Protocol of the Session on December 9, 2020

(Beifall DIE LINKE)

Die Aufgabe der Umweltministerin wäre es, den notwendigen Umbau jetzt einzuleiten. Ich zeige einmal beispielhaft an drei Punkten, was erforderlich wäre.

Die Wasserver- und -entsorgung ist eine grundsätzliche und grundlegende Aufgabe der öffentlichen Hand. Da hat die Hessische Landesregierung in den letzten Jahren entscheidend zu wenig investiert. Die meisten Klärwerke verbrauchen viel zu viel Energie. Sie verfügen über keine vierte Reinigungsstufe. Sie verteilen multiresistente Keime in unseren Flüssen. Sie leisten vor allen Dingen auch keinen Beitrag zur Rohstoffrückgewinnung.

Anstatt die Kommunen flächendeckend bei der Modernisierung zu unterstützen, fördert die Hessische Landesregierung nur ausgewählte einzelne Projekte. Es ist richtig: Für die Klärwerke sind die Kommunen zuständig. Frau Ministerin Hinz, das könnten Sie jetzt entgegnen. Aber angesichts der kommunalen Budgets, die derzeit vorhanden sind, werden wir, die wir gemeinsam in diesem Raum sitzen, es wahrscheinlich nicht mehr erleben, dass die Modernisierung der Klärwerke tatsächlich umgesetzt wird.

Für den Gewässerschutz, den Gesundheitsschutz und für unser Trinkwasser ist diese Aufgabe von existenzieller Bedeutung. Deswegen fordern wir ein Landesprogramm zur Modernisierung der Klärwerke und zum Aufbau der Brauchwassernetze.

(Beifall DIE LINKE)

Ein Charakteristikum der Umweltpolitik der schwarz-grünen Landesregierung ist die Umwidmung gesetzlich festgelegter Aufgaben in freiwillige Mitmachprojekte. „100 Kommunen für den Klimaschutz“ heißt das eine. Es soll Blühstreifen geben, gefolgt von Mitmachprojekten „Unser Wald“. Nicht zu vergessen, der Klassiker ist „100 Wilde Bäche“.

Es ist schön, dass die Umweltministerin die Menschen und die Kommunen für die anstehenden Aufgaben tatsächlich begeistern will. Die Wasserrahmenrichtlinie ist aber kein Wunschkonzert, sondern ein Gesetz. Wie wir es in der Begründung des Urteils zur letzten Klage des BUND gegen den Weiterbau der A 49 nachlesen können, ist die Wasserrahmenrichtlinie und sind die dort formulierten Pflichten nicht nur – Zitat – „bloße Ziele der Bewirtschaftungsplanung“, sondern haben „verbindlichen Charakter“. „Verbindlicher Charakter“ ist eben mehr als ein Mitmachprogramm oder eine freiwillige Aktion.

(Beifall DIE LINKE)

Die generös erscheinende Auswahl von 100 Bächen zur Renaturierung verschleiert, dass sich in Hessen über 300 Bäche in einem mittelmäßigen bis schlechten ökologischen Zustand befinden. Nach 20 Jahren Umsetzung der EUWasserrahmenrichtlinie haben nur 15 % der Gewässer in Hessen einen guten oder sehr guten ökologischen Zustand. 2015 hätte dieser Zustand für alle Gewässer zutreffen sollen. Für eine Regierung mit acht Jahren unter grüner Beteiligung ist das ein Armutszeugnis.

Ich komme zu meinem zweiten Beispiel. Es betrifft den Bodenschutz. Die Koalition hat sich in ihrem Koalitionsvertrag in besonderem Maß dem Bodenschutz verpflichtet. Man muss sich aber einmal genau anschauen, was das bisherige Ergebnis ist: Das hessische Nachhaltigkeitsziel, bis zum Jahr 2020 nicht mehr als 2,5 ha pro Tag zu versiegeln, wurde, erstens, krachend verfehlt und ist, zweitens, auch gar nicht nachhaltig. Anstelle dass die Hessische Landesregierung gute Ackerböden besonders schützt, verkauft sie die Flächen an ihre Landgesellschaft für die Schaffung von Gewerbegebieten z. B. für Logistikunternehmen. In NeuEichendorf konnten wir das erleben.

