Protocol of the Session on December 14, 2016

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das SPD-Wahlprogramm auch! – Gegenrufe von der SPD – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Das Problem ist aber nicht nur, dass die Landesregierung nichts unternimmt, um ausreichende, qualitativ hochwertige Betreuungsplätze zu schaffen, sondern auch, dass sie die Kommunen einfach auf den Kosten sitzen lässt. Am Ende gibt es in Hessen weder das eine noch das andere. Es gibt mit Schwarz-Grün weder ausreichend viele Betreuungsplätze noch die beitragsfreie Kita.

Die Kommunen sind in Hessen mit den Aufgaben, vor denen sie stehen, weiterhin völlig überfordert. Gerade bei den Investitionen gibt es einen unabsehbaren Aufholbedarf; denn strukturell haben die hessischen Kommunen ihre Investitionen in den vergangenen zwei Jahrzehnten immer weiter reduziert.

Die Folge ist, dass nicht nur das Geld für die aktuellen Herausforderungen fehlt, sondern dass auch die öffentliche Infrastruktur in vielen Bereichen so weit abgeschrieben ist, dass jetzt die Zeit immer offensichtlicher drängt, die Kommunen bei den Investitionen zu unterstützen.

Gerade für Investitionen brauchen die Kommunen deutlich mehr Geld vom Land. Es reicht eben nicht, von der Hand in den Mund zu leben. Vielmehr müssen die Kommunen endlich wieder in die Lage versetzt werden, ihre Infrastruktur auf einen ordentlichen Stand zu bringen, etwa wenn es darum geht, Schulgebäude oder Schwimmbäder zu sanieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ähnlich sieht es bei den Investitionen in den öffentlichen Wohnungsbau aus. Dieser ist über Jahrzehnte sträflich vernachlässigt worden. Die Folge ist, dass sich viele Menschen – selbst die mit mittleren Einkommen – in den Ballungsräumen keine angemessenen Wohnungen mehr leis

ten können. Deshalb fordern wir, dass das Land endlich deutlich mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau und für Wohnungen für Studierende zur Verfügung stellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch hier gehen von der Landesregierung keine Impulse aus, die eine Trendwende am Wohnungsmarkt einleiten würden.

Genauso wenig tut das Land Hessen bei den Krankenhausinvestitionen. Gerade im klinischen Segment der Gesundheitsversorgung gibt es einen ruinösen Wettbewerb, der Vorteile nur für die großen Gesundheitskonzerne bringt. Alle anderen, Patientinnen und Patienten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die kommunalen und kleineren Häuser und weitere Beteiligte leiden darunter. In hessischen Krankenhäusern gibt es einen erheblichen Investitionsstau. Fehlende Investitionszuschüsse seitens des Landes sind ein wesentlicher Grund für die hohen Defizite bei etwa 40 % der hessischen Krankenhäuser, die zu einem großen Teil aus den kommunalen Haushalten getragen werden müssen.

Dies geschieht, obwohl die Kreise und die kreisfreien Städte eine Krankenhausumlage an das Land leisten, es sich somit zu einem großen Teil um kommunale Mittel handelt.

In einem Bereich hat sich in diesem Haushaltsentwurf etwas bewegt, nämlich bei der Reduzierung der Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten. Hier gesteht die Landesregierung zu, dass die Arbeitszeit ab dem 1. August auf 41 Stunden reduziert werden soll. Angesichts der Sonderopfer, die die Beamtinnen und Beamten in den letzten Jahren erbringen mussten, stellt sich aber schon die Frage, warum sie überhaupt noch länger arbeiten sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Fakt ist nämlich, dass die Beamtinnen und Beamten diese Arbeitszeitverkürzung durch die Abkoppelung von der allgemeinen Lohnentwicklung selbst bezahlt haben und das Land weiterhin auf ihre Kosten den Haushalt zu sanieren sucht. Wir fordern, dass beides ein Ende hat. Wir fordern eine Arbeitszeitnormalisierung für die Beamtinnen und Beamten und eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung der Tarifabschlüsse.

Die Beschäftigten des Landes dürfen – neben den Investitionen – nicht weiterhin der Posten sein, bei dem das Land den Haushalt saniert.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn wenn die Landesregierung behauptet, sie schaffe zusätzliche Stellen, ist das nur die halbe Wahrheit. Tatsächlich werden auch in diesem Jahr über 500 Stellen im Landeshaushalt gestrichen. Genau diese Personalpolitik lehnen wir ab. Vielmehr muss das Personal endlich ordentlich vergütet werden. Gerade im Bereich Bildung brauchen wir endlich eine echte Ausweitung der Zahl der Stellen, damit jungen Menschen eine gute Bildung zuteilwird.

