Protocol of the Session on April 21, 2009

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

wenn auch bei Abstimmungen zwölf Nehmerländer eben mehr Stimmen haben als die vier Geberländer. Das ist eines der entscheidenden Probleme bei einer gerechten Verteilung des Steueraufkommens in Deutschland.

In Krisenzeiten ist es daher wichtiger denn je, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen. In den vergangenen Monaten hat die Hessische Landesregierung bereits mehrfach

einen Beitrag zur Stabilisierung der Märkte und zum Erhalt der hessischen Arbeitsplätze geleistet, und zwar im Zuge der Ausarbeitung des Rettungspakets für die Banken und bei der Erhöhung des Bürgschaftsrahmens um 500 Millionen c. Damit haben wir Überbrückungshilfen für kleine,mittlere und große Unternehmen in Hessen geschaffen, die durchaus und zunehmend in Anspruch genommen werden.

Natürlich sind die Mittel eines einzelnen Bundeslandes begrenzt, aber sie sind groß genug, um über einen begrenzten Zeitraum krisengeschüttelten Branchen zu helfen. Solche Feuerwehreinsätze des Staates sind meines Erachtens völlig legitim. Sie sind mit den Regeln der sozialen Marktwirtschaft vereinbar. Häufig sind sie das letzte Mittel, um die massenhafte Entlassung von Arbeitnehmern abzuwehren. Meine Damen und Herren, es lohnt sich, um jeden Arbeitsplatz in unserem Land zu kämpfen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Wir werden auch weiterhin unseren Beitrag dazu leisten, dass der deutsche Finanz- und Bankenplatz Frankfurt am Main gestärkt wird und seine Zukunftsfähigkeit langfristig gesichert bleibt. Dass der Bankenplatz Frankfurt bei den letzten Untersuchungen zu den Gewinnern dieser Finanzkrise gehörte, ist sicherlich ein Hinweis darauf, dass hier – auch in Zusammenarbeit mit der Hessischen Landesregierung – eine sehr ordentliche Grundlage geschaffen worden ist. Es ist auch ein Hinweis darauf, dass sich deutsche Tugenden im Bankenwesen international nie mehr verstecken sollten; gegenüber angelsächsischen Methoden haben wir das bisher teilweise gemacht.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zurufe von der SPD)

Ich will eine Bemerkung in Richtung Hessische Landesbank machen, denn ich glaube, alle, die dort mitwirken, können sehr stolz sein.Andere Länder investieren derzeit riesige Milliardenbeträge in ihre Landesbanken.Das ist in Hessen nicht notwendig. Man muss sagen, dass die Landesbank Hessen-Thüringen im Vergleich zu anderen deutschen Landesbanken in dieser schweren Krise beachtliche Ergebnisse erzielt hat, und zwar mit Tugenden, die die besondere Stärke unserer Landesbank ausmachen: ein schlüssiges Geschäftmodell und eine gewisse Bescheidenheit in der Art und Weise, wie man Geschäfte macht. Das ist übrigens eine der Lehren, die die Helaba 1975 aus dem sogenannten Helaba-Skandal ziehen musste. Während andere Länder in ihre Landesbanken investieren müssen, investieren wir – gemeinsam mit den Kommunen – in Schulen, Hochschulen und in die kommunale Infrastruktur.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Der Haushalt 2009 weist mit 2,42 Milliarden c die höchsten Investitionen aller Zeiten auf und zeigt damit eindrucksvoll, wie wir der aktuellen Wirtschaftskrise begegnen. Es sind aber auch die Konsolidierungspotenziale zu erkennen, die es gibt, wenn sich die Wirtschaft erholt und sich die Einnahmeseite des Landes wieder normalisiert. Dann ist die Zeit, Investitionen zurückzufahren und die frei werdenden Mittel gezielt für die Konsolidierung des Landeshaushalts zu verwenden.

