Protocol of the Session on February 4, 2015

Die Landesregierung hat einen neuen Stil versprochen. Was wir nun bei den GRÜNEN zu sehen bekommen, ist in gewisser Weise auch ein neuer Stil. Während sie sich vor der Wahl noch bemüht hat, Wege für soziale und ökologische Verbesserungen zu suchen, gefällt sich die GRÜNEN-Fraktion in diesem Haus mittlerweile sichtlich gut im „Weiter so“ der Vorgängerregierung.

Neben den Wählerinnen und Wählern der GRÜNEN müssen sich aber auch andere mit nichts zufrieden geben – beispielsweise die Beamtinnen und Beamten, denn sie sind diejenigen, bei denen die Landesregierung den Rotstift ansetzt. Zu dem bereits von Schwarz-Gelb begonnenen Personalabbau werden weitere Stellen abgebaut. Die Arbeitsbelastung im öffentlichen Dienst wird so weiter gesteigert – gleichzeitig wird es aber nicht mehr Geld geben, ganz im Gegenteil.

Die hessischen Beamtinnen und Beamten, die bereits zwei Stunden länger arbeiten als die Beamten in allen anderen Bundesländern, sollen nicht nur auf eine Besoldungsanpassung verzichten – nein, sie sollen auch noch mit Einschnitten bei der Krankenversorgung rechnen müssen. Der von dieser Landesregierung so gern gelobte öffentliche Dienst ist also für Schwarz-Grün offensichtlich vor allem eines: ein Kostenfaktor, den man reduzieren muss.

Auch hier kann man nur feststellen, dass einem echten Politikwechsel das „Weiter so“ vorgeht. Es geht um die Verschärfung der Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben. Aber das ist ja eine Position, die alle vier Schuldenbremsenfraktionen gemeinsam haben.

Die SPD-Fraktion hat in diesen Haushaltsberatungen jedenfalls eindrucksvoll bewiesen, dass auch sie nicht an der Seite der Beschäftigten im öffentlichen Dienst steht. Ich

muss schon sagen, dass ich mir die Augen gerieben habe, als ich die Forderung der SPD-Fraktion gelesen habe, man solle doch in diesem Jahr noch mehr Personal abbauen.

(Norbert Schmitt (SPD): In den Ministerien und in den Mittelbehörden!)

Egal wo, es geht hier um 400 Stellen, die abgebaut werden sollen. Das gehört eigentlich nicht in die Aufgabenstellung linker und an einem Politikwechsel orientierter Politik.

(Norbert Schmitt (SPD): Von über 7.500 Stellen!)

All das kommt auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes zu, weil diese Landesregierung die Schuldenbremse einhalten will, ohne aber auf die Einnahmeseite zu schauen und endlich wirkliche Verbesserungen durchzusetzen.

Weder will Schwarz-Grün etwas für die höhere Besteuerung großer Erbschaften oder Vermögen tun, noch können sich die GRÜNEN dazu durchringen, wenigstens auf Landesebene ihre eigene Forderung nach einem Wassercent umzusetzen. Wenn das schwarz-grüne Politik ist, dann weiß ich nicht, wodurch sie sich von der Politik von Schwarz-Gelb unterscheidet.

Selbst das von den GRÜNEN gefeierte Sozialbudget ist eine Luftnummer. Zwar werden die Landesmittel erhöht – um 6 Millionen €, also nicht besonders üppig –, aber ob das Geld tatsächlich bei den Betroffenen ankommt, steht völlig in den Sternen. Die Kommunen, die in den letzten Jahren die Kürzungen der „Operation düstere Zukunft“ teilweise ausgeglichen haben, werden nämlich von dieser Landesregierung finanziell so sehr an die Wand gedrückt, dass man befürchten muss, dass am Ende nicht mehr, sondern womöglich weniger Geld für soziale Einrichtungen vorhanden sein wird.

