Protocol of the Session on May 21, 2014

(Manfred Pentz (CDU): Ganz genau!)

Im Gesetzentwurf steht, dass es zu den Aufträgen unter 10.000 € eine Verordnung gibt. Ich rate Ihnen, einmal nachzulesen, was in dieser Verordnung drinsteht. Es werden sich auch die Firmen, die diese Aufträge annehmen, dann diesen Regelungen entsprechend unterworfen sehen. Bitte behaupten Sie nichts, was nicht stimmt, sondern es ist klar: In Hessen werden alle Unternehmen Tariftreue zeigen, und alle Unternehmen werden den bundesgesetzlich festgeschriebenen Mindestlohn zahlen. Das ist eine klare Vereinbarung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Elke Barth (SPD))

Wir haben neue hohe Standards für Transparenzregelungen gefunden. Wir haben die gesetzlichen Grundlagen zur Überprüfung oder Einhaltung dieser gesetzlichen Regelungen in § 9 gemeinsam definiert, also die Nachprüfungen. Die Nachprüfungsstellen, die wir übrigens auch eingeführt haben – sie waren auch schon im alten Gesetz –, dienen eigentlich eher dazu, das Verhalten der vergebenden

Behörden zu überprüfen, wenn es zu Mängelrügen kommt. Es geht nicht darum, auf Baustellen nachzuprüfen, ob Tariflöhne gezahlt werden. Das ist die Sache der jeweiligen Auftraggeber.

Ein neuer Punkt, den wir in dem Gesetzentwurf haben, ist, dass wir es den öffentlichen Auftraggebern ausdrücklich freistellen, zusätzliche soziale und ökologische Kriterien bei der Vergabeentscheidung zu berücksichtigen. Das ist ein Kompromiss, mit dem aber, wie ich denke, beide Fraktionen gut leben können, und das ist draußen bei der Vergabe von Aufträgen auch anwendbar.

Entscheidend für meine Fraktion ist, dass die bisherigen hohen Freigrenzen für die beschränkte Ausschreibung und für die freihändige Vergabe eingehalten werden. Frau Barth, mit diesen Freigrenzen – das haben die Konjunkturprogramme der Jahre 2008, 2009 und 2010 klar gezeigt – waren es rund 3,3 Milliarden €, die in Hessen in drei Jahren dafür gesorgt haben, dass es ein gigantisches Wirtschaftsförderungsprogramm gab, kein Förderprogramm für die Kommunen, sondern vor allen Dingen für die kleinen und mittleren Betriebe, damit sie in dieser schwierigen Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise durchaus noch Aufträge bekommen. Herr Finanzminister Schäfer hat sich intensiv mit einer Prüfgruppe darum gekümmert, ob wir Sorge haben müssen, dass es irgendwelche Möglichkeiten der Korruption beinhaltet. – Klare Antwort: Das ist nicht der Fall. Es ist also insofern richtig, dass wir diese Freigrenzen weiterhin vorgesehen haben. Ich erlaube mir, deutlich zu sagen: Ja, wir haben an dieser Stelle eine andere Meinung als der Bundesrechnungshof, der für uns aber nicht zuständig ist.

(Elke Barth (SPD): Ja, der Bundesrechnungshof sieht das anders!)

Wir haben als Fraktionen von Schwarz und Grün eine klare Meinung zu diesen hohen Freigrenzen, denn es ist – ich kann verstehen, dass Sie unsere Meinung nicht teilen, aber das spricht ja für sich; und es ist nicht mittelstandsfreundlich, was Sie machen – für die Verantwortlichen in den Kommunen, Kreisen, Städten und Gemeinden eine klare vergaberechtskonforme Möglichkeit, um an ihre Betriebe, die für die Arbeitsplätze zuständig sind und dort Steuern zahlen, vergaberechtskonform Aufträge zu vergeben, wohlgemerkt: unter den Bedingungen, die wir definiert haben, also mindestens fünf Angebote und mit entsprechenden Auflagen für Interessenbekundungsverfahren und Ähnliches. Mit den 3,3 Milliarden € in drei Jahren hat sich gezeigt, dass viele Unternehmen im örtlichen oder regionalen Bereich Aufträge bekommen haben, und zwar unter Berücksichtigung der Grundsätze Transparenz und Wirtschaftlichkeit. Das ist ein Wirtschaftsförderungsprogramm, das seinesgleichen sucht. Ich bin sehr froh, dass wir dies mit den Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dem Gesetzentwurf weiterhin vorgesehen haben.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Barth, ich habe mir Ihren Gesetzentwurf sehr aufmerksam durchgelesen und ihn mit dem Gesetzentwurf verglichen, den die Fraktion der SPD am 25.10.2012 vorgelegt hat. Es gibt nicht viele Änderungen. Dass Sie sagen, es sei ein neuer Gesetzentwurf, möchte ich so nicht unterstreichen, aber das können wir im Ausschuss noch einmal in Ruhe bereden.

