Protocol of the Session on September 24, 2015

Meine Damen und Herren, wir haben alles getan und werden alles tun, was auf Landesebene getan werden kann, um den Milchviehbetrieben zu helfen. Es fehlt leider noch die Entschlossenheit der Bundesregierung – in Person des Bundeslandwirtschaftsministers –, hier gemeinsam etwas zu bewegen; denn nur gemeinsam können wir erreichen, dass auf der EU-Ebene Bedingungen geschaffen werden, die die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit guten Qualitätsprodukten, wie der hessischen Milch, ebenso sichern wie die Existenz der Milchbauern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Frau Feldmayer. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Lenders das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Vorredner haben es schon angesprochen: Die Probleme auf dem Milchmarkt sind sicherlich nicht regional zu lösen. Sie können nicht von Hessen aus gelöst werden, wahrscheinlich sogar nicht einmal national gelöst werden. Das ist ein Thema, das am Ende die EU anpacken muss. Das hängt natürlich auch mit den Milchmengen zusammen, die in der EU produziert werden. Das ist eine große Herausforderung, wie im Moment jeder sehen kann.

Wir haben es mit einem Produkt zu tun, dessen derzeitige Probleme nicht lokal zu lösen sind; das mag man vielleicht an den Mengen ablesen können. Zu der Krise trägt nicht so sehr der Liter Milch bei, der nicht getrunken wird; erschwerend hinzugekommen ist in der Tat das RusslandEmbargo. Für dieses Embargo trägt die Politik die zentrale Verantwortung. Das Embargo hat auf die Preiskrise – so will ich das einmal nennen – auf dem Milchmarkt voll durchgeschlagen.

Dazu kommt natürlich die Situation in Asien. Auch das ist schon angesprochen worden. Meine Damen und Herren, wenn Milch ein verderbliches Produkt ist und wir über zu große Mengen reden, dann reden wir auch über viele Milchprodukte, vor allen Dingen über Milchpulver. Wenn es darum geht, neue Absatzmärkte zu erschließen, dann muss die Politik, wenn sie vorher in das Marktgeschehen eingegriffen hat, den Landwirten eben auch beim Absatz von Milchprodukten helfen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, auch ich sage, dass es gut ist, dass DIE LINKE dieses Thema heute zum Setzpunkt gemacht hat, dass wir darüber diskutieren können. Die beiden ersten Punkte sowohl im Antrag der LINKEN als auch im Antrag von CDU und GRÜNEN müsste jeder unterschreiben können. Dann ist man aber wahrscheinlich schon am Ende der Gemeinsamkeiten; denn wenn man sich den Antrag der LINKEN etwas genauer anschaut, dann sieht man, es geht wohl eher darum, die Marktmechanismen zu kritisieren.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Die funktionieren ja auch nicht! – Marjana Schott (DIE LINKE): Das ist doch auch so!)

Liebe Kollegen, die Einführung einer Quote ist kein Instrument einer freien Marktwirtschaft, sondern ein Instrument der Planwirtschaft. Genau die hat versagt.

(Beifall bei der FDP – Hermann Schaus (DIE LIN- KE): Sollen wir lieber gegen die Milchbauern sein, als das zu kritisieren?)

Die alte Quotenregelung – ich darf Sie vielleicht daran erinnern, bevor Sie sich echauffieren – hat dazu geführt, dass wir in der Europäischen Gemeinschaft Butterberge und Milchseen hatten. Der Versuch, diesen Markt über Quoten zu regulieren, hat am Ende dazu geführt, dass die Quoten permanent nachgesteuert werden mussten. Die Forderung, die Quote wieder einzuführen, unterstützt in der Landwirtschaft sicherlich keiner.

Sie haben vorschlagen, Biomilch und Biomilchprodukte sollen es retten. Herr Kollege Lotz hat es eben schon gesagt – und das wäre auch meine Befürchtung –, dass das Problem, das der gesamte Milchmarkt zurzeit hat, auf die Bioprodukte und damit auf die Biobauern verlagert würde. Das kann sicherlich nicht gewollt sein.