In der vergangenen Legislaturperiode waren es regelmäßig die GRÜNEN, die mit zahlreichen Haushaltsänderungsanträgen versucht haben, deutlich zu machen, dass es einen Politikwechsel braucht. In diesem Jahr waren wir es, die die – mit deutlichem Abstand – meisten Änderungsanträge gestellt haben. Wobei wir natürlich wissen, dass man auch mit Änderungsanträgen nur einen Teil der notwendigen Veränderungen aufzeigen kann.

Wir zeigen mit unseren Anträgen, dass eine andere Politik möglich ist. Die Mehrheitsfraktionen in diesem Hause aber beweisen, dass sie eine andere Politik nicht wollen – weder auf der Einnahmeseite, wo mit der Vermögensteuer, mit einer veränderten Erbschaftsteuer und beispielsweise dem Wassercent endlich deutlich mehr Geld in die Landeskasse kommen würde, noch auf der Ausgabenseite.

(Beifall bei der LINKEN)

Schwarz-Grün will sich weiterhin einen verkehrsberuhigten Flughafen in Kassel-Calden und mit der überdimensionierten Landesvertretung in Berlin einen Tanzsaal für die Nomenklatura hessischer Politik und Wirtschaft leisten – beides mit Steuergeld finanziert.

Dabei brauchen wir das Geld an ganz anderer Stelle. Zum einen brauchen wir deutlich mehr Geld im Bildungssystem, zum einen für eine echte Ganztagsschule, in der in kleineren Klassen besserer Unterricht stattfinden kann. Mit unserer Forderung, etwa 5.000 neue Lehrerstellen zu schaffen, orientieren wir uns dabei nicht an einem Wolken

kuckucksheim, sondern an Standards, wie sie in skandinavischen Ländern völlig normal sind.

Aber auch im Sozialbereich wollen wir, dass das Land Hessen endlich mehr tut. Der größte Posten sind hier die Mittel für eine ordentliche Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung; denn die Kommunen haben uns in der Anhörung zum Landeshaushalt noch einmal deutlich gemacht, dass die Mittel, die ihnen das Land zur Verfügung stellt, auch im Jahr 2015 nicht ausreichen werden. Herr Schork, das muss man noch einmal deutlich sagen, weil Sie behauptet haben, dass Sie viel Geld zur Verfügung stellen.

Es ist nicht damit getan, dass über Nacht 54 Millionen € für die Ausweitung der Erstunterbringung bereitgestellt werden. Es bedarf einer langfristigen Planung zur Integration der Menschen, die vor Krieg, Unterdrückung, Ausbeutung und Hunger zu uns fliehen. Wir werden erleben, dass für diese Menschen in Kürze mehr Geld zur Verfügung gestellt werden muss. Die Kommunen haben uns in den Beratungen von Fehlbeträgen in Höhe von 60 Millionen € berichtet, die natürlich ausgeglichen werden müssen. Eine solche Situation im Haushalt nicht zu berücksichtigen, das geht gar nicht. Herr Schork, ich will an dieser Stelle deutlich sagen, wo hier der Konflikt zwischen Ihnen und uns liegt. Es geht darum, dass man nicht nur die Erstaufnahme finanziert, sondern weiß, dass diejenigen, die bei uns aufgenommen worden sind, in den Kommunen untergebracht, betreut und integriert werden müssen. Dafür braucht man Geld. Das hätte man seriöserweise in diesem Haushalt andeuten müssen.

(Günter Schork (CDU): Das Geld haben wir doch eingestellt!)

Sie haben nur 54 Millionen € eingestellt. Die 60 Millionen €, die gefordert wurden, stehen nicht im Haushalt, oder?

(Günter Schork (CDU): Die Mittel wurden pauschal um 15 % erhöht! Sie müssen einmal den Haushalt richtig lesen!)

Das ist jedenfalls ein Punkt, der strittig bleiben wird.

