Protocol of the Session on February 22, 2017

schinen, starten und landen ließ und ungefähr 148 Passagiere pro Tag bewegt hat, kann mit diesen hohen Fixkosten niemals kostendeckend arbeiten. An vielen Bushaltestellen in Nordhessen werden täglich mehr Menschen transportiert als über diesen Flughafen.

(Beifall bei der LINKEN – Hermann Schaus (DIE LINKE): Leider ist das so!)

Die Herabstufung des Flughafens zum Verkehrslandeplatz ist deshalb schon lange überfällig. Eigentlich ist es noch viel schlimmer; denn man hat schon bei der Planung gewusst, dass das nicht funktionieren wird. Es hat Gutachter gegeben, die das gesagt haben. Die Durchsetzung des Neubaus war einzig politisch motiviert. Wir haben das schon im Jahr 2010 formuliert. Alles, was wir damals gesagt haben, ist bis heute eingetreten. Sie sollten also einmal überlegen, wohin die Reise gehen kann. Jedenfalls geht sie so nicht weiter.

2011 haben wir eine realistische Kostenaufstellung angemahnt und die Landesregierung aufgefordert, die Luftnummer Kassel-Calden zu stoppen. Es war von Anfang an klar, dass der überteuerte Neubau in Calden eine kalkulierte Fehlinvestition war.

Letztes Jahr wurde dank des Landesrechnungshofs auch noch deutlich, dass der Flughafen ein Subventionsprojekt für Bauunternehmen mit guten Kontakten in die Hessische Landesregierung gewesen ist.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hört, hört!)

2013 haben wir vorgerechnet, dass der Flughafen, so wie er gebaut worden ist, nie in der Lage sein wird, schwarze Zahlen zu erwirtschaften. Selbst ohne Berücksichtigung der Baukosten kann der Flughafen erst ab einer Fluggastzahl – das muss man sich jetzt auf der Zunge zergehen lassen – zwischen 1,8 und 2,4 Millionen Passagieren pro Jahr wirtschaftlich betrieben werden. Ich will noch einmal daran erinnern: Wir sind derzeit bei ca. 55.000.

Das Terminal sowie das Vorfeld des Flughafens sind aber nur für eine Kapazität von etwa 660.000 Passagieren ausgelegt. Das heißt, man müsste einen Neubau errichten, um so hohe Passagierzahlen bewältigen zu können, damit der jetzige Bau kostendeckend wird – die Kosten für den Neubau natürlich nicht reingerechnet. Die Passagierzahlen, die jetzt erreicht werden müssten, können nicht erreicht werden. Die, die man dann braucht, können erst recht nicht erreicht werden. Es ist also alles völlig absurd.

Völlig losgelöst von diesen betonierten Tatsachen hat Ralf Schustereder im Jahr 2014 für den Flughafen einen Überschuss von 180.000 € für das Jahr 2020 prognostiziert. Daraufhin ist er natürlich Geschäftsführer geworden. Das ist doch wunderbar.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ist er noch da?)

Um nicht falsch verstanden zu werden: Selbstverständlich kann und muss ein Land auch in Infrastruktur investieren, die unter gegebenen Bedingungen nicht wirtschaftlich betrieben werden kann. Für die Daseinsvorsorge und zur Förderung des Gemeinwohls ist es sogar unsere Pflicht, das zu machen. Unsere Kritik an der Stelle ist aber, dass wir den Nutzen, den der Flughafen Kassel-Calden erzeugt, zu einem weitaus geringeren Preis eines Verkehrslandeplatzes haben könnten. All die Flieger, die in diesem Jahr dort abfliegen und landen wollen, können trotzdem dort landen und starten.

(Timon Gremmels (SPD): Nein! Das ist doch Quatsch!)

Doch, natürlich können sie das, sie brauchen eine Sondergenehmigung.

