Protocol of the Session on March 30, 2022

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 100. Plenarsitzung des Hessischen Landtages. Ja, das ist ein großartiges Jubiläum. Aufgrund der All-Inclusive-Bänder gibt es heute für die Kolleginnen und Kollegen draußen frisches Wasser umsonst.

(Allgemeiner Beifall)

Das ist eine großzügige Zuteilung des Herrn Direktors. Dafür sind wir ihm sehr dankbar.

Ich eröffne die 100. Plenarsitzung des Hessischen Landtages und stelle die Beschlussfähigkeit fest.

Eingegangen und auf den Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend konkrete Sicherung der Lebensgrundlage Wasser, Drucks. 20/8188. Ich darf Sie fragen, ob Sie die Dringlichkeit bejahen. – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 92. Wenn Sie einverstanden sind, rufen wir ihn zusammen mit Tagesordnungspunkt 60 auf. Das ist der Setzpunkt der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. – So machen wir es.

Noch eingegangen und auf den Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend verfassungswidrige Unteralimentierung von hessischen Beamtinnen und Beamten beenden, Drucks. 20/8189. Auch hier frage ich, ob die Dringlichkeit bejaht wird. – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 93. Wir rufen ihn am besten mit der Aktuellen Stunde der Fraktion der SPD zu dem Thema auf. Das ist Tagesordnungspunkt 80. Er wird dann am Donnerstagabend ohne Aussprache direkt im Abstimmungsblock abgestimmt werden.

Weiterhin eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Umsetzung des Rechtsanspruchs Ganztag erfordert gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen, Drucks. 20/8195. Wird auch in diesem Fall die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 94. Wenn Sie einverstanden sind, rufen wir ihn zusammen mit Tagesordnungspunkt 58 auf. Das ist der Setzpunkt der Fraktion der Sozialdemokraten. Alle sind einverstanden? – Dann machen wir es so.

Außerdem ist eingegangen und auf den Plätzen verteilt der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Zielvereinbarungen zum Hessischen Hochschulpakt, Drucks. 20/8196. Wird auch hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 95. Wir werden ihn mit Tagesordnungspunkt 81 aufrufen. Das ist die Aktuelle Stunde der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wir werden ihn dann am Donnerstagabend ohne Aussprache direkt im Abstimmungsblock abstimmen. – So machen wir es.

Weiterhin eingegangen und auf den Plätzen verteilt ist der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend erneuerbare Energien sind ein wirksames Mittel gegen steigende Ener

giekosten, Drucks. 20/8197. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 96. Wir können ihn mit Tagesordnungspunkt 62 aufrufen; das ist der Setzpunkt der Fraktion DIE LINKE. – Alle sind einverstanden.

Der Innenausschuss hat gestern Abend getagt und die erforderlichen Beschlussempfehlungen zur Vorbereitung der dritten Lesungen gefasst. Diese wurden rechtzeitig verteilt. Wir können demnach die dritten Lesungen zu den Landtagswahlgesetzen wie geplant am Donnerstag aufrufen. Wir können sie dann auch abstimmen.

Wenn ich es richtig sehe und alles gut geht, tagen wir heute bis voraussichtlich 20:30 Uhr. Wir werden eine zweistündige Mittagspause haben. Wir beginnen im Anschluss an die amtlichen Mitteilungen mit dem Setzpunkt der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das ist Tagesordnungspunkt 60. Mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 92.

Am Ende wird, wie immer, gebündelt abgestimmt werden.

Auch das haben wir heute aufgrund der 100. Sitzung kostenlos im Angebot: Zwischen 17 Uhr und 20 Uhr gibt es wieder die Corona-Schnelltestungen.

Im Anschluss an die Plenarsitzung tagt direkt der Ausschuss für Digitales und Datenschutz im Sitzungsraum 501 A.

Ich gehe davon aus, dass wir auch heute wieder eine große Liste an Entschuldigungen haben. Dies sind Herr Dr. Wilken, Karina Fissmann, Nina Heidt-Sommer und Lisa Gnadl. Jürgen Frömmrich ist zunächst einmal entschuldigt. Gibt es weitere Entschuldigungen? – Wenn Sie sie jetzt nicht direkt aufrufen können oder wollen, nehmen wir sie dann einfach zu Protokoll.

Damit bin ich am Ende der amtlichen Mitteilungen – –

(Wortmeldung Dr. Daniela Sommer (SPD))

Frau Dr. Sommer, bitte schön. Entschuldigen Sie bitte.

Ich möchte bitte noch Herrn Stephan Grüger entschuldigen.

