Was uns neben den bereits genannten Punkten auch wichtig ist, ist, dass bestehende Angebote – das sagt uns die Antwort auf die Große Anfrage – tatsächlich nicht abgeschnitten werden mussten, dass alles überführt werden konnte und dass bestehende Kooperationen mit Anbietern, von diesem oder jenem Anbieter, allesamt fortgeführt werden konnten. Das haben uns jedenfalls die Schulträger zurückgemeldet. Sie wurden sogar mit zusätzlichen Ressourcen aufgewertet. Sie müssen sich auch neuen Qualitätsmaßstäben und -ansprüchen stellen; denn sie müssen jetzt beispielsweise auch den Qualitätsrahmen des Landes für sein reguläres Ganztagsschulprogramm erfüllen. Ich finde, das sind Fortschritte, die zeigen, dass man mit einem so gestrickten Angebot auf der Basis von Offenheit, Freiwilligkeit und lokalem Bezug zu qualitativen Fortschritten kommen kann.
Ich muss zum Schluss kommen. – Ich will noch erwähnen, dass wir in diesem Programm auch einen Qualifizierungsaspekt haben, weil die Lehrkräfte und das pädagogische Personal durch Fortbildungsangebote unterstützt werden. Eltern zahlen nicht mehr, sondern häufig sogar weniger. Wer kein Geld hat, kann trotzdem oder zu erheblich reduzierten Preisen teilnehmen.
Ich komme zu meinem letzten Satz: Wir glauben, dieses Konzept des Pakts für den Nachmittag überzeugt nicht nur durch seine neuartige und zweckmäßige Kofinanzierung zweier wichtiger Beteiligter, sondern es ist zu Recht auch freiwillig, offen, vielfältig sowie an den örtlichen Bedarfslagen und Ansprüchen ausgerichtet. Wir freuen uns auf den weiteren Ausbau und die weitere Verbreitung. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Wiesmann. Sie haben Frau Kollegin Schott zu einer Kurzintervention motiviert. – Bitte sehr.
dann lernt man vor allen Dingen, dass sich Deutschland auf einem anderen Planeten befindet, zumindest irgendwo anders als der Rest dieser Erde. Ich weiß nicht, wo das ist, vielleicht im Weltall. Aber man muss doch einmal über seine eigene Grenze hinausschauen, dann käme man nämlich zu anderen Ergebnissen.
(Armin Schwarz (CDU): Deswegen haben wir auch eine so geringe Arbeitslosigkeit! – Anhaltende Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)
Wenn man Kinder dahin gehend befragt, ob es schlimm ist, zur Ganztagsschule zu gehen, dann werden sie dies natürlich, wenn das Kind in der Nachbarschaft nur Teilzeit zur Schule geht und den restlichen Tag mit Freizeit verbringen kann, unangenehm finden. Das wird einem jeden Kind so gehen, das man befragt. Wenn Sie Kinder fragen, ob sie überhaupt zur Schule gehen wollen, dann werden Sie ein gerüttelt Maß an Kindern finden, die gar nicht gehen wollen, sowie einen anderen Teil, der Spaß an Schule hat. Am meisten Spaß an Schule haben die Kinder, die eine Modellschule besuchen, wo nämlich, mit Kreativität und Pädagogik experimentierend, den ganzen Tag über rhythmisiert Unterricht gemacht wird und wo Schule ein Lebensraum ist. Dort müssen wir hinkommen.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Das ist Ihr Gesellschaftsmodell! Mir hat Schule auch Spaß gemacht!)
Wenn Sie nicht aufhören, weiterhin dieses Schreckensbild von Kindern zu zeichnen, die von morgens bis nachmittags hinter Schulbänken sitzen müssen, um dort Wissen in sich hineinzustopfen, werden wir von diesem Bild nicht wegkommen.
Schauen Sie einmal über die Grenzen hinaus. Schauen Sie sich Frankreich an; dort gehen Kinder seit Generationen – das wissen Sie genauso gut wie ich – viel früher als bei uns zur Schule. Sie gehen täglich auch länger zur Schule. Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass alle Menschen in unserem Nachbarland schwer psychisch gestört wären, Familien zerbrächen, kein Familienleben mehr stattfinden und kein Sport gemacht würde. Das ist doch absurd. Schauen Sie sich an, wie dies funktioniert. Schauen Sie sich das dort an, wo es andere machen, und dann trauen Sie sich etwas. Trauen Sie sich endlich, zu sagen: „Ja, wir müssen weg von diesem überkommenen und veralteten Familienbild,“ das Sie hier immer wieder propagieren, „und wir müssen hin zu einer modernen Gesellschaft.“
(Beifall bei der LINKEN – Michael Boddenberg (CDU): Gar keine Eltern mehr, oder was? – Horst Klee (CDU): Das ist nicht von dieser Welt!)
Liebe Frau Schott, ich glaube, wir kommen insgesamt wahrscheinlich nicht zusammen. Aber ich möchte dazu, weil Sie das Stichwort Frankreich genannt haben, ein paar Punkte sagen. Ich habe selbst einen erheblichen Teil meiner Ausbildung in Frankreich genossen, und zwar die komplette Schulbildung und die Hälfte meiner Universitätsausbildung. Ich kann Ihnen berichten: Es gibt gute Gründe dafür, dass Frankreich heute so dasteht, was seine Jugendlichen angeht, und dass wir nicht so dastehen. Das hat sehr viel mit dem französischen Bildungssystem zu tun.
