Protocol of the Session on December 10, 2020

Kollege Rock, Kollege Bocklet, ihr könnt euch gerne nachher draußen austauschen. Dann stört ihr die Leute hier nicht und könnt an der Stelle weitermachen.

(Heiterkeit)

Herzlichen Dank, Herr Vizepräsident. Vielleicht weiß der Herr Fraktionsvorsitzende jetzt, dass er zuhören sollte.

Wenn man nicht lesen kann, hilft es ja, wenn einem vorgelesen wird. Ich lese vor, vielleicht hilft Ihnen das:

Der Bund stellt den Impfstoff zur Verfügung. Das Land unterstützt bei der Zulieferung des Impfstoffes und stellt das Verbrauchsmaterial sowie Schutzausstattungen für das eingesetzte Personal zur Verfügung.

Haben Sie das gehört? Haben Sie es verarbeitet? Das ist kein Konzept der FDP, sondern Beschlusslage für das Vorgehen der Landesregierung. Das ist richtig und wichtig.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Es wird bis zu 30 Impfzentren geben. – Ich bedanke mich beim Kollegen Bauer und der CDU-Fraktion für diesen Setzpunkt.

(Yanki Pürsün (Freie Demokraten): Du hast nicht zugehört!)

Ich verstehe dich doch eh nicht, Kollege Pürsün. Selbst wenn ich dich akustisch verstehen würde, würde ich dich politisch nicht verstehen. Das ist aber ein anderes Problem.

(Heiterkeit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme noch einmal zur Sache. Die CDU hat recht. Wir müssen das Thema Impfen aufgreifen. Wir alle in diesem Hause müssen dafür werben, dass sich, sobald ein Impfstoff zur Verfügung steht, der größte Teil der hessischen Bevölkerung, der deutschen Bevölkerung, der Bevölkerung in unserem Land an den Impfungen beteiligt. Wir brauchen diese Impfungen, damit unser Land aus dem Tal, aus dieser Krise herauskommt. Das muss doch das gemeinsame Signal dieses Hauses sein.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Ich finde es völlig richtig, dass angesprochen wird, dass dieser Impfstoff auch Risiken birgt. Niemand weiß heute über mögliche Langzeitschäden dieser Impfung Bescheid. Wir wissen, dass dieser Impfstoff ein Risiko birgt. Aber jede politische Entscheidung birgt ein Risiko in sich und beruht auf einer Abwägung. Wenn wir weitere Lockdowns vermeiden wollen, die harten Maßnahmen wirklich zurücknehmen wollen, dann führt der Weg nur über Impfungen und über eine Herdenimmunität. Nur so wird es uns gelingen, auf den Weg zur Normalität – hoffentlich bis Ende 2021 – zurückzufinden. Das ist doch das, was wir alle wollen: Wir wollen wieder ein normales Leben führen können,

ein pandemiefreies Leben in Hessen. Das ist das Signal, das wir heute senden müssen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Es gibt hoffentlich bald, in zwei Stunden, eine Impfstrategie, basierend auf den Empfehlungen des RKI. Ich hoffe, dass das Land Hessen diese Strategie umsetzt. Hierfür wurde eine logistisch hervorragende Vorarbeit geleistet.

Ich möchte noch etwas Persönliches sagen. Ich habe viele Kolleginnen und Kollegen und Freunde in Italien. Wenn ich mit denen darüber spreche, wie bei uns das Impfen vorbereitet wird, dann sehe ich in große Augen. In Italien ist man noch nicht so weit, sich darüber überhaupt Gedanken zu machen. Wenn ich denen erzähle, dass wir in Hessen schon in der Vorbereitung, zum Teil schon bei der Eröffnung von Impfzentren sind, dann sehe ich in große Augen.

