Auch der bauliche Zustand vieler Schulgebäude wird unter Corona zur echten Gefahr: Kaputte Fenster, marode Sanitäranlagen und zu kleine Räume erschweren den Schulbetrieb aktuell genauso stark wie zu große Lerngruppen und fehlende digitale Infrastruktur.
Dass der Sanierungsstau an unseren Schulen ein Fass ohne Boden ist, das hängt mit der jahrzehntelangen Verweigerungshaltung zusammen, wenigstens den Bedarf landesweit zu erheben, um dann die Kommunen so auszustatten, dass unsere Schulen saniert und ausgebaut werden können. Das Land muss endlich genug Geld dafür in die Hand nehmen. Bei einem Sondervermögen in Höhe von 12,5 Milliarden € muss es doch drin sein, Geld bereitzustellen, um unsere Schulen zu sanieren und auszubauen.
Immerhin haben Sie mittlerweile 65 Millionen € aus dem Sondervermögen in die Hand genommen, um die Schulträger bei der Umsetzung Ihrer eigenen Corona-Schutzmaßnahme zu unterstützen. Aber entgegen Ihrer Behauptung gibt es diese 65 Millionen € eben nicht nur für Schulen, damit soll auch die Ausstattung in Kindertageseinrichtungen finanziert werden. Das ist deutlich zu spät, und es ist vollkommen unklar, wie mit dieser Summe beispielsweise alle Klassenräume und alle Kitas mit den benötigten Luftfilteranlagen ausgestattet werden sollen.
Das Gleiche gilt auch für die digitale Ausstattung der Schulen, der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrkräfte. Mit einem ganz großen Tamtam wurde der Digitalpakt beworben, der sich als zu bürokratisch erwiesen hat, als dass er uns jetzt in der Krise wirklich bei der Digitalisierung helfen könnte. Schließlich wurde bisher kaum etwas davon verausgabt. Da helfen dann auch die 14 Millionen €, die im aktuellen Haushalt vorgesehen sind, nicht, wenn sie von den Schulträgern nicht unbürokratisch abgerufen werden können.
Gemessen am Gesamtbedarf an digitaler Ausstattung sind der Digitalpakt und das Sofortausstattungsprogramm sowieso nur eine Anschubfinanzierung. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hat ausgerechnet, dass in jedem Jahr der fünfjährigen Laufzeit des Digitalpakts ein Bedarf von 315 Millionen € anfällt. In Hessen stehen für fünf Jahre gerade einmal 538 Millionen € zur Verfügung. Da gibt es also einen erheblichen Finanzierungsbedarf und eine Finanzierungslücke, mit der sich das Land auch befassen muss. Auch wenn Herr Lorz permanent etwas anderes behauptet, Schülertablets sind Lernmittel und fallen somit in die Zuständigkeit des Landes.
Auch die überfälligen Dienstgeräte für Lehrkräfte müssen von ihrem Dienstherrn, also ebenfalls vom Land, finanziert werden. Ohne die werden dann auch die von Ihnen ab dem Jahr 2021 zur Verfügung gestellten E-Mail-Adressen für Lehrkräfte gar nichts bringen.
Meine Damen und Herren, in dem Haushaltsplan lassen sich auch Stichworte finden, die wir ausdrücklich unterstützen und immer gefordert haben: etwa 70 Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte oder mehr Förderpädagogen. Das Problem ist nur, Sie suggerieren, Sie würden hier und da kleine Schritte in die richtige Richtung gehen. Dabei braucht es aktuell wirklich eine Kraftanstrengung, damit von der Entlastung und dem politischen Willen auch spürbar etwas an den Schulen ankommt. Aber das ist SchwarzGrün, es fallen die richtigen Stichworte, aber zu wirklicher Veränderung reicht es nicht aus.
Dabei haben wir uns bisher eigentlich nur über die grundlegenden Dinge unterhalten, die eigentlich selbstverständlich sein sollten. Wir müssen uns aber auch darüber Gedanken machen, wie wir unser Schulsystem sozial und pädagogisch gerechter machen können. Wir müssen über die Ausfinanzierung von kleineren Klassengrößen, echte multiprofessionelle Teams an den Schulen und im Unterricht, moderne und digital gestützte Lernformen und die Umsetzung eines wirklich inklusiven Schulsystems sprechen. Reden müssen wir über die Sinnhaftigkeit und Aussagekraft von Ziffernoten, insbesondere im Grundschulbereich, und über den immer größer werdenden Zulauf an Privatschulen. Wir müssen über die mangelnde Durchlässigkeit des mehrgliedrigen Schulsystems und über deren Überwindung sprechen.
Leider ist so etwas unter Schwarz-Grün nicht zu erwarten, vielmehr ein weiteres Durchmogeln. Das ist den Problemen unserer heutigen Zeit nicht angemessen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Angesichts meiner kurzen Redezeit muss ich mich auf vier Themen beschränken. Ich hätte gerne vieles zu all den anderen Themen gesagt.
Das sagte Kultusminister Prof. Dr. Lorz. Gerade während der Corona-Pandemie trifft dieser Satz besonders zu. Er ist richtig.
