Protocol of the Session on November 16, 2011

Der Ministerpräsident betonte in einer seiner Pressemitteilungen, das Ergebnis des Energiegipfels sei ein sehr gutes Fundament für den Energiewandel in Hessen. Ich betone es aber noch einmal: Herr Ministerpräsident Bouffier, wer nicht bereit ist, die notwendigen Mittel im Haushalt einzuplanen, verhindert eben diesen notwendigen Ausbau und reduziert das Ergebnis des Energiegipfels auf eine Höhe, die man mit einem Maulwurfhügel vergleichen kann. Dafür brauchen wir keine Diskussion, und dafür brauchen Sie kein Fundament.

Meine Damen und Herren, wir haben uns nicht nur im Energiegipfel engagiert. Wir sind auch bereit, eine deutliche Ansatzerhöhung vorzunehmen. Das werden wir mit unseren Anträgen auch darstellen. Wir wollen mit unseren Haushaltsanträgen – das kann ich schon einmal ansprechen – einen Energieeffizienzfonds für das Land haben. Wir brauchen den Ausbau einer landesweiten Zukunftsenergie- und Klimaschutzagentur. Und wir brauchen eine deutliche Ausweitung der Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich, wenn wir diese Ziele erreichen wollen. Das wollen wir, glaube ich, alle. Wir wollen eine zügige Umsetzung der Energiewende in Hessen haben, denn wir sind schon über ein Jahrzehnt in Rückstand und haben wirklich einiges aufzuholen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich komme zum Thema Klimaschutz, das für uns ein ganz wichtiges Thema ist. Wie sieht bei Ihnen die Bilanz aus? Wie sind denn die Ziele der Nachhaltigkeitsstrategien erreicht worden? – Das wissen Sie, und wer sich dafür interessiert, genauso gut wie ich: Einige der Ziele sind noch weit von der Zielmarke entfernt. Ich nenne dazu nur die 10.000 Bürger für den Klimaschutz. Die gibt es immer noch nicht. Ich nenne dazu nur die 100 Schulen für den Klimaschutz. Die gibt es immer noch nicht. Statt dass Sie jetzt Ihre Erkenntnisse daraus ziehen und sagen, dieses

Defizit müssen wir schnellstens aufholen, werden die Mittel für das Haushaltsjahr 2012 wieder reduziert. Das kann verstehen, wer will. Wir verstehen das nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie sieht es im Naturschutz aus? – Herr Kollege Stephan hat es eben schon beschrieben. Er hat aber nicht gesagt, wo im Naturschutz der Rotstift angesetzt wurde. Das ist etwas, was uns ebenfalls bewegen muss. Wer die Biodiversität in Hessen haben will, der muss sich darum kümmern. Der muss auch die entsprechenden Haushaltsmittel dafür einstellen. Es fehlt – ich betone es an dieser Stelle noch einmal – noch immer die Biodiversitätsstrategie des Landes Hessen. Es gibt noch immer kein Konzept, obwohl es dazu schon seit dem Jahre 2008 einen Beschluss gibt. Im Jahr 2010 habe ich einmal nachgefragt. Es hieß, das sei immer noch in Arbeit, das sei in der Abstimmung, das liege in den letzten Zügen. Meine Damen und Herren, dieses Konzept muss wohl im Labyrinth des Umweltministeriums verloren gegangen sein. Bis heute gibt es immer noch kein Konzept.