Es gibt Momente in meinem politischen Leben, da bin ich wirklich stolz auf unsere Vereine und Organisationen, wie den Katastrophenschutz, die Polizei und viele andere Institutionen, die daran arbeiten, in affenartiger Geschwindigkeit Impfzentren aufzubauen und vorzubereiten. Ich bin stolz darauf, und ich bedanke mich bei ihnen. Unser gemeinsames Signal sollte daher sein: herzlichen Dank für diese unglaublich tolle Arbeit.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Politik muss selbstverständlich auch Zuversicht ausstrahlen. Deswegen sage ich noch einmal: Wir sind zwei oder drei Schritte vorangekommen. Wir haben einen Impfstoff in Aussicht, offensichtlich bald auch in Deutschland. Wir haben Impfzentren. Wir sind hervorragend vorbereitet. Das Personal ist vorbereitet, und wir können heute zuversichtlich sein, dass wir bald am Beginn des Endes dieser Pandemie stehen werden. Dieses Zeichen der Hoffnung möchte ich gerne senden.

Das heißt nicht, dass es keine Probleme gibt, dass es keine Risiken gibt. Manchmal besteht das Leben aus Risiken, aber es besteht vor allem aus einem, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion: aus Verantwortung. Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung und machen uns vom Acker, sondern wir stellen uns dieser Verantwortung. Wir machen eine verantwortungsvolle Politik – im Gegensatz zu Ihnen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und CDU)

Vielen Dank, Kollege Bocklet. – Nächste Rednerin ist die Frau Kollegin Dr. Sommer, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Impfstrategie der Landesregierung setzt vieles um, was der Bund und zahlreiche andere Bundesländer schon auf den Weg gebracht haben. Viele Kreise sind mit ihren Impfzentren – insgesamt sind es 28 – schon startklar und warten darauf, dass der Impfstoff zugelassen wird und in die Impfzentren kommt. Der Impfstoff von Biontech hat eine Wirksamkeit von 95 %, wenn es darum geht, den Ausbruch der Krankheit zu verhindern, und er gibt den Menschen Hoffnung, die Zahl der SARS-CoV-2-Infektionen langfristig kontrollieren oder die Pandemie gar beenden zu können.

Impfen erzeugt in weiten Teilen der Bevölkerung eine Immunität, die die Ausbreitung des Virus verhindert und dessen gesundheitliche Folgen vermeidet.

Doch trotz der Vorbereitung der Umsetzung der hessischen Impfstrategie sind noch viele Fragen unbeantwortet. Die Landkreise und kreisfreien Städte wurden mit der Einrichtung der Impfzentren beauftragt. Frau Claus hat am Dienstag gesagt, die Landkreise würden das „mit stemmen“. Meine Damen und Herren, „mit stemmen“ ist nicht ganz korrekt formuliert. Die Landkreise und die kreisfreien Städte stemmen in Bezug auf den Einsatzbefehl das meiste erst einmal alleine und hoffen auf eine weitere Unterstützung durch das Land, die zugesagt wurde und von der Sie hoffentlich auch nicht abweichen werden.

(Beifall SPD)

Das werden wir genau im Auge behalten, denn „Hand in Hand“ und „in Kooperation“ mit der Landesregierung heißt hier wohl, dass die Landesregierung erneut viel Verantwortung nach unten abgeladen hat; denn nicht sie stemmt die Impfstrategie, sondern das machen die Kommunalen für sie.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es wäre übrigens vorbildlich gewesen, die Kommunalen vor der Impfstrategie einzubinden, statt ihnen etwas überzustülpen. Statt dass sie eingebunden wurden, haben sie einen Einsatzbefehl ohne Informationen zur Ausgestaltung erhalten. Wie eine Unterstützung seitens der Landesregierung bei einer Mammutaufgabe wie dieser aussieht, ist bislang noch nicht abschließend geklärt. Deshalb haben wir nach Bekanntgabe des Einsatzbefehls im Sozial- und Integrationspolitischer Ausschuss einen Dringlichen Berichtsantrag behandelt. Herr Bocklet, wir haben viele Fragen gestellt, und in den Antworten war viel Prosa, wenig Griffiges, nichts Konkretes, um irgendeine Strategie erkennen zu können.

(Beifall SPD, vereinzelt AfD, DIE LINKE und Freie Demokraten)

Bei dem Ziel, das uns genannt wurde, sind wir uns alle einig: schnellstmöglich zu impfen. Aber die Frage, wie eingeladen werden soll, nach welchem System – unter Berücksichtigung des Datenschutzes –, wie die Logistik funktioniert, dazu gab es nur den Hinweis: Das prüft die Taskforce noch. – Wir hoffen, dass die Zusage, dass das Land die Terminvereinbarung mit den Landesbediensteten übernimmt, die Personalkosten für Freiwillige finanziert sowie Impfstoffe und Impfmaterial stellt und liefert, weiterhin Bestand hat.