(Günter Rudolph (SPD): Der alte war schon gut!)

Was Sie gemacht haben, ist: Sie haben die Regelung verändert, in der stand, dass die Grenzen für die beschränkte Ausschreibung und die freihändige Vergabe noch durch eine Ministerverordnung festzulegen seien. Sie haben sie jetzt definiert. Ich muss sagen, das, was Sie zur freihändigen Vergabe auf Landesebene aufgeschrieben haben, also nichts über 10.000 €, und diese Stufen bei der beschränkten Ausschreibung von 50.000 €, 100.000 € und 150.000 € – –

(Elke Barth (SPD): Bei den meisten Bundesländern gilt das aber auch!)

Frau Kollegin, es geht hier nicht um andere Bundesländer, wir sind in Hessen. Sie müssen die Regelungen vertreten, die Sie hier aufschreiben. Da dürfen Sie sich bitte nicht auf Kollegen in anderen Bundesländern beziehen.

(Elke Barth (SPD): Das sind Best-Practice-Beispiele!)

Ach, das ist nicht „Best Practice“. Das, was wir hier machen, ist gut.

(Timon Gremmels (SPD): Das haben wir ja in der Anhörung gesehen!)

Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ich glaube, wir werden in der Anhörung sehen, was die Mittelständler und die Kommunen dazu sagen. Ich bin einmal sehr gespannt, genau dieser Frage nachzugehen, ob Ihre enge Auslegung die bessere ist oder das, was wir gemacht haben. Ich bin überzeugt, dass wir einen guten Gesetzentwurf ausgearbeitet haben. Ich freue mich auf die Anhörung und die Diskussionen mit den anderen Fraktionen. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Die nächste Wortmeldung, Herr Kollege Lenders für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die vorgelegten Gesetzentwürfe sowohl von Schwarz-Grün als auch der SPD sind eine massive Verschlechterung zu dem, was im Moment geltende Rechtslage ist. Es ist eine Verschlechterung für die Kommunen, aber vor allen Dingen auch für die kleinen und mittelständischen Handwerker und Dienstleister.

Ich will durchaus anerkennen, dass es schon erstaunlich ist, wie wenig sich die GRÜNEN bei dem vorliegenden Entwurf für ein Tariftreue- und Vergabegesetz durchgesetzt haben. An der Stelle darf ich doch einmal sagen, dass ich durchaus ganz froh bin, dass die GRÜNEN nicht allein regieren, sondern noch immer einen starken Koalitionspartner haben, der, glaube ich, etwas die Marschrichtung bestimmt hat.

(Günter Schork (CDU): Hört, hört! Das hat sich sonst anders angehört!)

Lassen Sie mich zu Anfang aber auf die Kollegen von der SPD eingehen. Sie haben gerade in Ihrer Rede gesagt, die Vergabegrenzen hätten dazu geführt, dass wir ein Einfallstor für Korruption hätten. Liebe Frau Kollegin Barth, zumindest als die FDP noch in der Landesregierung war, hatte die Landesregierung keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es zu Missbrauch oder Korruption gekommen ist, weil wir die Vergabegrenzen angehoben haben.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen haben CDU und FDP ganz klar gesagt: Es ist ein Konjunkturpaket, und dabei bleibt es. – Das, was Sie hier gemacht haben, ist eigentlich eine pure Unterstellung. Zu dem, was Sie mit der Nachprüfstelle gefordert haben, haben Ihnen die Kollegen schon etwas gesagt. Auch Herr Klose hat es eben gesagt. Lieber Kai Klose, die VOL-Stelle war auch schon im alten Gesetz vorgesehen. Aber wir werden euch daran messen, ob ihr dann die nötigen finanziellen Mittel bereitstellt, um z. B. die Auftragsvergabeberatungsstelle mit Personal auszustatten, damit man das auch mit Leben füllen kann.

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, den schwarz-grünen Gesetzentwurf mit dem Gesetzentwurf der GRÜNEN aus der letzten Wahlperiode zu vergleichen. Man stellt fest, dass es im Wesentlichen vier Punkte sind. Das ist die Einbeziehung des ÖPNV, die Tarifklausel inklusive eines Mindestlohns von 8,50 €. Dazu muss man sagen – Herr Staatsminister Al-Wazir, Sie sind ja wieder putzmunter –: Die Tariftreue inklusive Mindestlohn hat in der letzten Legislaturperiode einen Sinn gemacht. Es ging nicht aufgrund des Rüffert-Urteils. Jetzt macht es überhaupt keinen Sinn, weil es ein gesetzlicher Mindestlohn ist, der aus Berlin bestimmt wird. Das jetzt in das Hessische Tariftreue- und Vergabegesetz reinzuschreiben, ist überflüssig wie ein Kropf.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Nachunternehmerhaftung haben wohl die GRÜNEN hineinverhandelt, wie natürlich die sozialen und ökologischen Kriterien. Diese Inhalte aus dem grünen Gesetzentwurf wurden nun in den Entwurf der Koalition übernommen. Wo der neue Beitrag der CDU ist, sehe ich jetzt nicht.

