Protocol of the Session on June 21, 2018

(Beifall bei der CDU)

Kollegin Arnoldt, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Ich muss Ihnen sagen: Das wird Ihnen leider nicht gelingen.

(Beifall bei der CDU – Michael Boddenberg (CDU): Was heißt hier „leider“?)

Vielen Dank, Kollegin Lena Arnoldt. – Das Wort hat der Abg. Norbert Schmitt, SPD-Fraktion.

(Michael Boddenberg (CDU): Nicht so schreien!)

Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mit einer wichtigen Richtigstellung bzw. Ergänzung des Berichts über die Landtagself beginnen. Der Präsident hat vergessen, darauf hinzuweisen – für alle Insider und Kritiker der Fußballnationalmannschaft –, dass bei der Landtagself die Außenverteidiger deutlicher schneller waren, als es der Schiedsrichter war. Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen.

(Heiterkeit und Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die dümmsten, schlechtesten und verlustreichsten Geschäfte, die das Land Hessen je abgeschlossen hat,

(Zuruf des Abg. Holger Bellino (CDU))

waren die Immobiliengeschäfte, der Verkauf von Landesimmobilien und die sofortige Rückmietung im Rahmen der sogenannten Leo-0-, Leo-I- und Leo-II-Geschäfte.

(Michael Boddenberg (CDU): Ich glaube, jetzt kommt die Helaba oder so etwas!)

Nein, Herr Boddenberg. – Hätte das Land 2004 – Sie haben damals auch zugestimmt – Kredite in Höhe von 2,1 Milliarden € aufgenommen, anstatt die Haushaltslöcher unter anderem durch den Verkauf von Gebäuden von Ministerien, Polizeipräsidien, Finanzämtern und Gerichten zu stopfen, wären Zinsen in Höhe von rund 1,7 Milliarden € bei einer Laufzeit von 30 Jahren angefallen.

(Clemens Reif (CDU): Bitte mehr Demut bei der SPD!)

Dieses Ergebnis hat der Finanzminister als Antwort auf unsere Anfrage vorgetragen. 1,7 Milliarden € wären die Kosten für normale Kreditaufnahme in Höhe von 2,1 Milliarden € gewesen. Für die Rückmietung werden aber für dieselbe Laufzeit über 4 Milliarden € fällig.

(Marius Weiß (SPD): Unglaublich! Unglaublich!)

Allein bis heute – nach 13 Jahren – sind bereits Mieten in Höhe von 1,4 Milliarden € angefallen. Folgendes wäre auch eine Variante: Selbst wenn man – das hat man 2004 eigentlich immer gemacht – Kredite nur mit einer Laufzeit von zehn Jahren aufgenommen und vor drei Jahren verlängert hätte – – Wenn wir damals 30 Jahre Laufzeit gewählt hätten, wären Zinskosten in Höhe von 3 Milliarden € aufgelaufen. So entstehen Kosten von 4 Milliarden €. Selbst in diesem Fall handelte es sich um ein Verlustgeschäft von 1 Milliarde € und, wenn man normal vorgegangen wäre, von 2 Milliarden €.

Und dann sprechen Sie davon, Frau Arnoldt, dass das kein Skandal sei? – Ich halte es schon für einen Skandal, wenn Hessen 1 Milliarde € oder 2 Milliarden € mehr zahlen muss, als damals ein anständiges Geschäft zu machen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie der Abg. Mürvet Öztürk (fraktionslos))

Eines ist auch klar geworden. Sie haben die SPD oder die GRÜNEN angesprochen. Die GRÜNEN haben übrigens bei Ihrer Rede nicht ein einziges Mal geklatscht;

(Michael Boddenberg (CDU): Was? – Heiterkeit)

das ist klar. Die GRÜNEN waren nämlich genauso wie wir harte Kritiker.

Deswegen kann niemand sagen, wir hätten Sie nicht gewarnt. Es war genau unsere Einlassung, dass das am Ende ein ganz schlechtes Geschäft wird. Das haben Sie zu verantworten.

(Beifall bei der SPD)

Wer war das? – Roland Koch, Karlheinz Weimar, in erster Front aber auch der Ministerpräsident haben zugestimmt, sodass wir heute mindestens 1 Milliarde €, wenn nicht gar 2 Milliarden € mehr zahlen müssen.

Der Höhepunkt ist in der Tat das Gebäude in der Dostojewskistraße. Da übernehmen wir als Mieter Dinge, die

eindeutig der Vermieter zu übernehmen hat. Das steht eindeutig in der Vorlage. Wir übernehmen Maßnahmen der Bauphysik. Das ist eindeutig Sache des Vermieters, aber das Land soll jetzt zahlen. Das ist der Skandal, meine Damen und Herren. Sie schmeißen 19 Millionen € raus.

(Beifall bei der SPD – Michael Boddenberg (CDU): Jetzt ist aber gut!)

