Protocol of the Session on April 29, 2015

Sie sollen dafür Digitalkameras, Handys, Smartphones usw. verwenden, also all das Zeug, das es heute gibt. Bitte schicken Sie das dann an die E-Mail-Adresse des Herrn Lay. Die technische Qualität soll gut sein usw. Wenn viele mitmachen, wird es interessant. Dann bekommt auch jeder ein Exemplar. Der Überschuss wird an eine hessische Institution, die sich der kulturellen Bildung widmet, gespendet werden.

Ich sollte Sie darüber informieren. Jetzt wissen Sie es. Machen Sie das. Sehen Sie zu, dass Sie da klarkommen.

Wir sind damit am Ende der vormittäglichen Beratungen. Wir machen um 15:10 Uhr weiter. So lange ist Mittagspause. Ich darf mich ganz herzlich bedanken und wünsche alles Gute. Guten Appetit und Gottes Segen.

(Unterbrechung von 13:10 bis 15:12 Uhr)

Meine Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung und stelle die Beschlussfähigkeit fest.

Bevor wir wieder in die Tagesordnung einsteigen, haben wir uns noch mit einem verteilten Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai mahnt zu dauerhafter Verantwortung für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte in einem friedlich geeinten Europa, Drucks. 19/1908, zu befassen. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Dann wird der Dringliche Entschließungsantrag Tagesordnungspunkt 74 und kann mit den Tagesordnungspunkten 32 und 38 aufgerufen werden.

Außerdem ist eingegangen und verteilt der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Bedarfsprüfung für Terminal 3 – Landesregierung wird ihrer Verantwortung gerecht, Drucks. 19/1909. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Der Dringliche Entschließungsantrag wird damit Tagesordnungspunkt 75, und wir können ihn mit dem Tagesordnungspunkt 34 aufrufen. – Auch das findet große Zustimmung.

Es gibt noch einen. Das ist der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend engagierte Arbeit der Beschäftigten wertschätzen und anerkennen – nachhaltige und solide Finanzpolitik – Hessen fiskalisch zukunftsfähig machen, Drucks. 19/1910. Wird auch hier die Dringlichkeit bejaht? – Er wird damit Tagesordnungspunkt 76. Wir können ihn zusammen mit Tagesordnungspunkt 39 aufrufen. – Auch das ist der Fall.

(Günter Rudolph (SPD): Er hat aber einen anderen Inhalt!)

Wir machen es halt einmal so.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Anhörung zur Qualitätsentwicklung im ärztlichen Bereitschaftsdienst – Drucks. 19/1856 –

Das Wort erhält Frau Kollegin Schott für die Fraktion DIE LINKE.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie viel Widerspruch muss eigentlich hinsichtlich der Frage des ärztlichen Bereitschaftsdienstes noch kommen, bevor die Verantwortlichen aktiv werden? – Seit der sogenannten Reform durch die Kassenärztliche Vereinigung, die angeblich im Interesse der Ärztinnen und Ärzte sein sollte, sind unzählige Proteste eingegangen. Da kritisiert der Obmann der Ärzte im Landkreis Offenbach die Reduzierung von sechs auf zwei Bereitschaftsdienstzentralen. Er sagte, dass zulasten der Menschen an einer der empfindlichsten Stellen des Gesundheitssystems gespart werde, und das in einem der am besten entwickelten Staaten der Welt. Vom Kreistag wurde die Kassenärztliche Vereinigung aufgefordert, die Schließung zurückzunehmen. Selbst aus der CDU kam Widerstand.

In Viernheim haben Landtagsabgeordnete, Mitglieder der Jungen Union und viele Repräsentanten eine Initiative an den Ministerpräsidenten unterzeichnet.

(Günter Rudolph (SPD): Was hat es genutzt?)

Nichts.

(Günter Rudolph (SPD): Ach so!)

In Neu-Isenburg kam es sogar zu einer Demonstration, nachdem Unterschriften von 7.000 Bürgerinnen und Bürgern sowie von 38 Ärztinnen und Ärzten gesammelt wurden. Der Erste Stadtrat von Bad Vilbel hat sich an Herrn Grüttner gewandt, weil die ärztliche Notfallversorgung zerstört werde. Auch das geschah mit 7.000 Unterschriften. Die Nachbargemeinden schlossen sich dem Protest an.

Der Landrat des Landkreises Groß-Gerau, ein Bürgermeister von der CDU und ein Krankenhausgeschäftsführer protestierten gegen die Schließung der Zentrale, genauso wie es viele mehr im Rheingau-Taunus-Kreis, im Lahn-DillKreis, im Werra-Meißner-Kreis und in Wiesbaden taten. Es kam sogar zu einer Petition des Vorsitzenden des VdK aus Eltville. Alle Proteste der Ärztinnen und Ärzte, der Bürgerinnen und Bürger, der Mitglieder von Verbänden und Vereinen, der Bürgermeister und Landräte aufzuzählen würde hier meine Redezeit komplett sprengen.

