Ich hätte erwartet, dass die grüne Handschrift sichtbar wird. Aber die GRÜNEN scheinen bei diesem Nachtragshaushalt seltsam unambitioniert zu sein – um es vorsichtig auszudrücken. Das ist nicht gut für die politische Kultur. Es gibt eine neue Regierung. Wenn die Wähler den Eindruck haben müssen – sie müssen ihn haben –, es ist egal, wer regiert, es ändert sich nichts, ist das nicht gut für unsere politische Kultur.
Mit diesem Nachtragshaushalt ändern Sie nichts. Sie stellen keine Weichen. Es wird nichts zum Positiven verän
Es wird gewerkelt, und es wird so weitergemacht wie in den letzten 15 Jahren, in denen die CDU die Regierung gestellt hat. Man hat das Gefühl, es hat eigentlich nur eine Änderung gegeben, nämlich den Austausch des Koalitionspartners, und ansonsten geht es ganz normal weiter. Das ist nicht gut für unser Land.
Das gilt auch für die finanzpolitischen Instrumente von Schwarz-Grün: Die Tricks und die Verschleierungsmethoden von Schwarz-Gelb feiern fröhliche Urstände. Die von Minister Dr. Schäfer und der neuen Koalition gerade gelobte und gefeierte Reduzierung der Nettoneuverschuldung beruht schlicht auf Finanztricks.
Zum einen werden wiederum die Rücklagen geplündert. Zur Rücklagenentnahme hat der Minister in seiner 20-minütigen Rede gerade einmal einen Satz übrig gehabt – einen Satz für eine Rücklagenentnahme in gewaltiger Höhe. Zum anderen wird die Versorgungsrücklage – von dem ehemaligen Finanzminister Weimar geschaffen – in diesem Jahr auch nicht bedient, entgegen aller Versprechungen, die die Union an dieser Stelle gegeben hat.
Meine Damen und Herren, einige werden sich fragen: Was ist schlimm daran, wenn man Rücklagen nimmt? – Dazu müssen Sie aber wissen, dass diese Rücklagen kein Sparbuch sind. Es sind keine Mittel, die auf einem Sparkonto stehen. Das Geld liegt nicht auf der hohen Kante, sondern es werden in diesem Jahr Kreditermächtigungen in Anspruch genommen, also die Möglichkeit des Finanzministers, Schulden aufzunehmen, von denen im Vorjahr nicht Gebrauch gemacht worden ist. Damit hat Herr Finanzminister Dr. Schäfer 2013 die Nettokreditaufnahme nicht in der Weise gesenkt, wie es ihm möglich gewesen wäre. Das ist ein Punkt, den die FDP zu Recht immer wieder anspricht, sozusagen als Abschlusszeugnis für die FDP. Er hat Spielgeld geschaffen, das er in die Rücklage 2014 hineingeschoben hat. Er verwendet es jetzt, um die Höhe der Nettoneuverschuldung zu verschleiern und zu beschönigen. Die Wirkung ist, wie gesagt, klar: 2013 erscheint die Nettokreditaufnahme rechenrisch höher. 2014 erscheint sie rechnerisch niedriger, als sie in Wirklichkeit ist.
Mit diesen Manipulationen der Rücklagen werden allein 300 Millionen € zwischen den Haushalten hin- und hergeschoben. Diese müssten Sie eigentlich zu den 960 Millionen € Nettokreditaufnahme hinzurechnen, dann hätten Sie wirklich ein Abbild. Damit wäre die strukturelle Verschuldung in Hessen auch nicht 544 Millionen € hoch, sondern würde um 300 Millionen € höher liegen.
Bei der Weimar-Rücklage handelt es sich um eine echte Rücklage. Das ist echtes Geld, das angespart wird. Dazu ist gesagt worden: Ja, dieses Jahr wird es erfüllt. – Letztes Jahr hat man sie geschoben, aber dieses Jahr wird sie erfüllt. Jetzt ist Schwarz-Grün dran, jetzt wird sie wieder verschoben, und damit verkommt sie zur Vorsorge nach Kassenlage. Diesen Sündenfall, den es schon bei SchwarzGelb gegeben hat, greift jetzt Schwarz-Grün wieder auf. Auch das ist eine Fortsetzung der Finanztricks der alten Regierung. Auch da hat sich mit dem Eintritt eines neuen
Meine Damen und Herren, wer gedacht hat, dass die Koalition ihrer Ankündigung, ernsthaft zu sparen, gerecht wird, muss über diesen Nachtrag enttäuscht sein. In dem Nachtrag sind keine Sparanstrengungen sichtbar. Es gibt keine politisch gesteuerte, politisch verantwortete Ausgabenreduzierung. Die Koalition profitiert nur an einer Stelle auf der Ausgabenseite, nämlich bei den Zinsausgaben. Da konnte sie geringere Ausgaben ansetzen. Aber bereits bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2013/14 waren diese Ausgaben zu hoch angesetzt. Wir haben entsprechende Änderungsanträge gestellt – die GRÜNEN übrigens auch –, weil wir von vornherein gesagt haben: Wie es Mondpreise gibt, gibt es da sozusagen Mondbuchungen. Es werden Dinge in den Haushalt eingestellt, die viel zu hoch sind und die dann wieder aufgelöst werden, um den Haushalt beschönigend darzustellen und zu sagen: Wir haben eingespart; wir haben besser abgeschlossen, als es zumindest im Haushaltsplanentwurf ausgesehen hat. – Das ist ein berühmter Trick, der weitergeführt wird.
