Protocol of the Session on February 28, 2019

Wenn Sie hier erklären, dass Regierungspräsidien die körperliche Unversehrtheit von Menschen aufs Spiel setzen, dann ist das nicht richtig. Das weise ich zurück.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf Janine Wissler (DIE LINKE))

Das wird nicht unserem Recht, nicht der Verwaltung, nicht den Gerichten, nicht unserem Rechtsstaat gerecht. Deswegen ist es nicht in Ordnung, das an diesem Rednerpult zu erklären.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Äußern Sie sich doch einmal zu dem Fall!)

Meine Damen und Herren, das Thema Abschiebung ist ein menschlich und politisch hochsensibles Thema. Dabei gilt zunächst der Grundsatz, dass auf Menschen, die kein Bleiberecht haben und ausreisepflichtig sind, die Regeln des Aufenthaltsgesetzes Anwendung finden und sie das Land zu verlassen haben. Tun sie das nicht freiwillig, sind sie als Ultima Ratio abzuschieben. Das ist geltendes Recht, und dessen Einhaltung erwarten die Bürgerinnen und Bürger von den Behörden.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Abschiebehemmnisse müssen aber beachtet werden!)

Die freiwillige Rückkehr ist dabei für die Behörden wie für die Betroffenen grundsätzlich die bessere Alternative. Herr Kollege Bocklet hat das gerade eben ausgeführt. Daher unterstützt die staatliche Rückkehrberatung des Landes Hessen Personen, die freiwillig ausreisen möchten, praktisch und finanziell.

Ein besonderes Augenmerk legen die hessischen Behörden auf die Aufenthaltsbeendigung bei Menschen, die Straftaten begehen oder als Gefährder eingestuft werden.

Entgegen der Einschätzung der Frau Sönmez vermittelt genau die Abschiebung der Straftäter und der Gefährder den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes Sicherheit. Das will ich ganz klar sagen. Das ist so.

(Vereinzelter Beifall CDU)

Sie haben gefragt, wie das konkret mit der Rückführung der Schwangeren aus Marburg war. Genauso wie das Thema ansonsten selbstverständlich hochsensibel behandelt wird, genauso behandeln die hessischen Behörden auch die Familie, die aus Marburg abgeschoben werden sollte. Jede Schwangerschaft wird ärztlich bewertet. Das Wohl der Mutter und des Kindes stehen an oberster Stelle. Dabei muss sich im konkreten Fall das werdende Elternpaar fra

gen, ob es sich durch eine frühzeitigere, freiwillige Ausreise viel Stress und Belastung hätte ersparen können.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist doch wohl nicht Ihr Ernst! Das ist unglaublich! – Weitere Zurufe DIE LINKE)

Das, was Herr Bocklet gerade eben gesagt hat, ist richtig und trifft auf diesen Fall zu. Wenn ich es eben richtig gezählt habe, waren es acht Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen inklusive einer Petition, die diesem Vorgang vorgeschaltet waren. Das ging über einen Zeitraum von mehreren Jahren. Wenn ich es richtig gelesen habe, waren es sieben.

(Beifall CDU)

Beurteilen die Behörden die Abschiebung als Ultima Ratio, wird die Maßnahme bei Bedarf immer ärztlich begleitet. So war das auch in diesem Fall. Wie üblich wurde die Rückführung durch einen Arzt begleitet, der vor Ort die Reise- und Flugtauglichkeit der Frau bestätigte, bis es zum Abbruch der Maßnahme durch den Kapitän der Fluggesellschaft kam. Die körperliche Unversehrtheit stand zu keinem Zeitpunkt infrage.

Die hessischen Behörden und die Hessische Landesregierung handeln, wie Sie sehen, keineswegs unmenschlich. Sie handeln auf dem Boden des geltenden Gesetzes. Das sind wir den Menschen in unserem Land nicht nur schuldig. Wir sind dazu auch verpflichtet.

Der Skandalisierung durch die Antragsteller dieser Aktuellen Stunde kann ich daher weder etwas abgewinnen, noch können das mit Sicherheit die gewissenhaften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Ausländerbehörden sowie der Polizei. – Vielen Dank.