Ich habe es betont, der Naturschutz ist dem Rotstift zum Opfer gefallen. Natura 2000, Förderung des Artenschutzes, Biosphärenreservat Rhön, Zuweisung für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, insbesondere Wasserund Klimaschutz, Naturschutzdatenhaltung, Naturpark – überall gab es Reduzierungen im Haushaltsplan 2012. Das sind Kritikpunkte, die man auch benennen muss, denn das heißt, Sie sehen offensichtlich nicht, dass im Bereich der Biodiversität noch einiges mehr getan werden muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade was die Biodiversität angeht, möchte ich auf eine Presseerklärung von Frau Puttrich anspielen. Sie sagte am 08.11. zur Podiumsdiskussion „Zehn Jahre für die biologische Vielfalt“, dass eine Sprache gesprochen werden muss, „die in der Politik, in der Bevölkerung, in der Wirtschaft verstanden wird“. – Frau Ministerin, ja, das ist richtig. Das muss man tun. Man muss verständlich reden. Aber allein mit Reden kommen wir im Naturschutz keinen Schritt weiter. Dafür müssen auch die Mittel bereitgestellt werden.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stellen uns diesen Herausforderungen. Wir wollen mehr Mittel für eine klimafreundliche Landwirtschaft, für die Stärkung der gentechnikfreien Landwirtschaft einstellen. Wir wollen mehr im Bereich des Verbraucherschutzes. Wir haben ein Konzept vorgestellt, wie wir es schaffen wollen, dass Verbraucher selbstbestimmt und genussvoll ihr Leben gestalten können. Der Verbraucherschutz soll ein modernes Bürgerrecht werden. Dafür braucht es ein Mehr an Verbraucherschutz. Wir brauchen eine Verbraucherberatung, die den wachsenden Anforderungen auf dem Markt personell und finanziell gewachsen und auch erreichbar ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir brauchen eine Lebensmittelkontrolle, die den steigenden Anforderungen gerecht wird, die nicht nur Skandalen hinterherhinkt, sondern ausreichende Kontrollen durchführen kann. Mit der Einführung der Smiley-Plakette haben wir dargestellt, dass wir sehr viel an Verbesserungen erreichen können. Wir wollen eine Informationskampagne für das Siegel „Ohne Gentechnik“. Die ist uns ebenso wichtig – das sagte ich vorhin – wie die Ausweitung des ökologischen Landbaus.

Sie sehen, wir werden sehr viel mehr an Änderungsanträgen einbringen. Wir wollen, dass der Haushalt 2012 ein zu

kunftsweisender Haushalt ist. Ich kann betonen: Wir haben unsere Haushaltsvorschläge auch ordnungsgemäß abgesichert und gegenfinanziert. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE) und Timon Gremmels (SPD))

Ich erteile das Wort dem Abg. Sürmann für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte etwas vor die Klammer ziehen, wenn ich die Diskussion und die Beiträge gerade vom Kollegen Gremmels und von der Kollegin Hammann höre und dann daran denke, wie viele von allen Parteien gesagt haben: Mein lieber Mann, wir haben Probleme in Europa. Die griechische Politik, nicht die Griechen selbst – die haben das sicherlich nicht gewollt –, hat über ihre Verhältnisse gelebt. Mit den Anträgen zum Verbraucherschutz und dem, was Frau Hammann zum Naturschutz gesagt hat, der Naturschutz falle dem Rotstift zum Opfer, machen wir gerade wieder eines. Wir definieren einen Standard, wie er sein muss und wie es optimal ist, sagen, was das kostet, und stellen fest, das ist nicht im Haushalt enthalten. Jetzt gibt es Vorschläge, was man dann macht. Die LINKEN sagen: Wir nehmen Schulden auf; es ist völlig egal, wie, und es ist völlig egal, wer sie bezahlt. – Oder man sagt: Wir erhöhen die Steuern mit der Folge, dass irgendwann für die Arbeit, die geleistet wird, nur noch die Hälfte netto bleibt und die Leute keine Lust mehr haben, zu arbeiten, und sich ausrechnen,

(Beifall bei der FDP und des Abg. Hans-Jürgen Ir- mer (CDU))

dass es sich nicht lohnt, zu arbeiten, sondern sich in den Jobcentern, die gut funktionieren, etwas vom hohen Sozialhilfeniveau, das Sie fordern, abholen. Dann sind wir wieder in dem Dilemma. Deswegen ganz vorsichtig: Wenn wir als Deutschland und als Hessen hergehen und sagen, die Griechen leben über ihre Verhältnisse, dann müssen wir aufpassen, dass wir das nicht selbst tun.

(Willi van Ooyen (DIE LINKE): Nicht alle!)