(Beifall bei der LINKEN)

Bis zu 600 Sondergenehmigungen im Jahr sind überhaupt kein Problem. Deswegen zeugen Zwischenrufe wie „Nein“ und „Quatsch“ von vollkommener Unkenntnis der Fakten.

(Beifall bei der LINKEN – Timon Gremmels (SPD): Was?)

Jenseits realistischer Einschätzungen wurden und werden hier für ein verfehltes Leuchtturmprojekt hessischer Infrastrukturpolitik Steuergelder verblasen. Daran waren die nordhessischen Sozialdemokraten maßgeblich beteiligt.

(Timon Gremmels (SPD): Darauf sind wir auch stolz!)

Darauf sind Sie auch noch stolz, dass Sie 280 Millionen € Steuergelder in einem Projekt verbraten haben, das keinen Nutzen erfüllt, außer 160 Passagiere am Tag zu transportieren, das man nicht braucht und das weiter jährlich Millionen kostet. Darauf sind Sie stolz. – Das ist eine ganz wichtige Aussage, die sollten wir uns merken.

(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Sie wollen doch mit den Sozialdemokraten koalieren!)

Erst vor einem Monat hat Ralf Schustereder verkündet, dass er und Lars Ernst, der kommende Geschäftsführer, das Ruder herumgerissen hätten. Der Anbieter Schauinsland Reisen würde zusammen mit der Fluggesellschaft Sundair ein Flugzeug in Kassel-Calden stationieren. Wir haben schon viele Organisationen und Betriebe gehabt, die dort gestartet und gelandet sind. Sie waren manchmal auch schnell wieder weg. Ich hoffe, dass es dieses Mal gelingt. Aber das ändert nichts an den katastrophalen Zahlen.

Frau Kollegin Schott, Sie müssen die Landung bei der Redezeit finden.

(Günter Rudolph (SPD): Das wird ein Sinkflug! – Florian Rentsch (FDP): Schade, das ist sehr spannend!)

Das ist doch realitätsfernes Schöngerede eines dauerhaft defizitären überflüssigen Projekts. Das kann man noch weiter ausführen.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich bin auch schon da geflogen!)

Die „FAZ“ spricht von „nordhessischem Populismus“, der schon an die alternativen Fakten erinnere, mit denen Donald Trump regiere. – Wir sollten solche Äußerungen sehr ernst nehmen und endlich das Notwendige tun und aufhören, Steuergelder zu zerschreddern.

(Florian Rentsch (FDP): Make Kassel-Calden great again!)

Man sollte eben nicht die Fehler machen, die man in der Vergangenheit gemacht hat. Betreiben wir den Flughafen,

er ist nun einmal da. Wenn wir ihn mit einem anderen Status betreiben, spart das Millionenbeträge pro Jahr. Oder wollen Sie, dass die nordhessischen Kinder, die jetzt nicht mehr in die Schwimmbäder gehen können, weil sie aufgrund der Tatsache, dass die Stadt Kassel wirtschaftlich total am Ende war, geschlossen werden mussten,

Frau Kollegin Schott, bitte seien Sie so lieb. Es beginnt der Sinkflug der Redezeit.

demnächst einmal in der Woche zum Baden nach Malle fliegen? Ist das Ihr Konzept? – Das wollen wir nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Florian Rentsch (FDP): Make Kassel-Calden great again! – Weitere Zurufe)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schott. – Das Wort hat Herr Abg. Dirk Landau, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es fällt einem so einiges an humorvollen Dingen ein, die man der Abg. Schott entgegenrufen kann. Mein Fraktionsvorsitzender hat eben noch zu mir gesagt, er wundere sich darüber, dass eine Linke sich derart gegen einen Staatsbetrieb in Stellung bringen kann. Aber das Thema ist viel zu ernst, um es bei solchen Bonmots zu belassen.

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Das ist nicht schlecht!)

