Protocol of the Session on February 28, 2019

(René Rock (Freie Demokraten): Oh!)

Der Digitalpakt holt unsere Schulen also bestenfalls in die Gegenwart. Wir fordern die Landesregierung daher auf: Bringen Sie unsere Schulen in die Zukunft.

(Beifall Freie Demokraten und Bijan Kaffenberger (SPD))

Unsere Schülerinnen und Schüler haben das bestmögliche Bildungsangebot verdient. Möglich ist an Hessens Schulen mit dem Digitalpakt noch viel mehr. Die Landesregierung muss das Geld, das für den Digitalpakt zur Verfügung steht, aus eigenen Mitteln mindestens verdoppeln.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir haben bereits in der Vergangenheit in den Haushaltsberatungen gefordert, zusätzlich 50 Millionen € einzustellen – nicht einmalig, sondern über mehrere Jahre hinweg als jährlich ansteigende finanzielle Mittel. Fakt ist, dass Schwarz-Grün das abgelehnt hat.

(Beifall Freie Demokraten und Bijan Kaffenberger (SPD))

Die Landesregierung ist hier in der Verantwortung, die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen. Eine wesentliche Weiche für die Zukunft ist die digitale Bildung. Diese muss im Rahmen der Prioritätensetzung des Landeshaushalts künftig endlich angemessene Berücksichtigung finden.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Die Einbindung digitaler Lehrmethoden und Instrumente ist dabei allerdings nicht nur eine Frage des Geldes, sondern auch eine Frage pädagogischer Konzepte und natürlich der politischen Bereitschaft, neue, innovative Wege in der Bildungspolitik einzuschlagen; denn ohne pädagogische Konzepte ist ein Smartboard nur eine Kreidetafel ohne Kreide und ein Tablet nur ein Schulranzenverschlanker.

Herr Kultusminister, wir hoffen, dass Sie es mit der Digitalisierung ernster nehmen als Ihre Parteifreundin, die Bundesbildungsministerin Karliczek. Sie hat gesagt, man benötige 5G nicht an jeder Milchkanne. Tatsache ist doch: Wir brauchen schnelles Internet nicht nur an jeder Milchkanne, sondern auch in jedem Klassenzimmer.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Nachdem die zweite Auflage von Schwarz-Grün in Hessen in einer Sache endlich auf uns gehört hat – jetzt verlässt die Ministerin den Raum –, gehört nun ein Digitalministerium dazu.

(Michael Boddenberg (CDU): Darauf wären wir nie gekommen! – Weitere Zurufe)

Schön, dass auch Sie einen Erkenntnisgewinn haben, Herr Boddenberg. Das freut mich.

(Beifall Freie Demokraten – Zuruf Freie Demokra- ten: Glückwunsch!)

Frau Sinemus, wir hoffen natürlich, dass Sie am Ende des Tages nicht eine Königin ohne Land sind. Wir erhoffen uns von Ihrem Ministerium und Ihnen, dass Sie die neuen Möglichkeiten mit Leben füllen und eine aktive Rolle bei der Umsetzung der digitalen Bildung in diesem Land einnehmen.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Ein weiterer Baustein zur Umsetzung einer Digitalisierungsstrategie an Hessens Schulen ist die Fortbildung der Lehrkräfte. Denn bei einer noch so guten technischen Ausstattung sind es doch die Lehrkräfte, die, digital gesprochen, die Rechenleistung in die Klassenzimmer bringen.

Der Kultusminister hat es angesprochen: Die Landesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag zur KMK-Strategie „Bildung in der digitalen Welt“. Hierbei fehlt es also nicht am Bekenntnis, aber es fehlt nach unserer Auffassung an einer konsequenten Umsetzung.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Hier wird sich auch zeigen, was die Bekenntnisse der Landesregierung auch unter dem KMK-Vorsitz tatsächlich in Zukunft wert sind.

(René Rock (Freie Demokraten): Wir werden ein Auge darauf haben!)

