Protocol of the Session on February 4, 2014

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dieser nicht einfachen Entscheidung unterstreichen wir nachhaltig die Bedeutung, die wir der Bildung zumessen.

Hinzu kommt: Mit den neuen Hochschulpakten werden wir die Mittel für die Hochschulen weiter erheblich aufstocken. Das verbessert die Studienbedingungen und schafft zusätzliche Studienplätze. Wir bleiben damit verlässlich und geben den Hochschulen eine verbesserte Planungssicherheit und eine verbesserte Grundfinanzierung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit helfen wir den jungen Menschen im doppelten Sinne: Wir investieren in ihre heutigen Chancen und verringern gleichzeitig durch Einsparungen in anderen Bereichen ihre Belastungen in der Zukunft. Das verstehen wir unter Zukunftsgestaltung in Hessen: sozial, nachhaltig und gerecht.

Wir haben uns gemeinsam entschieden, einen weiteren Schwerpunkt zu setzen, der insbesondere dem sozialen Zusammenhalt unseres Landes dient. Mit dem neuen hessischen Sozialbudget stocken wir die freiwilligen Sozialleistungen des Landes auf 70 Millionen € auf. Unser Ziel ist es, Menschen und Institutionen verlässlich zu unterstützen.

Dazu zählen beispielsweise Schuldnerberatungen, der Ausbau von Familienzentren, die Anschubfinanzierung regionaler Kinder-Palliativteams, Maßnahmen für den Jugendschutz oder die Alkohol- und Suchtprävention ebenso wie die bessere Finanzierung von Frauenhäusern oder die stärkere Unterstützung von Selbsthilfegruppen und Freiwilligendiensten.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, erste politische Schwerpunktsetzungen werden wir bereits im Nachtragshaushalt für das Jahr 2014 abbilden. In diesem Sinne ist der Finanzminister mit der Erarbeitung einer zielgerichteten Ergänzung des beschlossenen Haushalts für das Jahr 2014 beauftragt. Die parlamentarische Beratung dazu soll noch im ersten Halbjahr 2014 erfolgen. Aber eines ist klar und wird auch im Nachtragshaushalt deutlich werden: Ein Abweichen vom Konsolidierungskurs kann nicht zur Debatte stehen.

Sie wissen: Steuergelder zu verteilen, ist immer leicht. Die andere Seite, wenn Sie so wollen, die unbequeme, ist das Sparen. Jeder, der den Landeshaushalt kennt, weiß, dass fast die Hälfte der Ausgaben Personalkosten sind. Ohne Einsparungen bei den Personalkosten wird es deshalb nicht gehen. Wir haben uns daher entschieden, im Laufe der Wahlperiode zusätzlich 1.800 Stellen außerhalb des Schulbereichs einzusparen. Dabei wird natürlich niemand entlassen. Frei werdende Stellen werden zum Teil nicht wieder besetzt.

Zusätzlich werden wir den Besoldungsanstieg der Beamtinnen und Beamten begrenzen und maßvolle Korrekturen bei der Beihilfe vornehmen. Meine Damen und Herren, das ist keine Missachtung der Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesverwaltung, die eine sehr hohe Arbeitsplatzsicherheit haben. Im Gegenteil. Wir schätzen diese Leistungen sehr und wissen genau, dass Hessen nur erfolgreich bleiben kann, wenn wir auch eine leistungsfähige Verwaltung beibehalten. Ich stehe mit allen Kolleginnen und Kollegen dafür, dass wir als Arbeitgeber von 140.000 Menschen dabei die Balance halten und auch im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern attraktiv bleiben werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Maßvolle Einsparungen werden wir darüber hinaus bei den sächlichen Verwaltungsausgaben, den freiwilligen Leistungen und einzelnen Programmen vornehmen müssen.

Meine Damen und Herren, nicht nur auf der Ausgabenseite, auch auf der Einnahmeseite scheuen wir keine mutigen Entscheidungen. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist uns nicht leichtgefallen. Sie ist eine der wenigen Einnahmequellen, die das Land alleine steuern kann. Aber sie ist ein notwendiger Schritt und gerade deshalb vertretbar, weil sie die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger nur sehr maßvoll belasten wird. Auch wird 1 Prozentpunkt Grunderwerbsteuer mehr – davon bin ich überzeugt – kaum jemanden davon abhalten, ein Haus zu bauen oder eine Eigentumswohnung zu erwerben.

Meine Damen und Herren, das ist der Beitrag, den wir in eigener Verantwortung für solide Finanzen leisten können, aber auch müssen. Zentrale Entscheidungen der Finanzpolitik, die uns betreffen, werden aber nicht in Wiesbaden getroffen, sondern an anderer Stelle. Daher nehmen wir die

neue Bundesregierung beim Wort. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag der Großen Koalition:

Auch die Länder brauchen eine vernünftige Finanzausstattung, um gemeinsam mit ihren Kommunen die vielfältigen Aufgaben erfüllen zu können. Handlungsfähigkeit in Bund und Ländern, Städten und Gemeinden, in allen Regionen Deutschlands, das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU und der SPD sowie bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das haben wir gemeinsam – ich war daran sehr beteiligt – in Berlin beschlossen.