Die Regierungsfraktionen waren in den Beratungen zum Haushalt anwesend. Auch Sie kennen die Zahlen, die uns von den Kommunen vorgelegt worden sind. Warum das Land an dieser Stelle nicht bereit ist, die tatsächlichen Kosten zu übernehmen, haben Sie mit keiner Silbe begründet. Ob Sie der Meinung sind, dass die Zahlen der Kommunen falsch sind, ob Sie meinen, dass die Kommunen mit den Mitteln nicht sparsam umgehen und man Flüchtlinge noch billiger unterbringen muss, oder ob jetzt die Schuldenbremse auf Flüchtlinge abgewälzt werden soll: Sie sollten sich dazu äußern.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wissen nicht, warum, und wir wissen auch nicht, warum eine Regierung, an der die GRÜNEN beteiligt sind, an der Flüchtlingspolitik den Rotstift ansetzt. Am Ende werden es wieder die Kommunalpolitikerinnen und -politiker sein, die die konkreten Folgen der Politik dieser Landesregierung ausbaden müssen.

Wir haben bereits gestern deutlich gemacht, dass gerade bei der Finanzausstattung der Kommunen ein anderer Weg eingeschlagen werden muss. Die Kürzung im Kommunalen Finanzausgleich, die die Landesregierung auch über

2015 hinaus fortsetzen will, bedeutet schlicht das Abwälzen der Schuldenbremse auf die Kommunen.

Es kann nicht angehen, dass die Menschen, die sich überhaupt noch für Kommunalpolitik einsetzen – sie tun dies übrigens fast ausschließlich in ihrer Freizeit –, diejenigen sein sollen, die den Menschen vor Ort vermitteln müssen, dass die Politik nichts mehr gestalten kann, weil die Landesregierung nicht bereit ist, ihrer Einnahmeverantwortung und ihrer Verantwortung für eine aufgabengerechte Finanzausstattung der Kommunen nachzukommen.

Wir wollen lebenswerte Kommunen haben, in denen wieder Gestaltungsspielräume entstehen, Kommunen, in denen nicht nur über die Reihenfolge der Kürzungsmaßnahmen entschieden wird, während die öffentliche Infrastruktur verrottet. Deshalb fordern wir, die Finanzmasse im Kommunalen Finanzausgleich endlich wieder deutlich zu erhöhen und die verfassungswidrige Kürzung im KFA zurückzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf Dauer ist es nämlich kein Modell für eine erfolgreiche Haushaltspolitik, wenn das Land hofft, dass es die Folgen der Schuldenbremse zu großen Teilen von den Beschäftigten im öffentlichen Dienst oder von den Kommunen tragen lassen kann.

Wenn man sich den Landeshaushalt ansieht, muss man schon jetzt deutlich feststellen, dass die Haushaltspolitik der Landesregierung auf Kante genäht ist. Der Kollege Schmitt hat darauf schon hingewiesen: Zwei Schuldenbremsenfraktionen in diesem Haus haben sich auf ein Gesetz geeinigt, das für dieses Jahr eine Nettoneuverschuldung von 733 Millionen € zulässt.

(Günter Schork (CDU): Es waren vier Fraktionen!)

Ja, aber nur zwei Fraktionen haben das beschlossen. Die beiden anderen Fraktionen haben da wahrscheinlich nicht mitgestimmt.

Im Haushaltsentwurf vorgesehen sind dann auch weniger Schulden. Allerdings besteht bei einer Nettoneuverschuldung von tatsächlich 730 Millionen € kaum noch Spielraum für Unvorhergesehenes.

Aber auch der Abbaupfad für die Schuldenbremse wird in diesem Jahr nur deshalb eingehalten – der Kollege Schmitt hat darauf hingewiesen –, weil die unerwarteten Mehreinnahmen des vergangenen Jahres ins Jahr 2015 übernommen wurden. Rücklagenentnahmen von deutlich über 360 Millionen € in diesem Jahr sind es also, die diesen Haushalt gerade noch einmal retten.

