Das Gleiche gilt auch bei den Ergänzungsschulen. Da schauen Sie noch laxer hin. Wir hatten ja das Beispiel einer Schule in Dreieich, das auch relativ breit durch die Presse ging, wo sich eben nicht daran gehalten wurde, dass man nicht nur ganz bestimmte Schülerinnen und Schüler aufnehmen darf. Wenn diese Schule in ganzseitigen Anzeigen in Zeitungen wirbt, diese Schule zu besuchen, dann hat man doch sehr große Zweifel, ob dieser Schule klar ist, dass sie eben kein Bildungsangebot an alle Schülerinnen und Schüler macht, sondern nur an einzelne.
Deshalb glaube ich, dass es im Interesse der bewährten Träger sehr richtig ist, wenn wir hier genauer hinschauen. Wenn Schulen nur deshalb gegründet werden, um über die Höhe des Schulgeldes bessere Bedingungen für einzelne Schülerinnen und Schüler zu erreichen, dann sollten wir diesen Schulen ganz klar die Rote Karte zeigen und sagen: Das hat nichts mit den Schulen in freier Trägerschaft zu tun, die wir uns wünschen.
Die Frage des Schulgeldes hat auch etwas mit der staatlichen Finanzierung der Ersatzschulen zu tun. Frau Ministerin, hier müssen wir sehr schnell zu einem neuen Finanzierungsmodell kommen, damit wirklich für die Schulen in freier Trägerschaft gilt und gelten kann, dass eine Sonderung nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht stattfindet. – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Jetzt kommt Klassenkampf pur! – Gegenruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE): Aber ja doch! – Zuruf von der CDU: Auf welcher Schule waren Sie denn, Herr Kollege?)
Frau Präsidentin, verehrte Damen und Herren! Vielen Dank, dass die GRÜNEN diese Große Anfrage gestellt haben. Leider bin auch ich der Überzeugung, dass die Antworten relativ dürftig ausgefallen sind. Dennoch: Wenn man nachliest, was in den letzten fünf Jahren an neu genehmigten Schulen entstanden ist, dann gibt es doch einige interessante Hinweise. Da gibt es z. B. Grundschulen, die für ihren Ganztagsbetrieb monatlich 800 € an Schulgeld nehmen.
Andere, die wohl von der katholischen Kirche unterstützt werden, nehmen nur Spenden an. Insgesamt sind es 86 Schulen, die als Ersatzschulen in den letzten fünf Jahren genehmigt worden. Das sind Schulen, an denen die Schulpflicht erfüllt werden kann und die anerkannte allgemeine Abschlüsse vergeben.
Ich will nicht mehr auf die Details eingehen, wo es um Vernebelung geht. Aber ich will ein wichtiges Detail noch einmal herausnehmen. Denn es geht darum, dass Sie sagen, dass sich die Frage nach dem zumutbaren Schulgeld für Eltern nicht pauschal beantworten ließe. Sie setzen das Wort „zumutbar“ in der Antwort auf die Große Anfrage auch noch in Anführungsstriche.
Auf eine andere Frage antworten Sie: Die Staatlichen Schulämter haben bisher die Schulgeldzahlungen der Eltern „in zumutbaren Grenzen“ gehalten. – Was bedeutet das?
Ich will noch einmal darauf hinweisen, wie man die Zumutbarkeit errechnet. Nach Aussagen der Staatlichen Schulämter wird in einem gewissen Bezirk die Überlegung angestellt, wie viel eine Familie im Einzugsbereich der Schule mit mittlerem Einkommen für die Ausbildung ihrer Kinder objektiv ausgeben könnte.
Nun wissen wir auch, dass Privatschulen ihre Schülerschaft nicht unbedingt aus dem näheren Umfeld der Schu le, dem Einzugsbereich, rekrutiert. Im Gegenteil: Die meis ten Schülerinnen und Schüler dieser Schulen – ich kenne so eine bei mir um die Ecke – werden mit dem Pkw – –
Nein, nein, das ist bei mir um die Ecke, in Rödelheim. Das ist etwas Örtliches, Herr Irmer. Es geht um das Sonderungsverbot. Das hat Herr Wagner sehr deutlich gemacht. Darum geht es.
Das Familieneinkommen ist natürlich in diesen Regionen, wo sich diese Schulen ansiedeln, ganz anders zu betrachten als das, was im Grunde genommen im Durchschnitt dort eingenommen wird.
Also siedeln sich Privatschulen nicht nur wegen des Renommees in sogenannten besseren Wohnvierteln mit höheren Grundstückspreisen an. Es bringt einfach höhere Elternbeiträge. Es ist klar, dass diese Regelung zur Sonderung einiges beiträgt – ebenso wie das Darlehen, das einige Schulen erheben. Da wird sogar in der Antwort auf die Anfrage von den GRÜNEN gesagt, dass es sich hier um eine „Zugangssperre“ handle. Das ist immerhin eine kritische Bemerkung, aber es gibt keine Konsequenzen.
Ihre Antwort auf die Frage, wie das überprüft wird, lässt tief blicken. Bei neu gegründeten Schulen „werden sporadisch“ – Herr Kollege Wagner, nur sporadisch – „die Schulgeldmodalitäten abgefragt“.
