Hessens Digitalministerin Kristina Sinemus will Rechenzentren nicht nur unter Energie- und Klimaaspekten betrachten. Sie versteht sie vor allem als Innovationstreiber.
Ja, Innovationstreiber würde ich unterschreiben, aber, Frau Ministerin, ich kann Ihnen sagen: Sich zur Anwältin der Rechenzentrumsindustrie alleine zu machen, das kann man machen, aber das ist keine nachhaltige Politik.
Ich bin mir übrigens nicht ganz sicher, ob Ihr grüner Koalitionspartner das nicht ähnlich sieht. An dieser Stelle will ich aber auf die Ideen der SPD in Bezug auf Nachhaltigkeit und Rechenzentrumsinfrastruktur verweisen. Wir haben gerade – ich glaube, es war gestern – über den Gesetzentwurf zum Transformationsfonds gesprochen.
Kollege Eckert hat ihn vorgestellt, den Gesetzentwurf zur gemeinsamen Bewältigung der Herausforderung der Transformation für Wirtschaft und Arbeit in Hessen. Denn KI braucht nun einmal viel Rechenleistung und damit auch viel Energie. Weil dieser Bedarf weiter wachsen wird, dürfen wir uns vor dieser Herausforderung nicht verstecken.
Aus unserem Transformationsfonds könnten nämlich andere Konzepte zur Reduzierung des Energieverbrauchs für Rechenzentren gefördert werden. Gleichzeitig steht da auch drin: Pläne zur Nutzung von Abwärme sollen zur Pflicht werden. – Wir verstehen Rechenzentren nicht nur als Innovationstreiber im Bereich der künstlichen Intelligenz, sondern setzen auch auf einen ganzheitlichen Innovationsschub im Sinne der Nachhaltigkeit.
Wenn wir als SPD-Fraktion von Nachhaltigkeit sprechen, meinen wir natürlich nicht nur die ökologische Komponente. Nein, es geht immer auch um das Soziale.
Bisher haben wir auch zu den sozialen Aspekten erstaunlich wenig gehört – ungewöhnlich für das Digitalministerium; denn normalerweise geht es immer um die ganz großen ethischen Fragen und die großen Bilder.
Bereits in der letzten Legislaturperiode hat sich eine Enquetekommission auf Bundesebene mit KI beschäftigt. Im 800 Seiten starken Abschlussbericht gibt es viel, was auch noch notwendig wäre, was dort genannt wird. Wir brauchen gerade in betrieblichen Kontexten anwendungsbezogene Forschung; denn auch sozialwissenschaftliche Forschung – gerade für die Auswirkung des KI-Einsatzes auf Beschäftigte, auf Arbeit, Qualifikationsbedarfe – darf in diesem riesigen Transformationsprozess einfach nicht fehlen. Da frage ich mich schon: Wo bleiben hierzu die Förderprogramme des Landes?
Mit den Mitteln des SPD-Transformationsfonds könnten Beschäftigte zum Erwerb neuer Qualifikationen, aber auch Bildungs- und Qualifizierungsangebote von Unternehmen gefördert werden. Digitale Veränderungsprozesse und noch einiges mehr, was wir für die digitale Transformation brauchen, wären förderungsfähig. Hinzu kommt auch die Notwendigkeit des Ausbaus von betrieblicher Mitbestimmung. Denn wir brauchen Betriebs- und Personalräte. Wir müssen sie weiterqualifizieren; denn nur, wenn der Einsatz von KI-Systemen von ihnen begleitet wird, schaffen wir es, dass sich alle Beschäftigten in Unternehmen mitgenommen fühlen und diese Prozesse tatsächlich auch akzeptieren. So schaffen wir es nämlich mit einer gelebten Sozialpartnerschaft, dass wir KI wirklich zu einem nachhaltigen Erfolg für Unternehmen machen.
Ja, KI-Gründungen sind wichtig, aber sie sind eben nur ein Teil der Wirtschafts- und Arbeitswelt der Zukunft. Wir
brauchen Investitionen und Förderungen in ökologische und soziale Nachhaltigkeit von KI. Die 10 Millionen € des KI-Innovationslabors – 5,5 waren, glaube ich, von der Europäischen Union – passen als Mosaikstein – –
Ich komme zum Schluss. – Sie passen als Mosaikstein in eine Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik, die das macht. Ein großes Bild ergeben sie nicht.
Zum Schluss, weil wir vorhin schon bei der TU Darmstadt waren: Der scheidende Kanzler Manfred Efinger hat sich diese Woche mit den Worten verabschiedet: „Mit dieser finanziellen Ausstattung kann man nicht in den Spitzenrängen mitspielen.“ Er meinte damit zwar die Bauvorhaben in Darmstadt an der TU, aber für Super- oder gar Quantencomputer gilt das natürlich erst recht. – Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn jetzt alle vielleicht so in das „Kurz vor Mittag“-Tief schlendern,
hoffe ich, dass ich Sie noch ein Stückchen für unsere Aktuelle Stunde begeistern kann, nämlich: Umsetzung der KIZukunftsagenda – Eröffnung des Innovationlabs. Mit der Umsetzung der KI-Zukunftsagenda als wesentlicher Fokus unserer Roadmap 2030 „Digitales Hessen – Wo Zukunft zuhause ist“ kommen wir der Vision Silicon Valley Europas einen wesentlichen Schritt näher.
