Ich glaube aber, der RMV ist sehr gut positioniert. Insofern bin ich mit diesem Zustand erst einmal zufrieden – danke schön.
Lassen Sie mich noch einige Beispiele zum automatisierten Fahren bringen, denn insbesondere das ist hier ja angesprochen worden. Wir haben verschiedene Projekte, die in Hessen bereits vor einigen Jahren angestoßen wurden und die das autonome Fahren erst möglich gemacht haben – über die wichtige Kommunikation zwischen den Fahrzeugen sowie zwischen Fahrzeugen und der Infrastruktur.
Wir haben im Korridor Rotterdam – Frankfurt – Wien ein europäisches Projekt, das jetzt bereits den Regelbetrieb vorbereitet. Damit sind wir nicht mehr in der Erprobung, sondern gehen wirklich in den Regelbetrieb. Wir haben im Bereich des kooperativen, hoch automatisierten Fahrens eine Teststrecke, bei der wir Geschwindigkeiten bis zu 130 km/h ausprobieren. Das ist wirklich eines der besten bundesweiten Projekte, das wir hier haben. Man sieht das nicht immer so, aber das gibt es.
Mit der Automatisierung und der Digitalisierung eröffnen sich aber auch für den öffentlichen Personennahverkehr enorme Chancen. Das ist ein Bereich, der ganz besonders wichtig ist, weil wir die Vernetzung der Verkehrsträger als eine der zentralen Voraussetzungen für die Möglichkeiten sehen, die über die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden können. Wichtig ist ein leistungsstarker und vernetzter ÖPNV. Er kann Kern eines effizienten, intermodalen Verkehrssystems sein.
In der Verkehrspolitik diskutieren wir seit 20 oder 30 Jahren die Intermodalität. Erst über die Digitalisierung gelang dem Thema der Durchbruch. Das ist eine Chance, die wir nutzen wollen und nutzen werden.
Frau Wissler, da bin ich ganz und gar anderer Meinung, als Sie das eben dargestellt haben. Das E-Ticketing ist ein notwendiger Einstieg.
Wir sind noch lange nicht am Ende dessen, was damit gemacht werden kann. Es gibt im Augenblick Einstiegsprobleme. Für eine bundesweit geltende Mobilitätskarte, die wir uns alle irgendwann einmal wünschen, müssten Sie einen Preis zahlen und könnten dann in München einsteigen und in Hamburg – nein, am besten in Frankfurt aussteigen. Es gäbe einen durchgängigen Tarif, online abgewickelt. Dazu brauchen wir E-Ticketing.
Das ist hier in Hessen entwickelt worden, von der rms, einer Tochter des RMV. Das wurde über den VDV entwickelt und ist jetzt erstmalig in dem Projekt „Mobility inside“ bundesweit ausgerollt worden. Vor wenigen Wochen kam ein Förderbescheid des Bundes – wieder Bundesmittel –, damit wir hier in Hessen eine bundesweite Plattform dafür entwickeln. Das ist zentrale Voraussetzung dafür, dass die Verkehrsunternehmen, wie wir sie kennen, zukünftig überhaupt noch mit anderen Anbietern konkurrieren können, die Mobilität online anbieten. Deswegen ist das ein ganz wichtiger Baustein.
Ich glaube, wir sind sehr gut aufgestellt. Wir haben engagierte, gute Akteure. Wir werden weiterhin daran arbeiten müssen. Ich habe an verschiedenen Stellen darauf hingewiesen, dass wir nicht alles gelöst haben, aber wir sind auf einem guten Weg.
Herr Lenders, Sie brauchen nicht nach Berlin zu fahren, um sich so etwas anzuschauen. Gehen Sie beim nächsten Mal doch ins HoLM. Dort hat die Deutsche Bahn ein Innovationslab aufgebaut; der RMV baut ein ÖPNV-Lab auf.
