Protocol of the Session on July 13, 2016

(Anhaltende Unruhe)

Meine Damen und Herren, haben Sie den Vermittlungsausschuss angerufen? – Ich kann es Ihnen sagen. Da wird es nämlich spannend. Der Minister hat in seinem Vortrag im Bundesrat dargestellt: Ja, man ruft den Vermittlungsausschuss an, will aber nicht mehr Geld durch die Erbschaftsteuer erzielen.

Herr Kollege Schmitt, Sie müssen es jetzt aber schnell sagen – wegen der Redezeit.

Das ist eine Frage der Einnahmeverantwortung. Rufen Sie den Vermittlungsausschuss an, damit es an der Stelle auch

mehr Geld für das Land Hessen gibt. Da hätten Sie einen Finanzierungsvorschlag. Werden Sie dem endlich gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Boddenberg, Fraktionsvorsitzender der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren. Herr Kollege Schmitt, ich hatte eigentlich meinen Wortbeitrag zurückgezogen, aber ich hatte auch angekündigt, falls nicht alles richtig ist, was Sie hier vortragen, dass ich das dann geraderücke. Ich habe nur zwei oder drei Punkte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß nicht, ob Sie es sehen können.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Am besten beschäftigt man sich nicht mit Momentaufnahmen. Liebe Kollegen, ich kopiere es Ihnen nachher gerne. Am besten beschäftigt man sich nicht mit Stichproben und mit Einzeljahren, sondern mit längeren Zeitreihen. Wenn man sich mit Landesinvestitionen und mit Kommunalinvestitionen auseinandersetzt, beschäftigt man sich am besten mit den konsolidierten Zahlen, Herr Schmitt, wenn das für Sie in Ordnung ist. Sie haben beides im Verhältnis zueinander thematisiert.

Diese Grafik zeigt sehr deutlich, wie sich die Investitionen in Hessen, im Land und in den Kommunen, im Vergleich zu den westdeutschen Flächenländern entwickeln. Ich glaube, das ist der kluge Vergleichsmaßstab; wenn wir die ostdeutschen Länder mit hineinnehmen, haben wir deutlich geringere Zahlen auf deren Seite. Wenn Sie sich mit diesen Zeitreihen von 2000 bis 2014 – das sind die letzten verfügbaren Daten – auseinandersetzen, werden Sie feststellen, dass wir in Hessen bei 97,4 % sind.

Das heißt, wir streiten heute Morgen eigentlich über gut zweieinhalb Prozent zu Einhundert, um die sich Hessen von anderen westdeutschen Ländern unterscheidet. Der Finanzminister hat – wie ich finde, völlig zu Recht – darauf hingewiesen, dass unser Investitionsbegriff zumindest politisch weiter gefasst ist, indem wir beispielsweise sagen, das Klügste, was wir an Investitionen vornehmen können, ist diejenige in die Köpfe junger Menschen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es ist in der Debatte aller Parteien so, dass Sie anerkennen müssen, das wir Spitzenwerte belegen – häufig erste, zweite oder dritte –, wenn es um die Zuwächse im Bildungs- und im Hochschulbereich geht.

Ich möchte noch einen zweiten Punkt anführen, weil der Kollege Rentsch immer von den Steuereinnahmen spricht. Lieber Herr Kollege Rentsch, wir haben auch einmal zusammen regiert. Auch wir hatten Jahre mit besseren und mit weniger guten Steuereinnahmen. Am Ende lohnt sich aber auch hier ein Vergleich, den ich für notwendig halte, um zu schauen, wie die von der CDU geführte Landesregierung auch in dieser Legislaturperiode arbeitet.

Wir haben da etwas, das nennt sich Länderfinanzausgleich, Herr Schmitt. Ich habe mir immer wieder die Zahlen ange

schaut, wie es war, als Sie noch Verantwortung getragen haben, und zwar nur im Verhältnis zwischen Neuverschuldung und Einzahlungen in den Länderfinanzausgleich. 1991 bis 1999 war das nahezu deckungsgleich. Wenn Sie sich demgegenüber einmal die letzten 12, 13 Jahre unter unserer Regierungsverantwortung anschauen, werden Sie feststellen, dass das Land Hessen 15 Milliarden € mehr in den Länderfinanzausgleich eingezahlt hat, als es neue Schulden aufgenommen hat.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gehört zur Redlichkeit der Debatte dazu. Das sage ich in erster Linie in Richtung des Kollegen Rentsch, der immer so tut, als würden die sprudelnden Steuereinnahmen am Ende des Tages ein Problem grundsätzlich lösen. Nein, vieles zahlen wir in diesen Ausgleich, um anderen Ländern zu helfen.