Der Haushalt 2009 befindet sich im Spannungsfeld stark sinkender Einnahmen und im Investivbereich ganz bewusst initiierter, stark wachsender Ausgaben, die zu einer Ausweitung der Nettokreditaufnahme führen. Es ist an

gesichts der von mir beschriebenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht verwunderlich, dass die bereinigten Gesamteinnahmen gegenüber dem Haushalt 2008 um über 1,2 Milliarden c auf rund 19,3 Milliarden c zurückgehen – ein Minus von 6 %. Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf deutlich niedriger veranschlagte Steuereinnahmen zurückzuführen, die mit einem erwarteten Aufkommen von rund 16 Milliarden c um 1,3 Milliarden c – ohne Ausgleich hinsichtlich der Kfz-Steuer – hinter dem Vorjahreswert zurückbleiben.

Unser Ansatz basiert auf den Ergebnissen der Steuerschätzung vom November 2008, wobei wir die zwischenzeitlich eingetretenen steuerrechtlichen Änderungen sowie die Auswirkungen des Wirtschaftseinbruchs in die Ergebnisse eingearbeitet haben – allerdings mit den Daten von Januar und Februar. Die anstehende Mai-Steuerschätzung, deren Ergebnisse wir im laufenden parlamentarischen Verfahren bekommen werden, wird zeigen, mit welchen weiteren Steuerausfällen wir eventuell rechnen müssen.

Meine Damen und Herren, die Bundesregierung hat angeblich vor, das Wirtschaftswachstum auf minus 5 % zu korrigieren. Bisher sind wir von minus 2,25 % ausgegangen. In der Zeitung habe ich gelesen, dass die Steuereinnahmen in diesem Jahr bundesweit um etwa 41 Milliarden c sinken werden. Das ist eine ganz einfache Rechnung: Die Hälfte davon entfällt auf die Länder; das sind 20 Milliarden c. Hessen ist mit etwa 10 % dabei. Das wären 2 Milliarden c. Sie sehen daran die mangelhafte Verlässlichkeit der Zahlen; sie sind derzeit ausgesprochen schwierig zu fixieren.Deswegen müssen wir die Mai-Steuerschätzung abwarten.Auch dann ist, wie gesagt, damit zu rechnen,dass weitere Steuermindereinnahmen prognostiziert werden.

Den stark rückläufigen bereinigten Gesamteinnahmen stehen – im Wesentlichen konjunkturbedingt – stark wachsende bereinigte Ausgaben gegenüber. Diese erhöhen sich im Vergleich zum Haushalt 2008 um 669 Millionen c auf rund 21,8 Milliarden c,ein Plus von 3,2 %.Dieser Anstieg ist insbesondere durch die Ausweitung der Investitionsausgaben bedingt, die im Zuge der Umsetzung der Konjunkturpakete um 450 Millionen c auf über 2,42 Milliarden c zunehmen.

Auch im Haushaltsjahr 2009 bleibt, wie in den Vorjahren, der finanzielle Handlungsspielraum Hessens durch die Zahlungsverpflichtung in den Länderfinanzausgleich in erheblichem Maße eingeschränkt. Hessen bleibt trotz eines rückläufigen LFA-Aufkommens das mit Abstand größte Pro-Kopf-Zahlerland. Bei einer Gesamt-LFA-Belastung von 2,45 Milliarden c ergibt sich eine Pro-KopfBelastung von 405 c. Das ist etwa doppelt so viel, wie Baden-Württemberg und Bayern pro Kopf zu zahlen haben. So wird Hessen in den Jahren von 1999 bis 2009 voraussichtlich 12,75 Milliarden c Kreditmittel aufnehmen,aber 25,4 Milliarden c in den LFA eingezahlt haben.Als Fazit ist zu sagen: Wir zahlen doppelt so viel in den Länderfinanzausgleich, wie wir Schulden gemacht haben, was wiederum ein Hinweis auf die Stärke des Landes Hessen ist, allerdings auch auf die Folgen einer aus meiner Sicht unakzeptablen Verteilung der Gelder im Länderfinanzausgleich.

