Protocol of the Session on November 24, 2016

(Gernot Grumbach (SPD): Wir nicht!)

Von irgendeiner Kritik an den Arbeitsbedingungen ist demzufolge bei den linksrheinischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten überhaupt keine Rede.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU – Anhaltende Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will durchaus unterstreichen,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

dass bei Ryanair möglichst geringe Personalkosten und in Konsequenz entsprechend miese Arbeitsbedingungen ein wesentlicher Teil des Geschäftsmodells sind. Nur gilt diese Feststellung in gleicher Weise auch für andere Anbieter im Low-Cost-Sektor. Diese sind der SPD erkennbar aber kein Dorn im Auge. Wir haben es gerade noch einmal gehört.

(Norbert Schmitt (SPD): Wie stehen eigentlich die GRÜNEN dazu?)

Deswegen frage ich: Warum machen Sie diesen Unterschied? Ihre Argumente speziell gegen Ryanair, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, werden dadurch doch unglaubwürdig und negieren obendrein, dass sich auch viele Freunde der Sozialdemokratie unter den Passagieren dieser Airline befinden. Warum, glauben Sie, sind denn die Airlines im Low-Cost-Sektor, insbesondere Ryanair, so attraktiv? Weil die Flugtickets auch für Menschen mit weniger hohen Einkommen erschwinglich sind. Diese Preispolitik wird offensichtlich stark nachgefragt.

(Norbert Schmitt (SPD): Das sagt ausgerechnet Herr Kaufmann! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Schließlich transportiert Ryanair jährlich insgesamt in etwa – –

Einen Moment, Herr Kollege Kaufmann. – Meine Damen und Herren, ich bitte doch um etwas Aufmerksamkeit. Es gebietet die Fairness, dass wir allen Rednern in Frieden zuhören. – Bitte sehr, Herr Kollege Kaufmann.

Schließlich transportiert Ryanair jährlich insgesamt in etwa genauso viele Passagiere wie die Lufthansa – beide über 100 Millionen Passagiere jährlich. Obendrein verlangt nun

die Partei im Hessischen Landtag, ich meine die Sozialdemokraten, die in der Bundesregierung sowohl die Arbeitsministerin als auch den Wirtschaftsminister stellt – somit sind Sie für die angesprochenen Fragen genau die Zuständigen –, statt dort selbst aktiv zu werden, von der Landesregierung, die überhaupt nicht zuständig ist, sich dafür einzusetzen. Ich zitiere – –

(Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD): Jetzt verbreiten Sie Unwahrheiten und versuchen sich damit aus der Affäre zu ziehen, Herr Kaufmann!)

Herr Kollege, warum regen Sie sich denn so auf?

(Michael Boddenberg (CDU): Ist jetzt Frau Nahles dafür zuständig, oder nicht? – Anhaltende Zurufe von der SPD)

Meine Damen, meine Herren, das Wetter ist gut. – Bitte, Herr Kollege Kaufmann.

(Michael Boddenberg (CDU): Ist nun Frau Nahles dafür zuständig, oder nicht?)

Natürlich ist Frau Nahles dafür zuständig. Aber offensichtlich ist der Kontakt des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD zur Ministerin in Berlin sehr schlecht, da er hierfür die Hilfe der Hessischen Landesregierung braucht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

In dem Antrag wird gefordert – ich zitiere –:

Die Landesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass in Europa die Sozialstandards in der Luftfahrt nicht immer mehr ausgehöhlt werden.

Genau diese Forderung an die Landesregierung – entschuldigen Sie – entbehrt nicht der Absurdität; denn die Bundesebene ist für die im SPD-Antrag angesprochenen Probleme allein zuständig. Im Übrigen gehört der Zoll, wie ich annehme, zum Ressort des Bundesfinanzministers. Dieser muss die Einhaltung der in Deutschland geltenden Beschäftigungsregeln kontrollieren.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Sozialdemokraten, wie soll Ihnen denn jemand die Ernsthaftigkeit Ihres Antrags abnehmen, wenn Sie offenkundig vorsätzlich falsch adressieren, nur um aus dem Oppositionszwang heraus die Regierung und die sie tragende Mehrheit hier im Haus beschimpfen zu können? Das dürfen Sie gern tun, es löst aber kein Problem. Deshalb hätten Sie es eigentlich genauso gut bleiben lassen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Kaufmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. – Was zu diesem Thema weiterhin in der Sache zu sagen wäre, steht im Antrag der Koalitionsfraktionen. Sie sollten ihm zustimmen. Die übrigen Anträge können Sie dann getrost vergessen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaufmann.

Meine Damen und Herren, auf der Besuchertribüne begrüße ich die anwesenden Mitglieder der Besatzung der Fregatte Hessen – unsere Freunde, angeführt vom neuen Kommandanten, dem Fregattenkapitän Oliver Pfennig. Seien Sie uns herzlich willkommen.

(Allgemeiner Beifall)

Fühlen Sie sich im Hessischen Landtag wohl. Dieser ist immer schön; das haben Sie gerade gesehen. Auch wir fühlen uns wohl. Alles Gute.

