Protocol of the Session on March 23, 2017

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ja, unsere Grundschulen stehen vor großen und teilweise auch vor neuen Herausforderungen. Das wird niemand bestreiten. Deswegen habe ich auch hohe Achtung vor all dem, was an unseren Schulen geleistet wird.

Aber, meine Damen und Herren – und das ist der erste Punkt, den ich festhalten möchte –, das sind keine neuen Anforderungen, die sich diese Landesregierung ausgedacht hätte, vielleicht mit Ausnahme des Ausbaus der Ganztags

angebote. Aber da habe ich noch niemanden getroffen, der das nicht für sinnvoll gehalten hätte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Opposition sagt eigentlich auch immer nur, das sei noch zu wenig. Das haben wir eben wieder gehört: die gebundene Ganztagsschule sei die Lösung für alles. Wenn das so wäre, müssten die Schulen bei uns eigentlich Schlange stehen, um sich um die Aufnahme in das Profil 3 zu bewerben. Das tun sie in der Form nicht. Die, die sich bewerben, unterstützen wir. Wir genehmigen im Moment und schon seit Jahren jeden Antrag einer Grundschule, in Profil 3 zu wechseln. Aber das allein ist nicht die Lösung der Probleme.

Der Kern der Herausforderung besteht in der Tatsache, dass in den Grundschulen per definitionem alle Schülerinnen und Schüler sitzen, wie sie schon immer da saßen. Das reicht vom später abschlussgefährdeten Jugendlichen bis zum hochbegabten zukünftigen Abiturienten. Da sind Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationshintergrund, aus bildungsaffinen ebenso wie aus bildungsfernen Haushalten. Lediglich im Zuge der Inklusion sind jetzt noch Kinder hinzugekommen, die früher nicht in der Grundschule saßen. Aber da sagt die Opposition auch nur, das sei noch zu wenig – mit Ausnahme der FDP. Das war eine interessante Distanzierung, Herr Greilich. Darüber müssen wir uns bei anderer Gelegenheit noch unterhalten.

Wenn wir all die Briefe und Überlastungsanzeigen nehmen, die die Abgeordneten der Opposition wortreich zitiert haben, dann beschweren sie sich zum Geringsten über unsere politischen Anforderungen oder über irgendwelche bürokratischen Hemmnisse, sondern im Wesentlichen über Schüler und Eltern: die Kinder hörten nicht zu, die Eltern seien übermotiviert oder desinteressiert, die Schüler aggressiv, schlecht erzogen, einfach sehr viel schwieriger als früher.

Meine Damen und Herren, ich höre da sehr gut zu. Ich nehme das auch ernst. Aber zur Wahrheit gehört auch, dass diese gesellschaftlichen Phänomene sich nicht einfach politisch beseitigen lassen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo wir aber in und mit Schule helfend eingreifen können, da handelt diese Landesregierung schon seit Jahren und bringt permanente Unterstützung an die Grundschulen, persönliche Entlastung auch für die Grundschullehrkräfte. Schon angesprochen wurde die Senkung des Klassenteilers. Es ist eine Entlastung für Lehrkräfte, wenn drei Schülerinnen und Schüler weniger in der Klasse sitzen.

Zum 1. August greift die Arbeitszeitverkürzung. Dann sind wir auf dem gleichen Arbeitszeitstand, auch was die Pflichtstunden von Grundschullehrkräften anbetrifft, wie in praktisch allen anderen Bundesländern. Es gibt keine Sonderbelastung in Hessen.

Jenseits dieser persönlichen Faktoren bringen wir vor allem ständig zusätzliches Personal an die Grundschulen. Die 105-prozentige Lehrerzuweisung ist angesprochen worden. All die Anforderungen, die wir anerkennen, die dazugekommen sind, werden mit zusätzlichen Ressourcen hinterlegt: für den Umgang mit Heterogenität der Sozialindex, für die Herausforderungen des Ganztagsausbaus, für die Sprachförderung für Kinder mit nicht deutscher Her

kunftssprache und für die inklusive Beschulung. Wenn Sie all das zusammenzählen, haben wir im Moment an den Grundschulen mehr als 3.500 Lehrerstellen über die Grundunterrichtsversorgung hinaus im Einsatz, um genau auf diese Herausforderungen zu reagieren. Der Großteil dieser Lehrerstellen ist erst in den letzten Jahren geschaffen worden.