Die Umsetzung der KI-Zukunftsagenda beinhaltet nämlich fünf Bausteine. Diese fünf Bausteine in der Chronologie möchte ich Ihnen einfach noch einmal in Erinnerung rufen:
2019 haben wir ZEVEDI, das interdisziplinäre Forschungsinstitut, mit dem Ziel auf den Weg gebracht, verantwortungsbewusst in Forschung und Anwendung zu digitalisieren.
2020 haben wir dann 38 Millionen € für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitales in die Gründung von hessian.AI gesteckt, ein ressortübergreifendes Forschungsinstitut, das sich schon heute mit über 30 Professoren international als herausragendes Forschungsinstitut positioniert hat.
Drittens. Unser Förderprogramm Distr@l investiert mit über 33 Millionen € schon jetzt in 120 Projekte von Startups und KMU, um den Nutzen der KI und der Digitalisierung in die Praxis zu tragen, beispielsweise in Form eines laufenden Rollstuhls oder auch in Form von KI-optimierter Ahler Wurscht aus Nordhessen.
Viertens. Im Februar dieses Jahres haben wir gemeinsam mit dem VDE, dem Verband der Informationstechnick, das erste europäische Reallabor gegründet. Dieses hat das Ziel, AI Quality and Testing Hub zu sein, nämlich qualitative KI-Produkte wertebasiert zu entwickeln und langfristig zu zertifizieren. Das brauchen wir in Europa, um wettbewerbsfähig zu sein.
Mit dem fünften Baustein haben wir unsere KI-Zukunftsagenda umgesetzt. Das ist das KI-Innovationslabor, das in dieser Woche eröffnet worden ist. Dieser Baustein wird helfen, Wegbereiter von KI made in Hessen zu sein.
Was bedeutet es, verantwortungsvoll vertrauenswürdige KI-Produkte zu entwickeln? Das bedeutet, ihn an unserem Standort und im internationalen Wettbewerb zukunftssicher aufzustellen, Arbeitsplätze zu sichern, neue zu schaffen und ein KI-Ökosystem zu entwickeln, das den Menschen nutzt und zugleich europäischer Leuchtturm ist.
Meine Damen und Herren, KI kann man nicht auf dem Papier erforschen, sondern nur mit moderner Recheninfrastruktur. Dafür haben wir im Digitalministerium 10 Millionen € in Infrastruktur investiert, die in der Lage ist, neuronale Netze zu simulieren. Das bedeutet, an 38 Rechenknoten gleichzeitig Daten zu analysieren und Produkte zu simulieren. Wir haben damit die größte nicht kommerzielle Recheninfrastruktur in Deutschland.
KMU und Start-ups soll die Möglichkeit eröffnet werden, kostengünstig ihre KI-Produkte zu testen und weiterzuentwickeln. KI bringt Vorteile. Die Digitalisierung soll den Menschen nutzen, aber nicht umgekehrt. Genau das wird von den Unternehmen goutiert.
So sagt das Start-up Wingcopter, dass es durch dieses Innovationslabor die Möglichkeit hat, KI so zu nutzen, dass ihre Medikamente oder Blutkonserven sicher die Route via Drohne zum Kunden finden. Das Familienunternehmen Döhler kann jetzt seine Rezepturen für neue Lebensmittelzusatzstoffe schnell und kundenorientiert entwickeln und sichern. WIANCO OTT Robotics kann im Handwerk mithilfe von KI schnell Holzdefekte im Produktionsprozess von Platten erkennen. Das Start-up Proteineer kann in komplexen Datensätzen neue Proteine für mRNA-Wirkstoffe finden, womit individuelle Medikamente made in Hessen entstehen. Dieses Start-up ist im Übrigen aus dem Silicon Valley nach Hessen gekommen, weil, so der Gründer, die Bedingungen hier besonders gut sind.
Ja, ich denke an die Redezeit. Ich komme zum Ende. – Wir wollen mehr dieser Unternehmen zu uns holen, um unser Silicon Valley zu entwickeln.
Vertrauensvolle KI, ein Schritt zur digitalen Souveränität Europas. Wir wollen wettbewerbsfähig bleiben und unsere Produkte auf unserer Recheninfrastruktur entwickeln, aber nicht auf der von Google und Amazon.
KI ist das Fernrohr des 21. Jahrhunderts, an deren Gestaltung wir uns aktiv beteiligen wollen, für und mit den Menschen. Digitales Hessen – wo Zukunft zu Hause ist.
Antrag Aktuelle Stunde Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kassel Institute for Sustainability – einmaliges Forschungszentrum zu zentralen Herausforderungen unserer Zeit entsteht in Hessen – Drucks. 20/10800 –