Ein letzter Punkt – Herr Schäfer-Gümbel ist leider weg –: Sie von den Sozialdemokraten müssen es schon ertragen, dass Kollege Wagner, Kollege Kaufmann, Kollege Arnold, meine Wenigkeit und andere immer wieder Ihre Ausgabenliste hervorziehen. Da reden wir über 3,5 Milliarden €. Das könnte ich alles noch einmal vortragen, aber das haben der Kollege Kaufmann und der Kollege Wagner bereits ausführlich beschrieben. Das wird immer wieder kommen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Ich frage Sie, ob Sie Modelle auf der Einnahmeseite haben, die 3,5 Milliarden € Deckung bringen. Wenn Sie das nicht haben – wovon ich ausgehe, weil Sie beispielsweise bei der Vermögensteuer, von der wir wissen, dass Herr Eichel als Bundesfinanzminister und seinerzeit Bundeskanzler Schröder sie nicht eingeführt haben, weil sie in der Administration fast genauso viel kostet, wie sie an Einnahmen generiert, unabhängig von der grundsätzlichen ideologischen Debatte –, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie sagen würden: Wir haben damals falsch gelegen und machen das viel besser, wir haben eine ganz kluge Idee. – Wenn Sie das aber nicht können, dann erwarte ich von Ihnen, dass Sie bei den Debatten, die wir in den nächsten zweieinhalb Jahren führen werden, zu jedem einzelnen dieser Punkte sagen werden, ob Sie bei dieser Forderung bleiben. Wenn Sie das tun, summieren wir 3,5 Milliarden € Mehrausgaben. Wir reißen damit das Ziel, auf den Abbaupfad zur Schuldenbremse zu kommen, und dann werde ich Ihnen die Frage stellen, ob Sie noch mit im Boot sind, wenn es um die Konsolidierung dieses hessischen Landeshaushalts geht, zur Wahrung der Zukunftsgestaltung unserer Kinder. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Boddenberg. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt.

Es wird vorgeschlagen, den Antrag der SPD an den Haushaltsausschuss und an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung zu überweisen.

(Günter Rudolph (SPD): Wunderbar!)

Das wird einmütig so gesehen, dann wird es auch so gemacht.

Eingegangen und an Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der FDP betreffend Arbeitsplätze der K+S-Werke sichern, Drucks. 19/3600. Wird die Dringlichkeit allseits bejaht? – Dann ist dies Tagesordnungspunkt 51. Die Redezeit beträgt fünf Minuten je Fraktion.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 23 auf:

Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend zuverlässiger und effektiver Rettungsdienst in Hessen – Drucks. 19/3488 –

Es beginnt Frau Kollegin Bächle-Scholz von der CDU Fraktion. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Erstes möchte ich Danke sagen – Danke an die Menschen, die mit einem sehr hohen persönlichen Einsatz im Rettungsdienst tätig sind. Menschen, die Tag und Nacht, von Montag bis Sonntag, von Neujahr bis Silvester jeden Tag dafür sorgen, dass jeder möglichst die Hilfe bekommt, die er im Notfall braucht – ganz egal, ob wir über Boden-, Berg-, Luft- oder Wasserrettung sprechen, egal, ob wir die DLRG, Feuerwehr, Deutsches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Johanniter-Unfall-Hilfe, Malteser Hilfsdienste und viele andere Hilfs- und Rettungsorganisationen meinen. Mein ganz besonderer Dank gilt dabei den Menschen, die sich neben ihren beruflichen Pflichten noch im Ehrenamt besonders bei großen Schadensereignissen und Katastrophen engagieren.

(Beifall bei der CDU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vergessen möchte ich auch nicht die Helfer, die meist ehrenamtlich oder gegen eine geringe Aufwandsentschädigung Veranstaltungen jeder Art betreuen. Ohne sie wären ein Ereignis wie z. B. der Hessentag, den wir jetzt erleben konnten, oder Altennachmittage und Festivals nur schwer zu bewältigen.

Lassen Sie uns aber nun einen Blick auf einige der zentralen Elemente unserer Rettungsinfrastruktur werfen. Eine fundierte und moderne Ausbildung ist Voraussetzung. Es ist unbestritten, dass Personal im Rettungsdienst optimal ausgebildet sein muss, um auch optimal helfen zu können. „Rettungsdienst“ heißt eben nicht, einen Verletzten irgendwo aufzusammeln und ihn in das nächstgelegene Krankenhaus zu bringen. Meist sind gerade die Mitarbeiter im Rettungsdienst die Ersten, die zu einem Unfallort bzw. Einsatzort kommen. Sie sind gefragt und gefordert, die notwendigen und oft auch lebensrettenden Maßnahmen einzuleiten. Sie sichern oft das Überleben oder verhindern schwerere Folgen bei einem Verletzten – eine Aufgabe, die auch immer schwerer wird, nicht zuletzt bedingt durch den demografischen Wandel.

Auch aufgrund der Anzahl pflegebedürftiger Menschen werden sich in Zukunft Anforderungen an den Rettungsdienst in quantitativer und qualitativer Hinsicht erhöhen. Das zunehmende Alter der Patientinnen und Patienten führt zu komplexer werdenden Notfallsituationen, einer Zunahme der Einsatzzahlen sowie der Veränderung von Krankheitsbildern der Hilfesuchenden.