Deswegen ist es auch richtig, diese Einsparvorgaben so zu leben und so ehrlich zu leben, wie dies getan wird. Deswegen zum Prinzip. Auch in diesem Haushalt sind 17,5 Millionen € eingespart worden, weil 14,5 Millionen durch eine 3,8-prozentige Senkung der Gesamtausgaben und noch einmal 5 % im Ministerium in der politischen Führung reduziert worden sind, wie das der Finanzminister Dr. Schäfer vorgegeben hat. Wir haben dann die Situation, dass wir nur Einnahmen von 166,1 Millionen € haben. Das ist im Übrigen eine Steigerung gegenüber 2011 von 22,5 Millionen €.

Wir haben Ausgaben von insgesamt 501,8 Millionen €, eine Senkung um 7,5 Millionen €. Wir haben damit einen Zuschussbedarf von 335,6 Millionen €. Wenn Sie sich jetzt den Zuschussbedarf und die Prozentzahlen ansehen, die ich eben genannt habe,

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

dann kommen Sie auf die 17,5 Millionen €. Die Hausaufgaben sind erledigt. Die Einsparung ist gemacht – dafür muss man allen Mitarbeitern Dank sagen –, so schwierig es ist, das in den Einzelpunkten hinzubekommen.

Lassen Sie mich drei Anmerkungen machen, wo es wirklich schwierig wird. Erste Anmerkung. Wir haben mit einem Klimawandel zu rechnen, der uns vor neue Herausforderungen stellt.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Eine Herausforderung ist beispielsweise im Forst, dass wir möglicherweise einen Waldumbau bevorstehen haben und dass wir auf Klimakatastrophen reagieren müssen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Dazu bedarf es einer ausreichenden Ausstattung des Forstes, damit er auf solche Dinge reagieren kann.

(Zurufe der Abg. Timon Gremmels und Petra Fuhr- mann (SPD))

Wir müssen aufpassen, dass wir an der Stelle keine Handlungsunfähigkeit erzeugen.

Zweite Anmerkung. Schauen wir uns die Kofinanzierungsmittel an. Wir wissen, dass wir für 1 €, den das Land Hessen einsetzt, ungefähr 4 € herausbekommen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Aber was sollen wir tun, wenn wir diese Kofinanzierung selbst nicht mehr erbringen können? – Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass wir vor enormen Herausforderungen stehen. Da will ich nicht ran. Da würde ich auch nicht gerne rangehen. Aber wir stehen möglicherweise vor einer solchen Herausforderung, wenn die EU es nicht möglich macht, dass auch Privatinvestoren Kofinanzierungsmittel abgreifen können. Dafür werde ich mich persönlich einsetzen.

Ansonsten ist dieser Haushalt mit dieser Einsparvorgabe, wie in allen anderen Bereichen auch, gelungen. Die Einsparung ist gelungen. Wir halten unser Wort und werden die Neuverschuldung null erreichen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Jetzt erteile ich Frau Schott für die Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist die Aufgabe der Politik, die Verbraucherinnen und Verbraucher vor umwelt- und gesundheitsgefährdenden Produkten aus den Chemie- und Gentechniklaboren zu schützen. Es ist die Aufgabe der Politik, die Verbraucherinnen und Verbraucher und unsere Umwelt vor immer neuen Gefahren aus der industriellen Nahrungsmittelproduktion, wie Gammelfleisch, Analogkäse, Schweinegrippe, EHEC, aber auch Bodenüberdüngung, Grundwasserverseuchung und Luftschadstoffen zu schützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist auch die Aufgabe der Politik, die Menschen vor einer vollständigen Vermarktung ihrer Privatsphäre zu schützen, und es ist die Aufgabe der Politik, die Menschen

vor immer abenteuerlicheren Produkten der Finanzmärkte zu schützen. Was macht Hessen? – Wie im Dioxinskandal setzt das Umweltministerium auf zunehmende Eigenkontrolle der Betriebe bei gleichzeitiger Reduktion der behördlichen Überwachungskapazitäten. Mit dieser Bock-Gärtner-Strategie hat Hessen bei den Kontrollen nur Mittelmaß erreicht. Das Land zieht sich aus seiner Verantwortung zurück, verlagert sie auf die finanziell ausgebeuteten Kommunen und setzt auf Verbraucherinformation.