(Beifall bei der FDP)

Die Vorredner haben es schon angesprochen: Der Lebensmitteleinzelhandel muss sich kritisch fragen lassen, was er dazu beigetragen hat, dass es bei einem so hochwertigen Produkt wie der Milch zu einer solchen Eckpreislage gekommen ist. Milch gehört zu den Produkten im Lebensmittelhandel, bei denen immer hingeschaut wird, welcher Eckpreis vorgegeben wird. Hier hat immer der niedrigste Preis das Prä. Milch wird oftmals unter Einstandspreis abgegeben, nur um dem Verbraucher eine bestimmte Preissymbolik zu suggerieren. Das wird dem Produkt Milch überhaupt nicht gerecht.

Ich bin schon froh, dass es hier Anzeichen gibt, denn ich hätte den Namen nicht genannt. Aber Lidl hat es vorgelebt, und es gibt auch andere Unternehmen, die das Gleiche gemacht haben. Ich erinnere an die Firma Tegut oder an die Firma REWE, die in der Vergangenheit, bei der letzten Milchkrise, auch eher gesagt haben: faire Milch und ein fairer Preis für die Landwirte.

Wie ich meine, haben auch die Verbraucher das sehr wohl verstanden. Nur glaube ich, dass der Verbraucher insgesamt über seine Marktmacht eigentlich noch gar nicht so richtig im Bilde ist. Er sollte eben diesen Eckpreislagen nicht immer auf den Leim gehen, nicht immer den billigsten Liter Milch kaufen, sondern eher zu dem Produkt greifen, dem er auch Vertrauen schenkt. Wenn das ein Biomilchprodukt ist, habe ich überhaupt nichts dagegen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, in den letzten 33 Jahren konnte die Milchquote weder den Strukturwandel aufhalten, noch konnte sie Milchpreiskrisen verhindern. Sie hat eher Betriebe daran gehindert, sich weiterzuentwickeln. Wenn Sie heute in tiergerechte Ställe investieren wollen, dann müssen Sie im Grunde doppelt zahlen – für die Ställe und für die Quote.

Die Forderung, jetzt die sogenannte Superabgabe zurückzuführen, findet auch unsere volle Unterstützung. 900 Millionen € – ich weiß nicht, ob die Zahl richtig ist. Ich habe eine etwas andere Zahl, aber hier vertraue ich dem einzigen Landwirt – das darf man ruhig sagen –, der im Hessischen Landtag verblieben ist. Hier wird man sicherlich nicht über die Größe, sondern über das „an sich“ streiten dürfen oder nicht zu streiten brauchen. Es muss jedoch zurückgegeben werden.

Es ist auch ganz klar: Wir reden bei der Landwirtschaft und bei den Milchbauern nicht alleine von produzierenden Betrieben. Sie sind natürlich auch als ein Stück Kulturgut in Deutschland zu erhalten.

Es ist jedoch ein Problem angesprochen worden: Die hessischen Bauern – nicht nur die hessischen, sondern alle Milchbauern – haben 365 Tage im Jahr ihr Milchvieh im Stall stehen. Es ist im Hessischen Landtag einmal eine ganz legendäre Rede gehalten worden, die das sehr gut beschrieben hat.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Es ist aber in der Sache nicht falsch gewesen. Wer will das bestreiten?

(Heiterkeit)

Will das hier irgendjemand kritisieren? Nein, ich glaube, nicht. – So will ich mit den Worten meines ehemaligen Kollegen Heinrich Heidel enden:

Eine Kuh macht Muh, und viele Kühe machen Mühe.

Meine Damen und Herren, so ist das in Deutschland. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Danke, Herr Lenders. – Für eine Kurzintervention hat sich Frau Feldmayer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich zu dieser Kurzintervention gemeldet, weil ich es nicht unwidersprochen lassen will, was Sie, Herr Lenders, gerade gesagt haben. Sie haben gesagt, die Milchquote habe dazu geführt, dass es Butterberge und Milchseen gibt. Das ist völliger Unsinn.

(Jürgen Lenders (FDP): Das habe ich gesagt, da haben Sie recht! Vielleicht falsch verstanden!)