(Beifall bei der LINKEN)

In diesem Landeshaushalt findet sich all dies nicht. Stattdessen wird weiterhin ein perspektivloser Regionalflughafen mit Millionen Euro gefördert, und ein Nulpenverein bekommt zusätzliche Stellen für Zitronenfalter.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Frechheit!)

Meine Damen und Herren, so sieht schwarz-grüne Haushaltspolitik aus. Wie ein Politikwechsel aussieht, können Sie unseren Anträgen entnehmen. Wenn Sie für einen Politikwechsel wären, würden Sie unseren Anträgen zustimmen. Aber: Sie wollen nicht.

(Beifall bei der LINKEN – Horst Klee (CDU): Damit lassen wir uns im Interesse des Landes noch ein bisschen Zeit!)

Vielen Dank, Kollege Willi van Ooyen. – Das Wort hat der Abg. Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind am Ende einer langen Debatte. Wir stehen am Ende von viel Arbeit. Es gehört sich nicht nur so, sondern es ist uns auch ein Anliegen, uns bei allen denen zu bedanken, die an der Erstellung, der Erarbeitung, der Erklärung, der Erläuterung, der Veränderung des Haushaltsplans für 2017 mitgewirkt haben. Genau wie eine Reihe meiner Vorredner möchte auch ich mich bei unseren Kolleginnen und Kollegen hier im Hause, z. B. bei Frau Goß, bedanken. Ich möchte mich aber auch für die Zuarbeit aus dem Ministerium bedanken, verehrter Herr Staatsminister Dr. Schäfer. Unsere wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Fraktionen haben aber auch einen gehörig guten Job gemacht. Alle Genannten sollen hier mit Beifall bedacht werden.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Es ist schön, wenn Kollege Kaufmann gute Laune hat. Dann haben die anderen eine bessere Laune.

(Heiterkeit bei der FDP)

Lieber Herr Kollege Kaufmann, eines hat mich nicht beruhigt, nämlich Ihre Aussage, ich könne darauf vertrauen, dass Sie nicht in irgendeiner Weise an das Geld der Rücklagen gehen und damit Wahlkampf machen. Was mich noch viel weniger beruhigt hat, ist die Aussage, dass jetzt auch konjunkturell alles so kommen werde, wie Sie es vorausgesagt haben.

Ein bisschen provoziert hat mich heute Morgen der Antrag, den Sie zu einem anderen Tagesordnungspunkt eingebracht haben und in dem Sie auf die Nettokreditaufnahme in Höhe von 2,5 Milliarden € im Jahr 2010 verwiesen haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, beamen wir uns einmal sechseinhalb Jahre zurück. Was war da? Da war eine Finanzkrise, die sich zu einer Wirtschaftskrise ausgeweitet hat. Diese Finanzkrise war zwei oder drei Jahre vorher überhaupt nicht erkennbar; jedenfalls hat keiner davon gesprochen. Das Land Hessen hat ein Konjunkturprogramm in Höhe von 1,7 Milliarden € aufgelegt. Woher nehmen Sie eigentlich die Sicherheit, dass eine derartige Situation nicht wieder vorkommt?

(Beifall bei der FDP)

Ich kann diese Sicherheit nicht erkennen. Ich will jetzt von diesem Pult aus im Hessischen Landtag keine geopolitische Diskussion beginnen, aber wir haben überall auf der Welt politische Umwälzungen, von den Wahlen in Amerika über die Veränderungen in der Führerschaft in den

G-20-Ländern. Es ist doch bis auf Frau Merkel keiner mehr von denen im Amt, die noch vor ein paar Jahren auf Bildern zu sehen waren. Wir alle wissen nicht, was die wirtschaftliche Entwicklung in Amerika bringt. Deshalb sagen wir Liberale: Freunde, jetzt muss so viel Geld wie möglich zum Schuldenabbau eingesetzt werden, damit wir, sollten wieder schlechte Zeiten kommen, in irgendeiner Weise Mittel aktivieren können. – Genau das wird mit diesem Haushalt nicht getan.