(Günter Rudolph (SPD): Deshalb haben wir auch geklatscht!)

Deshalb – wieder eine Brücke zur Gemeinsamkeit – wird sich die neue Landesregierung mit großem Engagement, aber auch Nachdruck für die Verbesserung dieser Handlungsfähigkeit einsetzen, und wir erwarten eine zügige Aufnahme der Bund-Länder-Verhandlungen.

Ein Zweites. Auch heute kann ich es Ihnen nicht ersparen, weil es zentrale Bedeutung für uns hat. Sie konnten es der Presse entnehmen: Im vergangenen Jahr haben wir 1,7 Milliarden € in den Länderfinanzausgleich gezahlt. In den vergangenen 15 Jahren haben wir 20 Milliarden € neue Schulden gemacht, machen müssen, aber 31 Milliarden € in diesen Länderfinanzausgleich gezahlt. Meine Damen und Herren, dieses eklatante Missverhältnis, das es im Übrigen vor 1999 noch nicht gab, ist nicht länger hinnehmbar und muss geändert werden.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Schauen Sie einmal: Das Einzige, was sich über die Jahre beim Länderfinanzausgleich geändert hat, ist, dass immer weniger Zahler immer mehr gezahlt haben. Wir haben immer mehr Nehmerländer und immer weniger Zahlerländer. Dabei müssen die wenigen immer mehr bezahlen. Man muss kein großer Finanzwissenschaftler sein, um zu erkennen: Dieses System ist nicht nur nicht gerecht, sondern es ist auch im Interesse der Prosperität der gesamten Bundesrepublik Deutschland nicht zukunftsfähig. Deshalb: Wir bekennen uns zur Solidargemeinschaft der Länder, aber wir lehnen ein System ab, das auf der Nehmerseite keinerlei Anreize zur Stärkung der eigenen Finanzkraft bietet.

Weil das so ist, unterstützt auch die neue Landesregierung aus CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die eingereichte Klage beim Bundesverfassungsgericht. Meine Damen und Herren, man kann da über viele Einzelheiten diskutieren, aber aus hessischer Sicht muss doch eines klar sein: So, wie es ist, kann es nicht bleiben. Die Belastung für Hessen aus diesem Länderfinanzausgleich muss reduziert werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, beim Thema Haushaltsdisziplin ist der Landesregierung sehr bewusst: Sparen muss mit Augenmaß und Weitsicht erfolgen. Wir brauchen eine starke und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung, die unseren Wohlstand erhält, die Arbeitsplätze schafft und gleichzeitig sparsam mit unseren natürlichen Ressourcen umgeht.

Wenn wir einen Blick auf Hessen werfen, ist das mehr als ermutigend. Ein Blick in die Beschäftigungs- und Konjunkturprognosen aller Industrie- und Handelskammern und aller Handwerkskammern ist beeindruckend. Die Konjunktur wird dort als „stabil“ und „steil bergauf“ beschrieben. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist so hoch wie noch nie. Sie hat Rekordniveau. Die Auftragslage ist hervorragend, und alle Kammern gehen davon aus, dass sie sich noch verbessert. Die Arbeitslosigkeit in unserem Land ist glücklicherweise niedrig. Das gilt übrigens auch für unsere Nachbarländer, aus denen viele zum Arbeiten nach Hessen kommen. Wir haben eine sehr gute Situation, für die wir sehr dankbar sind.

Meine Damen und Herren, Spitzenplätze in Rankings sind schön. Auf Dauer aber genügen sie nicht. „Wer aufhört, besser werden zu wollen, der hört heute auf, gut zu sein.“ Das ist ein oft benutztes Zitat, aber ich finde, es passt gut hierhin.

Wir wollen den Beweis erbringen, dass Ökonomie und Ökologie einander nicht ausschließen, sondern Hand in Hand gehen. Meine Damen und Herren, das ist kein unüberbrückbarer Gegensatz.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Ziele bedingen sich gegenseitig. Auf dem Neujahrsempfang der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN habe ich von Ihnen, Herr Kollege Wagner, einen Satz in Ihrer Begrüßungsrede gehört, den ich mir gemerkt habe. Den möchte ich dem Haus vortragen, ich darf Sie zitieren. – Nur aus Zeitgründen bin ich nicht in der Lage, Ihre gesamte Rede hier einzubauen, aber diesen Satz, lieber Herr Kollege, möchte ich schon vortragen. Ich zitiere: „Auch grüne Politik will schwarze Zahlen schreiben.“ Ich kann nur sagen: Ja, genau so muss es sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer, wenn nicht wir in Hessen, hätte bessere Voraussetzungen dafür? Wir sind der stärkste Finanzplatz Kontinentaleuropas, Standort eines Weltflughafens. Wir sind Chemieund Medizintechnikstandort von internationalem Rang und ein IT- und Pharmastandort von Welt. Wir sind ein starker Automobil-, Logistik- und Raumfahrtstandort, ein starker Standort für Umwelttechnologie, Energie- und Klimatechnik und vieles andere mehr. Es gilt, diese Stärke und Vielfalt zu erhalten. Deshalb bekennt sich die neue Landesregierung ausdrücklich zur Vielfalt des Wirtschaftslebens in Hessen – vom mittelständischen Handwerk und der Industrie über die Großindustrie bis hin zu dem stetig wachsenden Dienstleistungssektor.

