Wir wissen aber doch alle, dass wir als Land da wenig machen können. Wir wissen doch auch um die Bedeutung der kommunalen Selbstverwaltung. Wir wissen doch auch, dass die Kommunen selbst entscheiden, was und wo sie was planen. Ich glaube, an dieser Stelle wollen wir doch alle nicht eingreifen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle ziemlich einig – selbst die FDP –, dass Wohnen zur Daseinsvorsorge gehört. Wenn wir uns die Geschichte des Wohnungsbaus in Hessen und in der Bundesrepublik anschauen, dann stellen wir fest, dass die Phasen, in denen dereguliert worden ist, immer diejenigen Phasen waren, in denen die Preise für Wohnraum unabhängig vom Zinsniveau angestiegen sind, in denen die Anzahl der Sozialwohnungen zurückgegangen ist und in denen der Wohnungsmarkt angespannt war.
In den Zeiten, in denen es nach der Lesart der FDP reguliert zugegangen ist – ich sage das immer vor dem Hintergrund, dass es um Daseinsvorsorge geht –, ist das Gegenteil passiert. Die Wohnungsmärkte haben sich entspannt, und es sind mehr Wohnungen für Sozialhilfeempfänger und Empfänger von mittlerem Einkommen entstanden. Das Programm für mittlere Einkommen ist doch keine Erfindung dieser Regierung, sondern so etwas hat es schon vor vielen Jahren gegeben. Ich will jetzt keine Altersangaben von irgendjemandem machen.
(Vereinzelt Heiterkeit – René Rock (FDP): Das war schon eindeutig! – Ernst-Ewald Roth (SPD): Ich erinnere mich noch!)
Gripsi erinnert sich noch. – Um ein leicht verfremdetes Zitat von Gerhard Merz zu nehmen: Wenn jemand sagt: „Regulierung viel schlecht und Deregulierung viel gut“, dann ist das nicht die Lösung dessen, was wir hier zu besorgen haben. – Das noch einmal zu diesem Punkt.
Die letzten dreieinhalb Minuten möchte ich dem Inhalt des FDP-Antrags widmen. Frau Staatsministerin Hinz hat gesagt, die Internationale Bauausstellung würde nicht dazu beitragen, dass neue Wohnungen gebaut werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist sehr schön, dass wir hier so viele wohnungsbaupolitische Sprecher haben, die aus Frankfurt kommen, und dass es hier so viele gibt, die zwar nicht wohnungsbaupolitische Sprecher, aber Fraktionsvorsitzende sind und trotzdem aus Frankfurt kommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich Ihre Reden über die Problemlagen in Frankfurt einfach einmal auf mich wirken lasse, dann müssten zumindest diese drei die größten Verfechter einer IBA sein, weil eine IBA genau das, was Sie an Problemen angesprochen haben, mit auf den Weg bringen könnte.
Ich nehme momentan aber wahr, dass die FDP – weil die Seite noch nicht voll ist – die IBA noch mit draufschreibt – –
Nein. Die FDP ist für eine IBA. Ich weiß das. – Die einzige Fraktion, die ernsthaft und konzeptionell an einer IBA arbeitet, die auf jeden Fall die Themen Wohnen und Verkehr umfasst, ist die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag.
Herr Boddenberg, lachen Sie nicht. Der Leiter der Staatskanzlei ist gerade nicht da. Er hat gesagt, er würde einen Dialog anregen zwischen den Ländern Bayern, RheinlandPfalz und Hessen, weil man das in einem Gesamtkontext machen möchte. Dann berichten Sie doch einmal über diese Gespräche. Dabei ist doch überhaupt nichts herausgekommen.
Meine Damen und Herren, wenn Sie der Auffassung sind, dass wir Zukunftsprobleme im Bereich des Wohnungsbaus, die Verbindung zwischen dem, was wir an zukünftigem Wohnen entwickeln wollen, und dem, wie wir Mobilität definieren, wenn wir in Zukunft neu denken wollen, wie Wohnen funktioniert, im Hinblick auf Stadt- und Regionalplanung in der besonderen Situation des Rhein-Main-Gebiets mit seinem polyzentrischen Aufbau ernsthaft bearbeiten wollen und so bearbeiten wollen – und das ist eine IBA –, dass wir es unabhängig von den bestehenden Regeln des Baurechts, der Regionalplanung usw. machen, sondern im Sinne eines Zukunftsentwurfs für unser Land und für diese Region, dann ist eine IBA der richtige Weg. Deshalb habe ich dies zum Anlass genommen, dies noch einmal zu unterstreichen. – Vielen Dank.