(Zuruf: Eichenberg!)

Eichenberg, richtig. Hier steht Eichendorf. Aber es ist natürlich völlig richtig, Eichenberg heißt der Ort.

Im Zeichen des Artensterbens, des Klimawandels und des drohenden Wassernotstands können wir uns das nicht mehr leisten. Die Antwort muss zukünftig heißen: Der Acker bleibt.

(Beifall DIE LINKE)

Gute Ackerböden in Hessen müssen besser geschützt werden. Im Zeitraum von 1992 bis 2015 sind die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Hessen um 40.700 ha geschrumpft. Es gibt 40.700 ha landwirtschaftliche Flächen weniger.

Weder der Ökoaktionsplan noch die Ökomodellregion der Landesregierung hat in den letzten Jahren auch nur einen einzigen Hektar dieses Ackerbodens vor der Versiegelung geschützt. In einem ersten Schritt muss die Hessische Landesregierung aufhören, gute Ackerböden als Land für Gewerbeflächen und Logistikzentren zu verkaufen oder sie für Autobahnen zu versiegeln. Was im letzten Jahrhundert noch eine gute Serviceleistung für die Kommunen gewesen sein mag, muss in Zeiten des Klimawandels sofort gestoppt werden.

(Beifall DIE LINKE)

Ich komme zu meinem dritten und letzten Beispiel.

Das müssen Sie schnell sagen; denn die acht Minuten Redezeit sind um.

Gut. Wir haben noch ein bisschen auf der Uhr stehen.

Wir wollen nicht nur kritisieren. Zustimmung findet der Umbau bei Hessen-Forst. Das Primat der schnellen Holzerträge ist in Zeiten des Klimawandels nicht mehr haltbar. Das war es noch nie. Wir finden, diese Maßnahmen sind richtig. Da muss noch etwas draufgelegt werden, damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Försterinnen und Förster angemessen bezahlt werden. Darüber hinaus müssen die Fahrzeuge und die Werkzeuge von Hessen-Forst zukünftig übernommen werden.

(Beifall DIE LINKE)

Damit komme ich zum Ende meiner Rede. Es wäre jetzt notwendig, die Aufgaben des Klimawandels zu bündeln. Wir brauchen ein Ministerium mit Richtlinienkompetenz zur Bekämpfung des Klimawandels. Alle Sektoren, der

Verkehr, das Wohnen, eine nachhaltige Landwirtschaft und die Energiewirtschaft, müssen zusammen gedacht werden. Die Klimaanpassungsmaßnahmen müssen koordiniert werden.

Es kann doch nicht sein, dass die Umweltministerin den Tag des Waldes feiert, während der Ministerkollege aus der gleichen Partei diesen Wald gegenwärtig für den Bau einer Autobahn roden lässt. Das ist ein Unding. Da muss es eine gemeinsame Politik geben. Da kann es nicht die eine so und der andere so machen.

(Beifall DIE LINKE)

Dafür fehlen Ihnen der politische Durchsetzungswille und das Durchsetzungsvermögen. Dafür fehlt Ihnen leider auch der Mut. Deshalb wird es bei diesem Haushalt bei Leuchttürmen, Pilotprojekten und Blühstreifen bleiben. Das reicht nicht mehr aus. Damit halten wir den Klimawandel nicht auf.

Deshalb werden wir diesen Einzelplan ablehnen müssen. – Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Gestatten Sie noch eine Abschlussfrage des Kollegen – –

(Torsten Felstehausen (DIE LINKE): Nein!)

Nein, danke schön. – Herzlichen Dank, Herr Kollege Felstehausen.

Ich rufe dann die nächste Rednerin auf. Das ist Frau Kollegin Scheuch-Paschkewitz. Nach der ursprünglichen Planung waren es jedenfalls einmal drei Minuten Redezeit. Das verändert sich jetzt alles ein bisschen. Bitte schön.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Wir haben doch einen Puffer eingebaut!)