Die zarte Andeutung eines Hessischen Digitalpakts Bildung im Koalitionsvertrag zwischen Land und Schulträgern ließ uns ein wenig hoffen. Diese Hoffnung wurde jüngst jedoch von Ihrem Dringlichen Entschließungsantrag zerschlagen. Wir freuen uns zwar über Ihre Erkenntnis, dass Digitalisierung an den hessischen Schulen ein dringliches Thema ist. Allerdings ist diese Dringlichkeit selbst verschuldet.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Sollte dieser Antrag für den Hessischen Digitalpakt Bildung der Startschuss gewesen sein, dann ging er mächtig nach hinten los.

Wegen des Digitalpakts auf Bundesebene stehen Sie unter Zugzwang. Die Verrenkungen in Ihrem vorgelegten Entschließungsantrag stellen jedoch selbst im Vergleich zu Ihrem eigenen Koalitionsvertrag einen Rückschritt dar und sind ein politisch leicht durchschaubares Manöver.

Herr Kultusminister, ich werde zum Schluss kommen. Sie sagten in einer Pressemitteilung, wer Schülerinnen und Schüler fit für die Zukunft des Lernens machen will, müsse mit der Zeit gehen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Sie weiter mit beiden Füßen auf der Bremse stehen. Diese zögerliche Haltung zulasten aller – der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler – ist nicht hinnehmbar.

Deswegen darf ich Ihnen ein altbekanntes Sprichwort an dieser Stelle zurufen: Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD – Mi- chael Boddenberg (CDU): Noch nie gehört!)

Einen Weg davon werden Sie gehen müssen, Herr Kultusminister. Noch haben Sie die Wahl. Sehen Sie also die Chancen, und stellen Sie sich, was die Weichenstellung anbelangt, richtig auf – für die Zukunft in diesem Land, für unsere Schülerinnen und Schüler sowie für die Lehrkräfte. Sie haben das nämlich verdient. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall Freie Demokraten und vereinzelt SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Abg. Kahnt für die AfDFraktion.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ohne Grundgesetzänderung ist eine Umsetzung des Digitalpakts nicht möglich. Wir wollen gleich zu Beginn darauf aufmerksam machen, wohin eventuell die Reise gehen soll. Mit der vorgesehenen Änderung des Art. 104c des Grundgesetzes soll das Kooperationsverbot aufgeweicht werden, obwohl Bildung inklusive einer digitalen Infrastruktur an unseren Schulen nach föderaler Kompetenzordnung allein Sache der Länder ist. Wir lehnen eine Grundgesetzänderung in dieser Hinsicht ab.

Noch im Jahr 2006 hat es im Bundestag eine breite Zustimmung zum Föderalismus gegeben. Betrachtet man die jetzige Entwicklung des durch den Bundestag beschlossenen Digitalpakts, so darf man nur davor warnen. Der Digitalpakt wird als Vehikel genommen, womit sich der Bund einen größeren Einfluss auf die Bildungspolitik der Länder verschaffen will. Davor zu warnen erscheint mehr als gerechtfertigt – einfach deswegen, weil nichts umsonst ist. Denn die Länder müssen sich dazu verpflichten, digitale Bildung durch die digitalen Konzepte, Anpassungen von Lehrplänen oder Umgestaltungen der Lehrerausbildung und Lehrerweiterbildung umzusetzen.

Herr Kultusminister Lorz hat nicht umsonst in seiner Eingangsrede darauf hingewiesen, dass dadurch eventuell durch die Hintertür auf die hessische Bildungspolitik oder auf die Bildungspolitik der Länder Einfluss genommen werden kann. Wir sehen darin in der Tat einen mehr oder weniger versteckten Bildungszentralismus, der sich durchaus in eine unheilvolle Richtung bewegen kann, nämlich die Kulturhoheit der Länder abzuschaffen.

(Beifall AfD)

Wir wollen uns diesen Ansätzen frühzeitig entgegensetzen, weil sie in ein zentrales Diktat führen können. Zukünftig soll die Kultuspolitik aus Berlin kommen.

