Protocol of the Session on March 23, 2023

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie sehr herzlich zur heutigen Plenarsitzung und stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Wir wollen – müssen – heute bis 21 Uhr tagen. Im Anschluss an die amtlichen Mitteilungen beginnen wir mit den Aktuellen Stunden.

Es sind heute entschuldigt: ganztägig die Abg. Jürgen Banzer, Karl Bolldorf, Moritz Promny, Rolf Kahnt, Staatsminister Al-Wazir und Staatsminister Klose sowie der Kollege Lambrou ab 15:30 Uhr. Gibt es weitere Entschuldigungen? – Ja, Daniela.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich habe den Namen Karin Hartmann nicht gehört. Sie ist aber für alle drei Tage entschuldigt.

Ich habe sie auch nicht gehört. Dann nehmen wir Karin Hartmann auch noch mit auf.

(Heiterkeit)

Weitere Entschuldigungen? – Das ist nicht der Fall. Dann sind wir schon am Ende der amtlichen Mitteilungen.

Zum Fußball ist in dieser Woche nicht viel zu sagen. Die Eintracht hat verloren.

(Günter Rudolph (SPD): Wie hat Bayern München gespielt?)

Herr Kollege Staatsminister Boddenberg, ganz ruhig, die Eintracht hat verloren. Die Kickers haben verloren. Die Bayern haben den Leverkusenern in ihrem Abstiegskampf Punkte überlassen. Darüber wollen wir einmal erfreut sein. Aber die Darmstädter, jetzt wollen wir wenigstens einmal die Südhessen loben, haben gewonnen und sind weiter an der Spitze.

(Beifall)

Also wenigstens eine positive Geschichte. Das mit der Bundesliga regeln wir noch.

Dann könnten wir, wenn es keine Grußworte oder Sonstiges mehr gibt, beginnen mit Tagesordnungspunkt 78:

Antrag Aktuelle Stunde Fraktion der SPD Endlich für gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land in Hessen sorgen! – Drucks. 20/10794 –

Es beginnt der Fraktionsvorsitzende der SPD, Günter Rudolph. Bitte sehr, Günter.

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen, einen schönen guten Morgen! In Art. 72 des Grundgesetzes ist festgelegt, und das ist unsere Handlungsmaxime, für

gleichwertige Lebensverhältnisse zu sorgen, gleichwertige Lebensverhältnisse für Stadt und Land mit unterschiedlichen Herausforderungen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, bei dieser südhessischen Landesregierung findet der ländliche Raum eben nicht die gebührende Anerkennung und die gebührende Leistung.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Das wollen Sie nicht hören, aber die Wahrheit sage ich Ihnen trotzdem. Für die Kommunen im ländlichen Raum ist es wichtig, dass die Infrastruktur vorhanden ist, dass sie über genügend Finanzmittel verfügen, um ihre Aufgaben erfüllen zu können, und dass insbesondere auch kleinteilige Kommunen dazu in der Lage sind.

Wir haben in Nordhessen, im Vogelsberg, aber auch im Odenwald viele kleinteilige Kommunen, die dringend darauf angewiesen sind, dass sie die finanziellen Mittel bekommen. Sie haben schon Probleme, Personal zu gewinnen, zu aktivieren und zu engagieren. Deswegen ist das eine wichtige Voraussetzung. Ich will das an einigen Beispielen deutlich machen.

Wer sich den Bereich der freiwilligen Feuerwehren anschaut, stellt fest, dort kämpfen wir mit Personalmangel, dort kommt es zu Zusammenlegungen. Wenn beispielsweise Reichensachsen im Werra-Meißner-Kreis für knapp 9 Millionen € ein Feuerwehrzentrum baut, weil man Feuerwehren zusammenlegt, und der Landeszuschuss schlappe 600.000 € beträgt, dann ist das gerade einmal ein Zuschuss von 7 %. Das ist unterirdisch, das reicht bei Weitem nicht aus.

(Beifall SPD und Freie Demokraten)

Wenn wir uns Schwebda, zur Gemeinde Meinhard gehörend, anschauen, ist es ähnlich: 2,8 Millionen € Bauvolumen,

(Zuruf Holger Bellino (CDU))

Landesförderung knapp 7 %. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir wollen, dass Frauen und Männer sich ehrenamtlich engagieren, muss ich die Voraussetzungen schaffen, dass ich Gebäude und Fahrzeuge habe. So spare ich den ländlichen Raum kaputt und schade dem Ehrenamt.

(Beifall SPD und Wiebke Knell (Freie Demokraten))

Wenn ich mir den ÖPNV anschaue, stelle ich fest, wir haben einen hohen Individualverkehr im ländlichen Raum. Wenn ich will, dass mehr Menschen den ÖPNV nutzen – ich mache das im Gegensatz zu manch anderen hier –, dann muss ich dafür die Rahmenbedingungen schaffen: eine ordentliche Taktung und einen bezahlbaren ÖPNV.

