Protocol of the Session on November 23, 2017

(Beifall bei der CDU)

Ich habe als Generalsekretär Roland Koch in seiner Zeit eng begleitet. Das wissen Sie. Wir haben hier häufig auch über die Form der Auseinandersetzung gestritten. Ich will ausdrücklich sagen, dass es über diese Frage durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt und, wie Sie wissen, auch unterschiedliche Auffassungen zwischen CDU und GRÜNEN. Wir haben aber in dieser Koalition gelernt, auch mit dieser Frage umzugehen und wechselseitig die unterschiedlichen Auffassungen zu respektieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, worüber reden wir? Wir reden nicht wie die Vorsitzende des DGB Hessen darüber, dass wir eine solche Ehrung in Verbindung bringen mit tagespolitischen Entscheidungen wie der Frage, ob wir der Tarifgemeinschaft der Länder angehören.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das ist eine tagespolitische Entscheidung?)

Wir reden darüber – Herr Rudolph, das haben Sie selbst gesagt –, dass diese Auszeichnung eine Lebensleistung würdigen soll,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Die Lebensleistung ist ja noch schlimmer!)

in dem Fall die Lebensleistung Roland Kochs, der dieses Land elf Jahre verantwortlich und sehr erfolgreich regiert hat.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich brauche das nur an einigen wenigen Punkten festzumachen. Dieses Land ist in der Regierungszeit Roland Kochs, unter seiner Verantwortung, wirtschaftlich erfolgreich gewesen.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

Das hat vielen Hunderttausend Menschen mehr Arbeit gegeben. Wir haben eine erfolgreiche Bildungspolitik erlebt, übrigens auch mit der Neben- und Begleiterscheinung, dass es uns gelungen ist, die Schulabbrecherquote – um ein anderes Thema aufzurufen, wenn wir über Bildung reden, über das Sie häufig auch diskutieren – auf den niedrigsten Stand in allen Ländern zu bringen.

Wir haben seinerzeit schwierige Entscheidungen zu treffen gehabt. Ich erinnere an Opel, 15.000 Beschäftigte. Übrigens hat Roland Koch teilweise gegen den Wunsch und den Willen in den eigenen Reihen durchgesetzt, eine Landesbürgschaft zu geben. Wenn ich schon dabei bin, will ich

daran erinnern, dass es Roland Koch war, dem die Meinungs- und Medienvielfalt in unserem Land so wichtig ist,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Dass er Herrn Brender geschasst hat!)

dass er eine Frankfurter Tageszeitung – Sie alle wissen, worum es geht: die „Frankfurter Rundschau“ – gerettet hat.

(Beifall bei der CDU)

All diese Fragen zeigen, dass Roland Kochs Lebensleistung für dieses Land mehr ist als nur die Frage der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Landes.

(Unruhe bei der SPD und der LINKEN – Glocken- zeichen des Präsidenten)

Das betrifft auch schwierige Fragen. Ich nenne die Integrationspolitik. Ja, darüber haben wir gestritten. Unter Roland Koch hat es den ersten Integrationsbeirat der Bundesrepublik Deutschland gegeben, interkulturelle Erziehung im Kindergarten, Integrationskompass, Sprach- und Integrationskurse für Erwachsene und ein damals heftig umstrittenes Thema – Sie erinnern sich –: die Vorlaufkurse für den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse. Das wurde damals als „Zwangsgermanisierung“ beschimpft, heute ist es allgemein und parteiübergreifend anerkannt.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, all diese Fragen zeigen, dass Roland Koch ein streitbarer Demokrat war mit glasklaren und kantigen politischen Formulierungen und einer Politik, an der man sich reiben konnte.

Herr Schäfer-Gümbel, genau das haben Sie noch vor wenigen Tagen gefordert: dass wir eine Politik haben, die unterscheidbar ist, wo sich Parteien voneinander unterscheiden, damit die Wählerinnen und Wähler eine Chance haben, diesen Unterschied wahrzunehmen, und in ihrem Wählervotum zum Ausdruck bringen können, wohin es denn gehen soll.

Insofern glaube ich, dass das, was Roland Koch gemacht hat, an vielen Stellen streitbar war. Noch einmal ausdrücklich: Man kann über die Form der Auseinandersetzung auch in Wahlkämpfen streiten. Dafür war ich häufig mitverantwortlich. Aber worüber man nicht streiten kann, ist, dass er unserer Demokratie einen unschätzbaren Dienst dadurch erwiesen hat, dass wir klare Positionen hatten und damit Politikverdrossenheit entgegengewirkt werden konnte.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will zum Schluss kommen. Wenn es um rustikale Sprache geht, dann erinnere ich an jemanden, der ebenfalls ausgezeichnet worden ist: Holger Börner. Er wollte die GRÜNEN einmal mit der Dachlatte aus dem Hessischen Landtag treiben. Manche erinnern sich noch.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Niemand wäre auf die Idee gekommen, Holger Börner, der auch ein Mann mit Ecken und Kanten war, diese Auszeichnung abzusprechen.