Einen abschließenden Satz noch: Herr Eckert, es gibt in der Großen Anfrage keinen Widerspruch hinsichtlich des Personenbeförderungsgesetzes. Wir haben dargestellt, dass wir das weiterentwickeln müssen, um Mobilität insbesondere auch im ländlichen Raum zu gewährleisten. Mit dem heutigen gesetzgeberischen Rahmen ist das nicht möglich. Das muss weiterentwickelt werden.
Dabei muss dann auch auf die spezifischen Interessen der Akteure Rücksicht genommen werden. Das ist ein langwieriger Prozess und geht nicht von heute auf morgen. Wir bringen uns weiterhin ein, um das verantwortungsvoll zu gestalten. Den Widerspruch, den Sie da vermeintlich gesehen haben, kann ich nicht erkennen. – Ganz herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Der Antrag der Fraktion der FDP geht an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung.
Kann ich davon ausgehen, dass über den Dringlichen Antrag der Fraktion der CDU abgestimmt werden soll?
Er wird ebenfalls an den Ausschuss überwiesen. – Damit ist das beschlossen und wir können diesen Tagesordnungspunkt verlassen.
Große Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Vermittlung grundsätzlicher Werte an hessischen Schulen – Drucks. 19/4890 zu Drucks. 19/4339 –
Ich darf vorab noch mitteilen, dass ein Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Frage der Öffnung der zivilrechtlichen Ehe auch für gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Drucks. 19/5080, eingegangen ist. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dies Tagesordnungspunkt 75 und zusammen mit Tagesordnungspunkt 70 aufgerufen.
Nun eröffnen wir die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 16. Zunächst erteile ich Herrn Abg. Yüksel für die SPDFraktion das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Wir leben in einer unruhigen Zeit. Aus verschiedenen ideologischen oder auch extremistisch-religiösen Gründen wird unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zunehmen infrage gestellt. Rechtspopulisten wie Islamisten pflegen eine ausgeprägte, gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Demokratie, Pluralität und Rechtsstaatlichkeit lehnen sie ab. Diesen Bewegungen müssen wir unsere starken und wehrhaften Institutionen und unsere gewachsene politische Kultur entgegenhalten.
Zugleich müssen wir uns eingestehen, dass auch demokratische Akteure und Institutionen ihrer Rolle nicht gerecht geworden sind. Manchmal haben sie durch eigene Fehler und Versäumnisse den Raum für das Anwachsen von Demokratiefeindlichkeit gewährt.
Die freiheitlich-demokratische Werteordnung, deren Fundament maßgeblich die Art. 1 bis 20 unseres Grundgesetzes bilden, ist eben kein Naturgesetz, sondern entstand und bleibt nur dadurch bestehen, dass sie aktiv vorgelebt, aber auch erlernt wird. Es hat lange gedauert, bis Meinungs-, Presse-, Kunst- und Religionsfreiheit und nicht zuletzt auch die Ablehnung von Diskriminierung Teil der gesellschaftlichen Identität geworden sind. Umso wichtiger ist es, gerade heute diesen Verfassungspatriotismus wieder in den Vordergrund zu rücken.
Liebe Kollegen und Kolleginnen, die Schule ist für unsere Kinder neben der Familie sowie sozialen und religiösen Einrichtungen sicherlich die zentrale Sozialisationsinstanz. Es geht dort nicht nur um die Vermittlung und Aneignung von Wissen und Kompetenzen, sondern auch um die umfassende Bildung des Menschen mit klarer Wertefundierung und in Verantwortung für das Gemeinwesen.
Mit der Großen Anfrage, über die wir hier diskutieren, wollten wir daher erfahren, wie seitens der Landesregierung die Erziehung unserer Kinder zu demokratischen mündigen Bürgern in den hessischen Schulen gewährleistet wird.
Wir wollen uns hier also ganz speziell auf die Schule konzentrieren. Damit will ich den Wert der politischen Bildung außerhalb der Schule sowie die Prägung durch das Elternhaus nicht kleinreden. Aber wir als Landespolitikerinnen und Landespolitiker tragen besonders für die Gestaltung der Schule als Bildungsraum die Hauptverantwortung.