Da Sie dieses Thema als Setzpunkt gewählt haben, gingen wir eigentlich davon aus, dass heute auf die offenen Fragen Antworten geliefert werden würden. Aber: Wo ist Ihre Strategie? Wo sind die Antworten? „Strategie“ bedeutet, einen genauen Plan zu haben, der dazu dient, das gesteckte Ziel zu erreichen. Das haben bis jetzt weder Herr Bocklet noch Herr Bauer erklären können. Vielleicht tut das der Herr Minister. Wir wollen wissen: Wie sieht der Plan aus? Wie ist das mit den Einladungen, der Systematik, dem Datenschutz und der Logistik? Wir hoffen, Sie bleiben uns diese Antworten nicht schuldig.

(Beifall SPD, vereinzelt DIE LINKE und Freie De- mokraten)

Es ist keine Frage: Es ist notwendig, die nötige Infrastruktur kurzfristig zu schaffen. Sie können unendlich dankbar dafür sein, dass die Kreise und die kreisfreien Städte die an sie delegierte Aufgabe so hervorragend meistern. Sie haben mit Vollgas und mit Engagement Impfzentren aufgebaut, sodass es so bald wie möglich losgehen kann. Die Kreise hätten sich, das habe ich schon gesagt, mehr Informationen gewünscht – wir übrigens auch. Gerade bei der Bereitstellung des Personals hätte die Landesregierung besser unterstützen können. Staatssekretärin Janz hatte dies im Ausschuss auch zugesagt. Einige Landkreise haben das wirklich mit Bravour gemeistert. Manche Kreise haben aber Probleme; dort gibt es personelle Engpässe, bislang aber keine adäquate Unterstützung durch die Landesregierung. An dieser Stelle zeigt sich wieder einmal, wie unzuverlässig die Landesregierung und wie unverzichtbar die Kommunalen, die Hilfsorganisationen und alle Ehrenamtlichen sind. Deshalb unser aufrichtiges Dankeschön an die Genannten.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Bei der Frage, wer zuerst geimpft wird, geht es um eine Priorisierung. Es geht aber auch um die Abschätzung der Wirksamkeit des Impfstoffs auf Populationsebene. Heute muss rückgemeldet werden, wie Hessen zu den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission steht; ich bin gespannt, was Sie für das Land dazu sagen. Das haben wir am Dienstag im Ausschuss gefragt; damals waren Sie nicht sprachfähig. Sie wussten nicht, was Sie dem Bund heute mitteilen werden, auch nicht bezüglich der Hochrisikogruppen. Da muss sicherlich noch nachgearbeitet werden. Mich interessiert auch, wie Sie das Monitoring umsetzen wollen, quasi die Echtzeiterfassung nicht personenbezogener Daten. Die Daten zur Impfinanspruchnahme sollen an das RKI übermittelt werden, um Aufschluss über die Impfquoten geben zu können. Vielleicht ist der Minister heute dazu sprachfähig.

Ich finde es spannend, auch einen Blick in das Land Baden-Württemberg zu werfen, wo in Ulm ein logistischer Impf-Testlauf mit 120 Menschen pro Stunde durchgeführt wurde. Gibt es solche Testläufe auch in Hessen? Wie stellen Sie sicher, dass tatsächlich 1.000 Menschen pro Tag geimpft werden können? In Baden-Württemberg soll es in einem zweiten Schritt kleinere Impfzentren geben. Ich habe Herrn Bauer so verstanden, dass das auch in Hessen kommen wird. Das greift im Prinzip die Kritik der Vertragsärzte auf, die sagen, dass sie nicht in die Impfstrategie eingebunden werden, obwohl sie bis heute 94 %, also 19 von 20 an COVID-19-Erkrankten im niedergelassenen Bereich behandelt haben. Die Vertragsärzte nicht in die Impfstrategie einzubinden und sie bei der Priorisierung nur auf der dritthöchsten Stufe zu führen, sollte vielleicht noch einmal überdacht werden.

