Ja, wir brauchen bei vielen großen Entscheidungen Einstimmigkeit. Das ist geboten. Ich glaube, in wichtigen Fragen würde das jeder von uns auch für Deutschland dort reklamieren. Aber wir haben beispielsweise hinsichtlich der Flüchtlinge auch Entscheidungen gehabt – ich lasse jetzt einmal weg, dass das manche im Ergebnis nicht gut finden –, bei denen im Europäischen Rat mit Mehrheit entschieden wurde.
Lassen Sie uns doch alle bitte etwas miteinander vornehmen. Denn manche hören uns zu, wenn wir hier über die Europäische Union reden. Wir sollten endlich einmal damit aufhören, irgendwelche einzelnen Ereignisse dazu zu missbrauchen, die Europäische Union auch hinsichtlich der Frage der Handlungsfähigkeit schlechtzureden. Wenn es so ist, dass wir bei den Abläufen und bei der Politik etwas verbessern müssen, dann machen wir es doch einfach.
Wir sind zwar nur der Landtag. Aber Hessen ist Mitglied des Bundesrates. Wir sind in der Lage, dort wertvolle Anstöße zu liefern. Insofern lasst uns nach vorne schauen und die Dinge positiv bewerten. Lasst uns mit den Menschen über die Errungenschaften reden. Das wurde hier heute ausführlich getan. Das muss ich nicht alles wiederholen. Lasst uns zeigen, dass die Europäische Union am Ende des Tages, wenn es darauf ankommt, wirklich handlungsfähig ist.
Ich will noch ein Beispiel nennen. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben es aufgegriffen. Der Ministerpräsident hat es in seiner Regierungserklärung ebenfalls angesprochen. Das Stichwort lautet: Jugendarbeitslosigkeit.
Ich muss schon sagen, dass ich kein Verständnis dafür habe, dass man in einer Brexit-Debatte als Allererstes mit einem solchen Thema kommt. Das ist ein wichtiges Thema. Ich sage das, damit Sie mich nicht missverstehen. Aber jetzt erklären Sie mir einmal bitte, was diese Frage als Allererstes mit der Europäischen Union zu tun hat. Ich sage Ihnen einmal: Das hat relativ wenig mit der Europäischen Union zu tun.
Es geht um die Jugendarbeitslosigkeit. Das haben Sie mit Blick auf Spanien nach Ihrer Reise nach Sevilla thematisiert. Das ist völlig okay. Sie sagen: Da muss die Europäische Union mehr tun. – Dann haben Sie noch in einem Interview – ich glaube, es war im Deutschlandradio – gesagt: Die Europäische Union muss mehr Geld ausgeben. – Ich sage: Das ist in Richtung dieser Länder die völlig falsche Botschaft.
Die Europäische Union muss nicht mehr Geld ausgeben. Vielmehr liegt die Zuständigkeit für die Ausbildung dieser jungen Menschen und deren Vermittlung in Arbeit sowie die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Volkswirtschaften bei den Mitgliedstaaten.
Wenn es etwas gibt, was wir im Moment in Richtung der Staaten der Europäischen Union rufen müssen, dann ist es: Verbessert eure Strukturen. Schaut doch einmal nach dem Best-Practice-Modell, was in welchem Mitgliedstaat gut funktioniert. Schaut doch einmal genau hin, wenn es etwas Besseres als bei euch gibt, ob man davon nicht das eine oder andere übernehmen kann. – Das gilt im Übrigen für Deutschland genauso wie für alle anderen Mitgliedstaaten.
Gerade zum Thema Jugendarbeitslosigkeit muss man sagen: Sie beträgt in Spanien 50 % bei denen, die unter 25 Jahre sind. Bei uns in Hessen sind es 5 %. Darauf ruhen wir uns nicht aus. Ich bin jeden Tag dafür dankbar, dass es so ist. Aber dafür gibt es auch Gründe. Beispielsweise gibt es den Grund, dass wir mit der dualen Ausbildung ein Konstrukt haben, das wir über Jahrzehnte weiterentwickelt haben.
Diese Landesregierung ist gerade auch, was die Gleichberechtigung, also nicht nur die Gleichwertigkeit, zwischen beruflicher, allgemeiner oder akademischer Bildung anbelangt, einen weiteren Schritt gegangen. Auch derjenige, der eine ordentliche Abschlussnote in seiner Facharbeiterqualifizierung hat, kann eine Fachhochschule besuchen. Er hat dafür die Zulassung.
Nachdem wir das vor vielen Jahren schon bei den Meistern für die allgemeine Hochschulzulassung gemacht haben, sage ich immer wieder dazu: Wir wollen gar nicht, dass die alle studieren. – Aber wir wollen den Eltern, den Kindern und Jugendlichen sagen: Dieser Weg ist genauso gut wie der akademische.
Das sollten wir auch dem einen oder anderen in den weiter südlichen Nachbarländern häufiger sagen. Gott sei Dank gibt es Interesse an dem, was wir haben. Ich glaube, damit wird viel mehr als mit Geld geholfen.