Deshalb sagen wir Nein zu diesem – ausdrücklich zu diesem – Digitalpakt. Wir hoffen, dass der einzubindende Bundesrat den Zukunftsfantasien des Bundes ein schnelles Ende setzt.

(Beifall AfD)

Wem es noch nicht deutlich genug ist: Wir wollen uns mit dem Digitalpakt unseren Föderalismus und unsere Eigenständigkeit in der Bildungspolitik nicht abkaufen lassen. Der Zweck soll hier die Mittel heiligen, doch wir leben nicht mehr im Mittelalter nach dem Motto „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“. Nicht umsonst haben die Väter des Grundgesetzes aus einer zentralen Bildungsverwaltung bis zum Jahr 1945 die richtigen Lehren gezogen. Deshalb geht das Grundgesetz in Art. 30 auch davon aus, dass alle Kompetenzen, die es nicht ausdrücklich dem Bund zuweist, Aufgaben der Länder bleiben – und wir betonen: Aufgaben der Länder bleiben müssen.

(Beifall AfD)

Damit wird das Prinzip der Subsidiarität gewährleistet. Gerade der Föderalismus steht für mehr Demokratie, für Aufgabennähe und verhindert Missbrauch. Deswegen fordern wir: Bildungspolitik muss in der Kulturhoheit der Länder verbleiben. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie diesbezüglich klare und deutliche Signale nach Berlin setzt. Wir wollen den Föderalismus bewahren.

(Beifall AfD)

Werfen wir einen Blick auf den Digitalpakt selbst. Die Laufzeit beträgt fünf Jahre. Gezahlt werden – auf fünf Jahre verteilt – 5 Milliarden €. Ausgeschüttet werden sie auf ca. 33.000 allgemeinbildende Schulen. Mit diesen Zahlungen bleiben für die einzelnen Schulen nur wenige Zehntausend Euro übrig. Das ist, mit Verlaub, eine Lachnummer. Denn die hier vorgesehenen finanziellen Mittel müssten um ein Vielfaches erhöht werden. Machen wir uns auch darin nichts vor: Es reicht längst nicht aus, nur eine breitbandige Schulhausverkabelung vorzunehmen.

(Beifall AfD)

Herr Kultusminister Lorz hat in seiner Rede vorhin auch darauf hingewiesen: Ein Digitalpakt oder digitalisierte Ausstattungen schaffen an den Schulen keine verbesserte Qualität.

Es fehlen dazu pädagogische Konzepte. Zudem ist zu kritisieren, dass beim digitalen Wandel viel zu wenig verantwortungsvoll auf die Risiken im Umgang mit digitalen Medien hingewiesen wird. Das gilt besonders für jüngere Schülerinnen und Schüler. Nicht einmal in Ansätzen ist darüber diskutiert worden, welche IT-Ausstattungen für die Schulen sinnvoll sind und welche nicht. Es fehlen Konzepte dazu, wie die Geräte überhaupt eingesetzt werden sollen, ganz zu schweigen von einer Lehrerschaft, bei der es, mit Verlaub, erhebliche Nachbesserungen im Umgang und in der Handhabung von IT-Ausstattungen gibt.

(Beifall AfD)

Kultusminister Lorz sieht im Digitalpakt die Chance, dass er den Schulen neuen Schwung verleihen wird. Verehrter Herr Kultusminister, wir würden andere Maßnahmen für wichtiger erachten als diese. Bei allem Absingen von Zukunftsfantasien im Zusammenhang mit dem Digitalpakt – Hauptsache, sie klingen irgendwie nach Silicon Valley, nach Hightech oder generell nach Zukunft – wollen wir nüchtern bleiben. Es gibt keinerlei wissenschaftliche Hin

weise oder Studien darüber, dass der Einsatz von iPhones, Tablets oder Notebooks die Lernleistungen von Schülern signifikant erhöht. Es ist ausgemachter pädagogischer Mumpitz, zu behaupten, unsere Schülerinnen und Schüler seien mit dem Digitalpakt besser auf die viel beschworenen Herausforderungen der Zukunft vorbereitet.