Meine Damen und Herren, ich komme zum KFA. Aufgrund der rückläufigen Entwicklung der Landessteuern müsste der Kommunale Finanzausgleich eigentlich ebenso rückläufig sein. Der KFA verzeichnet aufgrund von Verrechnungen aus dem Jahr 2007 nach Einbeziehung

der Verstärkungsmittel und der Umlagen jedoch ein Gesamtaufkommen von 3,31 Milliarden c. Das sind sogar 19,3 Millionen c mehr als bei dem Rekordniveau von 2008. Den Kommunen stehen Mittel aus dem Konjunkturprogramm, erhebliche Gewerbesteuereinnahmen, die sie auch 2008 hatten, zur Verfügung, und darüber hinaus steht ihnen ein KFA-Aufkommen zur Verfügung, das wieder einen neuen Höchststand erreicht hat.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Finanzsituation des Landes muss es mittelfristig eine Änderung der Aufteilung der in Hessen verbleibenden Steuereinnahmen zwischen dem Land und den Kommunen geben.Die aktuelle Verteilung im Verhältnis 50 :50 ist auf die Dauer nicht akzeptabel. Kein Bundesland hat auch nur annähernd eine solche Verteilung der Mittel zwischen dem Land und der Kommunen. Üblich ist in etwa eine Verteilung im Verhältnis 60 : 40. Eine solche Verteilung würde bei uns die Verschiebung von Milliardenbeträgen ausmachen. Darüber redet zwar keiner, aber die Verteilung im Verhältnis von 50 :50 ist auf die Dauer nicht akzeptabel.

Die im Haushalt 2009 vorgesehene Nettoneuverschuldung liegt mit rund 2,5 Milliarden c klar über dem Niveau vorangegangener Haushalte.

(Zurufe von der SPD)

Meine Damen und Herren, wir können aufgrund der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise den Weg der Konsolidierung und der Rückführung der Neuverschuldung nicht so fortsetzen, wie es vorgesehen war. Ich will auch hier dazu anmerken, dass wir 2008 und 2007 durchaus auf dem Weg dazu waren, einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

(Lachen bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Gut, Sie können darüber lachen. Allerdings hatten wir im vierten Quartal diesen Einbruch bei den Steuereinnahmen, den ich Ihnen geschildert habe. Sie sollten schlicht die Zahlen akzeptieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Hessen das einzige Bundesland ist – –

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir sollen Zahlen akzeptieren! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie, dieses Thema ist zu ernst, um mit solchen Kaspereien darauf zu antworten.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, Hessen ist das einzige Bundesland,das im vorigen Jahr deutlich weniger Steuern eingenommen hat. Das ist nun einmal ein Fakt.

(Zuruf der Abg. Petra Fuhrmann (SPD))

Wenn wir, wie alle anderen Bundesländer, 3 oder 4 % mehr Steuereinnahmen gehabt hätten und nicht einen Betrag von fast derselben Größenordnung in den Länderfinanzausgleich gezahlt hätten, wären wir auf dem Weg zu einer Nullverschuldung gewesen. Das war unser Weg.

Daher brauchen wir uns nicht zu verstecken. Im Gegenteil, im vorigen Jahr haben wir trotz der anstehenden Belastungen im Haushalt 600 Millionen c eingespart. Noch

nie zuvor sind in einem Jahr 600 Millionen c eingespart worden.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe Mitte des Jahres 2008 eine Haushaltssperre erlassen. Wie haben Sie diese Haushaltssperre denn kommentiert? Das seien Tricks und was weiß ich noch alles, um eine Regierung von Rot-Grün und der Linkspartei zu verhindern.

Es war doch klar,dass wir an der Stelle etwas tun mussten. Wir haben das gemacht.Aber statt es positiv zu begleiten, haben Sie es kritisiert. Hören Sie doch auf mit den Zwischenrufen an dieser Stelle. Wir sind diejenigen, die dort tatsächlich handeln.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Bereits jetzt ist klar, dass sich die Folgen der Wirtschaftsund Finanzkrise nicht kurzfristig überwinden lassen. Das gilt in erster Linie mit Blick auf die Föderalismusreform II, die vorschreibt, dass wir spätestens im Jahr 2020 einen Haushalt ohne Neuverschuldung vorlegen.