Meine Damen und Herren, schauen Sie sich einmal die Einnahmesituation des Nordhessischen Verkehrsverbundes an. Nordhessischer Verkehrsverbund, Haushaltsplan 2023: Er bekommt 244 Millionen €. 44 Millionen € kommen aus dem Kommunalen Finanzausgleich, das sind zweckgebundene Mittel der Kommunen. Das Land Hessen gibt 19 Millionen €, das sind schlappe 8 %. So sieht die Stärkung des ländlichen Raums bei CDU und GRÜNEN aus.

(Beifall SPD und Freie Demokraten)

Wenn ich will, dass Menschen den ÖPNV mehr nutzen, dann brauche ich Straßen, damit ich erst einmal zum nächsten Bahnhof komme. Das können Sie in Hessen

wunderbar feststellen, wer für den Zustand der Straßen verantwortlich ist. Die Kreis- und Gemeindestraßen sind in einem relativ ordentlichen Zustand. Die Bundesstraßen sind in einem guten Zustand. Den jämmerlichsten Zustand haben die Landesstraßen, das hat die Landesregierung zu verantworten. Meine Damen und Herren, wenn Sie Nierenoder Gallensteine haben und auf hessischen Landesstraßen fahren, dann ersparen Sie sich eine Operation. So schlecht sind Landesstraßen in Hessen.

(Beifall SPD und Freie Demokraten)

Das ist auch klar, wenn ich weniger investiere als den Wert, den die Abschreibung darstellt. Das ist relativ konsequent. Aber Herr Al-Wazir mag ja keine Straßen.

(Zurufe Elisabeth Kula (DIE LINKE) und Dr. Stefan Naas (Freie Demokraten))

Meine Damen und Herren, es geht auch darum, die medizinische Versorgung auf dem Land sicherzustellen, medizinische Versorgungszentren zu initiieren und zu unterstützen. Sie sind eine Alternative zur stationären Behandlung. Wir müssen auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Wenn es darum geht, die Infrastruktur im ländlichen Raum aufrechtzuerhalten, muss ich die Voraussetzungen dafür schaffen. Da reicht es nicht, PR-Aktionen zu machen. Wenn die Digitalministerin durchs Land reist und Bewilligungsbescheide von 500 € für eine digitale Dorflinde überreicht, sind die Personalkosten um ein Vielfaches höher. Die Stärkung des ländlichen Raumes sieht anders aus als nur PR-Aktionen.

(Beifall SPD und Freie Demokraten)

Wenn jetzt der sehr verehrte Ministerpräsident aufruft, den besten Dorfladen zu kreieren, ist das auch eine nette PRAktion, aber es löst das Grundproblem nicht. Der ländliche Raum ist doch keine Naherholungszone für genervte und gestresste Städter. Die Menschen im ländlichen Raum möchten die gleichen Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten haben, mit guten Angeboten bei Krippe, Kita, Schule, Kultur und Einkaufen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall SPD, Freie Demokraten und DIE LINKE)

Wenn die Wassergebühren im Vogelsberg teurer sind als in der Stadt Frankfurt, die teilweise Wasser aus dem Vogelsberg bekommt, dann fragen die Menschen zu Recht: Sind wir nur die Lieferanten für billiges Wasser? – Kollege John und ich haben letzte Woche einen Plan vorgestellt, wie ein starker ländlicher Raum aussehen soll. Ja, der ländliche Raum braucht eine Stimme. Wir könnten uns auch ein Ministerium in Nordhessen vorstellen.

(Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! – Ah!)

Deswegen ist es gut, dass die Menschen am 8. Oktober eine Alternative wählen, Parteien, die sich tatsächlich für den ländlichen Raum einsetzen, wie die SPD. – Vielen Dank.

(Beifall SPD und Freie Demokraten – Zurufe CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, lieber Kollege Günter Rudolph. – Jetzt kommt der Kollege Pohlmann, CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der SPD-Fraktion, mit Ihrer Aktuellen Stunde nehmen Sie Bezug auf das eben von Ihnen angesprochene Pamphlet zum ländlichen Raum.

(Lachen Günter Rudolph (SPD))

Auf 14 Seiten beschreiben Sie die Situation im ländlichen Raum, ohne dafür nennenswerte neue Vorschläge zu machen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darüber hinaus noch viel mehr: Sie schreiben Forderungen auf, welche die Hessische Landesregierung bereits vor zwei Jahren im Aktionsplan „Starkes Land – gutes Leben“ niedergeschrieben und mit entsprechenden Mitteln hinterlegt hat.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich mir Ihre Rede anhöre, Herr Kollege Rudolph, stelle ich fest, im Prinzip war es das Klagen: zu wenig, viel zu wenig. Aber selbst machen Sie in Ihrem Papier überhaupt keine konstruktiven Vorschläge, wie man das im ländlichen Raum verbessern könnte.