Die Milchquote ist genau deswegen eingeführt worden, weil es diese Butterberge und Milchseen gab. Also haben Sie es komplett falsch dargestellt.

(Zuruf des Abg. Jürgen Lenders (FDP))

Gut, danke schön. – Noch ein zweiter Punkt, wenn ich jetzt schon hier stehe

(Heiterkeit)

Herr Lenders, Sie haben es gerade noch einmal klargestellt, vielen Dank –: In der Landwirtschaft, gerade auch bei der Milchviehhaltung, funktioniert das, was Sie immer gern vorbringen – nämlich der freie Markt –, nicht. Das müssen wir uns einmal anschauen. Der Milchbauer ist einfach das schwächste Glied in der Kette: Sie sind abhängig von den Molkereien, der Einzelhandel gibt den Preis vor.

Ich bitte Sie daher: Überlegen Sie es sich noch einmal, wenn Sie argumentieren, der freie Markt wird es richten. Ich glaube, an dieser Stelle ist den Milchbauern wirklich nicht geholfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Frau Feldmayer. – Herr Lenders, Sie haben zwei Minuten Zeit zur Antwort.

Frau Kollegin, vielleicht habe ich mich eben etwas undeutlich ausgedrückt. Die Quote war ein Resultat von Butterbergen und Milchseen, das stimmt. Bei dem letzten Punkt haben Sie mich falsch verstanden oder eventuell falsch verstehen wollen.

(Martina Feldmayer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir können mal eine Milch zusammen trinken!)

Wir haben keinen freien Markt in der Landwirtschaft. Frau Kollegin, es ist ein streng regulierter Markt, in dem Politik eine hohe Verantwortung hat, wenn sie in dieses Marktgeschehen eingreift. Ich kritisiere nur, dass in dem Antrag der LINKEN der freie Markt als Buhmann herhalten muss und Instrumente genannt werden, die mit einem freien Markt überhaupt nichts zu tun haben, zum großen Teil aber Probleme verursacht haben – nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei der FDP – Marjana Schott (DIE LIN- KE): Das stimmt doch gar nicht!)

Danke, Herr Lenders. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatsministerin Hinz das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, es ist richtig: Wir haben eine Milchkrise. Seit dem Frühjahr hat sich die Problematik zugespitzt. Angesichts von Milchauszahlungspreisen von unter 30 Cent für konventionell erzeugte Milch – das schon seit Beginn des Jahres – geraten viele Milcherzeugerinnen und Milcherzeuger auch in Hessen in eine schwierige, existenzbedrohende Lage.

Ich weiß nicht, ob Sie alle das wissen: Die Milcherzeugung ist deshalb so wichtig für die hessische Landwirtschaft, weil rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Erlöse ausschließlich in diesem Bereich erwirtschaftet wird. Das ist

ein hoher Anteil. Die Milcherzeugung, gerade in benachteiligten Regionen, trägt, oftmals als einzige ökonomisch sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung, zur Existenz und zudem wesentlich zum Erhalt der Kulturlandschaft und der biologischen Vielfalt bei.

Die Landesregierung unterstützt deshalb die Milchbauern in ihrem Anliegen, einen vernünftigen Preis für dieses wertvolle Lebensmittel zu erzielen. Ich sage an dieser Stelle auch: Das ist eine Verantwortung, die vom Lebensmittelhandel getragen werden muss. Ich kritisiere es ausdrücklich, wenn Milch zu Dumpingpreisen verschleudert wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU und der SPD)

Es ist eine Verantwortung der Molkereien, seriöse Preise zu zahlen und faire Handelsbeziehungen mit den Landwirten einzugehen. Es ist jedoch auch die Verantwortung von Verbraucherinnen und Verbrauchern, für gute und wertvolle Erzeugnisse einen guten Preis zu zahlen. Hinter jedem Liter Milch stehen nicht nur Kühe, sondern dahinter stehen auch Familien, die ernährt werden wollen. Deswegen ist es so wichtig, dass man für Milcherzeugnisse auch einen guten Preis zahlt.