(Beifall CDU und vereinzelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Staatsminister Beuth, vielen herzlichen Dank. – Damit sind wir am Ende der Aussprache zu Tagesordnungspunkt 35 angelangt. Die Aktuelle Stunde wurde abgehalten.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 25: Antrag Fraktion der Freien Demokraten Energiepolitik neu denken – Bürgerwillen ernst nehmen – Drucks. 20/176 –

Damit verbunden rufe ich Tagesordnungspunkt 50 auf: Dringlicher Antrag Fraktion der CDU, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Klimaschutz und Energiewende weiterhin erfolgreich und bürgerfreundlich gestalten – Drucks. 20/266 –

Die Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion. Erster Redner ist der Vorsitzende der Fraktion Freie Demokraten, René Rock. Lieber René Rock, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir werden heute wieder einmal, wie so oft, in diesem Hessischen Landtag über die Themen Energiepolitik, Nutzung der Windkraft und den Klimaschutz diskutieren. Ich möchte einmal einen anderen Einstieg probieren.

Ich appelliere an die Mitglieder der Fraktion DIE LINKE. Wir haben heute differenziert über Abschiebung diskutiert. Ich würde mir wünschen, Sie würden unsere Vorschläge zur Energiepolitik differenziert aufnehmen und heute einmal nicht die Rede halten, die Sie vielleicht immer halten.

Ich will an die Mitglieder der SPD-Fraktion appellieren. Wir haben gestern sehr intensiv über den Sozialstaat diskutiert. Vielleicht können wir heute einmal nicht die Standardrede halten, sondern vielleicht können Sie einmal auf das eingehen, was ich hier sage. Sie könnten das entgegennehmen und überlegen, ob Sie darauf eingehen möchten.

Ich möchte an die Mitglieder der Fraktion DIE GRÜNEN appellieren. Ich nehme Ihnen ab, dass Sie sich für den Klimaschutz einsetzen und das Beste wollen. Vielleicht nehmen Sie einmal die Fakten auf und differenzieren danach, was von dem, was ich hier sage, unbestreitbar ist. Das ist eine Überlegung wert.

Ich will an die Mitglieder der Fraktion der CDU appellieren. Auf Ihrem Parteitag beschließen Sie es mutig. Unter vier Augen stimmen Sie unseren Vorschlägen zu. Aber hier reden Sie oft anders. Ich appelliere da, doch ein bisschen mutiger zu sein und stärker zu dem zu stehen, was Sie auf Ihren Parteitagen beschließen. Sie schreiben es in Ihr Wahlprogramm, aber vertreten es dann im Plenum oftmals doch nicht. Ich würde mir wünschen, dass Sie vielleicht doch mit dem, was ich hier sage, differenzierter umgehen.

Zu den Kollegen der AfD-Fraktion sage ich: Vielleicht sollten Sie einmal deutlich machen, dass Sie akzeptieren, dass es einen Einfluss der Menschen auf die CO2-Konzentration in unserer Atmosphäre gibt und dass das natürlich auch Auswirkungen auf die Klimaerwärmung hat. Es wäre schön, wenn Sie sich an so einer Debatte konstruktiv beteiligen würden.

All das habe ich jetzt einmal vorweggeschickt. Ich will noch einmal versuchen, deutlich zu machen, dass wir bei der Energiepolitik ein Umdenken brauchen, wenn wir den Klimaschutz wirklich ernst nehmen wollen.

(Beifall Freie Demokraten)

Ich habe das in meiner letzten Rede schon einmal gesagt. Ich sage das ganz oft. Aber manchmal glaubt man, es dringe nicht so richtig durch. Seit Jahren sparen wir in Hessen kein CO2 mehr ein. Damit ist doch klar, dass die hier umgesetzte Politik nicht das Ziel erreichen wird, das sie sich selbst gesteckt hat. Das ist doch logisch.

(Beifall Freie Demokraten)

Ich zeige es Ihnen noch einmal. Das ist keine Tabelle, die die Freien Demokraten gemacht haben. Das stammt aus dem Energiebericht des Landes Hessen.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Ich trage Ihnen das konsequenterweise noch einmal vor. Während der alten schwarz-gelben Koalition ist der CO2Ausstoß in Hessen um 7,4 Millionen t zurückgegangen.

Seit Sie die Verantwortung tragen, ist er um 3 Millionen t gestiegen.

Herr Al-Wazir, überlegen Sie doch einmal, was das für Ihre Politik und für die Politik dieser Koalition bedeutet. Wir sind heute beim CO2-Ausstoß wieder da, wo wir 2011 schon einmal waren. Heute wird in Hessen wieder so viel CO2 ausgestoßen wie im Jahr 2011 vor dem Energiegipfel in Hessen. Darüber muss man doch einmal nachdenken. Da muss man doch fragen: Kann all das richtig sein, was ich hier verantworte? Oder betreibe ich hier – wie soll ich das sagen? – eine Fake-Politik, die Handlungen vorschützt, aber keine Effizienz entfaltet? Das muss man sich doch tatsächlich einmal überlegen.

