Protocol of the Session on July 17, 2014

Ich darf Sie alle daran erinnern, dass in unserem Vier-Sterne-plus-Koalitionsvertrag diesem Thema hinlänglich Raum gewidmet ist.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Koalitionsvertrag wird die Position dieser Landesregierung ganz klar umrissen. Ich darf Sie von der SPD-Fraktion auch daran erinnern, dass wir erst vor Kurzem den Versuch unternommen haben, zu einem gemeinsamen Antrag zu kommen, was letztlich an Ihnen gescheitert ist, obwohl ein Dissens nur an einem kleinen Punkt bestand. Wenn Sie uns also ideologische Grabenkämpfe und Destruktivismus vorwerfen, dann fällt das auf Sie zurück.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Der Dissens bestand an einer einzigen kleinen Stelle, Herr Schäfer-Gümbel, nämlich bezüglich der Einleitung in die Oberweser.

(Timon Gremmels (SPD): Das war eine Formulierung des Umweltministeriums!)

Weil ich die CDU-Landtagsfraktion nicht als Adressaten dieser zwei Formulierungen sehe, frage ich mich, wen Sie möglicherweise meinen. Da habe ich eigentlich zwei eindeutige Adressaten vor Augen. Die einen sind Ihre SPDKollegen in Niedersachsen, der andere Adressat ist K+S.

Wir haben drei Möglichkeiten, zu einer Reduzierung der Salzabwassermengen zu kommen: ihre Einleitung in die Nordsee, ihre Einleitung in die Oberweser oder die Anwendung technischer Verfahren, die zu einer weiteren Reduzierung führen könnten.

Wir haben immer gesagt: Die Landesregierung und wir als CDU-Fraktion stehen zum hessischen Kalirevier, und wir erkennen das 360-Millionen-€-Paket von K+S an. Wir sagen aber auch: Das reicht nicht. K+S hat vor Kurzem gesagt, dass das Unternehmen bis 2060 eine Belastung der Gewässer mit 1.700 mg Chlorid pro Liter Wasser und – ebenfalls bis 2060 – auch eine Versenkung von Salzabwasser in einer Größenordnung von 1,2 Millionen m3 pro Jahr anstrebt. Dazu sagen wir: Nein, das kann so nicht sein.

Wenn Sie das Regierungspräsidium ansprechen, dann sage ich Ihnen ganz klar: Das Regierungspräsidium handelt nach Recht und Gesetz, innerhalb eines rechtlichen Rah

mens, der unter anderem durch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie vorgegeben ist.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sagte, ein möglicher Adressat Ihrer Vorwürfe sei die Niedersächsische Landesregierung – und hier insbesondere deren Mitglieder, die der SPD angehören. Ich will einmal zwei Zitate vortragen. Der Niedersächsische Ministerpräsident Weil erklärte am 16. Mai in Hameln allen Pipelinelösungen eine klare Absage. Am 24. Juni erklärte der niedersächsische Landwirtschaftsminister, der auch für die Raumordnung zuständig ist, ein von K+S angestrebtes Verfahren zur Realisierung einer Salzlaugenleitung durch das gesamte Land werde nicht eingeleitet. Ich zitiere weiter: „Wir werden alles tun, letztlich auch klagen, damit die Oberweser-Pipeline nicht kommt.“

Was bleibt dann als Lösung am Ende noch übrig? Wir wissen, dass es derzeit weltweit keine weiteren Verfahren gibt, die zu einer signifikanten Senkung der Salzwasserbelastung führen. Das, was Sie hier anführen, fällt also auf die Niedersächsische Landesregierung zurück.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt komme ich zu einer Pressemitteilung von K+S, herausgegeben unmittelbar vor der Umweltausschusssitzung in Berlin am 3. Juli. Darin lese ich etwas, was ich bemerkenswert finde. Da heißt es nämlich: „Die lokale Lösung ist das, was wir absolut favorisieren.“ – Das hört sich erst einmal toll an, weil auch die Niedersachsen das so haben wollen. „Lokale Lösung“ heißt im Verständnis von K+S aber auch, weiterhin Salzwasser einzuleiten und weiterhin Salzwasser zu versenken. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir das so nicht haben wollen.

(Sigrid Erfurth (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das geht nicht mehr!)

In der Pressemitteilung wird aber noch etwas anderes gesagt, und das ist ein großer Affront in Richtung dieser Landesregierung: „Man kann nicht alles bekommen, was man sich wünscht.“ Ich habe es eben schon gesagt: Es geht gar nicht darum, dass wir uns etwas wünschen. Es geht am Ende darum, dass wir die rechtlichen Rahmenbedingungen so, wie sie bestehen, einhalten. Das findet sich in den Ausnahmegenehmigungen wieder, die das Regierungspräsidium in Kassel ausgesprochen hat.