Die Letzte beißen die Hunde. – Herr Präsident, meine Damen, meine Herren, Frau Ministerin Hinz! Dieser Haushalt wird große Defizite bei der Förderung und dem Voranbringen des Tierschutzes haben.

(Beifall Jan Schalauske (DIE LINKE))

Der Tierschutz ist als Staatsziel im Grundgesetz verankert. Das bedeutet auch, dass der Staat den Tierschutz mit einer tiergerechten Förderpolitik durchsetzen muss. Zum Beispiel müssen die unsäglichen Tierqualen beendet werden. Die industrielle Tierhaltung und Tierzucht muss so schnell wie möglich der Vergangenheit angehören.

Hierfür bedarf es finanzieller Anreize und Instrumente. Es muss auch nicht mehr gewartet werden. Der Umbau zu tiergerechteren bis tiergerechten Haltungsbedingungen kann bereits heute finanziert werden. Immerhin erhält die deutsche Landwirtschaft jedes Jahr mehr als 6 Milliarden € an Subventionen. Diese werden immer noch nach der Größe der Betriebsflächen ausgezahlt. Wir wollen, dass das Geld in tiergerechte Haltung und nachhaltigen Ackerbau fließt, und zwar ohne faule Kompromisse.

(Beifall DIE LINKE)

Auch die Tierheime müssen endlich durch das Land kostendeckend finanziert werden. Der Tierschutz ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Die fortgesetzten Kostensteigerungen in allen Versorgungsbereichen bei den tiermedizinischen Leistungen sowie bei den Investitionen für die Tiere mit aufwendigen Haltungsanforderungen stellen die Tierheime und die Tierschutzvereine vor existenzielle Probleme. Es wird Zeit, dass das Land seiner Verantwortung gerecht wird.

Ich möchte ein drittes Beispiel nennen. Wir brauchen eine Weidetierprämie von 30 € pro Tier und die volle Übernahme der Kosten für die Anpassung der Zäune, damit die Schafe wirkungsvoller vor dem Wolf geschützt werden können, ohne dass die Schäferinnen und Schäfer an die Grenzen ihrer Existenz gelangen. Das gilt insbesondere für den Landkreis Marburg-Biedenkopf, den schafreichsten Landkreis Hessens.

Der Tierschutz ist wichtig, und, ja, er kostet Geld. Die Tiere und ihre Halterinnen und Halter haben aber einen Anspruch darauf. Liebe GRÜNE, setzt endlich mehr nachhaltige tierschutzpolitische und ökologische Inhalte in der Regierungskoalition nach eurem Motto „Grün wirkt“ durch. Die Tiere und die Menschen in diesem Land hätten es mehr als verdient.

(Beifall DIE LINKE)

Frau Kollegin Scheuch-Paschkewitz, vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Frau Staatsministerin Hinz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Da ich keine Redezeit mehr habe, kann ich auch nichts einsparen. Ich versuche, auf ein paar wenige Themen einzugehen. Ich will einiges deutlich machen, was meinen Ressorthaushalt angeht. Das wird die Politik zumindest der nächsten zwölf Monate bestimmen.

Klar ist, dass die Corona-Pandemie im Moment für uns alle eine große Herausforderung darstellt. Gleichzeitig schreitet aber der Klimawandel voran. Die Artenvielfalt nimmt ab. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Klimakrise im Auge behalten und ihr auch während dieser Zeit entgegenwirken. Vor allen Dingen müssen wir hinterher auch gutes Handwerkszeug haben, um den Klimaschutz voranzutreiben.

Dass es die Klimakrise entgegen mancher Äußerungen hier gibt, sehen wir seit spätestens drei Jahren im Wald, auch im hessischen Wald. Die Fichten sterben in großem Maßstab ab. Sie vertrocknen, sie werden von Borkenkäfern befallen, und selbst die landestypische Buche ist in einem schlechten Zustand.

(Jan Schalauske (DIE LINKE): Vor allem der Dannenröder Forst!)

Das heißt, unser Land ist Opfer des Klimawandels.

Gleichzeitig ist der Wald aber auch Klimaretter, weil er große Mengen an Kohlenstoff speichern kann. Er sorgt auch für gutes Wasser und ist Lebensraum für Pflanzen