Ich gehe davon aus, dass die CDU dabei geblieben ist, was einmal gemeinsame Politik von CDU und FDP war. Die Folge dieses Gesetzes wird allerdings eine weitere Verteuerung öffentlicher Aufträge sein. Wir alle erleben inzwischen von den kleinen Baumaßnahmen vor Ort bis hin zur Elbphilharmonie oder zum Flughafen in Berlin, dass öffentliche Aufträge immer teurer werden.

Wenn man sich anschaut, zu welchem Preis ein privates Unternehmen bauen kann und welche Preise bei der öffentlichen Hand heute schon verlangt werden, dann zeigt das, dass sich die Anforderungen an die Unternehmen am Ende in höheren Preisen niederschlagen.

Ein Vergabegesetz soll aber eigentlich dafür sorgen, dass mit Steuergeldern sparsam gewirtschaftet wird. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf wird dieser Grundsatz vollkommen über den Haufen geworfen. Da werden Nachweise in Textform für alles Mögliche verlangt. Entgegen der Beteuerung der CDU und der bisherigen Berichterstattung ist in § 2 Abs. 2 ganz klar festgehalten, dass das Land ver

pflichtet ist, vergabefremde Kriterien anzuwenden. Das Land ist verpflichtet. Wir haben bestimmt Zeit, im Ausschuss und bei der Anhörung darüber zu beraten, so darf man das aber lesen. Da ist nicht von „kann“ die Rede, sondern sie sind „zu berücksichtigen“. Die Begründung dieses Absatzes ist dann auch eindeutig und lobt die Vorbildhaftigkeit des Landes. – Der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN bekommt das Grinsen schon nicht mehr aus dem Gesicht.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Soll ich mich ärgern, wenn Sie reden?)

Meine Damen und Herren, Vorbildcharakter heißt am Ende, es kann für die Kommunen umgesetzt werden. Ich weiß schon, wie das ausgeht. In den Kommunalparlamenten sitzen dann die Kollegen von der Linksfraktion und sagen: Ihr könnt diese Kriterien anwenden, der Landesgesetzgeber hat euch diese Möglichkeiten dazu gegeben, nun macht es auch.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Aber hallo!)

Das würde ich an Ihrer Stelle auch so machen. – Herr Kollege Dr. Arnold, dann sind Sie genau da, wo Sie eigentlich nicht hin wollten. Die Folge der Anwendung solcher Kriterien wird aber nicht nur teuer für den Steuerzahler, sondern bedeutet auch eine massive Erhöhung bürokratischer Belastung der kleinen und mittleren Unternehmen.

Der Gesetzentwurf der Koalition enthält immer und immer wieder den Passus „Unternehmen sind zu verpflichten“ oder „Nachweise sind in Textform vorzulegen“.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Wie denn sonst?)

Das Maß an bürokratischer Belastung, das mit diesem Gesetz geschaffen werden soll, wird viele kleine und mittelständische Betriebe von der Vergabe abschrecken und letztendlich ausschließen.

(Beifall bei der FDP)

Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern, die hier so viel genannt worden sind, zeigen, dass sich nur noch große Unternehmen an den Ausschreibungen beteiligen und sich darum bemühen, weil die Anforderungen von großen Unternehmen leichter zu erfüllen sind. Dieser Gesetzentwurf ist dann am Ende mittelstandsfeindlich.

Es ist bedauerlich, dass das bestehende Gesetz, das von Kommunen als Auftraggebern und von Handwerk und Mittelstand als Auftragnehmern bei der Einführung so gelobt worden ist, nun durch diese bürokratischen Inhalte ersetzt werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Dass die CDU diese Veränderungen mitträgt, zeugt davon, wie wenig sie am Ende noch die Wirtschaftspolitik selbst bestimmt.

(Widerspruch des Abg. Dr. Walter Arnold (CDU))

Die GRÜNEN geben den Ton in diesen bürokratischen Teilen durchaus an.

(Unruhe bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie lassen diesen Teil dann als ökologische Spielwiese der GRÜNEN. Das ist wohl das Zugeständnis, das Sie an der Stelle gemacht haben.