Protocol of the Session on September 14, 2016

Im Gegenteil: Wenn der Hessische Ministerpräsident Bouffier dem Vorstandsvorsitzenden von K+S auf einer Südamerikareise bei der Durchsetzung neuer Geschäftsideen in Chile die Hand hält, dann hat das mit einer Politik für die Menschen in Hessen nichts zu tun. Wie naiv muss man eigentlich sein, um zu glauben, dass es, wenn es dem Weltkonzern K+S gut geht, auch den Beschäftigten von K+S in Hessen gut geht? Das Einzige, was passiert, ist, dass die Boni der Topmanager steigen. Kein Arbeitsplatz in Hessen wird damit gerettet. Dafür produziert Kali + Salz nicht. Oder hat Ihnen Herr Steiner etwas Derartiges versprochen?

(Michael Boddenberg (CDU): Das habe ich befürchtet! Ich finde, die müssen enteignet werden! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Wir werden den Dreck erben. Das wird ganz von selbst passieren. Das werden Sie nicht verhindern können; und das wird problematisch genug sein. K+S produziert nicht dafür, dass die Menschen in der Region Arbeit haben, sondern um Profite zu machen. So ist es nun einmal. Wenn diese nicht groß genug ausfallen,

(Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsiden- ten)

werden die Arbeitsplätze zur Verhandlungsmasse. Das erleben wir seit Jahren. Das ist Kapitalismus in Reinkultur.

Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Konzernleitung eigene Standorte selbst zueinander in Konkurrenz und damit die jeweiligen Regierungen unter Druck setzt. Das ist ein altbekanntes Spiel; das kennen wir doch von anderen.

Herr Bouffier, es ist aber die Aufgabe von Politik, diesem Kapitalismus soziale und ökologische Schranken zu setzen und nicht dem Konzernmanagement von Kali + Salz dabei zu assistieren, in anderen Teilen der Welt neue Verpressungspotenziale zu erschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Vorhaben, in der Hessischen Verfassung die Option der Vergesellschaftung des Bergbaus zu streichen, richtet sich gegen die Beschäftigten. Aber es ist gar nicht wichtig, ob wir das streichen oder nicht. Am Ende werden wir das Elend erben. Das wird auf jeden Fall so kommen. Ich würde gern einmal ein Argument dazu hören, wie Sie das verhindern wollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Schott, Sie müssen zum Schluss kommen.

Es stellt sich die Frage, mit wem Schwarz und Grün solidarisch sind. – Danke, Herr Präsident.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Kollege Wagner, der Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie die Kolleginnen und Kollegen Fraktionsvorsitzenden habe auch ich in der vergangenen Woche an der Demonstration von über 10.000 Menschen im Kalirevier teilgenommen. Das hat mich sehr beeindruckt. Das hat mir noch einmal verdeutlicht, welche Bedeutung der Kaliabbau für die Region hat, wie viele Existenzen, wie viele Familien dort dranhängen. Es hat mir aber auch verdeutlicht, wie viel Identität und Herzblut der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort drinstecken. Das hat mich berührt; und das hat mich noch einmal mehr in meiner Erkenntnis bestärkt, welche Bedeutung die Lösung der Probleme in dieser Region seitens der Politik hat. Wie die Debatte hier aber in Teilen geführt wurde, hat mich, ehrlich gesagt, etwas befremdet, und, ich finde, das ist völlig unangemessen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Es hilft keiner einzigen Mitarbeiterin und keinem einzigen Mitarbeiter, wenn wir hier so tun, als seien wir im Hessischen Landtag nicht darin einig, dass wir alle gemeinsam nach Lösungen für die Probleme suchen. Es hilft schon gar niemandem, Herr Kollege Rentsch, wenn man seine Rede in weiten Teilen mit Unterstellungen, Halbwahrheiten und falschen Behauptungen gestaltet.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Worum geht es in dieser Debatte, und was eint uns alle hoffentlich im Hessischen Landtag? – Wir wollen die Arbeitsplätze sichern. Wir wollen unser Trinkwasser schützen, und wir wollen die Vorgaben für die Wasserqualität in Werra und Weser einhalten. Das eint uns alle. Das sollten wir in dieser Debatte herausstellen. Alle drei Punkte gehören zusammen. Jeder Versuch, das eine gegen das andere auszuspielen oder zu sagen, das eine könne man vernachlässigen, um dem anderen Vorrang zu geben, funktioniert in dieser Debatte nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir müssen die Arbeitsplätze sichern und einen Weg für die dauerhafte Produktion schaffen, weil wir damit auch eine Perspektive schaffen, die mit den vorhandenen Produktionsrückständen umgeht. Dabei brauchen wir das Unternehmen mit im Boot. Diese Aufgabe werden wir nicht allein schultern können.

Wir können den Menschen aber auch nicht vorgaukeln, dass wir den Trinkwasserschutz vernachlässigen können. Einmal machen sich sehr viele Menschen Sorgen um ihr Trinkwasser, und wir können es auch nicht riskieren, das Trinkwasser zu gefährden. Herr Kollege Rentsch, selbst wenn das nicht überzeugt, wir dürfen aus rechtlichen Gründen das Trinkwasser nicht gefährden, weil das das Ende der Produktion wäre. Wer die Produktion erhalten will, muss das Trinkwasser schützen, Herr Kollege Rentsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Wir können uns auch in Bezug auf die Wasserqualität von Werra und Weser keinen schlanken Fuß machen. Das kann man richtig, das kann man falsch finden. Wenn wir die Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie nicht einhalten, bringen wir das Unternehmen und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in eine schwierige Situation. Deshalb gehören alle drei Punkte zusammen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, wer etwas für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erreichen will, muss sich um die Lösung der Probleme kümmern und hier nicht allerplatteste Sprüche machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Ich sage ausdrücklich: Wenn es den Vier-Phasen-Plan dieser Landesregierung nicht gäbe, müssten wir ihn erfinden.