Ein solcher Zeitpunkt kann allerdings nicht die Richtschnur eines wirtschaftsstarken Landes wie Hessen sein. Die zentrale finanzpolitische Leitlinie ist deswegen nach wie vor – und umso mehr –, spätestens Mitte dieses Jahrzehnts einen Haushalt ohne Neuverschuldung zu erreichen, so, wie es in der Koalitionsvereinbarung festgelegt worden ist.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen sind eine maximale Steigerung der konsumtiven Aufgaben um 0,5 % per annum, die Einsetzung einer Regierungskommission Haushaltsstruktur, eine KFAStrukturreform und eine Volksabstimmung über ein Verschuldungsverbot in der Hessischen Verfassung ebenfalls festgeschrieben. Das wird auch durchgeführt.

Wir dürfen aber bei dem alles beherrschenden Thema der Konjunkturabschwächung auch die langfristige Perspektive nicht vernachlässigen. Der sich weiter verschärfende Wettbewerb auf dem Weltmarkt, der Klimawandel und der demografische Wandel – um nur drei Aspekte zu nennen –:All das sind Probleme,die uns schon morgen größer erscheinen können und schwieriger zu lösen sind als die derzeitige Finanzkrise.

Wir müssen dafür sorgen, dass Familie und Beruf vereinbar sind.Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Menschen die bestmögliche Bildung erhalten. Darauf müssen wir antworten. Wir müssen unsere Konkurrenzfähigkeit stärken und die Menschen in unserem Land fördern. Wir müssen Antworten auf die demografische Herausforderung in vielen hessischen Regionen finden. Die umweltpolitische Herausforderung besteht darin, mit einer nachhaltigen Politik dafür Sorge zu tragen, dass unsere Kinder und Enkel in einer intakten Umwelt leben können.

Schlicht:Wir müssen unsere Schwerpunkte so setzen, dass wir damit sowohl die Konjunktur zeitnah wieder ankurbeln als auch langfristig den großen Herausforderungen dieses Jahrhunderts gerecht werden. „Jetzt richtig handeln und aus der Krise gestärkt hervorgehen“,muss daher die Devise lauten.

Eine erfolgreiche Bildungspolitik legt den Grundstein für die Zukunft unserer Kinder. Nur in einem Bildungssystem mit einer Vielzahl von Lernwegen und Lernkompe

tenzen werden die individuellen Begabungen, ob praktisch oder theoretisch, bestens gefördert.

Wir stehen zu der Verantwortung des Staats, jedem einzelnen Kind die Chance auf eine erfolgreiche Schullaufbahn zu eröffnen. Durch die Schaffung von 1.000 zusätzlichen Lehrerstellen und 63 neuen Stellen für Lehrer im Vorbereitungsdienst sowie durch den Wegfall von 500 kwVermerken bei Lehramtsreferendaren wird die Unterrichtsversorgung weiter verbessert.

Damit setzt die Landesregierung ihren ersten Meilenstein zur Schaffung von 2.500 zusätzlichen Stellen in dieser Legislaturperiode, bei einem Verbleib der demografischen Rendite und des G-8-Gewinns – durch die Ablösung von G 9 durch G 8 – in den Schulen.

Mit dem Schuljahr 2008/2009 läuft die unter Rot-Grün ersonnene Verordnung zur zusätzlichen Unterrichtsverpflichtung – ZUV-Stunde – aus. Zum Ausgleich der seit 1999 zusätzlich geleisteten Unterrichtsstunden wird im Jahr 2009 die zweite und letzte Rate der Ausgleichszahlungen an die betroffenen Lehrkräfte in Höhe von 52,7 Millionen c vorgenommen.