Protocol of the Session on March 30, 2022

(Allgemeiner Beifall)

Neben dem Petitionsgesetz, das, wie gesagt, durch uns im Landtag auf den Weg gebracht wurde, wurde zum 1. Januar 2022 ein neuer Petitionserlass des Hessischen Ministerium des Innern und für Sport in Kraft gesetzt. Wie schon zuvor, wird dort das Verfahren für aufenthaltsrechtliche Petitionen geregelt. Die Neuregelung sieht nun vor, dass es gestaffelte Fristen von maximal einem Jahr zur Erteilung einer sogenannten Ermessensduldung gibt. Das heißt, für diesen Zeitraum wird trotz vollziehbarer Ausreisepflicht davon abgesehen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen, und insoweit das Petitionsverfahren als solches geschützt. Hierzu sieht der Erlass in konkreten Ausnahmefällen abweichende Regeln vor, wenn beispielsweise schon eine Abschiebung mit Buchung eines Fluges unmittelbar bevorsteht oder es sich um Personen handelt, bei denen eine erhebliche Straffälligkeit festgestellt wurde. Wie sich das auf unsere Arbeit im Petitionsausschuss auswirkt, das wird sich in diesem Jahr zeigen.

Bevor ich nun auf einige statistische Zahlen eingehe, möchte ich an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich machen: Hinter jedem Einzelfall steckt für die Betroffenen eine wichtige, teilweise schicksalhafte Situation. Die nehmen wir ernst und behandeln sie im Petitionsausschuss mit aller Sorgfalt.

1.101 Petitionen sind im Berichtszeitraum eingegangen. Das ist im Vergleich zum besonders eingabereichen Vorjahr – dort waren es 1.421 – eine Abnahme von 22,5 %. Aber wir bewegen uns nach wie vor auf einem hohen Niveau.

107 Petitionen davon wurden positiv und 97 Petitionen teilweise positiv abgeschlossen. Das entspricht etwa einem Fünftel der eingegangenen Petitionen. Ihnen wurde ganz oder zumindest teilweise Rechnung getragen. Das ist eine Quote, die zeigt, dass grundsätzlich die staatlichen Stellen in unserem Land gut funktionieren. Die Quote zeigt allerdings auch, dass unsere Arbeit dennoch gebraucht wird und es wertvoll ist, im Einzelfall noch einmal draufzuschauen und gegebenenfalls für Abhilfe zu sorgen.

Der Anteil der neutral abgeschlossenen Petitionen betrug 28 %. Das sind beispielsweise die Fälle, wenn wir in Hessen nicht zuständig sind, sondern ein anderer Landtag oder der Deutsche Bundestag.

Negativ abgeschlossen wurden 640 Petitionen. Hierzu möchte ich eines anmerken. Wir, die wir im Petitionsausschuss tätig sind, wissen, dass es nicht immer um den erfolgreichen Abschluss der Petitionen geht, sondern dass es vielen vor allem auch darum geht, dass man sich durch die Eingabe nochmals intensiv mit der Thematik befasst und das Anliegen gewissenhaft überprüft. Diese Kontrollfunktion nehmen wir gerne im Sinne der Bürgerinnen und Bürger wahr.

Bei den aufenthaltsrechtlichen Petitionen ist im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 173 auf 218 Petitionen zu verzeichnen. Die meisten Petitionen betreffen Personen aus Pakistan, der Türkei, dem Iran, Äthiopien und Serbien.

Im Berichtszeitraum 2021 sind zudem 18 Petitionen eingegangen, die von mindestens 30 Petentinnen und Petenten unterstützt wurden. Folgende erhielten die meisten Unterstützerinnen und Unterstützer: Petition zur Einrichtung eines Opferfonds für Opfer rechtsterroristischer Gewalt: 53.551, Camping als autarke Urlaubsform differenziert betrachten und Camping- und Wohnmobilstellplätze öffnen: 43.961, Schutz der Erzieherinnen und Erzieher in Kitas vor Corona: 27.888, oder Petition zur Rücküberführung des UKGM in öffentliches Eigentum: 18.203. Ausdrücklich betonen möchte ich allerdings an dieser Stelle, dass eine einzige Petitionsunterschrift reicht und es nicht notwendig ist, über Masse quasi mehr Druck zu verleihen.