Herr Kollege van Ooyen, entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie für einen Moment unterbreche. – Es herrscht eine enorme Unruhe im Saal. Das betrifft insbesondere auch die Regierungsbänke. Ich darf Sie bitten, Ihre Gespräche einzustellen und dem Redner zuzuhören. Herzlichen Dank.
Vielen Dank. – Wie gesagt: Bei neu gegründeten Schulen werden die Schulgeldmodalitäten sporadisch abgefragt. Hinterher wird nie wieder abgefragt, wie sich der Sachverhalt darstellt.
Es geht also darum – das ist der eigentliche Hintergrund –: Das stellt für uns eine Verletzung der Dienstpflichten dar. – Denn Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Grundgesetz besagt ganz klar, dass die Genehmigung zu versagen ist, wenn „eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern“ gefördert wird. Wenn die Staatlichen Schulämter aber gar nicht wissen, ob die Schulen eine Sonderung för
dern, dann können sie auch keine Genehmigung versagen. Folgerichtig gab es keine Beanstandungen wegen der Höhe des Schulgeldes. Das wurde mit Frage 12 abgefragt. Dies war in fünf Jahren so und trotz des Wissens um Schulgelder in einer Höhe von 500 bis 800 €. Das ist nicht nachvollziehbar.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Petra Fuhrmann, Lisa Gnadl (SPD) und Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Sie strangulieren durch Verordnungen und Regelungen die normalen Schulen. Sie schränken die normalen Schulen in ihrer pädagogischen Wirksamkeit ein und versagen ihnen die wirksame Umsetzung neuer Profile. Sie gönnen ihnen auch keine eigenen Profile. Das machen Sie mit den staatlichen Schulen.
Die GRÜNEN fragten auch danach, wie das in Hamburg aussehen würde. Dort ist höchstens ein Schulgeld von 200 € erlaubt. Zusätzlich müssen freie Plätze für Kinder einkommensschwacher Eltern vorgehalten werden. Wir wissen, dass die Hamburger Behörde – –
Ich mache es ganz kurz. – Wir wissen, dass die Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg vor einiger Zeit einen beachtlichen Teil der Hamburger Privatschulen wegen zu hoher Schulgelder abgemahnt hat. Das sind Restriktionen, die in Hessen unter den derzeitigen politischen Bedingungen undenkbar wären.
Wir wollen hier dafür kämpfen, dass eine Schulpolitik und vor allen Dingen eine staatliche Schulpolitik gefördert wird. Wir wollen nicht, dass die Sonderung weiter zunimmt. – Vielen Dank.
Herr Kollege van Ooyen, vielen Dank. – Das Wort erhält nun Herr Kollege Reuscher für die FDP-Fraktion.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der GRÜNEN und die Antwort der Landesregierung bieten durchaus einen sinnvollen Ansatz, im Parlament über das Thema zu reden, wie in Hessen verhindert werden kann, dass die Besitzverhältnisse darüber entscheiden, ob die Kinder auf Schulen in freier Trägerschaft gehen können. Im Grundgesetz und in der Hessischen Verfassung ist eindeutig festgelegt, dass die Genehmigung für Ersatzschulen zu versagen ist, wenn eine Sonderung nach Besitzverhältnissen gefördert wird.
Nach Meinung der FDP müssen die Ersatzschulen allen Bürgern ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse offenstehen. Das ist ein ganz klarer Grundsatz, den wir verfolgen. Dazu stehen wir.
Das führt zwangsläufig zu Konflikten. Denn Ersatzschulen müssen sich anders als öffentliche Schulen finanzieren. Das Grundgesetz und die Verfassung geben zwar den Auftrag, die Ersatzschulen zu unterstützen, aber eine Verpflichtung zur Finanzierung ist im Grundgesetz oder sonst wo leider nicht vorhanden. Das hat dazu geführt, dass es in den Bundesländern unterschiedliche und nicht vergleichbare Regelungen gibt.
Wenn man die tatsächlichen Kosten pro Schüler der öffentlichen Schulen mit denen der Ersatzschulen vergleichen will, stößt man in Hessen natürlich auf das Problem, dass die Kosten zwischen den kommunalen Trägern und dem Land aufgeteilt sind.
Schulen in freier Trägerschaft haben einen guten Zuspruch. In Hessen gehen 5,3 % der über 800.000 Schüler auf Ersatzschulen.
Ersatzschulen bzw. Schulen in freier Trägerschaft bieten natürlich alternative pädagogische Konzepte. Es ist uns sehr wichtig, dass so etwas in der Schullandschaft vorhanden ist. Da gibt es eine pädagogische Weiterentwicklung, von der auch die öffentlichen Schulen profitieren.
Einen Punkt möchte ich noch anfügen. Sie haben auch ergänzende Funktionen. Zum Beispiel gibt es weltanschauliche und konfessionelle Schulen, die der Staat eigentlich nicht betreiben darf.
Es stellt sich die Frage – das ist auch der Kern der Großen Anfrage –: Wie verhindern wir, dass eine Sonderung nach Besitzverhältnissen stattfindet? Da möchte ich einiges aufgreifen, was noch gar nicht erwähnt wurde.
Die Rechtsaufsicht wird von den Staatlichen Schulämtern ausgeführt. Änderungen beim Schulgeld müssen mitgeteilt werden. Eltern melden, wenn sich Dinge verändern und die Genehmigung dadurch nicht mehr gültig ist.