(Beifall bei der FDP)

Mir stinkt der Hinweis auf die Nettokreditaufnahme in Höhe von 2,5 Milliarden € deshalb ein bisschen, weil es inzwischen eine Masche der CDU und insbesondere der Landesregierung geworden ist, zu erklären, dass die FDP an allem schuld sei und sich von der gemeinsamen Politik verabschiedet habe. Die zusätzlichen Schulden von 2,5 Milliarden € wurden im Jahre 2010 zu einem großen Teil von der Alleinregierung unter Roland Koch aufgenommen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben dann mitgemacht, weil das Konjunkturprogramm schon aufgelegt war. Aber sowohl ich als auch mein Nachfolger als Fraktionsvorsitzender, Florian Rentsch, haben von diesem Pult aus bestimmt 100-mal gesagt: In einem Buch für einen Ordnungsliberalen steht nicht, dass er ein Konjunkturproramm auflegen soll, da steht etwas anderes. – Trotzdem haben wir mitgemacht. Aber tun Sie jetzt bitte nicht so, als könne man sagen: Als die FDP dabei war, war die Nettokreditaufnahme hoch; seit die FDP nicht mehr dabei ist, leben wir anders. – Nein, diese Geschichte weist auf einen ganz anderen Weg hin.

Aber ich komme zum Haushalt 2017 zurück.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Meine Güte, das hat doch viele Unternehmen überleben lassen!)

Lieber Kollege Arnold, einer nach dem anderen. Wenn Sie noch irgendetwas sagen wollen, melden Sie sich zu Wort, und dann können Sie sich vom Pult aus gern noch einmal produzieren. Ich habe Sie jedenfalls ungestört vortragen lassen.

(Beifall bei der FDP)

Aber, lieber Kollege Walter Arnold, ich will auf Ihren Redebeitrag Bezug nehmen. Ich habe mich gefreut, als Sie das Lob der Haushaltssituation in diesem Land mit dem Hinweis auf den Schutzschirm begonnen haben. Das war Ihr erster inhaltlicher Beitrag.

Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren, es war eine vernünftige Politik, die die FDP und die CDU im Zusammenhang mit den Kommunen in Hessen gemacht haben. Eines der Produkte war der Kommunale Schutzschirm. Leider haben Sie diesen Satz nicht gesagt, sondern Herr Wintermeyer als Staatsminister musste hier sehr platt äußern, dass sich die FDP von allem verabschiedet habe, was die gemeinsame Politik ausgemacht habe.

Ganz im Gegenteil, das Erfolgreiche sind z. B. der Kommunale Schutzschirm und die Art und Weise, wie er ausgestattet worden ist. Liebe Freunde, ihr wisst, ich werde nie aus Koalitionsgesprächen zitieren. Aber die FDP war dabei, als das gemacht worden ist. Vielen Dank für den Hinweis auf den Schutzschirm. Nächstes Mal sagen Sie bitte dazu, dass die Liberalen auch dabei waren.

(Beifall bei der FDP – Dr. Walter Arnold (CDU): Das kann ich nicht versprechen!)

Lassen Sie mich jetzt aber von Ihren Vorschlägen wegkommen; denn über die haben wir schon 23-mal diskutiert. Ich gehe auch nicht mehr auf das ein, was der Kollege Schmitt zu Recht gesagt hat, nämlich dass das eigentlich für die Tüte ist und dass niemand, der einen Freund namens Baum hat, Anträge stellen sollte; denn sie bringen nichts, weil die Regierungskoalition in einer sehr eigenständigen Art und Weise alles abgelehnt hat, was die Opposition auf den Tisch gelegt hat.

Ich möchte Ihnen sagen, dass es zu Ihrem Entwurf für den Haushaltsplan auch Gegenentwürfe gibt. Mit den Finanzmitteln des Landes Hessen, die unsere Steuerzahlerinnen und -zahler sowie unsere Unternehmen erwirtschaften – das sind nicht wir 110 Abgeordnete; wir zahlen auch Steuern, aber nicht so viel, um einen Haushalt ausgleichen zu können –, kann man mit Blick auf vernünftige Zukunftsinvestitionen in Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur mehr machen. Wir wollen, dass dieses Land modern nach vorne geleitet und nicht mit kleinen Karos verwaltet wird.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen eine Digitalisierung, die es auch wert ist, Digitalisierung genannt zu werden: die auf der einen Seite die Mitarbeiter in der Verwaltung des Landes Hessen entlastet und auf der anderen Seite für die Bürgerinnen und Bürger Möglichkeiten zur schnelleren Entscheidung eröffnet. Das geht in diesem Zeitalter nur durch eine enorme Anstrengung bei der Digitalisierung. Da müssen wir das eben machen.

(Beifall bei der FDP)

Interessant ist, dass, nachdem Florian Rentsch und ich die Vorstellung der FDP präsentiert und vorgeschlagen hatten, die Stelle eines Chief Digital Officers einzurichten, nunmehr auch die Landesregierung gehandelt hat.