Ich komme zum Schluss. All das, von dem ich eben berichten durfte und das Sie im Petitionsbericht lesen können, basiert auf dem Einsatz vieler Menschen, denen ich an dieser Stelle danken möchte. Ich möchte zunächst einmal allen Mitgliedern des Ausschusses danken für ihre Arbeit, für die kollegiale und vertrauensvolle Arbeit, den Obleuten, die für ihre Fraktionen in ausgesprochen guter Zusammenarbeit in der Vorprüfungskommission wirken. Doch wir Abgeordnete wissen genau – Frau Engelhardt und ihr Team sitzen oben auf der Besuchertribüne –, und deswegen danken wir aus tiefstem Herzen: Ohne Sie und Ihre Arbeit wären wir aufgeschmissen. Deswegen ein ganz großes Dankeschön und jetzt einen Applaus für Sie.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Innenminister, wir möchten aber auch Ihrem Haus für die Unterstützung unseres Ausschusses danken. Auch diese nehmen wir immer wieder mit Freude wahr. Nicht vergessen möchten wir auch all die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Ministerien, die uns immer wieder zur Verfügung stehen, wenn wir in Ausschusssitzungen intensiv um Lösungen ringen. Wir freuen uns jedenfalls auf die weitere Zusammenarbeit im Jahr 2022 und auf die eingehenden Petitionen. Wir werden unsere Arbeit im Sinne und zum Wohle der Menschen hier im Land fortsetzen. – Vielen Dank.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Vorsitzender, vielen Dank für den Bericht. – Ich eröffne jetzt die Aussprache. Der erste Redner ist der Kollege Yanki Pürsün, FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das in allen Lebensbereichen vorherrschende Thema Corona war in unserer Arbeit im Petitionsausschuss 2021 präsent. Viele Petitionen wurden dazu eingereicht, und sie kritisierten entweder Entscheidungen der Landesregierung oder der Kommunen oder bemängelten eine unzureichende Umsetzung dieser Entscheidungen.

Als Beispiel will ich hier die unzureichende Ausstattung der Schulen mit Luftfilteranlagen nennen. Hier hat die Landesregierung bei den Eltern schulpflichtiger Kinder die Erwartung geweckt, dass es mit der Bereitstellung des Geldes zeitnah flächendeckend in den Klassenzimmern solche Anlagen geben werde. Es zeigte sich aber dann, dass bis heute in vielen Schulen überhaupt keine Luftfilteranlagen eingebaut wurden oder nur in einigen, aber nicht in allen Klassenräumen. Das heißt schlicht, dass die Landesregierung den Betroffenen nicht transparent gemacht hat, was zu erwarten ist. So wurden Konflikte auf die kommunale Ebene getragen.

(Beifall Freie Demokraten)

Die Landesregierung hätte deutlich machen müssen, dass sie den Schulträgern zwar das Geld dafür zur Verfügung stellt, dass sie aber keine Handhabe hat, ob und wann es vor Ort zum Einbau solcher Geräte kommt.

Auch bei der Prostitution in Zeiten von Corona sind Versäumnisse der Landesregierung zutage getreten, wie ein runder Tisch zu einer meiner Petitionen gezeigt hat. Durch das Schließen der Bordelle wurde die Straßenprostitution gefördert, sodass das Verbot kontraproduktiv gewirkt hat. Die Prostitution wurde schlicht in den wesentlich gefährlicheren Bereich des Unsichtbaren verdrängt, der die Gefahren für die Frauen und ihre Gesundheit vergrößert und nicht verkleinert hat. Erschreckend war dabei für mich, zu erfahren, dass die Landesregierung über den gesamten Bereich der Prostitution ausgesprochen dürftig informiert ist und dieses Gewerbe auch in Corona-Zeiten sich selbst überlässt.

Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Wirtschaft und Arbeitsplätze haben sich in vielen Petitionen wiedergefunden, als ein Dienstleister am Frankfurter Flughafen mehr als 200 Kündigungen aussprach. Es ist klar, dass der Petitionsausschuss Kündigungen nicht rückgängig machen kann. Trotzdem habe ich erwartet, dass die Landesregierung bei der Lage so vieler Arbeitnehmer mehr Engagement zeigt und sich vor Ort für die Gekündigten einsetzt, um ihnen Perspektiven zu eröffnen und sie nicht im Regen stehen zu lassen.