Aber weil diese Tricks nicht reichen – die Rücklagenentnahme, die Nichtbedienung der Weimar-Rücklage und die niedrigen Marktzinsen –, wird noch etwas vorgenommen, nämlich die Grunderwerbsteuererhöhung auf 6 %, die eben vom Kollegen Kaufmann eingebracht worden ist.
Ursprünglich hatte sich die Koalition darauf verständigt, dass diese Grunderwerbsteuererhöhung erst 2015 kommen soll. Aber sie wird jetzt, wie gesagt, vorgezogen. Auch dazu, Herr Minister, muss ich sagen: Es gibt Menschen, die Ihnen vertraut und auf Ihr Wort gebaut haben, dass diese Grunderwerbsteuer nicht in diesem Jahr, sondern 2015 kommt. Wenn das die Sozialdemokraten gemacht hätten, wäre sofort gesagt worden: „Wortbruch, Wortbruch, Wortbruch“, und Sie hätten getobt. Ich finde, so kann man mit Menschen, die ein Eigenheim bauen, nicht umgehen.
Aber so ist sie eben, die CDU. Im Bund blockiert sie – übrigens mit Zustimmung des Ministerpräsidenten – Steuererhöhungen für Reiche und für Bezieher hoher Einkommen. Aber in Hessen zwingt sie die Kommunen dazu, die Gebühren und die Beiträge zu erhöhen.
Das ist so, und das ist, wie gesagt, für die CDU typisch. – Herr Generalsekretär, das ist für Ihre Partei typisch. Sie wollen nicht, dass die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen entlastet werden, sondern sie werden von Ihnen sogar herangezogen, um die Vermögenden schonen zu können. Das ist Ihre Politik, und das hat man an vielen Stellen gesehen.
Beim Schweizer Steuerabkommen war das doch auch Ihre Überlegung. Man hat doch gesehen, wer davon profitiert hat, dass Sie dieses Abkommen unterschreiben wollten.
(Manfred Pentz (CDU): Jetzt kommt diese Leier wieder! Sie haben es bis heute nicht verstanden! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Meine Damen und Herren, eines ist aber auch sehr seltsam. Die FDP legt nun einen Gesetzentwurf vor, nachdem sie in der letzten Legislaturperiode dafür gesorgt hat, dass die Grunderwerbsteuer von 3,5 % auf 5 % erhöht wurde – mit Ihren Stimmen; ein entsprechender Gesetzentwurf hat auch Ihre Unterschrift getragen. Jetzt wird beantragt, sie wieder zu reduzieren. Hierzu kann ich nur sagen: Im Vergleich zur FDP ist ein Wackelpudding wirklich ein Fels in der Brandung. – Wenn Sie meinen, dass Sie damit verloren gegangenes Vertrauen in die FDP zurückholen können, dann muss ich Ihnen sagen: Ich glaube, mit so einem Gesetzentwurf werden Sie die entgegengesetzte Wirkung erzielen. Das verloren gegangene Vertrauen wird sich bestätigen. So kann man politisch nicht vorgehen.
Wir haben in unserem Regierungsentwurf gesagt: Wir wollen da nicht dran. Wir haben die Erhöhung damals bis 5 % mitgetragen. Wir haben aber auch gesagt: Jetzt ist die obere Kante erreicht. Mehr ist nicht zumutbar. Eines kann man doch ganz nüchtern feststellen: Diese Maßnahme führt auf jeden Fall zu einer Verteuerung des Wohnungsbaus; und wir brauchen mehr und bessere Wohnungen in Hessen.
Ich habe eben dargestellt, dass Sie nicht eingespart haben. Jetzt muss ich mich gleich wieder etwas korrigieren. Sie haben nämlich gekürzt, aber dort, wo es am unsinnigsten ist, nämlich bei den Investitionen. Sie haben 35 Millionen € an Investitionen gekürzt. Die Begründung war oftmals: „Der Baufortschritt ist nicht im erwarteten Rahmen“. Herr Minister, meine Damen und Herren, es gibt aber eine Investition, wo Sie die 35 Millionen € locker einsetzen könnten, nämlich beim Straßenbau. Anstelle zu kürzen, hätten Sie dorthin umschichten müssen. Das wäre richtig und angemessen gewesen.