Wenn K+S dieser Tage sagt, dass die Pipeline zur Nordsee, die wir alle eigentlich immer als Lösung favorisiert haben, das Unternehmen finanziell überfordere, dass sie wirtschaftlich nicht darstellbar sei, dann kann man das angesichts der Kalipreise nachvollziehen, die derzeit am Weltmarkt erzielt werden.

Aber auf der anderen Seite muss ich an K+S gerichtet sagen: Sie haben 2008 erklärt, sie würden sich jetzt mit einer Pipeline an die Nordsee befassen. Da muss ich ernüchtert feststellen, dass sechs Jahre später – in der ersten Hälfte dieses Jahres – ein dürrer Genehmigungsantrag beim Regierungspräsidium eingegangen ist.

Herr Warnecke, die von Ihnen formulierten Vorwürfe treffen möglicherweise das Unternehmen, für das Sie sich doch eben so eingesetzt – ich will nicht sagen: verteidigt – haben; Sie haben sich aber sehr dafür eingesetzt. Ihr An

trag und Ihre Formulierung fallen also auf die Niedersächsische Landesregierung und auch auf K+S zurück.

Damit kein Missverständnis aufkommt, sage ich noch einmal: Wir – die Landesregierung und die CDU-Landtagsfraktion – wissen, was wir an K+S haben und was die für die Struktur in der osthessischen Region bedeuten. Wir wollen eines betonen, und das will ich Ihnen aus dem Antrag zitieren, dem Sie am Ende nicht zustimmen.

Herr Kollege Landau, zitieren Sie bitte sehr schnell.

Das ist der letzte Satz. – Das war Punkt 4 unseres Antrags:

Der Landtag bittet die Landesregierung, in Verhandlungen mit den Anrainerländern alles zu tun, um ihren Teil dazu beizutragen, die Voraussetzungen für eine zügige und umweltgerechte Entsorgung der Salzabwässer zu schaffen.

(Zuruf von der SPD)

Auf diesen Satz kommt es mir besonders an: Es muss das Ziel sein, die Umwelt massiv und dauerhaft zu entlasten und in Erreichung dessen nicht die Existenz des Unternehmens zu gefährden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Landau. – Das Wort hat Frau Abg. Schott für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin davon überzeugt, dass in diesem Haus Einigkeit darüber herrscht, dass wir möglichst viel dafür tun müssen, die Arbeitsplätze im nordhessisch-thüringischen Kalirevier zu erhalten. Ich glaube, wir sollten in diesem Haus an dieser Stelle nicht immer gegeneinander diskutieren.

Es geht darum, gemeinsam zu schauen, wie wir das unter Einhaltung der Bedingungen, die die Wasserrahmenrichtlinie aufzeigt, erreichen können. Da liegt das Problem: Es liegt zum Teil in dem, was die vergangenen Landesregierungen hier mit dem Unternehmen Kali + Salz gemacht haben. Sie sind so damit umgegangen, dass man den Eindruck gewinnen konnte, Kali + Salz hat einen Freibrief, das zu tun, was immer es tun will.

Ich glaube, das war ein sehr fataler Fehler. Er beginnt damit, dass es einen Vertrag gegeben hat, der klammheimlich und ganz schnell abgeschlossen worden ist, bevor die Regierung wechselte. Ein Minister, der im Gehen war, hat am letzten Tag einen Vertrag unterzeichnet, mit dem Vorgängen Tür und Tor geöffnet worden ist, die man heute sehr kritisch betrachten muss und die man auch damals schon sehr kritisch hätte betrachten müssen.

Die Wasserrahmenrichtlinie gibt es seit dem Jahr 2000. Seither weiß das Unternehmen, dass es eine andere Politik

fahren muss und dass es ein „Weiter so“ nicht geben kann. Es sind 14 Jahre vergangen. Seither ist viel zu wenig passiert. Es muss dringend mehr gemacht werden, sowohl vonseiten der Landesregierung als auch vonseiten Kali + Salz. Seit dem Jahr 2000 war Zeit, Pläne zu machen, sie in die Tat umzusetzen und weiterzuentwickeln, die dazu geführt hätten, dass sich insgesamt eine bessere Situation ergibt. Da ist aber viel zu wenig geschehen.

Das Unternehmen stellt sich hin und sagt: Wir machen weiter so. Wir wollen die Abwässer versenken. Wir wollen die lokale Lösung. – Sie nennen das jetzt NIS: Neue Integrierte Salzlaststeuerung. Es ist völlig klar: Diese Lösung wird es nicht geben.