Soll der Dringliche Entschließungsantrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ebenfalls in den Ausschuss?
Bevor wir die Tagesordnung fortsetzen, darf ich noch mitteilen, dass Herr Staatsminister Wintermeyer erkrankt ist und heute Nachmittag und morgen Vormittag nicht im Plenum anwesend sein wird.
Antrag der Fraktion DIE LINKE betreffend Handelsund Investitionsschutz-Abkommen CETA ablehnen – Drucks. 19/4528 –
Dringlicher Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Freihandelsabkommen CETA – Drucks. 19/4707 –
Die vereinbarte Redezeit beträgt fünf Minuten. Als Erster hat Herr Kollege van Ooyen, Fraktion DIE LINKE, das Wort.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mitte Februar stimmte das Europaparlament dem Freihandelsabkommen CETA mehrheitlich zu. Wir hatten den jetzt aufgerufenen Antrag schon vorher eingebracht; er ist verschleppt worden und ins März-Plenum gerutscht. Insofern karten wir ein wenig nach, auch wenn ich gerade gelesen habe, dass Ministerpräsident Kretschmann im Bundesrat seine Zustimmung geben will, was mich natürlich zusätzlich erschreckt.
Mit diesem Beschluss hat die Mehrheit im Europaparlament indirekt dem Startschuss für eine teilweise Umsetzung des Abkommens vor der Ratifizierung durch die nationalen Parlamente zugestimmt. Wir halten dieses Vorgehen, das dazu führt, dass nun Fakten geschaffen werden können, die selbst bei einem Scheitern von CETA kaum wieder eingeholt werden können, für falsch und äußerst schädlich.
Wir begrüßen daher, dass die grünen und die linken Abgeordneten im Europaparlament gegen CETA gestimmt haben und damit den Protesten vor dem Parlament eine Stimme gaben. Wir sollten diese Verweigerung nutzen, um noch intensiver über CETA in den Mitgliedstaaten zu informieren und die nationalen Parlamente und Länderkammern unter Druck zu setzen.
Dennoch ist der Kampf gegen CETA, wie gesagt, nicht verloren. Es müssen alle 38 nationalen und regionalen Parlamente zustimmen, bevor das Abkommen in Kraft treten kann. Daher werden wir als LINKE gemeinsam mit unseren Bündnispartnern in den Gewerkschaften und den Kirchen sowie mit globalisierungskritischen Organisationen, wie Attac, weiterhin Widerstand im Ratifizierungsprozess leisten. Wir werden dafür kämpfen, dass CETA scheitert. Die Zeichen dafür stehen nach meiner Meinung gut. In den Niederlanden stehen die Zeichen auf Durchführung einer Volksabstimmung, und auch in der belgischen Wallonie gab und gibt es Widerstand gegen das Projekt CETA.
Dieser Widerstand ist berechtigt, ist CETA doch nichts anderes als TTIP durch die Hintertür. Es reicht, einen Blick auf den Vertragspartner Kanada zu werfen, um zu sehen, was auf die Menschen in Europa zukommt.
Schon allein der Blick auf die ILO-Kernarbeitsnormen, von denen in Kanada lediglich sechs von acht gelten, lässt
Schlimmes befürchten. Weder gibt es in Kanada eine Norm über das Mindestalter für eine entlohnte Beschäftigung, noch gibt es eine Norm betreffend das Recht auf Organisation und kollektive Tarifverhandlungen. Das Fehlen der zuletzt genannten Norm wurde von der ultrakonservativen Regierung unter Ministerpräsident Harper zwischen 2006 und 2015 etliche Male gegen streikende Eisenbahner, Postler und Beschäftigte der Fluggesellschaft Air Canada ausgenutzt, um sie zur Arbeit zu zwingen. Das zeigt: Wenn der Hebel zur Durchsetzung in der Praxis fehlt, der kollektive Tarifverhandlungen ermöglicht, sieht es für die theoretisch geltenden Arbeitsrechte sehr, sehr schlecht aus.
