Protocol of the Session on December 16, 2015

Sie hätten hier vor Aufregung fast einen Herzinfarkt bekommen.

(Beifall bei der FDP)

Sie hätten ein hochrotes Gesicht bekommen – und jetzt der Zwischenruf, ich würde unrichtig behaupten, dass wir nicht beckmessernd sind.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Dr. Hahn, ich erfreue mich bester Gesundheit!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch Sie werden wieder einmal in die Minderheit kommen, und dann werden Sie sich die Frage stellen, die wir uns gestellt haben.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn ihr sonst nichts habt!)

Wenn sich gerade bei dieser großen Zahl der Flüchtlinge eine übergroße Mehrheit in diesem Hause vorher verabredet hat – wo sind dann eigentlich noch die Rechte der Minderheit, sich mit diesem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen? Darüber sollten Sie sich schon einmal Gedanken machen,

(Beifall bei der FDP)

gerade die Damen und Herren von den GRÜNEN, die gerade so eifrig meinen, dazwischenrufen zu müssen.

Zum Thema Flüchtlinge. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben zur Kenntnis genommen – und das auch immer wieder in öffentlichen Erklärungen dokumentiert –, dass in den Vorlagen, die zunächst von den Regierungsfraktionen gekommen sind und die im Aktionsplan der Landesregierung sozusagen regierungsseits die Grundlage gefunden haben, viele Ideen sehr vernünftig sind. Wir haben es uns nicht angewöhnt – wie das manch andere früher getan haben –, aufzuzählen, was die FDP-Fraktion in den letzten zwölf Monaten zu diesem Thema bereits alles vorgeschlagen hat. Aber eine Trefferquote von weit über 50 % war in diesen Anträgen von Ihnen nachzulesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, besondere Zeiten bedingen auch besondere Arten der Politik. Deshalb haben wir uns dafür entschieden, sämtliche Anträge zum Thema Flüchtlinge mit einer Enthaltung zu begleiten, und zwar deshalb, weil es neben den 50 %, die auch wir als gut empfunden haben – vielleicht waren es auch 75 % – 25 % Anträge dabei sind, die nach unserer Auffassung in keinster Weise etwas mit Flüchtlingen oder mit der Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Hessen zu tun haben.

(Beifall bei der FDP)

Aber auch hier wieder jetzt nicht diese kleinteilige Diskussion. Ich kann mich an die letzte Legislaturperiode erinnern, da ist das gerade von der Fraktion der GRÜNEN hier im Hause geübt worden. Eine solche Diskussion führen wir als Liberale heute nicht, sondern wir sagen, das Gesamtpaket Flüchtlinge ist ein Gesamtwerk – ich sage jetzt nicht: „Gesamtkunstwerk“. Vieles davon ist richtig, manches ist falsch. – Was tut dann eine gute Opposition? Sie enthält sich der Stimme.

Was ich aber überhaupt nicht nachvollziehen kann, das sind die Äußerungen, die inhaltlich dazu vom Kollegen Kaufmann vorgetragen wurden. Er hat gesagt: Wir müssen von einer Willkommenskultur zu einer Integrationskultur kommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da hat der Kollege Kaufmann aber einen Zwischenschritt vergessen. Bei dieser hohen Zahl der Flüchtlinge müssen wir zuallererst von einer Willkommenskultur zu einer Willkommensstruktur kommen. Wir müssen uns als Land Hessen und die Kommunen selbst überhaupt erst einmal dazu ausstatten, damit man eine Willkommenskultur leisten kann. Ich halte es für ein Obst, das ausgesprochen weit oben hängt, wenn man schon jetzt sagt, wir müssen uns um die Integrationskultur kümmern. Das ist der nächste Schritt. Machen Sie doch bitte erst einmal Ihre Hausaufgaben. Dann können wir uns über die weiteren Ziele einigen.

(Beifall bei der FDP)

Kollege Kaufmann, wir haben uns ganz bewusst entschieden, unsere Anträge erst gestern in der Fraktionssitzung endgültig zu beschließen und dann in den Geschäftsgang zu bringen. Wissen Sie, warum? Auf der einen Seite wollten wir nicht das Schicksal erleiden, wie es die LINKEN erlitten haben. Zum Zweiten wollten wir erst einmal wissen, was Sie überhaupt wollen. Wir wussten doch erst seit gestern Morgen, was Sie überhaupt abschließend wollen. Wir schreiben doch keine Anträge zu einer Situation, die wir noch gar nicht kennen.

(Beifall bei der FDP)

Sie sind die Verantwortlichen dafür, dass wir so lange zugewartet haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben keine Zeit zur Beratung auch mancher Anträge von Ihnen bekommen. Das gilt insbesondere für die gemeinsamen Anträge mit der SPD.