Das Land muss also doppelt Miete bezahlen, die Sanierungskosten übernehmen und macht auch noch den Eigentümer reicher. Das ist dreifach dämlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Das ist der Skandal. Die politische Verantwortung tragen die CDU und alle, die zugestimmt haben, insbesondere der Ministerpräsident. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Norbert Schmitt. – Das Wort hat der Abg. Dr. Jörg-Uwe Hahn, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Frau Kollegin Arnoldt das Verhalten der FDPFraktion, deren Fraktionsvorsitzender ich zu diesem Zeitpunkt gewesen bin, angesprochen hat, will ich aus meiner Erkenntnis, aus meiner Rückblende die Ereignisse der Jahre 2005 und 2006 für 30 bis 60 Sekunden Revue passieren lassen.

Wir hatten eine Finanzsituation, die war dramatisch. Wir hatten als Land Hessen sowohl hinsichtlich der Liquidität als auch hinsichtlich der Verschuldungsgrenze jeweils das Limit überschritten. Hoffentlich sage ich nichts Falsches; denn der Freund Walter Arnold schaut noch positiv.

(Heiterkeit bei der FDP und der SPD)

Wir waren damals nicht in der Regierung. Deshalb habe ich das gesagt. Irgendjemand hat gesagt, das sei eine CDUgeführte Regierung gewesen. Falsch. Es war eine CDU-Alleinregierung.

Dann wurde uns gesagt: Wir machen mehrere Dinge, um wieder unter das Limit zu kommen, sodass man wieder ein bisschen Luft zum Atmen hat. – Das betraf also die Liquidität und die Verschuldung. Es war also nicht nur eines, sondern beides betroffen.

Dann gab es Ideen, die wir total doof fanden, wie z. B. den Verkauf der nordhessischen Baugesellschaft an die Nassauische Heimstätte. Das war eine „Linke Tasche – rechte Tasche“-Veranstaltung. Das Geld floss dann in den Landeshaushalt. Das Zweite war der Verkauf dieser Immobilien. Wir sind damals vielleicht ein bisschen blauäugig in die Veranstaltung hineingegangen. Grundsätzlich sind wir für Privatisierung. Grundsätzlich finden wir es klug, dass so etwas gemacht wird.

Da wir aber nicht die gesamten Akten hatten, haben wir uns von den Aussagen, insbesondere von den Aussagen von Karlheinz Weimar, überzeugen lassen, dass das ein vernünftiger Deal ist.

Aus der Sicht des früheren Justizministers weiß ich – das sage ich, ohne dabei eine Pflicht zu verletzten –, dass das so nicht stimmt. Deshalb fragen wir das Finanzministerium, Herrn Staatssekretär Dr. Worms und natürlich insbesondere Herrn Finanzminister Dr. Thomas Schäfer: Was passiert denn jetzt damit? Ist es nicht richtig – und das ist unser Vorschlag –, dass jetzt jede einzelne Immobilie durchgegangen wird?

(Norbert Schmitt (SPD): Sehr gut!)

Das soll geschehen unter dem Blickwinkel: Was soll passieren? Schnell aussteigen, auslaufen lassen, verlängern oder zurückkaufen? Das sind die vier denklogisch möglichen Alternativen. Was macht ihr denn jetzt damit? Wo sind noch Risiken? – Ich weise auf das Gebäude des Amtsgerichts in Idstein hin.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Antwort müssen Sie uns geben. Wenn Sie sie nicht freiwillig geben, dann werden wir sie über entsprechende parlamentarische Initiativen erzwingen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Damit Sie das auch vernünftig machen – das ist unser zweiter Vorschlag, nein, unsere zweite Forderung –, sollten Sie jetzt die Situation für eine saubere Bedarfsanalyse nutzen, welche Immobilien an welchen Standorten noch gebraucht werden, ausgebaut werden müssen oder geschlossen werden müssen. Als Minister habe ich einiges dazu beigetragen, dass Standorte aufs Land verlegt worden sind. Als ein Beispiel unter vielen anderen nenne ich Hünfeld. Eine klare Analyse ist also geboten. Muss z. B. die hessische Straßenbauverwaltung in einer 1A- bis 1B-Lage in der Wilhelmstraße in Wiesbaden sitzen? – Klare Antwort: Nein, muss sie nicht.

(Beifall bei der FDP)

Aufgrund der Digitalisierung kann sie überall in Hessen sitzen. Sie könnte sogar außerhalb von Hessen sitzen, aber das würde unsere Bemühungen konterkarieren, die Straßenbau AG des Bundes in Hessen zu platzieren.

Sie merken, jetzt ist der Zeitpunkt, und zwar der einzig richtige Zeitpunkt, um zu sagen: Wir stellen sämtliche Immobilien zur Disposition.

Dabei sollten Sie natürlich auch die Frage der Digitalisierung bedenken. Bedenken Sie dabei bitte auch die Frage der Demografie.