Meine Damen und Herren, sie sind alle frisch und zusätzlich genau für diese zusätzlichen Anforderungen an die Schulen gekommen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben jetzt so viele Ressourcen im System, dass wir Schwierigkeiten haben, sie noch alle mit realen Köpfen auszufüllen. Man muss aber auch konstatieren: 3.500 Stellen sind über die Grundunterrichtsversorgung hinaus zusätzlich im System. Wir reden von einer möglichen Lücke – vor dem Einsatz unseres Aktionsplans – von 200 bis 300 Kräften zu Beginn des nächsten Schuljahres. Das muss man einmal ins Verhältnis zueinander setzen. Trotzdem besteht diese Schwierigkeit. – Ich habe interessiert zugehört und stelle die bekannte Metzgerdevise der Opposition fest, nach dem Motto: „Darf es nicht noch ein bisschen mehr sein?“

(Norbert Schmitt (SPD): Ja!)

Ich weiß es doch: immer. Aber das ist eben nicht mehr so lautstark wie früher vorgetragen worden, weil die Opposition natürlich auch anerkennt, dass es mittlerweile Schwierigkeiten gibt, die Stellen noch mit Personen zu füllen. Sowohl die Debatten im letzten Plenum im Februar

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

als auch die Debatte heute Morgen haben bewiesen, dass – jenseits des Aktionsplans, den wir durchführen – die Opposition auch keine weiteren Ideen hat, wie man diese Stellen mit Personen füllt.

(Christoph Degen (SPD): Das haben wir vor zwei Jahren doch schon gesagt! – Unruhe bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind die Einzigen, die ein Konzept haben. Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, wie ernst es uns mit der stetigen Steigerung von Investitionen im Bildungsbereich ist. Wir haben es gezeigt. Wir werden es auch weiter zeigen. Wir müssen aber auch Schritt halten. Mit der Zuweisung von Ressourcen und Stellen alleine ist es nicht getan. Wir müssen Schritt halten in der Gewinnung von Lehrkräften für diese Stellen. Und wir müssen vor allen Dingen den Lehrkräften, die sich bereits in der Praxis befinden, aktuell Unterstützung geben. Deswegen werden wir auch ein neues Fortbildungsprogramm in diesem Bereich auflegen und eine bessere Beratung und Begleitung zur Verfügung stellen.

Meine Damen und Herren, die Lage ist nicht einfach, aber wir handeln dort, wo die Opposition nur wohlfeile Forderungen stellt. Das ist der Unterschied. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt. Damit ist Tagesordnungspunkt 42 abgehakt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Arbeit in die Heimat und zu den Menschen bringen – Hessen stärkt ländlichen Raum durch Um- strukturierung der Steuerverwaltung) – Drucks. 19/ 4692 –

Es beginnt Frau Kollegin Lena Arnoldt. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst einmal Folgendes festhalten: Die hessische Steuerverwaltung ist leistungsstark im Innenwie im Außendienst und schlagkräftig im Kampf gegen Steuerkriminalität.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist in erster Linie das Verdienst der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der hessischen Finanzverwaltung, denen ich heute persönlich und auch im Namen meiner Fraktion herzlich dafür danken möchte.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Steuerverwaltung ist zudem qualitativ und quantitativ gut aufgestellt.