(Norbert Schmitt (SPD): Ich weiß auch, was er zu dieser Debatte hier gesagt hätte!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das alles kann man wollen, aber ich glaube, es ist ein viel zu schmaler

Blick auf das Wirken von politischen Persönlichkeiten, wie ich sie eben auch am Beispiel Holger Börners genannt habe.

Eine letzte Bemerkung. Roland Koch ist mehrfach wiedergewählt worden, 2003 mit absoluter Mehrheit. Insofern ist Ihr heutiger Antrag, Herr Kollege Schäfer-Gümbel, auch eine Missachtung des Wählervotums.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Was?)

Ich freue mich über diese Auszeichnung, und ich danke dem Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier für diesen Vorschlag. Es ist auch eine Auszeichnung für eine lebendige und streitbare Demokratie. – Herzlichen Dank fürs Zuhören.

(Lebhafter Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Kollege Boddenberg. – Das Wort hat Herr Abg. Jürgen Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es in dieser Debatte? Geht es darum, dass bei der höchsten Auszeichnung, die dieses Land zu vergeben hat, die Entscheidung, wer der Preisträger sein soll, vom Ministerpräsidenten getroffen wird, wie es seit vielen Jahren vorgesehen ist? Oder geht es darum, dass ein Kuratorium, wie es die SPD einfordert, eingesetzt wird?

Ich glaube, man kann sicherlich über vieles diskutieren. Es hat auch seit dem Bestehen der Medaille Veränderungen gegeben. 2008 wurde ein Erlass geändert, weil der ursprüngliche Sinn war, vor allem die Freiheitskämpfer und Widerstandskämpfer auszuzeichnen. Nach so vielen Jahren gab es aber nicht mehr so viele Menschen, die man hätte auszeichnen können. So hat es 2008 eben eine Änderung gegeben. Man kann vernünftig darüber diskutieren, ohne dass man das politisch instrumentalisieren muss.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, worum geht es? Geht es darum, wer der Preisträger ist, ob das amtierende Politiker sein sollen, oder Politiker, die nicht mehr im Amt sind? Sollen es überhaupt Politiker sein? Geht es nur darum, dass man in irgendeiner Art und Weise einen Bezug zu Hessen hat? Hier kann man über vieles diskutieren. Aber ich habe den Eindruck, dass es hier vor allem um die Person Roland Koch als Preisträger geht.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Ja, das täuscht nicht! – Zurufe von der SPD: Ja!)

Meine Damen und Herren, dann muss man der Fairness halber sagen: Wenn ich an Roland Koch denke, dann denke ich z. B. auch an die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Beamten in diesem Land. Das war mit Roland Koch machbar. Wenn ich an Roland Koch denke, denke ich sofort daran, was er für die Kulturlandschaft in Frankfurt gemacht hat, wie er sich sozusagen auf der letzten Biege noch für die Erweiterung des Städel Museums eingesetzt hat. Ich erinnere an die Neue Verwaltungssteuerung. Die kann man gut oder schlecht finden. Aber dass hier moderne Kriterien einbezogen worden sind, das geht auf Roland Koch zurück.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten – Janine Wissler (DIE LINKE): Die Neue Verwaltungssteuerung ist im Sinne Wilhelm Leuschners?)

Roland Koch ist eine Person, an der man sich reiben kann. Aber wir haben z. B. auch den Ausbau des Frankfurter Flughafens, der Herzkammer der Wirtschaft in Hessen. Der Ausbau des Frankfurter Flughafens geht vor allem auf Roland Koch zurück, auch der Börsengang.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die „House of“-Strategie,

(Norbert Schmitt (SPD): Er hat das Schloss Erbach gekauft! – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

die, sage ich einmal, die Wirtschaftsdynamik Hessens teilweise wirklich in Stein meißelt, geht auf Roland Koch zurück.

Die Unterstützung der Jüdischen Gemeinde war für Roland Koch ein Schwerpunkt dieser Hessischen Landesregierung.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Nicht zuletzt geht es darum, Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit umzusetzen. Wenn es um die Menschenrechte in Tibet geht, kann man feststellen, dass kaum ein Politiker in Deutschland so viele Verdienste um die Belange in Tibet und des Dalai Lama hat wie Roland Koch.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und bei der CDU)