Da Sie sagten, wir sollten über die Grenzen schauen: Wenn ich über die Grenzen Europas schaue, stelle ich fest, dass Deutschland seine Jugendlichen so erfolgreich ausbildet und in ein eigenverantwortlich gestaltetes Leben führt wie sonst fast niemand um uns herum.
Was machen wir richtig? – Wir nehmen Kinder in ihren Entfaltungsbedingungen als Persönlichkeiten ernst. Wir fragen uns – –
Entschuldigung, unser Schulsystem macht sehr vieles richtig, was nicht heißt, dass wir es nicht noch besser machen können. – Aber vom französischen Schulsystem mit seinem großen Verbrauch an Lebenszeit von Kindern, mit
seiner Pädagogik, die Frontalunterricht sozusagen als Fetisch vor sich herträgt und zur freiheitlichen Entwicklung von Kindern wirklich wenig beiträgt – deshalb hat sie am Ende auch Schwierigkeiten, die Kinder nach der Schule zu einer eigenverantwortliche Gestaltung ihres eigenen Bildungsverlaufs zu bringen –, können wir, liebe Frau Schott, nicht sehr viel lernen. Ich würde wirklich empfehlen: Wir sollten hinschauen, und wir sollten die richtigen Schlüsse ziehen.
(Günter Rudolph (SPD): Der sagt jetzt einmal, welche richtigen Schlüsse man zieht! – Daniel May (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Christoph will aber auch nicht nach Frankreich, oder?)
Sehr verehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Wiesmann, Sie sagen, Sie hätten Ihre Schulzeit im französischen Schulsystem verbracht. Dazu muss ich sagen: Dafür ist aus Ihnen gut etwas geworden. Also das muss man auch einmal sagen.
Wir Sozialdemokraten sind der Auffassung – wir haben darüber heute Morgen ausgiebig gesprochen –, dass Bildung kostenfrei sein muss. Das betrifft die Kita, die Schule und die Hochschule. Das betrifft übrigens jede Schule – egal, ob sie bis 12, 13 oder 16 Uhr dauert.
Erstens haben wir heute Morgen schon festgestellt, dass sich Schwarz-Grün weigert, auf die Gebührenerhebung in den Kitas zu verzichten. Jetzt wissen wir zweitens, dass Schwarz-Grün mit dem Pakt für den Nachmittag noch weitere Gebühren in Hessen und damit ein Schulgeld durch die Hintertür einführt.
Meine Damen und Herren, der Pakt für den Nachmittag – es wurde gesagt – schafft in Hessen eben keine einzige neue Ganztagsschule, sondern er schafft einfach nur eine entgeltpflichtige Betreuung in den Räumen der Schule, aber keine Bildung. Sie schieben die Kosten auf die Eltern, auf Familien, die es sich leisten können, und auf die Kommunen ab, weil Sie selbst nicht bereit sind, mehr Landesgelder hineinzugeben.
Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass der Pakt auch zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf beitragen kann, aber der Pakt für den Nachmittag ist ganz sicher kein Beitrag für mehr Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe, meine Damen und Herren.
Dann will ich noch einmal auf die Kosten eingehen. Ich habe nicht das Gefühl, dass unsere Hauptangriffslinie oder
unsere Kritik ist, wie verbindlich der Pakt ist oder ob es echte oder nicht echte Ganztagsschulen sind. Es geht doch vor allem darum, dass ein Schulgeld erhoben wird. Ich will die Zahlen nennen: Allein für die Zeit bis 14:30 Uhr, die laut Pressemeldungen aus dem Kultusministerium vom Land finanziert wird, gibt es laut der Großen Anfrage zahlreiche Beispiele dafür, dass Beiträge bis 59 € erhoben werden.
Da will ich auf die Aussage des Kultusministers in der Antwort auf den Berichtsantrag der SPD verweisen, dass die Angebote des Landes kostenfrei sein würden, da in der Hessischen Verfassung die Schulgeldfreiheit festgelegt sei. – Das ist ein schmaler Grat, auf dem Sie sich da bewegen.
Schaut man sich die Zeit bis 17 Uhr an, sind das die bereits erwähnten bis zu 218 €. Ob das nun 130 € oder 218 € sind, diese Beträge sind schlichtweg inakzeptabel.
Das ist nicht nur die Auffassung der Sozialdemokraten, das habe ich an dieser Stelle schon mehrfach gesagt. Auch die Landessportjugend, die das evaluiert hat, hat festgestellt, dass diese Gebühren Familien abhalten, die nicht so viel Geld haben, ihre Kinder dort anzumelden.
Dann komme ich noch einmal zu dem Argument: Wir brauchen mehr Betreuungsangebote. – Das ist richtig. Wir wollen aber doch die Betreuung mit der Bildung und den Vorteilen, die ein solches Bildungsangebot haben kann, verknüpfen. Jetzt schaue ich mir trotzdem nur die Betreuung an. Da frage ich mich: Was hat der Pakt für den Nachmittag in Hessen eigentlich gebracht? – Bisher nehmen von rund 1.200 Grundschulen in Hessen 122 Grundschulen daran teil.
Das sind 10 %. Übrigens sind dort auch schon die Grundstufen der Förderschulen mit eingerechnet, also nicht nur Grundschulen. An diesen 122 Schulen nehmen auch nicht alle Schüler an dem Angebot teil. Das ginge auch gar nicht. Wenn alle Schüler teilnehmen würden, würde das, was Sie als Ressource zur Verfügung stellen, gar nicht reichen. Das heißt, von vorneherein sind Kinder von diesem Angebot ausgeschlossen.