(Beifall Freie Demokraten und DIE LINKE)

Es wurde von der Landesregierung lediglich zur Kenntnis genommen und lapidar auf ein Büro der Arbeitsagentur am Flughafen verwiesen, das allerdings lange Zeit geschlossen war. Es wurde auf Webseiten verwiesen, die in der Corona-Pandemie nicht aktualisiert wurden. Die Landesregierung hat auch keine Auskunft gegeben, wie es um die Erreichbarkeit und Aktivitäten bestellt war. Dabei werden am Frankfurter Flughafen inzwischen wieder dringend Arbeitskräfte gebraucht, und es wird sogar befürchtet, dass die Verspätungen wegen Personalmangels in diesem Sommer deutlich zunehmen werden.

Bewegt haben mich im letzten Jahr auch die beiden NSUPetitionen, die eine Offenlegung der damaligen Ermitt

lungsergebnisse des Geheimdienstes forderten. Das Anliegen der Petenten war so nachvollziehbar und verständlich wie gleichzeitig unmöglich zu erfüllen; denn die geltende Rechtslage, das Verfassungsschutzgesetz, lässt dies nicht zu. Insofern war das Anliegen über ein Petitionsverfahren nicht zu lösen.

Aber auch hier muss ich leider der Landesregierung ein Defizit an Kommunikation attestieren. Eine offensive Kommunikation und Transparenz gegenüber den hessischen Bürgerinnen und Bürgern würde manche Petition schlicht überflüssig machen.

Das letzte Jahr war ereignisreich, und die Petitionen spiegeln uns diese Realität wider. Dabei unterstützt uns das Petitionsreferat ganz hervorragend. Dafür herzlichen Dank an das gesamte Team.

(Beifall Freie Demokraten und Karin Müller (Kas- sel) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

An dieser Stelle möchte ich mich auch bei der früheren Vorsitzenden des Petitionsausschusses bedanken. Liebe Manuela Strube, du hast diesen Ausschuss hervorragend geleitet. Aber keine Angst, jetzt hat sie – ich will nicht sagen: eine noch wichtigere Aufgabe – auch eine wichtige Aufgabe. Bei dem Kollegen Ulloth ist diese Aufgabe auch in guten Händen. Viel Glück und auf gute Zusammenarbeit.

Vielen Dank an die Fraktionen, die im Petitionsausschuss sehr konstruktiv zusammenarbeiten. Das letzte Jahr – der Vorsitzende hat es angesprochen – war ein besonderes. Wir haben zum einen den 50. Geburtstag feiern können. Die vier demokratischen Parteien sind zusammengekommen und haben den Entwurf eines Petitionsgesetzes erarbeitet und verabschiedet. Von daher war das letzte Jahr ein ganz besonderes. – Vielen Dank für diese gute Zusammenarbeit.

(Beifall Freie Demokraten)

Herr Kollege Pürsün, vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Birgit Heitland. Sie spricht für die CDUFraktion. Birgit, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich einen herzlichen Dank an unseren Ausschussvorsitzenden Oliver Ulloth für die Vorlage des ausführlichen Berichts über unsere Arbeit im Petitionsausschuss richten. Natürlich gilt der Dank auch deiner Vorgängerin Manuela Strube, die den Vorsitz bis Dezember 2021 innehatte. Ich habe bei ihrer Verabschiedung gesagt, wir würden auch ihren Nachfolger im Amt herzlich willkommen heißen. Genau so ist es geschehen. Es ist eine gute Zusammenarbeit. Dafür herzlichen Dank. So werden wir den Weg weitergehen.

(Beifall CDU, SPD und Freie Demokraten)

Der Kollege Pürsün hat mir jetzt fast meine Rede zerschossen. Denn das kann man nicht unkommentiert stehen lassen. Ich denke, wir arbeiten in diesem Ausschuss kollegial zusammen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass die Opposition vielleicht anders als Mitglieder der Regierungsfraktionen agieren muss. Natürlich ist das so. Ich kann aber

die vier Vorwürfe, die hier gerade vorgetragen wurden, so nicht stehen lassen.