Das Jahr 2016 war in der Tat ein sehr wechselhaftes Jahr für diesen Flughafen. Der Tiefpunkt wurde erreicht, als im Oktober Germania ihren Flugbetrieb von und nach Kassel eingestellt hat. Aber: Totgesagte – das ist das erste Sprichwort, das mir einfällt – leben länger.

Ich denke daran, was auch eben schon Erwähnung gefunden hat: Es ist eine beispiellose Aktion, die, nachdem Germania abgesagt hat, dort stattgefunden hat. Ein renommiertes mittelständiges Reiseunternehmen, Schauinsland Reisen, ein sehr junges Charterflugunternehmen, Sundair, und ein Verbund von vielen Reisebüros haben an dem Flughafen etwas bewirkt, um wieder Leben hereinzubringen. Das ist einzigartig. Sie waren geradezu beseelt davon, diesem Flughafen eine Chance zu geben, und zwar die Chance, die er auch verdient hat.

Man hat ein Programm gestrickt. Man wird ein Flugzeug in Kassel-Calden stationieren. Ich würde es nicht lächerlich machen, dass dort nur ein Flieger steht. Dieser eine Flieger hat schon einmal eines bewirkt: Er muss anders als Germania – daran sind sie gescheitert – nicht erst von irgendeinem anderen Flughafen nach Calden fliegen, die Passagiere aufnehmen und wieder wegfliegen und, nachdem das erledigt ist, wieder zurück an seinen Heimatflughafen fliegen. Nein, er ist vor Ort. Damit kann man den Kunden ganz andere Abflugzeiten und Flugzeiten anbieten. Die Auswahl der Reiseziele, die jetzt stattgefunden hat, zeigt doch:

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Der Erfolg eines Flughafens hängt auch maßgeblich damit zusammen, was für ein Angebot man hat. Der Geschäftsführer von Schauinsland Reisen – die haben sich mit dem Flughafen beschäftigt – hat ganz klar gesagt, wenn sie sich für einen solchen Flughafen entscheiden, tun sie das schon auch mit einem etwas längeren Atem. Aber sie tun es aus der Überzeugung, dass sie dort wirklich Geld verdienen werden. Insofern: nicht kleinreden, dass erst mal nur ein Flugzeug da ist, dass einige Ziele angeflogen werden und nicht gleich die ganze Welt.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Aber das rettet doch den Flughafen nicht!)

Aber es ist ein richtiger Schritt, weil jetzt eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Angebot von Germania stattgefunden hat.

Meine Damen und Herren, lassen Sie sich aber noch einmal Folgendes sagen: Es wird ja immer so auf die Betriebswirtschaft reduziert. Wie sieht der Flughafen jetzt aus? – Ja, das betriebswirtschaftliche Ergebnis war 2014 mit minus 8,1 Millionen € nicht so, wie man es sich wünscht und vorstellt.

(Zuruf von der SPD: Nie im Leben!)

Aber allein ein Jahr darauf war es schon um 25 % reduziert, und wenn ich mir das anschaue, womit man arbeitet, nämlich 2019 deutlich unter 3 Millionen € zu liegen, dann zeigt das doch etwas.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Es zeigt eine Entwicklung, eine positive Entwicklung, die man nicht auf halber Strecke abwürgen soll. Darin sind Sie als LINKE ganz fantastisch.

(Marjana Schott (DIE LINKE): Sie haben nichts von dem verstanden, was ich gesagt habe!)

Sie haben von Anfang an diesem Flughafen keine Chance gegeben. Sie haben an allen Stellen gegen diesen Flughafen gearbeitet und stellen sich am Ende hin: Oh, das läuft aber schwierig, das Geschäft. – Ja, wie denn, wenn so ein Geschäftsmodell auch immer wieder torpediert wird, wie Sie es gemacht haben?

(Zurufe der Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU), Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) und Dr. Ulrich Wilken (DIE LINKE) – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das ist so. – Ich darf übrigens meine Stimme erst mal entschuldigen.