Beim Straßenbau kommen wir zu einem sehr interessanten Punkt der Haushaltspolitik, des Haushaltsvollzugs und zum „Schwarzer-Peter“-Spiel. Der allgemein als Straßenbaufreund bekannte Minister Al-Wazir – leider ist er nicht anwesend – kritisiert seinen Vorgänger, dass dieser beim Straßenbau vor der Wahl zu viele Straßenbaumaßnahmen versprochen habe, dafür im Haushalt aber das Geld fehle. Herr Rentsch habe vor den Wahlen die berühmte Wurst ins Fenster gehängt, aber an der Ladentheke habe man davon nichts bekommen. Diese Kritik an Schwarz-Gelb, an ihrer Ankündigungspolitik, scheint aus unserer Sicht sogar berechtigt zu sein. Nur, lieber Minister Al-Wazir, die Kritik am Amtsvorgänger ist nur glaubhaft und wahrhaft, wenn man dann selbst dafür sorgt, dass genügend Mittel bereitstehen, um die notwendigen Maßnahmen in Hessen auch umsetzen zu können.
Sie haben bei den Investitionen sogar gekürzt, aber CDU und GRÜNE haben in den Nachtrag keinen müden Cent
Hessen hat die höchste Anzahl von sanierungsbedürftigen Brücken. Dafür müssten 1 Milliarde € aufgewendet werden. Insbesondere die Anwohner des Ausweichverkehrs – viele Brücken sind deswegen natürlich gesperrt – haben jetzt die Folgen zu tragen. Es gibt auch einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden, den man einmal berücksichtigen muss. Deshalb wäre eine Umschichtung das Mindeste gewesen, was man in diesem Nachtrag hätte tun müssen.
Herr Generalsekretär, die CDU muss sich entscheiden, ob sie den Weg des kalten Baustopps in Hessen weitergehen will, der jetzt eingeleitet worden ist. In den letzten Wochen ist sehr viel über die kalte Progression gesprochen worden. Das, was hier stattfindet, ist kalte Regression beim Straßenbau in Hessen. Das ist schlecht angesichts des Sanierungsbedarfs.
An mindestens zwei weiteren Stellen hätte im Nachtrag wenigstens ein bisschen politischer Gestaltungswille aufgezeigt werden müssen, nämlich beim Sozialbudget – dazu habe ich schon etwas gesagt –, aber auch bei der finanziellen Ausstattung der hessischen Kommunen.
Es gibt Kommunalpolitiker, die von dem Regierungswechsel erwartet haben, dass die GRÜNEN sich darum bemühen werden, dass die Kommunen mehr Geld bekommen. Ich war da immer sehr skeptisch, und den Insidern in unserer Fraktion war auch klar, dass dabei nicht viel von den GRÜNEN zu erwarten ist. Ein Blick in diesen Haushalt sagt, von CDU und GRÜNEN haben die hessischen Kommunen außer einer verschärften Kommunalaufsicht, die dazu beiträgt, dass Gebühren, Beiträge und kommunale Steuern erhöht werden sollen, nichts zu erwarten. Das ist nicht gut.
Wer kann etwas erwarten? Die Spitzenbeamtinnen und -beamten in Hessen können etwas erwarten. Das Sozialbudget wird auf das nächste Jahr verschoben, bei Stellenhebungen waren Sie jedoch schneller. Bei den B-2- und B-3-Stellen haben Sie Anhebungen mit der Begründung „Optimierung der Situation im Ministerium“ vorgenommen. So heißt es beispielsweise im Innenministerium.
Ehrlicher sind andere, die beispielsweise geschrieben haben: Stellenbedarf aufgrund des Wechsels der Hausleitung. – Das ist eine ehrlichere Begründung für das, was stattgefunden hat.
Wir werden Schwarz-Grün beobachten, ob die unglaubliche Stellenpolitik der Vorgängerregierung fortgeführt wird. Da gab es ja wirklich einige Dinge. Die im Nachtragshaushalt aufgelisteten 21 Hebungen im Ministerialbereich sind schon ein Wort und einiges Holz. Jetzt sollte der Bedarf gedeckt sein. Wir werden sehr genau hinschauen, was in den nächsten Jahren passiert.
Ein echter Offenbarungseid ist der Nachtrag auch an einer anderen Stelle, nämlich bei den Prozesskosten für die Stilllegung der Blöcke A und B in Biblis. 2,06 Millionen € müssen die Steuerzahler dafür aufbringen, weil die damals zuständige Ministerin Puttrich haarsträubende Fehler bei der vorläufigen Stilllegung gemacht hat.
Ich habe heute Morgen einen Ministerpräsidenten erlebt, der einen ungeheuren Salto aus dem Stand gemacht hat. Er hat behauptet, es liege keine Weisung des Bundes vor, und als hätte die Landesregierung das nie behauptet. Aus den Prozessakten – aus der Urteilsbegründung können Sie es übrigens auch entnehmen – ist zu entnehmen, dass die Landesregierung genau dies bei ihrer Begründung durch ihre Prozessvertreter vorgetragen hat: Es habe eine Weisung des Bundes vorgelegen.
Entweder ist der Ministerpräsident wenig sachkundig, oder er hat einmal mehr versucht, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen. Beides ist für einen Ministerpräsidenten nicht angemessen.