Protocol of the Session on November 17, 2011

Erstens. Wir haben rechtliche Klarheit und eindeutige Zuständigkeiten geschaffen – für die Mitarbeiter, für die Kommunen, aber auch für die zu kontrollierenden Betriebe.

Zweitens. Wir haben die Rationalität und Effizienz der Lebensmittelüberwachung erhöht, und wir haben die Freiheit und Selbstverantwortung der Kommunen mit diesem Schritt gestärkt. Wir sind den Weg gegangen, weil wir Vertrauen in die Kommunen haben und weil wir ihnen zutrauen, wichtige gesellschaftliche Aufgaben auch ohne die Aufsicht des Landes erfüllen zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verlässlichkeit und Klarheit, Effizienz und Bürgernähe – das sind die Erfolge dieses Gesetzes sowie der Kommunalisierung als Ganzes. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wort hat Frau Abg. Dorn für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Ministerin Puttrich, Sie haben gestern betont, Verbraucherschutz sei mehr als die Verbraucherzentrale, das habe ein großes Gewicht bei Ihnen. Ich nehme Ihnen sogar Ihr Interesse für Verbraucherschutz ab. Aber, Frau Ministerin, die Lebensmittelkontrolle ist wirklich ein originäres Landesthema. Dort haben Sie die größten Weisungsbefugnisse und Möglichkeiten. Warum haben Sie so wenig Mut? – Das verstehe ich nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Der Titel unserer heutigen Debatte klingt nicht gerade nach einem spannenden politischen Thema, aber dahinter verbergen sich sehr viele spannende Themen. Es geht hier um die Kontrolle von Gaststätten. Wer es beispielsweise letztens gelesen hat: Man weiß nicht genau, ob man noch in Frankfurt im Bahnhofsviertel zu einem bestimmten Asiaten gehen sollte. Es geht um EHEC und den Dioxinskandal. Wie können wir besser auf die nächsten Skandale reagieren bzw. ihnen vorbeugen? – Es geht um Gammelfleisch. Es geht auch um die Kontrolle von Tierversuchen. Und es geht um sicheres Spielzeug.

Meine Damen und Herren, die Lebensmittelkontrolle in Hessen ist zunehmend schlechter geworden. 2004 wurden noch 64 % aller hessischen Betriebe kontrolliert. 2009 wa

ren es nur noch 47 %, also weniger als die Hälfte aller hessischen Betriebe. Was war denn jetzt nach 2004? – 2005 wurde die Lebensmittelkontrolle kommunalisiert. Das heißt, sie wurde vom Land an die Kommunen übergeben. Wir GRÜNEN haben damals schon gewarnt. Leider muss ich sagen, dass alle unsere Befürchtungen wirklich bestätigt worden sind.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was ist passiert? – Durch die Kommunalisierung haben die Landkreise Kosteneinsparungen vorgenommen – und das, obwohl die Aufgaben in der Lebensmittelkontrolle und der Veterinärkontrolle ständig wachsen. Es wurden Stellen gestrichen, und es wurden Behörden zusammengelegt. Es gibt – und das ist das größte Problem – sehr große regionale Unterschiede, weil es davon abhängig ist, ob der Landrat erstens die finanziellen Mittel in seinem Haushalt hat und zweitens ein besonderes Gewicht auf den Verbraucherschutz legt.

(Zuruf von der FDP: Stimmt doch überhaupt nicht!)

Wir haben bei akuten Fällen wie dem Dioxinskandal große Probleme. Da mangelt es an der Koordinierung zwischen den Kommunen. Wir haben auch kein einheitliches Vorgehen, nicht einmal zwischen den Kommunen und erst recht nicht zwischen den Bundesländern. Der Vollzug, der einmal besser von oben nach unten funktioniert hat, ist nicht mehr so gegeben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Gesetzentwurf wird als Gesetz die Probleme leider nicht wirksam beseitigen. Sie hatten eigentlich lange genug Zeit, sich die Probleme anzuschauen. Damals bei der Kommunalisierung hatten Sie uns, den Mitgliedern der Opposition, versprochen, dass Sie das evaluieren werden. Frau Lannert, wo ist denn die Evaluation? – Mir ist sie nicht vorgelegt worden. Vielleicht haben Sie ganz spezifische Kanäle, über die Sie große Packen mit der Evaluation erhalten. Ich würde Sie dann bitten, mir das weiterzuleiten. Ich habe sie nicht.

Sie sagen, der Rechnungshof würde die Kommunalisierung begrüßen. Der Rechnungshof hat doch geschrieben – das habe ich in einer Ausschusssitzung alles erläutert –, dass er eigentlich nicht richtig sagen kann, ob sich die Kommunalisierung gelohnt hat oder nicht, weil es keine Daten gibt, auf deren Grundlage sie eine Aussage machen können.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihnen fällt jetzt auf die Füße, dass Sie die Evaluierung nicht vorgenommen haben. Sie sagen jetzt, das Gesetz habe sich grundsätzlich bewährt. Frau Lannert, aber nicht einmal Sie glauben das.

In dem Gesetzentwurf gibt es ein Eingeständnis. Sie haben das angesprochen. Dabei geht es um die Ausweitung der bisher eingeschränkten Fachaufsicht des Regierungspräsidiums. Es wird also deutlich, dass Sie damit unzufrieden sind, wie das einige Kommunen machen, und denen ein bisschen auf die Finger klopfen wollen.