Das fängt mit den Geldern für die Hygienemaßnahmen an. Gerade in dieser Woche gab es einen Bericht darüber, wie viele Gelder inzwischen abgerufen wurden. Da konnte man das sehr genau nachschauen. Ich kann nicht erkennen, dass es da eine Kommunikationsschwierigkeit gegeben hat. Ich glaube, die Landkreise haben gewusst, was sie zu tun haben. Ob sie das möchten oder nicht, lag in deren Kompetenz. Das war ihre Entscheidung.

(Beifall CDU)

Lieber Kollege Pürsün, was die Situation am Flughafen betrifft, kann ich sagen, dass Ministerpräsident Bouffier persönlich vor Ort war. Ich kann das in den fünf Minuten Redezeit hier nicht alles im Detail rekonstruieren. Aber auch da war es nicht so, dass das der Landesregierung egal war.

Was die NSU-Petition angeht, haben wir einen sehr zugewandten runden Tisch mit Abteilungsleiter Dr. Kanther, mit dem damaligen Staatssekretär Stefan Heck und mit den Abgeordneten gehabt. Das wurde sehr konstruktiv besprochen. Da wurde auch die rechtliche Grundlage dargelegt. Auch da kann ich den Vorwurf so nicht stehen lassen.

(Beifall CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt möchte ich zum freundlichen Teil meiner Ausführungen kommen. Das Jahr 2021 war ein besonderes. Das hat der Herr Vorsitzende schon vorgetragen. Wir haben unseren 50. Geburtstag gefeiert. Das tat auch Landtagspräsident Boris Rhein. Fast hätten wir sie gemeinsam feiern können. Denn er wurde kurz darauf auch 50 Jahre jung.

Zudem wurde ein Petitionsgesetz erarbeitet und dem Petitionsrecht damit ein gesetzlicher Rahmen gegeben. Zusätzlich – das wurde ausgeführt – regelt ein neuer Petitionserlass das Verfahren bei aufenthaltsrechtlichen Petitionen.

Diese beiden Ereignisse haben aus meiner Sicht dazu beigetragen, dass der Petitionsbereich im vergangenen Jahr noch besser wahrgenommen wurde. Das ist auch gut so. Es muss das Ziel sein, die Arbeit des Petitionsausschusses sichtbar und wahrnehmbar zu machen. Vor allem muss das Petitionsrecht noch bekannter gemacht werden.

(Beifall CDU)

Außerdem wollen wir auch weiterhin eine verlässliche bürgernahe und niedrigschwellige Arbeit mit zügigen Entscheidungen leisten, wobei Gründlichkeit immer vor Schnelligkeit geht.

Der Vorsitzende hat es ausgeführt. Es wurden über 1.000 Petitionen eingereicht. Oft geht es dabei um ganz alltägliche Dinge. Es geht um scheinbar oder tatsächlich fehlerhafte Bescheide der Behörden. Es geht um die Unterstützung für Kultureinrichtungen. In dieser Zeit ging es auch um Corona-Hilfen. Es ging aber auch um Lärmschutz und immer noch sehr oft um ausländerrechtliche Angelegenheiten, wie eben die Aufenthaltsfrage.

Das Petitionsrecht ist ein Jedermannsrecht. Das bedeutet, dass jeder das Recht hat, eine Petition einzureichen.

Liebe Kollegen, ich halte das gerade in diesen Tagen für äußerst wichtig. Das Petitionsrecht ist wie das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit eine zentrale Säule unserer freiheitlichen Demokratie. Ausnahmslos kann sich

jeder an seinen gewählten Vertreter im Landtag oder im Bundestag wenden und sein Anliegen dort vortragen. Jeder hat ein Recht darauf, dass das Anliegen gehört und fair und gerecht geprüft wird. Das unterscheidet unsere Demokratie von Autokratien wie Russland oder Weißrussland, in denen die Bedürfnisse des Individuums gegenüber dem übermächtigen Staat nicht zählen und kritische Stimmen mit Gewalt unterdrückt werden.

Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Mitglieder des Petitionsausschusses, die Abgeordneten, dabei direkt vor Ort bei den Menschen sind. Dafür gibt es die Bürgersprechstunde, runde Tische, die Ortstermine und vieles mehr.

Herr Präsident, die Redezeit läuft ab. Ich sehe das. Ich sage das, bevor Sie es mir gleich sagen werden.