Der Präsenzunterricht ist das Maß aller Dinge, und er bleibt es auch. Ein Wechselmodell, beispielsweise in Corona-Zeiten, kann nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn sich tatsächlich bestätigen sollte, dass die Inzidenz an den Schulen erheblich steigt.
Der Präsenzunterricht ist gerade für die Schülerinnen und Schüler der Grundschule überhaupt nicht ersetzbar. Denn die Lehrkräfte begeben sich als soziale Bezugspersonen mit den Kindern auf bestimmte Lernfelder. Die Kinder brauchen eine Bezugsperson, die ihnen selbstverständlich Mut macht bzw. sie entsprechend motiviert. Selbstverständlich kann ein noch so schöner und gut gemeinter Ersatzunterricht über das Homeschooling, also beispielsweise über die Eltern, die da wirklich etwas Aufopferungsvolles tun, den Präsenzunterricht nicht ersetzen.
Mein zweites Thema ist die Forderung nach Luftfiltergeräten in den Klassenzimmern unserer Schulen. Forderungen sind legitim. Aber wer hat sich eigentlich Gedanken über die Verfügbarkeit und über die Kosten in Höhe von über 3.000 € pro Klassenzimmer gemacht? Das wären Kosten, die im Grunde genommen jedes Maß übersteigen würden, ganz abgesehen davon, dass es auch seriöse Kritiker gibt, die sagen, das Lüften sei tatsächlich allemal effizienter. Dann wird ins Feld geführt, dass die Staatskanzlei über solche Geräte verfüge, aber in den Unterrichtsräumen würden sie fehlen. Das ist für mich schlichtweg Populismus.
Ich komme zum dritten Thema. Das betrifft die Digitalisierung in der Bildung. Es gibt da bekanntlich enorme Fortschritte. Viele Schulen wurden inzwischen im Rahmen des Digitalpakts mehr als befriedigend ausgestattet. Aber ITGeräte bleiben immer nur ein ergänzendes Mittel, den Unterricht zu gestalten.
Ich komme zum vierten Thema. Das ist das Dauerthema Personal. Es gibt so viele Neueinstellungen wie nie zuvor. Ja, es gibt an den Grundschulen Bedarfe. Das wissen wir. Ich glaube, seit 2018 wurden inzwischen 5.000 Stellen geschaffen. Es gibt insgesamt sogar 11.000 Lehrerinnen und Lehrer mehr als noch vor 20 Jahren.
Hier kann man bestimmt nicht von einem Mangel an Initiative reden. Wie der Kultusminister es einmal ausgedrückt hat, man kann sich selbstverständlich auch zur Weihnachtszeit die Lehrkräfte nicht backen.
Ich komme zu meinem Fazit. Ich wünsche mir mehr Augenmaß. Eigentlich wünsche ich mir mehr Augenmaß gerade von den Kritikern. Man muss sehen, was möglich ist und was eben nicht möglich ist. Schließlich muss das alles finanziert werden.
Ich würde mir auch etwas mehr Wertschätzung beispielsweise für den Kultusminister wünschen. Nach all den Vorwürfen könnte man eigentlich den Eindruck gewinnen, der Kultusminister säße nur untätig herum. Das ist beileibe nicht der Fall. Das gilt schon gar nicht bei einem Haushalt in Höhe von 6 Milliarden €.
Es wird enorm in die Bildung investiert. Für jeden ist auch klar, dass da jeder seine eigene Klientel bedient. Zu fragen ist allerdings: Wenn man selbst in der Regierungsverantwortung stehen würde, würde das dann eigentlich anders ausschauen?
Frau Präsidentin, die Uhr schlägt uns alle. Hätte ich noch Zeit gehabt? Dann hätte ich mich gar nicht so eilen müssen.
Die Uhr hat genau zum Ende der Rede geschlagen. – Jetzt erteile ich dem Herrn Kultusminister für die Landesregierung das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entwurf des Haushaltsplans, wie wir ihn hier beraten, ist zugleich außergewöhnlich und trotzdem ein Stück weit Normalität. Das haben schon die bisher stattgefundenen Debatten über die Entwürfe der Einzelpläne gezeigt. Das werden sicherlich auch die nachfolgenden Debatten zeigen.
Er ist außergewöhnlich, weil wir uns in einer außergewöhnlichen Situation befinden. Die Corona-Pandemie, die uns seit neun Monaten in Atem hält, hat alles, was an Finanzplanung vorher existierte, in vielfacher Hinsicht über den Haufen geworfen. Natürlich zwingt diese Pandemie auch im Kultusbereich zu zusätzlichen Ausgaben und Investitionen. Deswegen will ich damit beginnen.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, dass diese Landesregierung seit Beginn der Pandemie bestrebt ist, den Schulbetrieb unter den Bedingungen der Pandemie aufrechtzuerhalten. Wenn möglich, soll dies mit Präsenzunterricht geschehen. Gleichzeitig soll das Infektionsrisiko für die Schülerinnen und Schüler und für die Lehrkräfte so gering wie möglich gehalten werden.