(Zuruf von der SPD)

Sie ist ein attraktiver Arbeitgeber und wird in Zukunft noch besser in der Fläche vertreten sein und noch attraktiver werden.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, das ist das Verdienst unseres Finanzministers Dr. Thomas Schäfer, der die gut aufgestellte Steuerverwaltung weiter stärkt. In diesem Jahr lässt er beispielsweise 650 junge Menschen für unsere Finanzämter anstellen und ausbilden. Das sind so viele wie noch nie. Durch den Anstoß einer Strukturreform in der Steuerverwaltung sorgt er dafür, dass wir die Arbeit in die Heimat und zu den Menschen bringen und den ländlich geprägten Raum stärken.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gerhard Merz (SPD): Haben Sie mit den Menschen dort gesprochen?)

In einem ersten Schritt werden hierbei rund 200 Arbeitsplätze aus den Ballungszentren heraus in die ländlichen Regionen Hessens verlagert. Neben der strukturellen Stärkung der ländlich geprägten Regionen entlasten wir hier spürbar viele berufstätige Menschen, die tagtäglich weite Strecken von teilweise über 100 km in Kauf nehmen, um zu ihren Arbeitsplätzen in die Ballungszentren zu gelangen. Das ist gut für ganz Hessen, sowohl für den Ballungsraum, in dem bereits eine sehr hohe Arbeitsplatzdichte vorherrscht und in den viele Menschen jobbedingt ein

pendeln, wo zugleich aber Wohnraum knapp ist, als auch für den ländlich geprägten Raum, wo es häufig ein größeres Wohnungsangebot gibt, dafür aber vergleichsweise weniger Jobs vor Ort zu finden sind, weshalb es viele Auspendler gibt.

Daher ist es richtig, wenn das Land Hessen als Arbeitgeber dort, wo es möglich und sinnvoll ist, die Arbeit zu den Menschen in deren Heimat bringt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das spart unnötige Fahrstrecken zwischen Wohnort und Arbeitsplatz, was den Beschäftigten, der Umwelt und der Region zugutekommt.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kaufkraft in den ländlichen Regionen wird zusätzlich gestärkt. Zudem wird ein Beitrag dazu geleistet, dass gerade junge Menschen und Familien nicht in große Städte ziehen müssen, um attraktive Arbeitsplätze mit guten Zukunftsperspektiven vorzufinden.

Was bedeutet diese Reform konkret? Durch die Zentralisierung der Grunderwerbsteuerfälle im Finanzamt AlsfeldLauterbach entstehen hier z. B. 82 neue Dienstposten. Damit wird der Standort Lauterbach deutlich gestärkt. Durch einen Neubau für die Beschäftigten vor Ort werden gute Rahmenbedingungen geboten. Zugleich schafft die Bündelung der Bearbeitung sämtlicher hessischer Grunderwerbsteuerfälle an einem Standort Synergien und führt zu noch mehr Effektivität und Effizienz in der Steuerverwaltung. Die landwirtschaftlichen Betriebsprüfungen werden nun dort durchgeführt, wo sie auch hingehören, nämlich auf dem Land. Das hat zur Folge, dass die Verwaltungsstelle Fritzlar um zehn, das Finanzamt Nidda um neun, die Verwaltungsstelle Limburg um sechs und das Finanzamt Michelstadt um weitere fünf Dienstposten erweitert und somit gestärkt werden.

(Norbert Schmitt (SPD): Ganze fünf? Da kommt ja die Hauptstadt kaum mit!)

In einem Pilotprojekt erhält zudem das Finanzamt in Bensheim die Zuständigkeit für die Bearbeitung der Körperschaftsteuer

(Unruhe bei der SPD – Glockenzeichen des Präsi- denten)

und die Betriebsprüfung für die Region. Das generiert dort ebenfalls weitere 36 neue Dienstposten.

Das sind die ersten Schritte einer grundlegenden Strukturreform in der Steuerverwaltung. Wir setzen uns verlässlich dafür ein, dass in Hessen auch in ländlich geprägten Regionen bestmögliche Bedingungen vorgefunden werden. Wir stärken daher genau diese Regionen weiter, indem wir sichere und attraktive Arbeitsplätze im Vogelsbergkreis, im Schwalm-Eder-Kreis, in der Wetterau, in Limburg-Weilburg und auch im Odenwald schaffen.