Herr Al-Wazir, meine Bitte lautet, dass Sie dazu einmal Stellung nehmen. Woran messen Sie die Zielerreichung Ihrer Politik? Woran messen Sie die Effizienz Ihrer Politik, wenn denn nicht an der Frage des CO2-Ausstoßes im Land Hessen?

(Beifall Freie Demokraten)

Selbst wenn der CO2-Ausstoß einmal um 10 oder 20 % zurückgehen würde, wären Sie immer noch unfassbar weit von dem entfernt, was wir wirklich brauchen. Selbst wenn wir einmal eine Statistik sehen würden, die besagt, dass wir ein paar Hunderttausend Tonnen weniger als im Vorjahr haben, wäre es nicht das, was Ihr Anspruch hinsichtlich des Klimaschutzes und der Klimaschutzpolitik ist. Herr Al-Wazir, Sie müssen Angst haben, dass die Klimaaktivistin Greta demnächst vor Ihrem Ministerium steht und sagt: Sie machen in Ihrem Land die falsche Politik.

(Beifall Freie Demokraten)

Das ist so. Man muss sich einmal überlegen, welchen Preis wir für Ihre Politik bezahlen. Man muss sich einmal überlegen, welchen Preis unsere Gesellschaft für diese Politik bezahlt, die nachweislich keine Minderung des CO2-Ausstoßes produziert. Wir zahlen mit der Spaltung unserer Gesellschaft in Gewinner und Verlierer.

Ich habe das oft wiederholt. Ich werde es so lange wiederholen, bis das tatsächlich einmal von Mitgliedern anderer Fraktionen so dargestellt wird, dass man sieht, dass es verstanden wurde.

Rund 25 Milliarden € sind in einem Topf, in den jeder einzahlt. Das tun der Hartz-IV-Empfänger und der Millionär. Wer aber kann in diesen Subventionstopf des ErneuerbareEnergien-Gesetzes hineingreifen? Das kann nur der, der Geld zum Investieren hat. Wir verteilen jedes Jahr über 20 Milliarden € von allen hin zu denjenigen, die Geld zum Investieren haben. Das ist eine ökonomische Spaltung unserer Gesellschaft, ohne damit CO2 einzusparen.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir spalten Dorfgemeinschaften: in die wenigen, die Grundstücke haben, die sie an Windkraftbetreiber verpachten und mit denen sie Geld verdienen können, und diejenigen, die sozusagen unter den Windkraftanlagen leiden. Wir spalten das Land Hessen in die Landkreise, die massiv von Windkraftanlagen belastet sind, und in große Städte, in denen Sie auch gute Wahlergebnisse haben, die überhaupt keine Belastung aufweisen, sondern die beruhigt sind, dass die Windkraftanlagen ja auf dem Land gebaut werden. Mit Ihrer Politik spalten wir Stadt und Land.

(Beifall Freie Demokraten)

Wir erleben das hier in Hessen. Hessische Landräte appellieren an Sie. Ich kenne nur den Brief, den die Landräte Ihnen geschrieben haben. Herr Al-Wazir, vielleicht können Sie in Ihrer Rede einmal sagen, was Sie diesen Landräten und den Menschen, die von ihnen vertreten werden, denn geantwortet haben. Wie rechtfertigen Sie die massive Verspargelung unserer Landschaft, die gesundheitliche Belastung, den Wertverlust der Gebäude, die massiven Einschnitte in die Natur? Wie rechtfertigen Sie das, wenn wir kein CO2 einsparen? Wo ist Ihre Rechtfertigung für diesen massiven Eingriff?

(Beifall Freie Demokraten)

Ich könnte hier noch weiter vortragen. Unsere Forderung ist es, dass Sie von diesem 2-%-Ziel endlich runterkommen und sagen: Ich habe erkannt, dass der Ausbau von Windkraft nicht zur Reduzierung von CO2 in unserem Land beiträgt. – Warum nicht? Wenn ich sehe, dass von dem Gesamtenergieverbrauch, dem Primärenergieverbrauch in Hessen nur 1,3 % von Windkraftanlagen bestritten wird, ist ja auch klar, das ist ein gigantischer Aufwand, der Eingriff in unsere Landschaft. Der EZB-Turm ist 185 m hoch. Eine moderne Windkraftanlage ist fast 100 m höher als der EZB-Turm. Solche Betonungetüme stellen Sie in die Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete in Hessen. Das muss doch einen Grund, das muss doch eine Rechtfertigung haben – und die CO2-Einsparung kann es nicht sein. Das habe ich Ihnen gesagt.