Es kann nämlich gerade nicht darum gehen, einfach auf die engagierten hessischen Lehrerinnen und Lehrer zu zeigen. Sie versuchen Woche für Woche, unter den schwierigen Bedingungen des hessischen Schulsystems sehr gute Leistungen abzuliefern. Da darf die Landesregierung nicht einfach ihre Zuständigkeit abwälzen.
Sehr geehrter Herr Lorz, ich komme nun zu Ihren Antworten. Mein Eindruck ist, dass die Hessische Landesregierung zentrale Fragen unserer Großen Anfrage gar nicht verstanden hat. Sie scheint leider die Bedeutung innerschulischer Werteerziehung systematisch zu unterschätzen.
Symptomatisch ist hierfür, dass die Landesregierung den Titel der Großen Anfrage nach Einreichung durch die SPD-Fraktion an entscheidender Stelle eigenmächtig geändert hat. Wir hatten Informationen über grundgesetzliche Werte angefragt. Als nach mehreren Monaten die Antwort aus der Staatskanzlei kam, war in der Überschrift und im weiteren Text plötzlich von grundsätzlichen Werten die Rede. Während wir an die Werteerziehung der christlichen Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern dachten, antwortete uns die Regierung mit Werten des Alltags. Das alltägliche Zusammenleben ist aber gerade in Gefahr. Wir müssen die Werte des Grundgesetzes als Schutz gegen diese Bedrohung begreifen.
Für uns sind die Prinzipien guter Präventionspolitik gegen Extremismus klar. Das ist für die Mitglieder der SPD-Fraktion nicht nur die defensive Abwehr des Extremismus. Im Vordergrund muss bei allen Bürgerinnen und Bürgern frühzeitig unser positives gesellschaftliches Angebot etabliert werden.
Das Grundgesetz gibt gemeinsame Werte vor, die für alle gelten. Es ist die Aufgabe der Landesregierung, mit voller Kraft für diese freiheitlich-demokratische Grundordnung zu werben. Sie muss sie noch stärker erlebbar machen. Gute Prävention setzt nicht erst bei Extremismus ein.
Meine Kolleginnen und Kollegen, wir sehen uns leider darin bestätigt, dass die Landesregierung in dieser unruhigen Zeit dem Thema Demokratievermittlung und Werteerzie
hung zu wenig Bedeutung beimisst. Sie lässt ein ganzheitliches Konzept, in dem einzelne Maßnahmen strukturiert und aufeinander abgestimmt werden, völlig vermissen.
Was geschieht an hessischen Schulen konkret zur Vermittlung der Werte des Grundgesetzes? Die Landesregierung zieht sich leider oft auf Gesetze und Verordnungen zurück, die auf dem Papier gut klingen mögen. Wir haben aber in den Schulen mit zahlreichen Lehrerinnen und Lehrern über die praktische Umsetzung des Schulgesetzes und der Verordnung gesprochen. Unser Eindruck ist, dass die Wertevermittlung oft kaum eine Rolle spielt. Wenn das doch der Fall ist, hängt das allein vom persönlichen Engagement der Lehrkräfte ab.
Das ist nicht der Fehler der Lehrerinnen oder Lehrer. Die Landesregierung muss die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Sie muss die Lehrkräfte mit den notwendigen Ressourcen ausstatten. Sie muss klarmachen, wie wichtig die politische Bildung für uns alle ist. Im Moment gibt es bei diesem Thema leider große Versäumnisse. Ich möchte deswegen hier noch einige konkrete Vorschläge unterbreiten.
Die Bedeutung der politischen Bildung im Schulunterricht muss insgesamt gestärkt werden. Dafür brauchen wir einen Ausbau des Unterrichtsangebots im Fach Politik und Wirtschaft.