Diesen gesteigerten Anforderungen kann nur durch ausreichend geschultes und qualifiziertes Personal begegnet wer

den. Vor diesem Hintergrund der veränderten Rahmenbedingungen ist die Schaffung des neuen Berufsbildes des Notfallsanitäters notwendig, um dem Anspruch an ein zukunftsorientiertes, leistungsstarkes Rettungswesen gerecht zu werden.

Hessen hat als erstes Bundesland in Deutschland einen Rahmenlehrplan für die Ausbildung zur Notfallsanitäterin und zum Notfallsanitäter herausgegeben, um so möglichst schnell mit der Ausbildung in diesem neuen Berufsfeld beginnen zu können. Gleichzeitig wurde auch damit begonnen, Ergänzungsprüfungen für die Rettungsassistenten bzw. -assistentinnen anzubieten, damit diese nachweisen können, den Anforderungen des neuen Berufsbildes zu entsprechen. Allein im ersten halben Jahr nach Einführung wurde dieses Angebot in elf Prüfungen von insgesamt 127 Prüflingen wahrgenommen. Der bis jetzt ungebrochene Zulauf zu den Rettungsdienstschulen zeigt die Attraktivität der Ausbildung.

Ein weiterer Punkt der Infrastruktur ist die Hilfsfrist. Hilfe ist gut, aber schnelle Hilfe ist besser. Im hessischen Rettungsdienst gilt ein klares Ziel: Innerhalb von zehn Minuten soll ein geeignetes Rettungsmittel vor Ort sein. Hessen hat mit zehn Minuten die kürzeste Hilfsfrist aller Flächenländer.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Hessen beispielsweise eine längere Hilfsfrist von nur zwölf Minuten – wie die meisten anderen Flächenländer – hätte, wäre das Ziel der Einhaltung der Hilfsfrist in 90 % der Fälle längst erreicht. Nur, wir in Hessen wählen nicht den bequemsten Weg. Wir in Hessen stehen zu unseren Anforderungen, zehn Minuten, und wir arbeiten daran, stets das Ziel zu erfüllen.

Das ist eine Herausforderung. Andere Flächenländer haben ein solches Ziel nicht. Das fängt damit an, dass nicht, wie bei uns, die Hilfsfrist der Zeitraum zwischen dem Eingang der Meldung bei der zuständigen Leitstelle und dem Eintreffen der Hilfskräfte ist. In anderen Bundesländern werden die Dispositions- und die Ausrückzeit nicht mit eingerechnet. Oder die Zeit beträgt zwölf oder gar 15 Minuten wie z. B. in unserem Nachbarland Rheinland-Pfalz.

Dann kommt noch die Frage hinzu: Wie wird dieses Ziel erreicht? Denn es ist wichtig, ein ambitioniertes Ziel zu haben. Aber noch wichtiger ist es, sich auf dieses Ziel hinzubewegen. Das machen wir.

Werte Kollegen, in den letzten Jahren haben die Rettungsdienstträger in Abstimmung mit den Hilfsorganisationen und den Krankenkassen in Hessen viel unternommen, um die Einhaltung der Hilfsfrist weiter zu optimieren. Nur als Hinweis nebenbei: In 70 % aller Fälle ist die Hilfe schon in acht Minuten vor Ort. Nur am Rande sei noch erwähnt, dass wir nicht nur die Ausbildung und die Hilfsfrist stetig verbessern. Auch die dauerhafte Qualitätssicherung ist ein wichtiger Faktor.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass Hessen als erstes Bundesland eine Verordnung über die Qualitätssicherung erlassen hat, um einen Ärztlichen Leiter Rettungsdienst einzuführen. Es ist uns in Hessen gelungen, ein beispielhaftes Netz zur Notfallversorgung aufzubauen. Dies gilt nicht nur für den bodengebundenen Rettungsdienst mit seinen Wachen, sondern auch für die Luftrettung. So stehen in der Bodenrettung überall soge

nannte Mehrzweckfahrzeuge zur Verfügung, die jeweils alles an Bord haben, was man für eine notwendige und optimale Versorgung braucht. Dies ist in der Bundesrepublik einzigartig.

Aber eine erfolgreiche Rettung bleibt nicht mit dem Eintreffen des Rettungsdienstes stehen. Wichtig ist, dass die Patienten nach diesem ersten Schritt zur Weiterbehandlung in ein Krankenhaus eingeliefert werden. Dabei bedeutet das nicht ein x-beliebiges Krankenhaus, sondern ein für den Patienten geeignetes Krankenhaus, sodass direkt mit einer adäquaten Behandlung begonnen werden kann.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn – führen wir es uns vor Augen – nicht jedes Krankenhaus ist zu jeder Tageszeit für alle medizinischen Notfälle ausgerüstet. Das Krankenhaus – diese Vorgabe haben wir – soll nach 20 Minuten, in Ausnahmefällen nach 30 Minuten erreicht werden. Damit wird gewährleistet, dass innerhalb einer Stunde, in der sogenannten Golden hour, das auf die Verletzung zugeschnittene Krankenhaus erreicht wird.