Protocol of the Session on June 8, 2011

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Frömmrich. – Das Wort hat Herr Dr. Blechschmidt für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Die Nachdenklichkeit von Herrn Frömmrich teile ich im Großen und Ganzen. Insofern wird uns die Diskussion über die Dienstrechtsreform – was die Dienststufen etc. angeht – auch noch in den nächsten Monaten begleiten. Für mich war es ein sehr differenziertes Plädoyer, das kein absolutes Nein enthielt. Es war sehr nachdenklich, was ich unterstreiche. Es hat sich auch wohltuend von den Ausführungen der SPD und der LINKEN abgehoben, die ein absolutes Veto enthielten.

Gleichwohl wird deutlich – der Kollege Frömmrich hat das wunderbar herausgearbeitet, wie man erkannt hat, wenn man gut zugehört hat –, dass eine 1:1-Übernahme nicht möglich ist. Das ist an dem Beispiel der Einmalzahlungen sehr deutlich geworden, bei denen auch ich Bauchschmerzen habe; denn es gibt Einkommensstufen, bei denen eine Einmalzahlung sinnvoll ist, während eine 1:1Übernahme des Tarifvertrags – gerade wenn man sich die anderen Gruppierungen ansieht – keinen Sinn ergibt. Dieses Plädoyer vonseiten der Opposition hat aufgezeigt, dass die 1:1-Übernahme, für die der Herr Minister nicht so plädiert hat, wie es hier von der SPD zum Teil dargestellt worden ist, einfach nicht machbar ist.

Wir führen diese Diskussion heute nicht zum ersten Mal. Gott sei Dank gibt es einen Gesetzentwurf, sodass wir uns bei der Diskussion, die wir schon im Innenausschuss und davor in der letzten Plenarsitzung geführt haben – mit all dem, was an Aktualität gegeben war –, jetzt daran orientieren können. Es ist nun auch vonseiten der LINKEN eine Alternative gegeben.

Jeder verantwortungsbewusste Parlamentarier, der der Einführung der Schuldenbremse zugestimmt hat – Herr Kollege Rudolph –, muss sich sehr wohl überlegen, wie das finanzierbar ist und ob wir das leisten können. Diese Diskussion werden wir auch führen müssen. Sie wird insbesondere in der Fachberatung stattfinden.

Ich stelle für die FDP und auch für die CDU das fest, was schon im Mai in der Presseverlautbarung stand, die wir aufgrund der aktuellen Ereignisse herausgegeben haben, nämlich dass die Anpassung der Beamtenbesoldung an die Tarifeinigung eine Einkommensverbesserung und

eine weitgehende Gleichbehandlung bedeutet. Das kam bei uns immer zum Ausdruck, indem wir den Begriff „weitgehende Gleichbehandlung“ verwendet haben.

Die Landesregierung hat sich für eine gestaffelte Umsetzung der Tarifabschlüsse für den öffentlichen Dienst bei den hessischen Beamtinnen und Beamten entschieden. Sie setzt damit auf Augenmaß und auf Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen. Dieser Aspekt ist umgesetzt worden, ohne – ich glaube, das feststellen zu können – die Bedürfnisse der Bediensteten hintanzustellen.

Wenn ich die E-Mails lese, die die FDP erhalten hat – Herr Rudolph hat bestätigt, dass wir von dem Feuermann auch heute die gleichen E-Mails bekommen haben –, muss ich sagen: Ich habe großes Verständnis – ich meine, das auch in den Reihen der Regierung feststellen zu können – für die Forderung nach einer deckungsgleichen Übernahme des Tarifabschlusses. Ich persönlich habe Verständnis für das subjektive Erwarten, das dahintersteckt.

Allerdings muss ich feststellen, dass das schlichtweg nicht finanzierbar ist. Warum das so ist, ist dem Entwurf selbst zu entnehmen. Es ergibt sich auch aus den Zahlen, die der Kollege Bauer angeführt hat. Allein die 1:1-Übernahme der Einmalzahlungen würde 44 Millionen € mehr bedeuten. Auch darüber müssen wir diskutieren angesichts dessen, was wir in diesem Landtag mit der Einführung der Schuldenbremse beschlossen haben.

Ich meine, dass die Kritik von SPD und LINKEN falsch ist. Kritik muss differenziert vorgetragen werden, so, wie es der Kollege Frömmrich gemacht hat. Ich kann da nur einen altdeutschen Spruch anbringen: Von anderer Leute Leder kann man gut Riemen schneiden. – Das heißt: Geld ausgeben – aus dem Vollen schöpfen – ist leicht, wenn man die wahren Kosten auf die nachfolgenden Generationen abwälzt. Das wird eine der Diskussionen in den Fachausschüssen des Landtags sein.

Wir werden uns vor dem Hintergrund der Schuldenbremse darüber unterhalten müssen, was machbar ist und – ich sage das mit dem kritischen Zungenschlag, in dem die E-Mails gehalten waren, die wir alle bekommen haben – ob sich ein Beamter, der einem Angestellten nicht 1 : 1 gleichgestellt wird, als ein Angestellter zweiter Klasse fühlen muss, obwohl er Beamter ist und auch die Vorteile des Berufsbeamtentums genießt, die in der heutigen Zeit durchaus mit einem Ausrufezeichen zu versehen sind – im Vergleich zu manchem Angestelltenverhältnis, das in der Vergangenheit mit einem Wenn und Aber verbunden war und es auch in Zukunft sein wird.