(Zuruf des Abg. Günter Schork (CDU))

Herr Kollege Schork, ich weiß nicht, ob Sie sich dessen bewusst sind, ich habe es im Ausschuss schon gesagt: Im Lehrbuch – es sind keine Schülerinnen und Schüler hier – können Sie nachlesen, dass das Parlament die Regierung kontrolliert. Staatstheoretisch war das auch irgendwann einmal richtig. Heute aber ist das praktisch vollkommen falsch. Heute unterstützt das Parlament die Regierung. Die Einzigen, die die Regierung auch tatsächlich kontrollieren, sind die Opposition.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb braucht die Opposition auch manchmal ein bisschen länger dafür. Herr Schork, Sie wissen genau: Seit 1999 war ich immer wieder ein bisschen an den Beratungen, auch in internsten Kreisen, beteiligt. Ich weiß doch, wie bei Ihnen die Vorberatungen stattgefunden haben – hoffentlich sind sie auch so intensiv erfolgt, wie wir das

damals in der Regierungsverantwortung getan haben. Aber Sie haben doch einen Vorsprung. Uns zumuten zu wollen, dass wir innerhalb von 48 Stunden diesen Vorsprung ausgleichen, das halte ich für äußerst mutig.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, darauf wollte ich den Haushaltsausschuss hinweisen: Kameradschaftlich ist das jedenfalls nicht.

(Beifall bei der FDP)

Die Anträge der FDP stehen unter einem Motto. Dieses Motto heißt: Vorfahrt für Bildung und Mobilität. Mit unseren Anträgen wollen wir deutlich machen, dass man Ihrem Konzept der Haushaltsstrukturen ein anderes entgegensetzen kann. Wir wollen, dass die Mittel, die uns der Bund für das BAföG zahlt, auch weiterhin zu einem großen Teil für Wissenschaft und Kunst angelegt werden, und zwar zusätzlich. Sie haben den hessischen Hochschulen hierzu eine Mogelpackung vorgelegt. Sie sagen so schön, das sei „prolongiert“ worden. Das bedeutet natürlich, im nächsten Jahr ist es weniger. Wenn man etwas prolongiert, dann heißt das, ich zahle es nicht 2016, sondern ich zahle es frühestens 2017.

Das wollen wir nicht. Deswegen haben wir dazu einen Antrag in der Höhe von 16,91 Millionen € vorgelegt.

Darüber hinaus haben wir gesagt, dass wir auch die Mittel, die uns für das Betreuungsgeld zur Verfügung stehen, besser für den Zweck nutzen, für den es gedacht ist. Wir als Freie Demokraten stehen – nicht erst seit dieser Legislaturperiode – für frühkindliche Bildung. Wir wollen, dass die frühkindliche Bildung intensiver ausgebaut wird.

(Beifall bei der FDP)

Das ist das Kapital unseres Landes. Es sind unsere Kinder. Darüber hinaus: Wenn wir die frühkindliche Bildung richtig organisieren, dann haben wir auch als Gesellschaft einen Gewinn, wenn die Kinder Erwachsene sind und im Berufs- oder im Familienleben aktiv sind.

Das sind unsere beiden Schwerpunkte. Der eine Schwerpunkt ist die qualifizierte Schulvorbereitung. Mancher hier im Raum und insbesondere Stefan Grüttner wird sagen: Jörg-Uwe, das ist dein Lieblingskind. – Ja, das ist es, weil es so vernünftig ist. René Rock und ich haben in der letzten Legislaturperiode doch nicht umsonst dafür gekämpft, dass es eine qualifizierte Schulvorbereitung gibt. Wir waren in vielen Wahlkreisen in den betreffenden Einrichtungen unterwegs – nicht nur in denen, die wir selbst zu betreuen haben – und haben gesehen, welche Fortschritte dies für die Kinder, meistens für die Kita-Kinder, die Kindergartenkinder, bringt.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb müssen da 2,7 Millionen € dazu. Jeder hier im Raum kann sich noch daran erinnern – sogar diejenigen, die mit KiföG wenig am Hut hatten oder denen diese Diskussion irgendwann einmal ein bisschen langweilig wurde, um es höflich auszudrücken –, dass wir bei der Finanzierung der Säulen bei der letzten, der vierten Säule, Schluss gemacht haben.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Fraktion sind wir der Auffassung, dass wir als Hessischer Landtag da noch Nachlieferungsverpflichtungen haben. Deshalb der Antrag, dass 21,4 Millionen € als konnexitätsgerechter Ausgleich für verbesserte Rahmenbedingungen für die Kinderbetreuung hereingenommen werden sollen.