(Beifall SPD)

Sie bekommen aber laut „Ärztezeitung“ und der CoronaImpfverordnung doch noch eine Aufgabe: Sie sollen nämlich Patienten mit Vorerkrankungen attestieren, dass sie geimpft werden können. Da frage ich mich, ob es sinnvoll ist, die Betroffenen erst in eine Praxis und dann in ein Impfzentrum zu schicken. Da wäre es vielleicht doch klüger, die Betroffenen gleich in der Praxis zu impfen, zumal die Biontech-Dosen – anders, als angenommen, als vorher gesagt –, bis zu fünf Tage in handelsüblichen Kühlschränken aufbewahrt werden können. Auch hier könnte Hessen aktiv werden.

In diesem Zusammenhang sollten Sie auch die Aufgabe der mobilen Teams klären. Diese könnten nämlich die Menschen impfen, die in den letzten Monaten ihre eigenen vier Wände nicht verlassen haben, weil sie entsprechend gefährdet sind. Wir hoffen, Sie legen uns dazu eine Strategie vor, und freuen uns auf Ihre Erläuterungen.

Ich möchte noch etwas zu Ihrer Aussage sagen, Sie hätten „vorausschauend und verantwortungsvoll gehandelt“. Warum haben Sie die Taskforce nicht früher eingebunden, wenn Sie „vorausschauend“ gehandelt haben? Warum gibt es in Hessen immer noch keine zweckdienliche Teststrategie? Das frage ich Sie; denn das Fachpersonal in Gesundheitseinrichtungen und Pflegeeinrichtungen wird noch immer kaum oder gar nicht getestet. Sie nivellieren das, loben sich für Ihren neuen Bestellservice, behaupten, es werde überall getestet, aber im Gespräch mit denen, die jeden Tag an den Betten stehen oder Patienten zu Hause versorgen, erfahren Sie etwas anderes. Es ist unverantwortlich, solchen Hinweisen nicht nachzugehen. Wir haben uns schon im Ausschuss darüber sehr gestritten.

Ich soll Ihnen von der Kollegin Hartmann schöne Grüße bestellen. Liebe Karin, falls du uns zuschaust: von uns allen liebe Grüße und Gute-Genesung-Wünsche. – Sie können Frau Hartmann fragen, wie das abläuft. Sie ist nämlich momentan im Krankenhaus und kann Ihnen mitteilen, dass das so, wie Sie es plakatieren, nicht funktioniert. Fragen Sie sie, sie bekommt das momentan hautnah mit.

(Beifall SPD, vereinzelt AfD und Freie Demokraten)

Die Patienten und das Personal hätten in sensiblen Bereichen von Beginn an getestet werden müssen. Das haben wir seit März immer und immer wieder gesagt. Infektionen hätten schnell erkannt werden können. Gerade in der Altenpflege ist es zu Krankheitsausbrüchen gekommen. Sie hätten dies mit einer intelligenten Teststrategie verhindern und Menschenleben retten können.

Zum Schluss etwas zu den FFP2-Masken. Es wurde schon angesprochen: Sie werden jetzt an die Heime geliefert. Soll das ein makaberes Weihnachtsgeschenk sein?

(Beifall SPD und AfD)

Diese Masken wären viel früher wichtig gewesen. Aber auch hier ist es so: In der Praxis, ganz egal, ob im Krankenhaus oder in der Pflege, sind diese Masken kaum vorhanden. Reden Sie sich nicht immer heraus: Die Verteilung hat nicht so gut geklappt, wie Sie es immer beschreiben. Die Heime sagen uns, dass sie genauso alleingelassen worden sind wie die Kommunalen und viele andere, die sich in dieser Zeit eine Orientierung gewünscht hätten. Aber dafür braucht man eben eine Strategie, meine Damen und Herren.

Auch heute bleibt wenig Konkretes, und nach den Beiträgen von Herrn Bauer und Herrn Bocklet bleiben viele Fragen offen. Wir hoffen inständig, dass einer der Minister gleich ein bisschen Erhellung bringt. Wir hoffen auf eine erfolgreiche Impfstrategie und auf einen Erfolg der Impfmaßnahme.

Noch einmal einen herzlichen Dank an alle Kommunen und an alle, die sich in diesem Rahmen engagieren wollen und engagieren werden. Darauf sind wir angewiesen.