Genau hier sieht man aber, was die Schuldenbremse bedeutet. Wenn die Steuereinnahmen in diesem Jahr niedriger ausfallen sollten, als wir alle das gemeinsam hoffen, dann wird die Landesregierung gezwungen sein, weitere Kürzungsrunden einzulegen. Ob dann das Versprechen der Landesregierung, dass in Hessen keine Lehrerstellen abgebaut werden, noch zu halten sein wird, werden wir sehen.

Klar ist jedenfalls, dass die Schuldenbremse nicht zu einer besseren Politik führt, sondern lediglich einseitig zu Ausgabenkürzungen und zu einer Einschränkung öffentlicher Leistungen. Wir haben immer gesagt: Schuldenbremse bedeutet Sozialabbau. – Bisher bestätigt auch die schwarzgrüne Landesregierung, dass die Schuldenbremse eben nicht zu höheren Einnahmen führt, dass die Schuldenbremse nicht zu mehr Gerechtigkeit führt, sondern zu Kürzungs

orgien auf Kosten der Beschäftigten des Landes und der Kommunen.

Wir haben das immer abgelehnt und gefordert, endlich wieder eine Vermögensteuer zu erheben und die Erbschaftsteuer zu reformieren, damit man Mittel hat, um die öffentlichen Haushalte wirklich auszugleichen. Wir müssen die Mittel haben, die notwendig sind, um die nachfolgende Generation gut zu bilden und auszubilden und ihr eine öffentliche Infrastruktur zu hinterlassen, die nicht völlig verrottet ist.

Deshalb fordere ich Sie auf: Kommen Sie endlich Ihrer Einnahmeverantwortung nach, und hören Sie auf, dieses Land auf Kosten der kommenden Generation kaputtzusparen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege van Ooyen. – Das Wort hat der Abg. Frank-Peter Kaufmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aussage, etwas sei alternativlos, gilt in der Politik nie und im gesamten Leben nur einmal, nämlich wenn es um seine Endlichkeit geht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist ein Haushalt genau wie jeder andere Parlamentsbeschluss das genaue Gegenteil von alternativlos. Er setzt sich aus einer Vielzahl von einzelnen Teilentscheidungen zusammen, und jede dieser Entscheidungen könnte man auch anders treffen. Es gibt also Alternativen.

Als Haushaltspolitiker, der mehr als ein Dutzend Jahre aus der Opposition heraus an der Haushaltsgestaltung mitgewirkt hat, weiß ich das sehr gut und kann deshalb auch das gelegentliche Unverständnis der Kolleginnen und Kollegen der heutigen Opposition verstehen, wenn ihre Vorstellungen keine Mehrheit finden; denn man könnte es auch anders sehen. Das liegt unter anderem daran – ich denke, das ist keine Überraschung –, dass punktuelle Veränderungen, auch wenn sie in der Sache akzeptabel wären, stets das Gesamtgefüge des Haushalts verletzen würden, sodass es nicht bei einem kleinen Eingriff bliebe und man dann intensiver über die Deckung nachdenken müsste.

Wichtiger aber – das ist der zentrale Punkt, insbesondere für die Koalition, die derzeit die Mehrheit stellt und sich bei ihrer Beurteilung daran ausrichtet – sind die Qualität der Änderungsanträge der Opposition und ihre finanzwirtschaftliche Machbarkeit. Auf diesen beiden Feldern hat unsere Analyse der diesjährigen Änderungsanträge von SPD, LINKEN und FDP – liebe Kolleginnen und Kollegen – trotz allen Bemühens leider nichts Brauchbares zutage gefördert.

Wir haben in der Rede des Kollegen van Ooyen wieder einmal eine Stilblüte des Unsinns vernehmen dürfen. Lieber Kollege van Ooyen, selbst wenn wir alle der Meinung wären, die Vermögensteuer ist richtig, und selbst wenn in Berlin alle dafür wären und sie noch in diesem Jahr einführen würden,