Eine Zahl will ich schon noch korrigieren. Sie haben von 40 Cent gesprochen. Sie haben die 6,5 Milliarden € angesprochen. Sie sollten einmal sehen, wie dort hinsichtlich der Beschlüsse nachgebessert wurde. Diese Mittel können relativ kurzfristig verwendet werden. Sie müssen nicht, wie ursprünglich vorgesehen, auf sechs Jahre verteilt werden.
Spanien und auch die Region, in der Sie mit Ihrer Fraktion waren, haben im Moment durchaus kein Problem, das Geld heißt. Vielmehr bleibe ich dabei: Das ist ein Problem, das damit verbunden ist, dass man möglicherweise auch einmal Strukturen im Sinne der jungen Menschen und ihrer Zukunftschancen verändern und verbessern muss.
Gestatten Sie mir das zum Schluss. Ich will schon noch auf das eingehen, was heute Gegenstand der unterschiedlichen Auffassungen war. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben eingangs völlig zu Recht gesagt: Es gibt da eine Menge Dinge, die von uns gemeinsam, wahrscheinlich parteiübergreifend, gesehen werden, aber es gibt auch Unterschiede.
Ich will auf die Unterschiede zu sprechen kommen. Hier ist von Vielstimmigkeit in den letzten Tagen und Wochen gesprochen worden, wie man denn jetzt mit dieser neuen Situation umgehen solle. Ich will schon einmal die Frage stellen, wie Sie als Sozialdemokraten zu dem Positionspapier stehen, von dem ich eben schon kurz gesprochen habe.
In dem Papier wird einerseits davon gesprochen, dass die Außenpolitik vergemeinschaftet werden muss: Ja, das kann man als ein Ziel definieren; das machen wir heute schon zu einem großen Teil. Gleichzeitig aber spricht der Außenminister der Bundesrepublik Deutschland, der Sozialdemo
Was meinen Sie denn damit, dass wir die Sozialschutzsysteme einander angleichen sollen? Ich hätte das gerne einmal ein bisschen konkreter. Heißt das, Sie wollen am Ende des Tages dafür sorgen, dass am Ende beispielsweise die Mindestsätze von Hartz IV – wie es bei uns heißt – in Rumänien die gleiche Höhe haben wie in der Bundesrepublik Deutschland, mit dem Ergebnis, dass dann kein Rumäne mehr aus wirtschaftlichen oder finanziellen Gründen eine Arbeit sucht? Wollen Sie das? – Ich hätte das gerne gewusst.
Noch einmal: Ich sage nicht, dass Sie grundsätzlich falsch liegen. Ich bin sehr dafür, dass wir über mehr soziale Gemeinschaften und Gemeinsames reden, auch im Bereich der Ökologie und der Nachhaltigkeit. Ich habe eben ein konkretes Beispiel genannt. Aber ich hätte es gerne hin und wieder ein bisschen konkreter. Ich wäre auch dankbar, wenn insbesondere Sätze unterblieben, die so etwas wie die „Selbstermächtigung“ des Europäischen Rates thematisieren. In dem Papier, das ich eben angesprochen habe, heißt es – Zitat von Herrn Schulz und Herrn Gabriel –, der Rat der Staats- und Regierungschefs habe sich in einem „Akt der Selbstermächtigung“ selbst zur zentralen Entscheider-Institution erklärt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer in dieser Zeit andeutet, dass der Europäische Rat mit dem, was er tut, nicht demokratisiert und legalisiert ist, der muss sich doch nicht wundern, dass genau das der Boden ist, auf dem Rechts- wie Linkspopulisten in der Mitte stehen und sagen: Schaut einmal, wie undemokratisch diese Europäische Union am Ende des Tages in ihrer Führung ist. – Dann darf man sich nicht wundern, dass so etwas wie ein Brexit herauskommt. Lassen Sie solche Formulierungen.
Ich komme zum Schluss und will zum Standort Frankfurt nur noch eines sagen: Ich wäre sehr dankbar, wenn es uns gemeinsam gelänge – bei allen durchaus berechtigten Hinweisen, dass wir auch weiter das Thema Wohnungsbau auf der Tagesordnung haben müssen, wenn mehr Menschen aus England oder woher auch immer nach Frankfurt kommen –, noch einen wesentlichen Punkt zu erwähnen, z. B. das Thema Regulierungsbehörde.
Mir und uns wäre es sehr wichtig, dass Regulierung auf kontinentaleuropäischem Gebiet in Frankfurt und Deutschland stattfindet. Dies sollte nicht nur aus Gründen des Standorts geschehen. Ich glaube, nach dieser Wirtschaftsund Finanzkrise feststellen zu können, dass es gut ist, wenn wir dabei sind, wenn es um Regeln für die Finanzdienstleistung, die Finanzierung von Kapitalgesellschaften und all diese Dinge geht. Es ist auch ein Vorteil, wenn das in räumliche Nähe zur EZB rückt und wir dort politischen Einfluss darauf nehmen können, dass diese Branche hoffentlich nie wieder in ein solches Fahrwasser gerät, wie das
Danke, Herr Boddenberg. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Das heißt, die Regierungserklärung des Hessischen Ministerpräsidenten betreffend „Europa nach dem Brexit-Referendum – Folgen und Chancen für Hessen“ ist besprochen.
Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Gesetz über die Anpassung der Besoldung und Versorgung in Hessen 2016 (HBesVAnpG 2016) – Drucks. 19/3592 zu Drucks. 19/3373 –
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Beschlussempfehlung des Innenausschusses lautet: Der Innenausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von SPD, DIE LINKE und FDP, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unter Berücksichtigung des Änderungsantrags Drucks. 19/3581 anzunehmen.
Herr Bauer, danke für die Berichterstattung. – Sie haben sich auch als Erster für die Fraktion der CDU zu Wort gemeldet. Die vereinbarte Redezeit ist zehn Minuten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie wissen, dass mit diesem Gesetz die Bezüge der Beamtinnen und Beamten zum 1. Juli 2016 um 1 % erhöht werden. Neben den Grundgehältern werden unter anderem die Anwärterbezüge, Familienzuschläge, Amtszulagen, Mehrarbeitsvergütungssätze und Kindererziehungszuschläge erhöht. Das alles verursacht Kosten von 35 Millionen € in diesem und von 70 Millionen € im nächsten Jahr und in den Folgejahren.
Die vorgesehene Steigerung liegt über den für Hessen gemessenen Veränderungen der Verbraucherpreise. Für Juni 2016 berichtet das Statistische Landesamt in Wiesbaden von 0 % Inflation. Im April 2016 waren die Verbraucherpreise sogar im Durchschnitt um 0,3 % gesunken. Somit kann aufgrund des von uns eingebrachten Gesetzentwurfs durchaus gesagt werden: Diese Besoldungserhöhung ist ein Mehr an Kaufkraft für die Beamtinnen und Beamten in unserem Land.
Natürlich wissen wir: Die Entwicklung der Besoldung lag im letzten und liegt in diesem Jahr unterhalb der Gehaltssteigerungen der Tarifbeschäftigten – das ist wahr. Im
langfristigen Vergleich gibt es allerdings fast keine Unterschiede. Die Löhne der Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst in Hessen sind im Vergleich zum Jahr 2000 bis heute um insgesamt 28,91 % gestiegen. Die Besoldung der hessischen Beamten ist im gleichen Zeitraum um 27,91 % angewachsen. Innerhalb von 15 Jahren beträgt der Unterschied damit lediglich einen einzigen Prozentpunkt. Deshalb kann man von einem unangemessenen Auseinanderfallen der Steigerungen im Tarif- und Besoldungsrecht nicht reden. Meine Damen und Herren, wer so etwas behauptet, liegt schlicht falsch.
Natürlich ist uns allen bewusst, dass sich die Beamtinnen und Beamten gleichwohl eine größere Steigerung erhofft haben. Dafür haben wir Verständnis, und damit hat sich die Koalition intensiv auseinandergesetzt. Seriöse Politik muss sich aber der Wirklichkeit stellen. Ohne Verantwortung zu tragen, ist es leicht, allen alles zu versprechen. Zur Wirklichkeit gehört, dass Hessen trotz großer Kraft der Steuerzahler voraussichtlich auch in diesem und im nächsten Jahr neue Kredite aufnehmen muss, um all seine Ausgaben zu bestreiten.
Wir haben das Ziel vor Augen, dass Hessen spätestens im Jahr 2019 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann. Dieses Ziel wäre nur schwer zu erreichen, ohne auch den Beamtinnen und Beamten etwas zuzumuten; denn rund 40 % aller Ausgaben des Landeshaushalts entfallen nun einmal auf das Personal. Meine Damen und Herren, in dieser Lage hält die Koalition den eingeschlagenen Weg einer Erhöhung der Besoldung um 1 % und mindestens 420 € jährlich für angemessen.
Wir sind fest davon überzeugt, dass damit auch die Vorgaben voll und ganz erfüllt werden, die das Grundgesetz und das Bundesverfassungsgericht für eine angemessene Alimentation der Beamtinnen und Beamten formuliert haben.
Auch den Vergleich mit der Besoldung in anderen Bundesländern müssen wir nicht scheuen. Dieser macht deutlich, dass wir unseren Beamtinnen und Beamten kein unzulässiges Sonderopfer abverlangen. Bei der Jahresbruttobesoldung liegen die hessischen Beamtinnen und Beamten mit der Erhöhung vom 1. Juli durchgehend bundesweit über dem Durchschnitt der Besoldung in Bund und Ländern.
In vielen Besoldungsgruppen liegen die hessischen Beamtinnen und Beamten im vorderen Drittel, beispielsweise bei der A 13 – das entspricht dem, was Lehrer an Gymnasien verdienen.