Jetzt geht es weiter. Herr Kollege Lenders hat das Wort, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als die Debatte anfing, habe ich mich gefragt: Worum geht es jetzt eigentlich? Geht es um mehr Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen oder darum, was für ein Arbeitgeber Ryanair ist? Zwischendurch habe ich diesbezüglich bei den beiden Redebeiträgen die Orientierung verloren. Zu Herrn Kaufmann muss ich allerdings sagen: Herr Kaufmann, das haben Sie schön gemacht, dass Sie die Historie so weit bemühen, sodass Sie als GRÜNE rechtfertigen können, dass es in Frankfurt mehr Flugbewegungen gibt. Dafür greifen Sie sogar noch auf die Regierungszeit einer rot-grünen Landesregierung zurück. Gleichzeitig machen Sie sich aber einen derart schlanken Fuß, als wären Sie nie jemals irgendwo dabei gewesen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Auch erklären Sie dem Parlament: Eigentlich ist sowieso die FDP schuld, und wenn die FDP gerade einmal nicht an mehr Flugbewegungen schuld ist, dann muss es irgendwie der Bund sein. – Herr Kaufmann, Sie müssen das schon einmal erklären; denn die Unterschrift für die Genehmigung wird Ihr Minister Tarek Al-Wazir erteilen. Er wird es sein, der mehr Flugbewegungen zu verantworten haben wird, und niemand anders.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Herr Kaufmann, Sie und die GRÜNEN haben jegliche Glaubwürdigkeit, was den Frankfurter Flughafen angeht, verloren.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Was den Wettbewerb angeht – dazu haben wir jetzt schon einiges gehört –, lautet die Rechtfertigung, dass es eine logische Konsequenz sei, dass am Frankfurter Flughafen zukünftig ein Low-Cost-Carrier, ein Billigflieger, starte; und die erste Airline, die dort stationiert wird, ist nun Ryanair. Die Airlines stehen unter einem großen Wettbewerbsdruck.

Auch die Lufthansa kann sich dem nicht entziehen. Natürlich sehen wir auch die Tarifauseinandersetzungen, die bei der Lufthansa jetzt ganz aktuell sind.

(Florian Rentsch (FDP): Vielleicht sind Piloten hier; die haben sich vielleicht freigenommen!)

Lieschen Müller auf der Straße könnte eine Gehaltssteigerung von 2.000 oder 3.000 € im Monat kaum erklären. Aber es ist auch eine logische Konsequenz, dass die Lufthansa reagiert und das Produkt Eurowings ausbauen will. Darin folgt sie eigentlich nur anderen Airlines wie der Air France, Alitalia, Iberia, das ist auch ein Ferienflieger wie Condor; all diese können sich dem Wettbewerbsdruck nicht entziehen.

Meine Damen und Herren, auch die internationalen Flughäfen sind in einer Wettbewerbssituation, die nicht vergnügungsteuerpflichtig ist. Im Jahr 2000 spielte z. B. Dubai überhaupt noch keine große Rolle. Heute steigen dort mehr Passagiere ein und aus als in London. Damit ist noch lange nicht Schluss. Der Flughafen Istanbul hat mit 61,3 Millionen Passagieren erstmals Frankfurt von Platz 3 in Europa verdrängt.

(Florian Rentsch (FDP): Ja, abgehängt!)

Der Flughafen London-Heathrow wird die geplanten Startund Landebahnen weiter ausbauen. Der Flughafen Charles de Gaulle in Paris ist mit 66 Millionen Passagieren die Nummer 2. Er hat vier Start- und Landebahnen, und weiterer Zuwachs ist geplant.

Der Wettbewerb wächst auch innerhalb Deutschlands. Auch der Flughafen in München hat sein Passagieraufkommen auf 41 Millionen verdoppelt. Dort geht auch ein Terminal 2 ans Netz, und Terminal 1 wird ausgebaut. Die Bayern sind auf einem guten Wege, Frankfurt wirklich Konkurrenz zu machen. Wenn man sich diese Situation anschaut, dann stellt man fest, dass es eine logische Konsequenz, eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit ist, dass die Fraport schaut, wo neue Geschäftsmodelle zu erschließen sind, und dass sie dort hinschaut, wo das stärkste Wachstum ist. Die Low-Cost-Carrier haben Wachstumsraten von 20 %. Daher ist es nur logisch, dass dort einer der ersten wie Ryanair stationiert ist.

(Beifall bei der FDP)

In diesem internationalen Wettbewerb gibt es, was die Gebühren anbelangt, Anreizmodelle. Ich finde es überhaupt nicht verwerflich, dass die Gebühren für die ersten drei Jahre angepasst werden, um die Einstiegskosten etwas erträglicher zu machen.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Und was ist mit der Wettbewerbsverzerrung, die Sie sonst immer anprangern?)

Das sind viele Erstkosten; es ist international vollkommen üblich, dass der Anbieter dem Nachfrager etwas entgegenkommt. Das steht in Frankfurt auch jeglichem anderen Billigflieger-Unternehmen zu. Ich finde, dass Staatsminister Al-Wazir genau richtig handelt, indem er dort eben sehr wettbewerbsneutral entscheidet. Ich weiß nicht, was an dieser Stelle zu kritisieren ist.