Ja, ich bekenne mich zu diesem Ziel. Ich habe das schon während der letzten Sitzung dieses Hohen Hauses getan. Ich tue das weiterhin. Wir werden morgen ausführlich Gelegenheit haben, darüber erneut zu diskutieren.
Heute reden wir aber über Geld. Denn es geht um den Entwurf des Haushalts. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was im Entwurf des Haushalts steht. Es ist bezeichnend, wie oft die Redner der Opposition hier von den Zahlen weg wollten. Denn an den Zahlen gibt es wenig zu kritisieren. Also haben sie versucht, irgendwelche anderen Schauplätze aufzumachen. Dazu wird in anderen Debatten Gelegenheit sein.
Es geht um das Geld, das wir zur Verwirklichung dieser Ziele einsetzen wollen. Da kommt, wenn wir nur die Pandemiebekämpfung nehmen, einiges zusammen. Ich fange mit den Vertretungsmitteln für die VSS- und TV-H-Kräfte an. Sie braucht man zur Kompensation der Personalengpässe, die durch Quarantäne und die Befreiung der Risikogruppen vom Präsenzunterricht entstehen. 50 Millionen € hatten wir dafür schon in diesem Jahr. 2021 sollen noch einmal 100 Millionen € dazukommen. Da gibt es also
Ich nenne unser Sofortprogramm für hygienische Schutzmaßnahmen an den Schulen und in den Kindertagesstätten. Es wird in der Öffentlichkeit meistens etwas vereinfachend als Programm zur Anschaffung von Luftfiltern wahrgenommen. Dafür sind 75 Millionen € zuzüglich der Ganztagsmittel als reine Landesleistung zur Unterstützung der Kommunen vorgesehen. Soweit ich das sehe, ist das mehr, als jedes andere Land in Deutschland für diesen Zweck ausgibt.
Das Gleiche gilt für das Testprogramm für unsere Lehrkräfte. 10 Millionen € sind dafür vorgesehen, dass diese regelmäßigen Testungen bis Ostern 2021 fortgeführt werden können. Auch da müssen Sie lange suchen, bis Sie ein Programm vergleichbaren Ausmaßes finden.
Die Digitalisierung unserer Schulen wird weiterhin massiv beschleunigt werden. Wir haben mit einem gewaltigen Kraftakt die Ausrollung des Schulportals Hessen auf alle hessischen Schulen bis zum Ende des Jahres ermöglicht. Das muss dann natürlich am Laufen gehalten werden. 2021 wird noch das landeseigene Videokonferenzsystem dazukommen. Die Zwischenzeit wird mit kommerziellen Systemen, die mit Landesmitteln finanziert werden, überbrückt.
10 Millionen € sind allein im Jahr 2021 für die Verbesserung dieser Ausstattung vorgesehen. Da ist von dem riesigen Komplex des Digitalpakts noch überhaupt nichts mitgerechnet. Aber darüber werden wir auch morgen in einer anderen Debatte noch einmal reden. Deswegen will ich das jetzt nicht weiter vertiefen.
Wir wollen auch im kommenden Jahr Ferienangebote für Schülerinnen und Schüler ermöglichen, die durch die Unregelmäßigkeiten im Präsenzunterricht während der Pandemie Nachteile erlitten haben. Gestern war in einer mündlichen Frage davon die Rede. Und natürlich werden wir auch im Jahr 2021 die berechtigt angefallenen Stornierungskosten für abgesagte Schulfahrten und Exkursionen erstatten. Bis jetzt ging es nur um die Sonderlasten der Pandemie.
Jetzt kommt das Entscheidende. Wir werden trotzdem auch weiterhin die bildungspolitische Normalität und die Entwicklung unseres Schulsystems in jeder Hinsicht ohne Abstriche gewährleisten, damit unsere Schulen nach der Pandemie nahtlos dort weitermachen können, wo wir sie auch ohne die Pandemie im Rahmen unserer bildungspolitischen Schwerpunktsetzung hingebracht hätten. Wir werden auf keines unserer zentralen bildungspolitischen Vorhaben, der Pandemie zum Trotz, verzichten. Deswegen werden unsere Schulen nach der Corona-Pandemie in vielerlei Hinsicht wesentlich weiter als vorher sein. Das will ich Ihnen mit ein paar Beispielen am Entwurf dieses Haushalts demonstrieren.
Der größte Brocken ist natürlich die Ganztagsbetreuung. Wir bleiben dabei, dass wir auch im Jahr 2021 den Gegenwert von 350 Lehrerstellen für den weiteren Ausbau unserer Ganztagsangebote zur Verfügung stellen werden. Das ist und bleibt das größte Investitionsprogramm, das es dazu je gegeben hat. Wir werden da keine Abstriche machen. Das wird ungeschmälert fortgesetzt werden.
Wir werden die Ressourcen für unsere neu eingeführten, verpflichtenden Vorlaufkurse zur Verfügung stellen. Von denen war hier schon mehrfach die Rede. Dabei geht es um 210 Lehrerstellen.