Protocol of the Session on February 22, 2017

(Beifall bei der CDU – Vizepräsident Frank Lortz übernimmt den Vorsitz.)

Zuallererst halte ich zum wiederholten Male fest: Die Vermögensteuer ist immer noch verfassungswidrig. Das ist Fakt, und daran ändert auch Ihre Begründung nichts. Zudem ist im Hinblick auf die Vermögensteuer Ihre Behauptung, das Bundesverfassungsgericht habe sich 2006 vom sogenannten steuerrechtlichen Halbteilungsgrundsatz verabschiedet, schlichtweg unzutreffend. Im Gegenteil, das Bundesverfassungsgericht hat auch 2006 klar auf die Grenze der Gesamtbelastbarkeit des Vermögens hingewiesen.

(Beifall bei der CDU)

Nicht ohne Grund hat das Bundesverfassungsgericht die gesetzlichen Regelungen zur Vermögensteuer für verfassungswidrig erklärt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das hat es nicht!)

Der steuerliche Zugriff durch die Erhebung der Einkommen- und der Vermögensteuer muss nämlich auf die Ertragsfähigkeit des Vermögens begrenzt sein.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Genau darin liegt das Problem bei einer Substanzbesteuerung, die den Bestand besteuert und keine Rücksicht auf die Einnahmesituation nimmt. Deshalb wird die Vermögensteuer seit dem Jahr 1997 nicht mehr erhoben.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Nein, das ist falsch!)

Das ist nicht falsch, und ich nehme mir gern noch einmal die Zeit, um mich an Ihrem Antrag abzuarbeiten. – Zu Punkt 1 Ihres Antrags: Die Vermögensteuer sei „ein wichtiger Teil einer an Gerechtigkeit und Leistungsfähigkeit orientierten Steuerpolitik“. Dass eine Steuer auf Vermögen, die die Substanz verzehrt, gerecht ist und auf die tatsächliche Leistungsfähigkeit abstellt, halte ich doch für fraglich.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) – Weitere Zurufe von der SPD und der LINKEN – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wer Vermögen aus eigener Kraft und durch eigene Leistung geschaffen hat, hat insbesondere über die Einkommensteuer bereits Steuern entrichtet. Wer sein Vermögen einsetzt, um Waren zu kaufen, zahlt hierauf grundsätzlich Umsatzsteuer. Wer sein Vermögen nicht selbst geschaffen, sondern übertragen bekommen hat, zahlt Erbschaft- und Schenkungsteuer. Die genannten Aspekte sorgen aus unserer Sicht für eine gerechte und auch an der Leistungsfähigkeit orientierte Steuerpolitik. Hierfür wird keine Vermögensteuer benötigt.

Nun zu Ihrer Behauptung, die Vermögensteuer sei sozial gerecht: Auch das ist sie nicht. Sie benachteiligt insbesondere den für uns in Hessen so wichtigen Mittelstand und damit indirekt auch die dort tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie benachteiligt genau die Unternehmen, auf die wir stolz sind: die eine gute Eigenkapitalausstattung vorzuweisen haben und somit langfristig Arbeitsplätze schaffen und sichern. Diese Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze in einer derart verantwortungslosen Art und Weise zu gefährden, das ist mit uns nicht zu machen.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe es schon einmal gesagt, und ich bleibe dabei: Bei uns zählt der Mittelstand, und bei Ihnen zahlt der Mittelstand.

Zu Punkt 2 Ihres Antrags:

Der Landtag stellt fest, dass eine ausschließlich auf die Ausgabenseite orientierte Konsolidierungspolitik nicht ausreicht,...

Da frage ich mich, ob Sie in den letzten Wochen und Monaten die Nachrichten nur noch selektiv gelesen haben.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Nein, nein, ganz bewusst!)

Wir haben Steuereinnahmen in Rekordhöhe zu verzeichnen. Nie hatten wir in Hessen mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Nie ging es den Unternehmen in Hessen so gut wie jetzt.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Nie hatten wir weniger Investitionen in den Kommunen und im Land!)