(Timon Gremmels (SPD): Na ja!)

Dieser Vier-Phasen-Plan ist zum ersten Mal eine Antwort darauf, wie wir die Produktion im Kalirevier dauerhaft sichern können

(Timon Gremmels (SPD): Das ist eine Absichtserklärung!)

und die Umweltstandards einhalten. Herr Kollege Rentsch, diese Landesregierung hat erstmals einen solchen Plan vorgelegt,

(Timon Gremmels (SPD): Eine Presseerklärung, mehr gibt es nicht!)

nicht nur, wie es von Jahr zu Jahr geht, sondern, wie es für die nächsten Jahrzehnte gehen soll. Herr Kollege Rentsch, Sie haben einer Landesregierung angehört, die das nicht hingebracht hat.

(Florian Rentsch (FDP): Aha!)

Jetzt machen Sie Sprüche und erzählen, was man tun sollte, und stellen falsche Behauptungen auf. Dabei haben Sie selbst nichts hinbekommen und sich selbst nie um das Thema gekümmert. Sie von der FDP werden nie die Arbeiterführer werden, weil Sie null, aber auch null Glaubwürdigkeit in diesem Thema haben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der CDU und der LINKEN – Timon Gremmels (SPD): Sie aber auch nicht!)

Zu diesem Thema hat diese Landesregierung ihre Hausaufgaben gemacht. Wir haben diesen Vier-Phasen-Plan gemeinsam mit dem Unternehmen vorgelegt. Wir haben dann dafür gesorgt, dass dieser Vier-Phasen-Plan mit allen An

rainerbundesländern abgestimmt wird. Es hätte nichts gebracht, wenn das nicht gelungen wäre.

(Zuruf des Abg. Stephan Grüger (SPD))

Wir haben es geschafft, gemeinsam mit dem Unternehmen einen Plan vorzulegen. Dieser Plan ist jetzt mit allen Bundesländern abgestimmt.

(Timon Gremmels (SPD): Falsch!)

Die Landesregierung hat ihre Hausaufgaben in diesem Bereich nun wirklich gemacht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, ich wundere mich, dass ich einer Partei, die dafür steht, das Unternehmertum und marktwirtschaftliche Interessen zu vertreten, das erklären muss: Die Landesregierung kann für das Unternehmen nicht die notwendigen Anträge für die Umsetzung des Vier-PhasenPlans stellen. Herr Kollege Rentsch, das können wir ausdrücklich nicht. Genau in der Situation sind wir.

Wenn Sie fragen, wo der Unterschied zwischen Thüringen und Hessen ist, so kann ich Ihnen nur erwidern: Es gibt einen ganz einfachen Unterschied. In Thüringen hat das Unternehmen einen Antrag gestellt. In Thüringen gab es eine Genehmigung für die Einlagerung der Produktionsabfälle in die Bergwerke. In Hessen gibt es keinen Antrag, bisher keine Genehmigung und bisher keine Verständigung mit der Gas-Union, der dieses Werk gehört, der Gaskaverne in Reckrod. Das ist der Unterschied. Herr Kollege Rentsch, das wissen Sie doch alles. Warum versuchen Sie, den Eindruck zu erzeugen, irgendjemand wolle politisch etwas verhindern? Das ist so billig, das ist so schäbig, das ist so unangemessen den Beschäftigten im Kalirevier gegenüber.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Herr Kollege Rentsch, Sie waren in diesem Land einmal in Regierungsverantwortung. Es ist noch gar nicht so lange her, aber Ihr Gedächtnis ist kurz, scheint mir. Jemand, der in diesem Land einmal Regierungsverantwortung getragen hat – Frau Kollegin Beer und Herr Hahn ebenso, also die Hälfte Ihrer Fraktion war schon einmal in Regierungsverantwortung – erklärt mit Pressemitteilung vom 8. September, „die vom Land fest versprochene Genehmigung zur Versenkung von Salzabwässern“ müsse jetzt endlich erteilt werden.

Herr Kollege Rentsch, Sie als jemand, der den Anspruch hat, eine Rechtsstaatspartei zu vertreten, sprechen von „fest versprochener Genehmigung“. Als Wirtschaftsminister konnten Sie Genehmigungen nie fest versprechen. Sie konnten versprechen, dass die Genehmigungsverfahren nach Recht und Gesetz durchgeführt werden. Genau das geschieht jetzt. Herr Kollege Rentsch, warum versuchen Sie, einen anderen Eindruck zu erwecken?

(Zuruf des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Warum versucht der ehemalige Wirtschaftsminister dieses Landes, den Eindruck zu erwecken, man könne sich über geltendes Recht hinwegsetzen, man könne Genehmigungen versprechen, ohne dass sie vorher geprüft sind? Herr Kollege Rentsch, Sie glauben es sich doch selbst nicht, was Sie hier erzählen.