Sicher sind Informationsangebote für Verbraucherinnen und Verbraucher, wie sie vom Umweltministerium gefördert werden, gut. Aber es ist schlichtweg eine Überforderung für die Menschen, im Konsumdschungel die umweltfreundlichen Putzmittel, die schadstoffarmen Jeans und Kinderspielzeuge sowie den günstigen Telefontarif zu finden. Die in allen Bereichen informierte und mündige Verbraucherin, die über ihre Konsumgewohnheiten auch noch positiv auf die Produktpalette einwirken soll: Das ist eine Überforderung der Menschen. Wir alle, die wir hier sitzen, sind damit überfordert. Nicht die Konsumenten müssen in der Lage sein, die schlechten und gefährlichen Produkte zu erkennen. Es ist die Aufgabe der Politik, den Verbrauchern möglichst viele der umweltschädlichen, giftigen, gefährlichen und unter unwürdigen sozialen Bedingungen hergestellten Produkte zu ersparen – und das, bevor sie in den Regalen der Läden landen.

(Beifall bei der LINKEN)

Solche Produkte dürfen gar nicht erst in den Handel gelangen. Hier sind die staatlichen Einrichtungen zur Umwelt- und Lebensmittelüberwachung und im Veterinärwesen gefordert. Deren Haushaltsmittel bleiben aber weit hinter dem Zuwachs an ihren neuen Aufgaben zurück. Das musste in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf zum Vollzug der Aufgaben des Veterinärwesens im Ausschuss sogar die CDU feststellen. Ein Blick in den Haushalt zeigt aber, dass der Landesregierung diese Erkenntnis offensichtlich fehlt.

(Florian Rentsch (FDP): Nein!)

Fakt ist: Während Umwelt- und Verbraucherschutzministerin Puttrich ihren Zwölf-Punkte-Aktionsplan zum Verbraucherschutz preist und beteuert, dass man beim letzten Dioxinskandal alles richtig gemacht habe, bleiben in Hessen Stellen bei der Verbraucherzentrale wegen der knappen Mittelzuweisungen aus dem Ministerium unbesetzt. Darüber hinaus fehlt den Verbraucherschützern der Ausgleich für die berechtigte und längst überfällige Tariferhöhung. In Hessen hat es im Jahr 2010 für den Verbraucherschutz Zuwendungen in Höhe von 29 Cent pro Einwohnerin und Einwohner gegeben. Aber einen guten Verbraucherschutz gibt es für diesen Preis nicht. Dafür braucht man mindestens 50 Cent.

(Beifall bei der LINKEN)

Bezeichnend ist die Aussage des Umwelt- und Verbraucherschutzministeriums, die Verbraucherschutzorganisationen seien schon in der Vergangenheit immer auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, eigene Mittel zu generieren, um somit die finanzielle Situation zu stabilisieren. Das Einzige, was sich in Hessen stabilisiert hat, ist das schlechte Abschneiden im Ländervergleich. Im Verbraucherschutzindex 2010 liegt Hessen mit der Schulnote 4 auf Platz 11. Da sind wir wieder beim unteren Mittelmaß. Aber daran sind die Verbraucherschutzorganisationen laut Ministerium selbst schuld, weil sie nicht genug eigene Mittel generiert haben.

Verbraucherschutz ist die gesetzlich festgeschriebene Aufgabe von Bund und Ländern, also eine Aufgabe für das Gemeinwohl. Meine Damen und Herren, die finanzielle Unabhängigkeit von Märkten ist aber eine Grundvoraussetzung für eine objektive Arbeit des Verbraucherschutzes. Dass diese Zusammenhänge von CDU und FDP nicht gesehen werden, ist bekannt.

In der Energiepolitik hat sich die Landesregierung erst zum Erfüllungsgehilfen der Stromkonzerne und dann lächerlich gemacht. Erst sollten Atom- und neue Kohlekraftwerke als Brückentechnologie, unterstützt durch einen riesigen Werbeetat der Energiekonzerne, das Klima retten. Die Landesregierung machte für die Windkraftanlagen eine Verhinderungsplanung und setzte sich für Biblis und das Kohlekraftwerk Staudinger ein. Nach Fukushima ist nur noch die Kohlebrücke übrig geblieben, mit deren absurder Verteidigung sich CDU und FDP gerade der Lächerlichkeit preisgeben.