Herr Schaus, das ist das Ergebnis einer gesunden Wirtschaft in Hessen. Das sind die vielen erfolgreichen Mittelständler in Hessen und die vielen Arbeitsplätze.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Wo soll das Geld für Investitionen in Schulen und Kindergärten denn herkommen?)

Genau diese werden wir auch weiterhin unterstützen, indem wir uns um die wirtschaftliche Lage in unserem Land kümmern und uns für die Sicherung von Arbeitsplätzen konsequent und vehement einsetzen, anstatt, wie Sie es wollen, neue Steuern zu erheben. Das ist für uns eine verlässliche schwarz-grüne Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Ach du lieber Gott!)

Das ist für uns soziale Gerechtigkeit; für Sie dagegen ist soziale Gerechtigkeit die absurde Forderung, in einer Zeit, in der in Hessen die Steuereinnahmen sprudeln, nach neuen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger im Land zu suchen.

Wir haben uns schon lange von der Vermögensteuer verabschiedet;

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja, das stimmt!)

denn am Ende bringt sie, auch aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands, nichts – selbst keine Gerechtigkeit –, sondern kostet viel, nicht zuletzt private Investitionen, Unternehmen und Arbeitsplätze. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Kollegin Lena Arnoldt. – Das Wort hat der Abg. Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP lehnt die Vermögensteuer aus mehreren Gründen ab:

Sie ist erstens ein Eingriff ins Eigentum.

Sie ist zweitens vom Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit schon mehrfach als verfassungswidrig bezeichnet worden.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Weil sie falsch berechnet wurde!)

Drittens geht man bei der Erhebung der Vermögensteuer immer mit Geld um, das bereits versteuert worden ist.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Was?)

Viertens. Der größte Teil der Vermögen ist nicht liquide, sondern in Produktionsmitteln oder in Immobilien gebunden. Eine Steuererhöhung würde daher die Unternehmen und den Wohnungsmarkt zusätzlich belasten.

Der fünfte Punkt unserer Ablehnung: Die Folgen wären Wanderungsbewegungen – Menschen, die ihr Vermögen ins Ausland verbringen.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Meint er jetzt Fraport?)

Der sechste und letzte Punkt ist in meinen Augen ein sehr entscheidender: Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft – kein Geringerer – hat in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie eine Vermögensteuer für nicht administrierbar hält.

Was eigentlich spricht noch dafür, dieses Murmeltier – das „gefräßige“, wie es Frau Kollegin Arnoldt eben zu Recht dargestellt hat – wieder einmal ins Schaufenster des Landtags zu stellen? – Nichts.

Wenn die LINKEN mittlere und kleine Einkommen wirklich entlasten wollen, schlagen wir ihnen Folgendes vor: erstens die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bis 2019,

(Gernot Grumbach (SPD): Kleine Einkommen und Solidaritätszuschlag?)

zweitens einen mutigen Abbau der kalten Progression anstelle von Alibientlastungen, drittens eine Vereinfachung des Steuersystems, viertens eine Grundsteuerbremse und fünftens einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer. Das sind praktische Auswirkungen, die nichts mit dem Wolkenkuckucksheim zu tun haben, in dem Sie sich offensichtlich befinden. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Für die Landesregierung spricht Frau Staatssekretärin Dr. Weyland. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr van Ooyen, ich darf hier zwar das Geburtstagskind vertreten; aber, es tut mir leid, ich kann deshalb nicht auf Ihre Linie einschwenken.

Lassen Sie mich gleich zu Beginn meiner Rede eines herausstellen: Es ist keineswegs so, dass die stärkeren Schultern in Deutschland keine größere Last tragen.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die einkommensstärksten 10 % der Einkommensteuerpflichtigen – das sind nicht die Millionäre, sondern diejenigen, die Einkünfte von mehr als 70.000 € im Jahr haben – tragen 55 % des gesamten Einkommensteuervolumens, also mehr als die Hälfte.