Erfahrungen mit Handelsabkommen sind in Kanada schon deutlich länger vorhanden. Bereits seit 1988, spätestens aber seit dem nordamerikanischen Freihandelsvertrag von 1994 zwischen den USA, Kanada und Mexiko kennt man dort die verbindlichen privaten Schiedsgerichte, vor denen Investoren, nicht aber Beschäftigte, Gewerkschaften, Städte und Staaten klagen können. In der nordamerikanischen Logik können nur die Rechte der Investoren verbindlich und sanktionsbewehrt geregelt werden. Dieses Vorgehen ist in CETA genau so angelegt. Das Wort „comprehensive“ in CETA – zu Deutsch: umfassend – bedeutet in diesem Zusammenhang nichts anderes, als dass der Schutz der Rechte privater Investoren Vorrang vor den Rechten der Arbeitnehmer, Verbraucher, Kleinunternehmer und der Beschäftigten in der Kreativwirtschaft, im Handwerk und in der Landwirtschaft hat. Diese werden keine Vorteile von CETA haben, sondern ausschließlich Nachteile erwarten können.
Wir unterstützen daher auch die mehr als 2.000 Kommunen und Regionen innerhalb der EU, die sich bereits zu TTIP- und CETA-freien Zonen erklärt haben. Darunter sind auch hessische Städte wie Marburg oder Mühltal. Alle diese Kommunen haben deutlich gemacht, dass sie eine unsoziale Handelspolitik ablehnen und soziale Standards verteidigen und schützen. Wir finden, das ist ein großartiger Erfolg.
DIE LINKE wird weiterhin an der Seite derjenigen stehen, die sich gegen eine Politik wehren, die Profitinteressen über das Allgemeinwohl stellt. Wir werden daher innerhalb und außerhalb des Parlaments weiterhin gegen die geplanten Freihandelskommen CETA, TiSA und TTIP protestieren.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, lieber Willi van Ooyen, als ich Ihren Antrag gelesen habe, musste ich zunächst einmal feststellen: Er ist in sich überhaupt nicht stringent.
Ich mache es an einem Beispiel deutlich. In der Überschrift haben Sie formuliert: „Handels- und InvestitionsschutzAbkommen CETA ablehnen“. Unter Punkt II Ziffer 4 fordern Sie, der Landtag solle die Landesregierung auffor
dern, auf europäischer Ebene, auf Bundesebene und im Bundesrat „konkret absehbare Folgen des Abkommens für Hessen zu erörtern und eine Folgenabschätzung, im Falle der Ratifizierung, vorzunehmen“. – Lieber Kollege van Ooyen, wir haben eine absolut eindeutige Beschlusslage im Hessischen Landtag. Das, was Sie jetzt über den Antrag einzufordern versuchen, ist schon Bestandteil dessen, was wir hier entschieden haben. Wir werden dieses Abkommen sehr kritisch begleiten und genau prüfen, ob sich das, was an Erkenntnissen und Verbesserungen suggeriert wurde, am Ende tatsächlich in der Wirklichkeit wiederfindet.
Sie wissen ganz genau, dass wir zu denen gehörten, die eine kritische Protestbewegung zu TTIP und auch zu CETA angestoßen haben. Man muss doch einmal feststellen: Gerade diese kritische Protestbewegung hat dazu beigetragen, dass es zu Nachverhandlungen gekommen ist. Insbesondere Deutschland und auch der Wallonie ist es zu verdanken, dass es zu Zusatzvereinbarungen gekommen ist. Diese Vereinbarungen haben Fortschritte gebracht.
Inzwischen gibt es 37 Zusatzvereinbarungen, bei denen allerdings noch Unklarheiten bestehen, auch im Hinblick auf ihre Rechtsverbindlichkeit. Das heißt, der Vertragstext von CETA sowie die 37 Zusatzvereinbarungen gehören auf den Prüfstand. Sie müssen – damit komme ich zu Ihrem Antrag zurück – einer sorgfältigen Prüfung unterzogen werden, insbesondere mit Blick auf ihre konkreten Auswirkungen auf Hessen und ihre Rechtsverbindlichkeit.