Herr Kollege Grüger ist auch entschuldigt. Wie gesagt, wir nehmen das dann zu Protokoll. – Ich bin jetzt am Ende der amtlichen Mitteilungen angelangt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 60 auf:

Antrag Fraktion der CDU, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sicherung der Lebensgrundlage Wasser – Drucks. 20/8125 –

Ebenfalls rufe ich Tagesordnungspunkt 92 auf:

Dringlicher Antrag Fraktion DIE LINKE Konkrete Sicherung der Lebensgrundlage Wasser – Drucks. 20/8188 –

Tagesordnungspunkt 60 ist der Setzpunkt der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Deswegen beginnt Frau

Kollegin Martina Feldmayer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Feldmayer, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, dass es passend zu unserem Setzpunkt „Sicherung der Lebensgrundlage Wasser“ heute für alle kostenlos Wasser vor dem Plenarsaal gibt. Das ist wirklich eine wunderbare Geste. – Scherz beiseite.

Wasser ist für uns Menschen und für die Natur unabdingbar. Das Grundwasser, das unter der Erde ist, sieht man nicht. Es wird ein bisschen verdrängt. Ich sage einmal: Die Situation des Grundwassers muss wirklich mehr in unser Bewusstsein gelangen. Denn in Zeiten der Klimakrise wird es nicht für immer und ewig sein – es ist schon jetzt nicht immer so –, dass der Bevölkerung sauberes und frisches Trinkwasser immer und überall zur Verfügung steht. Das haben wir in den Jahren 2016 bis 2018 festgestellt, als es eine besondere Trockenheit gegeben hat. Da hatten wir nicht überall in Hessen immer Trinkwasser verfügbar. Das ist ein Problem, um das wir uns kümmern müssen.

(Zustimmung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt CDU)

Es ist aber nicht nur ein Problem für uns Menschen. Es ist vielmehr auch eines für die Natur. Damit ist es natürlich auch eines für uns Menschen. Denn was passiert, wenn lange Zeit keine Niederschläge fallen und die Grundwasserbildung nicht vonstattengehen kann? Auch das haben wir in der Zeit von 2016 bis 2018 mitbekommen. Da haben wir festgestellt, dass unser Wald stirbt. Wir haben festgestellt, dass die Trockenheit unserem Wald zu schaffen macht. Der Wald wird dadurch krank. Er wird anfälliger für Pilzinfektionen und Käferbefall.

Sage und schreibe 70.000 ha Wald sind in Hessen durch diese Dürrejahre und durch die Auswirkungen der Klimakrise kaputtgegangen. Dadurch hat sich unsere Landschaft in Hessen wirklich massiv geändert. Wenn wir durch die Landschaft fahren und schauen, sehen wir, dass ganze Waldstücke kaputtgegangen und der Dürre zum Opfer gefallen sind. Das ist wirklich eine Veränderung der Landschaft.

Gestatten Sie mir die Bemerkung an dieser Stelle: Durch das Waldsterben, ausgelöst durch die Klimakrise, haben wir eine gravierende Veränderung der Landschaft. Sie ist größer, als wenn Windräder aufgestellt werden.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Ines Claus (CDU))

Auch jetzt haben wir wieder eine trockene Phase. Heute regnet es gerade einmal. Aber der März 2022 war extrem trocken. Wir brauchen gerade in dieser Vegetationsphase mehr Wasser. Das ist klar.

Wegen dieser Problematik hat die Landesregierung einen Prozess initiiert, um sich des Themas anzunehmen. Sie hat rund um das Thema Wasser einen Prozess initiiert, bei dem darauf geachtet und geschaut wird, was mit unseren Grundwasserressourcen geschieht, welches Wasser dargeboten wird, was in der Klimakrise geschieht und was an den einzelnen Schnittstellen zwischen den Kommunen und der Regionalplanung geschieht. Es geht auch um die Frage, was auf Landesebene geschehen muss.

Die Landesregierung hat 2016 einen großen Prozess initiiert. Alle, die bei diesem Prozess Akteure sind, nämlich die Kommunalen Spitzenverbände, die Wirtschaft, die Landwirtschaft und die Umweltverbände, haben am Tisch gesessen und jahrelang an diesem Prozess mitgearbeitet. An dieser Stelle möchte ich ihnen einmal meinen Dank aussprechen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Das ist wirklich innovativ. Es ist einmalig, dass in Hessen so etwas passiert. Es ist auch gut, dass alle am Tisch gesessen haben.