Dann gibt es die Lösung mit den Stapelbecken, die auch nicht funktionieren kann, weil die Becken dem Fluss letztendlich keine Entlastung, der Region aber eine sehr hohe Belastung bringen. Wie wollen Sie Stapelbecken mit 80 ha Abwasser in Nordhessen gegen die Bevölkerung durchsetzen, die alleine bei dem Gedanken daran schon jetzt zu Recht aufgebracht ist? Das sind schließlich keine Planschbecken, in denen man schwimmen kann, das ist stinkendes Abwasser.

(Beifall bei der LINKEN)

Man setzt Signale, wenn man – zwar ein bisschen maulend – immer wieder duldet, dass K+S die Anträge auf folgende Weise einreicht: Das Regierungspräsidium hat gesagt: „Wir brauchen die Unterlagen mindestens ein Jahr vorher“, aber ein Jahr vorher kommen läppische zwei Seiten, und eine Woche vor dem Stichtag sind immer noch keine handhabbaren Unterlagen vorhanden.

Wenn man sich das alles immer wieder bieten lässt, setzt man Signale. An der Stelle muss man deutlicher sein und sagen: Das geht so nicht. – Wenn man mit Kali + Salz Verträge macht, die ihnen auf die Dauer solche Dinge ermöglichen, schafft man – gewollt oder ungewollt – ein Klima, in dem das Unternehmen den Eindruck gewinnen muss, dass es durchaus so weitermachen kann.

Wenn man auf einen runden Tisch setzt, der immer wieder sagt, es gibt im Prinzip nur die Entsorgungsmöglichkeit der Pipeline, und wenn man ausschließt, anderes ernsthaft anzuschauen, handelt man sehr einseitig. Das finde ich verantwortungslos, und das geht nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Da sind wir gefordert, sehr viel genauer hinzuschauen und das deutlich nebeneinanderzustellen: Welche Möglichkeiten gibt es? Wie sehen die Belastungen, die durch die Möglichkeiten entstehen, sowohl wirtschaftlich für das Unternehmen als auch umwelttechnisch aus?

Bislang ist da aber nicht hingeschaut worden. Es ist immer wieder verweigert worden, da genau hinzuschauen. Es gibt die Lösung der Pipeline, das wird hier endlos wiederholt. Davon wird es aber nicht besser. Es ist nämlich völlig klar, dass Kali + Salz von Anbeginn an bis zum heutigen Tag sagt: Wir wollen diese Lösung nicht, und wir werden sie nicht finanzieren, weil wir sie nicht finanzieren können. – Hier setzen eine Landesregierung und auch eine Oppositionsfraktion auf eine Lösung, von der das Unternehmen sagt, sie gehe nicht. Das ist doch Traumtänzerei, wenn man daran festhält. Da muss man doch schauen, wie es anders geht.

(Beifall bei der LINKEN)

Da muss man – mit Blick zur SPD – noch einmal schauen, wer hier eigentlich den Dialog verweigert. Ich sehe deutlich, dass sich das Unternehmen auf einen Standpunkt stellt, an dem es festhält, und sagt: Das ist unsere Position. – Immer dann, wenn es nicht weitergeht, droht es mit den Arbeitsplätzen. Vonseiten des Unternehmens kann ich das verstehen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber das kann man sich als Landesregierung doch nicht bieten lassen. Da muss man einmal klar sagen: Es gibt gesetzliche Regelungen und Möglichkeiten, diese auch durchzusetzen. – Es kann nicht sein, dass sich ein Unternehmen hinstellt, alle Gesetze ignoriert und so tut, als ob es diese nicht gäbe und als ob es sich plötzlich mit einer unerträglichen Situation konfrontiert sähe – die es aber seit 14 Jahren kennt, auf die es sehenden Auges zusteuert und mit der es spielt.

Das darf man nicht zulassen, indem man Verträge eingeht, durch die man dem Unternehmen das immer wieder ermöglicht und in denen man immer wieder Zugeständnisse macht und dabei viel zu lax ist. An der Stelle muss die Landesregierung deutlicher und klarer sein.

(Beifall bei der LINKEN)

An der Stelle müssen auch vom Regierungspräsidium in Kassel klare Signale ausgehen – nicht die, dass man es immer wieder hinnimmt, wie Kali + Salz mit der Regierung, mit den öffentlichen Interessen, mit den Gesetzen dieses Landes und mit den Gesetzen Europas umgeht. Das können wir nicht länger auf die Art und Weise hinnehmen, wie es in der Vergangenheit geschehen ist.