(Judith Lannert (CDU): Das hat etwas mit der Evaluation zu tun!)

Welche Evaluation? Zeigen Sie die mir bitte. Nicht einmal die Lebensmittelkontrolleure haben in der Anhörung gesagt, dass sie an irgendeiner Evaluation teilgenommen

hätten. Es kann also nicht sein, dass eine Evaluation stattgefunden hat.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Willi van Ooyen und Barbara Cárde- nas (DIE LINKE))

Ich begrüße, dass Sie die Fachaufsicht des Regierungspräsidiums stärken wollen, um irgendwie wieder die Kontrolle über das Ganze zu bekommen. Aber das hilft eben nur in ganz extremen Fällen, also bei akuten Skandalen. Das ist zwar ein erster Schritt, das hilft aber nicht grundsätzlich.

Das verstehen wir auch nicht bei dem Änderungsantrag der SPD-Fraktion.

(Judith Lannert (CDU): Den verstehen wir auch nicht!)

Deswegen können wir dem nicht zustimmen. Denn das ist die einzige Verbesserung, die die Landesregierung vornehmen will. Im Endeffekt wollen Sie aber damit stützen, dass es bei dieser Kommunalisierung bleibt. Das kann ich nicht nachvollziehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Frank Sürmann (FDP))

Das Problem ist: Wenn man es allen Verbänden gleichzeitig recht machen will, dann hat man irgendwann keine eigene Struktur mehr, die einem zeigt, wo man hin möchte.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir fordern zum einen die Durchführung einer Evaluation. Herr Kollege Gremmels, denn nur mit einer Evaluation kann man das Problem angehen. Wir sind nämlich der Meinung: Notfalls müssen wir das dem Land zurückgeben. – Sie sagen: Wir verschlimmbessern das Gesetz ein bisschen, dann wird das schon irgendwie klappen. – Ich glaube das nicht.

Wir fordern auch wie Sie einen Mindestbestand an Personal. Wir sind uns in einigen Punkten durchaus einig.

(Timon Gremmels (SPD): Das wollte ich nur hören! – Gegenruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er ist mit wenig zufrieden!)

Wir fordern auch eine klarere Weisungsstruktur. Das habe ich schon ausgeführt.

Wir brauchen ganz dringend eine Kooperation zwischen den Behörden. Es geht da um die Lebensmittelkontrolle und die Veterinäre, aber auch um die Futtermittelkontrolleure. Erinnern Sie sich an den Dioxinskandal. Es geht aber auch um die Gesundheitsbehörden.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

Ja. – Insgesamt werden Sie von der Landesregierung das Gesetz nur verschlimmbessern. Sie gehen die Probleme nicht wirklich an und stellen sich keiner Evaluation. Deswegen werden wir den Gesetzentwurf ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort erhält jetzt Herr Kollege Sürmann von der Fraktion der FDP.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz ist seit dem 1. April 2005 in Kraft. Es ist auf den 31. Dezember 2011 befristet. Die Geltungsdauer bedarf deshalb einer Verlängerung.

Wie Frau Kollegin Lannert richtig ausgeführt hat, hat sich das Gesetz weitgehend bewährt. Ziel der Kommunalisierung war es, Synergieeffekte zu erzielen, mehr Transparenz für die Bürger zu erreichen und Kostenneutralität zu erzielen. Dazu wurden die Personalkosten der ehemaligen Landesbediensteten und deren Versorgungslasten sowie die Sachkosten vom Land Hessen übernommen.

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht minimale Änderungen und Klarstellungen hinsichtlich der Geltung vor. Außerdem geht es um die Grundlage der interkommunalen Zusammenarbeit.

Die wichtigsten Änderungen wurden bereits genannt. Das Regierungspräsidium Darmstadt soll eine Sonderzuständigkeit erhalten. Das ist nach der Systematik völlig logisch. Da geht es nämlich um das Europäische Schnellwarnsystem für Lebensmittel und Futtermittel. Das zentral zu führen, ist doch nur vernünftig. Das kann man doch gar nicht kritisieren. Das ist etwas, was im Jahr 2005 noch gar nicht geregelt werden konnte.

Sie haben aus dem Landesrechnungshofbericht zitiert. Ich habe mir das herausgeschrieben. Er stammt aus dem Jahr 2011. Ich weiß nicht, welchen Bericht Sie gelesen haben. Da heißt es wörtlich:

Insgesamt war festzustellen, dass die Landkreise die übertragenen Aufgaben nicht schlechter bewältigten als die früheren staatlichen Abteilungen des Landes Hessen.

(Timon Gremmels (SPD): Was ist denn das für ein Maßstab?)

Die Reform ist deshalb vom Grundsatz her als gelungen zu betrachten, weil nun die örtlich nähere Ebene die operativen Entscheidungen zu treffen hat.

(Beifall der Abg. Judith Lannert (CDU))

Lesen Sie das bitte nach. Das steht auf Seite 143. Dort können Sie das lesen. Danach können Sie nicht mehr hierher gehen und sagen, der Landesrechnungshof hätte da nur herumkritisiert und hätte das nicht nachvollziehen können.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Angela Dorn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das steht zwei Absätze weiter!)