Nachdem sich die Landesregierung anfangs uninteressiert zeigte und auf das Selbstverwaltungsrecht der Kassenärztlichen Vereinigung hinwies – das kann man ja erst einmal machen –, kam es zumindest einmal zu einem Gespräch mit den betroffenen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sowie Landräten. Immerhin appellierte der Sozialminister an die Kassenärztliche Vereinigung, die Änderung zu überprüfen. Wie allerdings die „Frankfurter Neue Pres

se“ mitteilte, geht diese ihren Weg unbeirrt weiter und glaubt an den Erfolg ihrer Reform. Allerdings glaubt das außer ihr niemand. Ich glaube, auch in diesem Haus glaubt das keiner.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt soll die Reform abgeschlossen sein. Statt 114 Bereitschaftsdienstzentralen gibt es nur noch 41. Die Patientinnen und Patienten stecken manchmal stundenlang in der Warteschleife der Telefonzentralen, einmal abgesehen davon, dass es sehr unangenehm ist, mit völlig fremden Personen in einem Callcenter über die gesundheitlichen Beschwerden zu sprechen. Das mache ich nicht einmal, wenn ich die Arzthelferin anrufe, um einen Termin zu vereinbaren. Nicht zu Unrecht haben die Ausländerbeiräte darauf hingewiesen, dass das für Menschen, die sich nicht fließend auf Deutsch verständigen können, eine noch viel größere Hürde bedeutet.

Manche Anruferinnen und Anrufer brauchen tatsächlich nur eine Auskunft, nämlich die, welche Apotheke offen hat oder welcher Zahnarzt zu erreichen ist. Da ist es nachvollziehbar, dass das über das Telefon funktioniert. Aber wenn es um meinen Gesundheits- oder meinen Krankheitszustand geht, dann, bitte schön, möchte ich nicht mit einem Callcenter telefonieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein wirklich schlimmer Nebeneffekt dieser Reform war von Anfang an absehbar, nämlich der, dass die Notfallambulanzen der Kliniken unter dieser sogenannten Reform leiden müssen. Wenn man sich unsicher ist, ob man am Wochenende oder nach Schließen der Praxen einen geeigneten Arzt oder eine geeignete Ärztin findet, ruft man entweder den Rettungsdienst an oder fährt selbst in die Notaufnahme der Klinik, so man das kann. Wenn man nicht mehr dazu in der Lage ist, selbst zu fahren, weil man beispielsweise zu alt ist oder zu weit draußen wohnt, dann ruft man den Rettungswagen. Der Rettungswagen wird dann für eine Situation bemüht, die vielleicht gar keinen solchen gebraucht hätte.

Schließlich ist Krankheit mit Angst verbunden. Ängste führen dazu, dass die Menschen das tun, was den geringsten Widerstand hervorruft und ihnen Hilfe verspricht.

Jetzt höre ich schon, dass es die Gegenrede gibt, die hätten alle rechtzeitig zum Arzt gehen können, sie hätten halt vorher einen Termin machen müssen. Niemand setzt sich zum Spaß am Wochenende stundenlang in die Notaufnahme eines Krankenhauses. Das ist wirklich nicht die Freizeitbeschäftigung, die Menschen haben wollen. Das muss vermieden werden, wenn immer es möglich ist. Dazu gehört, dass man zuvor ein gutes System hat, mit dem man den Menschen eine gute Versorgung ermöglicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Zwischen den Menschen, die nicht wirklich ins Klinikum müssten, sitzen dann all die wirklichen Notfälle. Sie müssen ebenfalls lange warten. Das sind die, die eigentlich ganz schnell behandelt werden müssten. Für die dort Beschäftigten ist es nicht so einfach, mit der Situation umzugehen. So, wie das jetzt gemacht ist, macht das weder dem Pflegepersonal noch den Ärzten Spaß und ist auch nicht sinnvoll.

Obendrein birgt es für die Krankenhäuser noch ein ziemliches finanzielles Problem. Denn die Abrechnungsmodali

täten sind eben nicht so, dass die dadurch tatsächlich entstehenden Kosten gedeckt sind. Vielmehr gibt es da eine existenzielle Unterdeckung, und das angesichts der Situation, die die Krankenhäuser ohnehin schon haben.

Deshalb hat jetzt die Deutsche Krankenhausgesellschaft Alarm geschlagen. Sie kritisiert die Qualität der gesundheitlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Notfall, am Feierabend und am Wochenende. Das von ihnen in Auftrag gegebene Gutachten zur ambulanten Notfallversorgung im Krankenhaus stellt fest, dass dies zu einer weiteren Unterfinanzierung der Krankenhäuser führt, da diese durchschnittlich nur ein Viertel ihrer Kosten ersetzt bekommen.

