dann passiert es eben, dass sie spät dran sind. Wenn sie dann in der nächsten Woche Geld mitbringen müssen, dann gehen sie natürlich wieder nicht dorthin. Durch die Mahn- und Strafgebühren verhindern wir, dass Kinder am Ball bleiben. Deswegen finde ich den Vorschlag der FDP in diesem Zusammenhang sehr gut.
Sie wissen natürlich auch, warum. Es geht um die Sonntagsarbeit, es geht um die Entgrenzung von Arbeit, die Sie in jedem Gesetz, das hier im Landtag beraten wird, und wo es irgendwie geht, an irgendeiner Stelle unterzubringen versuchen.
Jetzt muss ich einmal Herrn Steinraths ansprechen, der auch gegen die Sonntagsöffnung ist, aber aus anderen Gründen. Denn diese Position wurde von Dr. Naas im Ausschuss als „altgewerkschaftlich“ bezeichnet. Ich muss Ihnen sagen: Die Vorsilbe oder das Adjektiv „alt“ nehme ich schon einmal persönlich. Und weil es priorisierend verwendet wurde, so wie die da drüben das bei „Altparteien“ machen,
finde ich das umso schlimmer und weise das zurück. Was das Wort gewerkschaftlich betrifft, ist das natürlich für eine Sozialdemokratin, für ein Gewerkschaftsmitglied etwas anderes. Dazu muss ich Ihnen sagen: Immer wenn es in Anhörungen darum ging, Sonntagsöffnungen, Wochenendöffnungen vorzunehmen, hatten die Gewerkschaften eine klare Position dagegen, und das ist auch die unsere. – Herzlichen Dank und ein schönes Wochenende.
Vielen Dank, Frau Kollegin Alex. – Für die Landesregierung hat nun Frau Staatsministerin Dorn das Wort.
Verehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Damit Albert Einstein hier nicht nur für die negativen Aspekte herangezogen wird, möchte ich ihn auch gern zitieren. Er hat nämlich – zumindest der Legende nach – seinen Studierenden gesagt: Sie müssen einzig wissen, wo der Ort der Bibliothek ist.
Damit sind wir bei einem wundervollen Thema. Ich merke, dass wir in dieser Runde bei ganz vielen Prinzipien sehr einig sind. Insofern halte ich das für ein wichtiges Signal aus dem Hessischen Landtag zur Stärkung der Bibliotheken.