2019 ist in diesen Dialogforen ein Leitbild entstanden. Mit dem wurde gesagt, wohin es beim Thema Wasser im umfassenden Sinne gehen soll. Es geht nämlich darum, dass wir Wasser sparen müssen. Gutes Trinkwasser soll nicht weiterhin den Kanal hinuntergespült werden. Es soll vielmehr tatsächlich für das genutzt werden, für das es gedacht ist, nämlich zum Trinken. Viel Trinkwasser fließt in die Autowäsche und das Rasensprengen. Die Pools werden gefüllt. Das Wasser wird einfach die Toilette heruntergespült. Das ist nicht der Sinn und der Zweck.

Es geht also um das Wassersparen. Es geht darum, das Trinkwasser effizienter einzusetzen. Es geht auch darum, Alternativen zu finden, damit man das Trinkwasser nicht nur dem Grundwasser entnimmt. Vielmehr kann man beispielsweise mehr Trinkwasser aus den Flüssen, dem Rhein und dem Main – natürlich aufbereitet –, generieren.

Viele von Ihnen wissen das aus der Vergangenheit: Der Hintergrund ist natürlich auch ein regionaler Konflikt um die Grundwasserressourcen. Aus dem Vogelsberg wird Wasser entnommen. Aus dem Hessischen Ried wird Wasser entnommen. Das hat natürlich für die Bevölkerung und für die Natur Folgen.

Auf der anderen Seite haben wir den Ballungsraum RheinMain. In diesem Raum wächst die Bevölkerung. Dort ziehen immer mehr Menschen hin. Viele Menschen pendeln dort ein. Dort gibt es also einen großen Wasserbedarf. Das hat schon in den Neunzigerjahren einmal zu Konflikten geführt. Gerade in den letzten Jahren, wieder in Zeiten einer Klimakrise, in der es sehr trocken gewesen ist, gab es diesen Konflikt. Das will ich nicht leugnen.

Genau deswegen, um eben diesen Konflikt einzufangen und allen Seiten gerecht zu werden, ist dieses Leitbild ins Leben gerufen worden. Dieses Leitbild wird jetzt mit Maßnahmen ganz konkret umgesetzt werden. Wie gesagt, es geht darum, Wasser zu sparen. Man kann nicht dem einen immer mehr Wasser wegnehmen. Vielmehr muss man beispielsweise durch die Aufbereitung des Rheinwassers Alternativen schaffen.

Im Hessischen Ried haben wir schon eine große Rheinwasseraufbereitungsanlage. Das soll jetzt gerade mit Geldern der Landesregierung geprüft werden. 400.000 € sind jetzt für eine Machbarkeitsstudie für diese Rheinwasseraufbereitung vorgesehen. Man will schauen, ob man die Kapazität ausweiten kann, damit der wachsende Durst im RheinMain-Gebiet nicht zulasten der Bevölkerung und der Natur in den Entnahmegebieten geht.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Die Umsetzung des Leitbilds ist jetzt in vollem Gang. Kommunale Wasserkonzepte werden in Hessen erstmals gefördert werden. Das bedeutet für die Kommunen, die sagen: „Ja, wir wollen uns darum kümmern, wie viel Trinkwasser und wie viel Grundwasser wir haben“, ganz konkret etwas. Es geht darum, wo wir das Wasser natürlich versickern lassen können, damit es eben nicht direkt in die Kanäle und die Bäche fließt. Damit wird auch Hochwasserschutz betrieben. Man wird dann in den Kommunen einmal einen Istzustand haben, was das Thema Wasser betrifft. Es geht aber auch um Prognosen und konkrete Handlungsempfehlungen, um Wasser einzusparen. Beispielsweise soll Brauchwasser genutzt werden.

In Neubaugebieten könnte man Zweileitungssysteme einrichten. Überall, wo neu gebaut wird, kann man über die Bauleitplanung sagen: Da machen wir ein Zweileitungssystem, damit eben Brauchwasser und kein wertvolles Trinkwasser für die Toilettenspülung genutzt wird.

All das fördert die Landesregierung mit den kommunalen Wasserkonzepten. Ich kann nur dazu aufrufen, von diesem Förderprogramm rege Gebrauch zu machen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und verein- zelt CDU)

Im Moment gibt es einen Wasserwirtschaftlichen Fachplan, den die Landesregierung auf der Grundlage auch dieses Prozesses vorgelegt hat. Dieser Wasserwirtschaftliche Fachplan – es hört sich ein bisschen technisch an – ist wirklich ein Meilenstein für Hessen; denn es sind sozusagen alle Schnittstellen der Wasserförderung und alles, was mit dem Thema Wasser zu tun hat, auf diesen 127 Seiten niedergeschrieben worden. Auch da wird es ganz konkret: Dieser Wasserwirtschaftliche Fachplan sagt ganz konkret, wohin es gehen soll und was gemacht werden soll, um Wasser zu sparen und Wasser effizient zu nutzen.