Seit Jahren liegt ein Vorschlag der Kommunalen Spitzenverbände auf dem Tisch, die Rettungsdienste und die ärztlichen Bereitschaftsdienste zusammenzulegen. Der Vorteil wäre, dass e i n e Stelle entscheiden würde, ob eine Behandlung durch einen Bereitschaftsarzt oder das Krankenhaus notwendig ist. Der Vorteil wäre, dass keine Doppelstrukturen aufrechterhalten werden müssten. Der Nachteil ist: Die Kassenärztliche Vereinigung will das nicht. – Deshalb tut sich hier nichts.

Aber auch nach Abschluss dieser sogenannten Reform reißt die Kritik nicht ab. Der Hessische Rundfunk, nicht unbedingt das Sprachrohr der LINKEN, titelte im April: „Hotline überlastet, Notaufnahme voll“. Gerade die Honorar- und Krankenhausärzte, die in der Stadt den Bereitschaftsdienst übernommen haben, wurden bisher besser bezahlt.

(Unruhe)

Seit Einführung der Reform erhalten alle Ärzte 40 € brutto in der Stunde. Das hat zur Folge, dass erfahrene Honorarund Notärzte aus dem Bereitschaftsdienst aussteigen. Nun müssen niedergelassene, im Bereitschaftsdienst unerfahrene Kollegen diese Dienste mit übernehmen. Das gilt auch für Fachärztinnen und -ärzte, z. B. für Gynäkologen, die dann einen Herzinfarkt erkennen müssen.

Der Verweis der Kassenärztlichen Vereinigung darauf, dass sich jeder Arzt von sich aus auf Notfallmedizin fortbilden muss, beruhigt eine Notfallpatientin oder einen Notfallpatienten nicht wirklich.

(Unruhe)

Die Hauptargumente für die sogenannte Reform der Kassenärztlichen Vereinigung sind die fehlenden Hausärztinnen und -ärzte, die Überalterung, das mangelnde Interesse von Studierenden für die Fachrichtung Allgemeinmedizin und die Niederlassung auf dem Land. Derzeit ist es schwierig zu bewältigen, die Menschen dorthin zu bewegen. Die Idee war, das damit zu erleichtern. Die Idee greift an dieser Stelle aber nicht, ganz im Gegenteil. Denn eigentlich ist es jetzt so, dass die Ärzte und Ärztinnen den Bereitschaftsdienst weniger delegieren können, als sie das vorher getan haben, sondern viel mehr davon selbst machen müssen. Wer davor Bedenken hat – insbesondere die Fachärztinnen und -ärzte, die an dieser Stelle dann doch mehr Allgemeinmedizin machen müssen – wird es sich unter Umständen vielleicht noch mehr überlegen, ob er oder sie aufs Land geht oder nicht. Wenn also das das Ziel war, dann wird es so nicht erreicht.

(Unruhe)

Wir haben hier ein paar praxiswirksamere Vorschläge.

Zuerst einmal könnte der Hausarztberuf aufgewertet werden – wenn es wirklich darum geht, Ärzte auf das Land zu bekommen. Das würde helfen, die Überlastung in den Facharztpraxen zu vermeiden – vor allen Dingen dann, wenn die Hausärzte und -ärztinnen wirklich gut ausgebildet sind, ihre Lotsenfunktion ausfüllen können, vielleicht eine Zusatzqualifikation haben und damit auch wieder die Fachärzte entlastet werden.

Die Kliniken sollten alle in die Ausbildung der Allgemeinmedizin und in die Facharztausbildung einbezogen werden; und auch der Zugang zum Medizinstudium ist etwas, was wir wirklich überdenken müssen. Ich habe es noch nie verstanden, warum jemand, der nicht gut Englisch sprechen kann, nicht ein wundervoller Arzt oder eine wundervolle Ärztin sein kann und warum das ein Hinderungsgrund sein soll und jemand deswegen auf einen Studienplatz warten muss.

An dieser Stelle geht es einfach so nicht mehr weiter, da muss man wirklich noch einmal hinschauen.

(Beifall der Abg. Janine Wissler und Barbara Cárdenas (DIE LINKE))

Junge Ärztinnen und Ärzte wollen im Team arbeiten. Sie wollen lieber Anstellungsverhältnisse als selbstständig auf dem Land sein, die Ablöse für die Praxis nicht aufbringen.

(Unruhe)

Nicht umsonst werden medizinische Versorgungszentren immer attraktiver. Ich behaupte einmal, wahrscheinlich werden wir auch keine echte, bedarfsgerechte Versorgung hinbekommen, ohne die private Krankenvollversicherung abzuschaffen. Denn es ist immer attraktiv, dorthin zu gehen, wo man mehr verdienen kann. Solange wir aber solch attraktive Punkte setzen, werden wir ein Problem damit haben, dass an anderer Stelle eine wirklich flächendeckende Versorgung entsteht.