Dieser starke industrielle Kern ist auch der Grund, weswegen wir in Deutschland im Vergleich zu vielen unserer europäischen Nachbarn so hervorragend dastehen. Deshalb muss es für jede Regierung eine Verpflichtung sein, diesen starken industriellen Kern zu erhalten. Das gilt allemal für ein Land wie Hessen.

Ein solch starker Wirtschaftsstandort braucht eine aktive Wirtschaftsförderung. Wir wollen Anreize geben und Existenzgründungen auf vielfältige Weise fördern. Wir wollen helfen, beraten und unterstützen und kreativen Potenzialen zum Durchbruch verhelfen. Die Hessen-Agentur wird hierbei eine bedeutende Rolle spielen.

Auf der Basis der Empfehlungen der Fachkräftekommission werden wir die vorhandenen Potenziale wie eine höhere Frauenerwerbstätigkeit, den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Nachqualifizierung junger Menschen steigern. Wir werden auch ein besonderes Augenmerk auf die Stärkung naturwissenschaftlicher Kompetenzen in der Bildung legen.

Meine Damen und Herren, diese Herausforderungen können wir nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit allen am Wirtschaftsleben Beteiligten, wie z. B. beim „Pakt für Ausbildung“, erfolgreich angehen.

Wir bekennen uns zum Wettbewerb als elementarem Bestandteil der sozialen Marktwirtschaft. Wir sehen aber auch die Ordnungsfunktion des Staates als notwendig für den Zusammenhalt der Gesellschaft und insbesondere für die Akzeptanz unserer Wirtschaftsordnung an. Beides gehört zusammen.

Wenn wir deshalb das Hessische Mittelstandsförderungsund Vergabegesetz um das Gebot der Tariftreue erweitern, haben wir ebenso die Situation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie auch die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe im Blick. Immer muss beides unser Antrieb sein.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Arbeitsplätze der Zukunft werden durch Produkte und Dienstleistungen nicht von gestern, sondern von morgen geschaffen und gesichert. Forschung und Entwicklung sind der Schlüssel für diese positive Entwicklung.

Darum ist es uns ein Herzensanliegen, ein Klima zu schaffen, in dem Forschung und Entwicklung sowohl an unseren Hochschulen als auch in den Unternehmen weiter gedeihen können, z. B. durch den Einsatz für neue Forschungsnetzwerke in der Energie- und Klimatechnik oder durch die engagierte Fortführung unseres bundesweit einzigartigen und sehr erfolgreichen Programms zur Förderung der Spitzenforschung, kurz LOEWE genannt.

Hinzu kommt die bauliche Modernisierung unserer Hochschulen, auch über das Jahr 2020 hinaus. Meine Damen und Herren, wir können gemeinsam darauf stolz sein: Am Ende dieses Jahrzehnts wird Hessen damit die modernsten baulichen – und häufig auch inhaltlichen – Voraussetzungen aller Hochschulen in Deutschland haben. Das ist Ergebnis einer grandiosen Anstrengung, die uns nicht leichtgefallen ist. Wir haben sie bewusst getroffen, um die Zukunft zu eröffnen und Wohlstand für unser Land zu sichern. Genau das wollen wir.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Vernetzung von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat in Hessen mittlerweile eine Tradition in der Strategie der sogenannten „Houses of …“. Damit erhöhen wir die Innovationsfähigkeit und geben Impulse für die Wirtschaft vor Ort.

Das wollen wir in anderen Bereichen fortsetzen. Beispielhaft erwähne ich die Gesundheitswirtschaft, die zur Stärkung gerade des mittelhessischen Raums erhebliche Potenziale erschließen kann.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will auf einen Aspekt der Entwicklung unseres Landes hinweisen, der uns alle nur erfreuen kann. Schauen wir uns einmal den Aufholprozess an, den gerade Nordhessen in den letzten zwei Jahrzehnten genommen hat. Dafür können wir nur dankbar sein. „Kassel ist die dynamischste Großstadt Deutschlands“ – das war die Headline im Dezember 2011.

Diese Erfolgsgeschichte hat sich fortgesetzt. Im jüngsten großen Städtetest der „Wirtschaftswoche“ und des Instituts der deutschen Wirtschaft vom Dezember 2013 – also sehr aktuell – belegt Kassel erneut einen hervorragenden vorderen Platz. Bundesweit ist Kassel auf Platz 2 bei der Beschäftigtenentwicklung aller Großstädte seit dem Jahr 2007.

(Günter Rudolph (SPD): Ein guter Oberbürgermeister!)