Natürlich danke ich zum Abschluss – und das tue ich nicht als Floskel, in diesem Jahr schon gar nicht – denjenigen, die uns dabei geholfen haben. Da schon viele genannt worden sind, möchte ich insbesondere die Vertreter des Budgetbüros in unserem Hause mit meinem, mit unserem Dank versehen, und ich sage es sehr deutlich: Ich möchte auch den Geschäftsführer des Haushaltsausschusses, Herrn Zinßer, mit großem Dank begleiten.

(Allgemeiner Beifall)

Wie viele in diesem Hause wissen, hat er sich zwischendurch ein bisschen mit sich selbst beschäftigen müssen, aber trotzdem hat er es geschafft, noch bis heute Vormittag die Mitglieder des Haushaltsausschusses mit den letzten Mails auszustatten. Ein herzlicher Dank an ihn.

Das waren ganz besondere Verhandlungen. Sie werden heute mit einem ganz besonderen Abstimmungsritual – das habe ich noch nicht erlebt, aber ich bin erst seit 28 Jahren hier im Hause, es ist schön, wenn man etwas Neues erlebt – beendet werden.

Dieser Haushalt ist nicht perspektivisch. Wir müssen an strukturelle Änderungen beim Haushalt herangehen, damit wir die uns von unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern auferlegte Schuldenbremse, die vernünftig ist, einhalten können.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Kollege Hahn. – Das Wort hat der Abg. Michael Boddenberg, Vorsitzender der Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Ich will auf einige wenige Punkte eingehen, die meine Vorredner angesprochen haben.

Ich fange bei dem an, was Herr Schäfer-Gümbel gesagt hat. Ich komme gleich noch zu dem, was wir gemeinsam beschlossen haben. Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben drei Schwerpunkte genannt, wo Sie Kritik üben. Das eine ist – das ist kein ganz neues Thema, aber Sie haben es heute wiederholt – Ihre Kritik daran, dass wir in den nächsten Jahren das Gehalt unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jährlich um nur 1 % erhöhen. Ich muss noch einmal daran erinnern – das sollte in jedem Protokoll stehen –, das wir zweimal hintereinander eine Erhöhung der Gehälter um 2,8 % vorgenommen haben. Dann folgte eine Nullrunde; in Zukunft wird es eine jährliche Erhöhung um 1 % geben. Ich will das Problem gar nicht wegreden. Auch ich könnte mir angenehmere Botschaften in Richtung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorstellen, aber ich denke, es macht keinen Sinn, dass wir angesichts der Tatsache, dass nahezu 50 % der Ausgaben des Haushalts Personalkosten sind, einfach so tun, als könne man dieses Problem ignorieren.

Herr Schäfer-Gümbel, Sie haben die angeblich schwindende Attraktivität des öffentlichen Dienstes angesprochen. Ich versuche, diese Aussage mit einer Tatsache in Einklang zu bringen, die wahrscheinlich auch Sie kennen. Wenn Sie an den hessischen Universitäten und Fachhochschulen – das gilt nicht nur für Hessen – fragen, wohin es nach dem Studium gehen soll, antworten über 50 % der Befragten,

dass sie in den öffentlichen Dienst gehen wollen. Wie das zu dem passt, was Sie sagen, dass nämlich die Attraktivität des öffentlichen Dienstes gesunken sei, überlasse ich Ihrer Fantasie. Ich habe das Gefühl, dass der öffentliche Dienst gerade auch in Hessen sehr attraktiv ist.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Sie haben einen zweiten Punkt angesprochen, die Bildung. Auch darauf will in aller Kürze eingehen. Ich glaube, ich brauche das, was wir in der Debatte zu den Einzelplänen gerade im Bereich der Hochschulen vorgetragen haben, nicht zu wiederholen. Wir haben einen Hochschulpakt, wir haben HEUREKA, wir haben LOEWE, wir haben eine Lehrerzuweisung, die es so seit vielen Jahren und nach wie vor in keinem anderen Bundesland gibt. Ich glaube, wir brauchen uns nicht ernsthaft darüber zu streiten, wie Hessen daher im Vergleich zu allen anderen dasteht.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Da Sie die frühkindliche Bildung angesprochen haben – ich spreche ein bisschen schneller, weil ich nur wenig Zeit habe –, will ich nur noch einmal daran erinnern, wie sehr wir hier über das Kinderförderungsgesetz gestritten haben. Wenn Sie sich einmal die Zahlen anschauen: Wir haben für das Jahr 2016 für diesen Bereich sage und schreibe 434 Millionen € im Haushaltsentwurf stehen. Ich erinnere mich daran, dass der Sozialminister, als wir seinerzeit darüber sehr streitig diskutiert haben, gesagt hat, im Jahre 2010 sei man von 70 oder 80 Millionen € ausgegangen. Sie wollen doch nicht allen Ernstes behaupten, dass das kein gewaltiger Sprung in dem von Ihnen gerade angesprochenen Bereich der frühkindlichen Bildung ist?