Ich freue mich auch auf die Diskussion, weil dadurch zum ersten Mal deutlich wird, wie ernsthaft unser Sparwille ist und wie ernsthaft wir uns hier darum bemühen, einen Konsens über das zu erzielen, was machbar ist. Es kann aber auch sein, dass das, was wir hier mit großer Einigkeit beschlossen haben, etwas plakativ ist und bei der ersten Sollprobe eine politische Niederlage erfahren wird.

Ich freue mich auf die Beratung in den Fachausschüssen, und ich freue mich auf das eine oder anderen differenzierte Plädoyer – analog dem des Kollegen Frömmrich – in der Diskussion, wenn es hilfreich ist und wir noch etwas abfedern können. Ich befürchte, dass das, was in dem Gesetzentwurf steht, das ist, was realisierbar ist, auch im Hinblick auf die Schuldenbremse. Aber das wird die Fachberatung zeigen. Ich freue mich, dass es jetzt endlich beginnt: dass der Gesetzentwurf vorliegt und wir auch Al

ternativen haben, die finanzierbar sein können. – Danke schön.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Blechschmidt. – Für die Landesregierung hat nun Herr Innenminister Rhein das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Blechschmidt hat bereits darauf hingewiesen, dass wir dieses Thema in den letzten Wochen des Öfteren erörtert haben: am 19. Mai im Plenum und dann im Innenausschuss. Inzwischen haben die beiden Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf vorgelegt. Es wird Sie nicht erstaunen, dass ich ihn begrüße und dass ich den Fraktionen dankbar dafür bin, dass sie diesen Gesetzentwurf eingebracht haben. Auch dazu ist das Notwendige gesagt worden.

Aber ich bin insbesondere deswegen glücklich darüber, weil er den Beamten, den Richtern und den Versorgungsempfängern ermöglicht, zeitnah an einer Einkommenssteigerung zu partizipieren. Natürlich nehme auch ich die Äußerungen, die E-Mails, die Gespräche und all das zur Kenntnis, was vonseiten der Personalvertretungen und der Gewerkschaften kommt.

Nichtsdestotrotz muss man feststellen, dass sich in den vergangenen Jahren, nämlich seit dem Herbst 2006, als die Gesetzgebungskompetenz auf die Länder übergegangen ist, die Quote der Besoldungs- und Versorgungsanpassungen in Hessen durchaus sehen lassen konnte. Das kann man nicht wegdiskutieren. Wir haben seit 2007 die Besoldungs- und Versorgungsberechtigten lückenlos in jedem Jahr von linearen Besoldungs- und Versorgungsanpassungen profitieren lassen.

(Zuruf der Abg. Nancy Faeser (SPD))

Die letzten beiden Anpassungen für die Jahre 2009 und 2010 – auch das darf man nicht vergessen – in Höhe von 3 % und 1,2 % liegen noch nicht lange zurück.

Wenn man sich auch das einmal anschaut, stellt man fest: Alles in allem liegt das Land Hessen im bundesweiten Vergleich auf einem sehr guten Platz. Nach wie vor liegt es auf einem der vorderen Plätze. Es ist nicht meine Aufgabe – es ist auch nicht meine Absicht –, hier über andere Länder zu referieren.

(Günter Rudolph (SPD): Dann lassen Sie es auch!)

Lieber Herr Rudolph, nichtsdestotrotz möchte ich das verzerrte Bild, das Sie hier immer zeichnen, ein bisschen geraderücken. Es lohnt sich, einmal über den wunderschönen Rhein zu blicken und sich anzuschauen, was Ihre Kollegen in Rheinland-Pfalz alles machen. Dort wird das Ergebnis der TdL mitnichten in Gänze übertragen.

Dabei regieren dort nach meiner Erinnerung leider nach wie vor die Sozialdemokraten, und es gibt einen rot-grünen Koalitionsvertrag. Dem zufolge sollen die Beamtenbezüge in Rheinland-Pfalz lediglich um 1 % erhöht werden. Das ist die Realität, wenn Sozialdemokraten regieren: hier Geschichten erzählen und den Beamten irgendetwas weismachen und in Rheinland-Pfalz für 1 % Erhö

hung sorgen. Das kann man doch nicht machen; das ist nicht seriös.

(Beifall bei der CDU)

Ich erwähne auch gern das Beispiel Sonderzahlungen. Früher hieß das Weihnachtsgeld. Bundesweit ist auf dem Gebiet wirklich die gesamte Bandbreite vertreten: von 0 % wie in Brandenburg – übrigens auch entsprechend regiert – bis zu kompliziertesten Berechnungen und Konstruktionen, bei denen die Beamtinnen und Beamten am Ende immer weniger in der Tasche haben als in Hessen. Auch das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.

Man kann so viel reden, wie man will: Hessen leistet eine Sonderzahlung, die exakt doppelt so hoch ist wie die des Bundes. Ich finde, das ist eine Zahl, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte. Sie erzählen hier immer etwas von Notopfern oder von Sonderleistungen der Beamten.

Das Gleiche gilt übrigens beim Beihilferecht. Dort haben hessische Beamte gegenüber ihren Länderkollegen ausschließlich Vorteile. Beispielsweise sieht die Hessische Beihilfeverordnung im Gegensatz zu der anderer Länder weder eine Kostendämpfungspauschale noch Praxisgebühren vor. Allein das macht eines deutlich: Es war immer das Anliegen der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, dass die Beamtinnen und Beamten anständige Arbeit leisten und auch anständig dafür bezahlt werden.

(Nancy Faeser (SPD): Anständig lang arbeiten!)

Das Gleiche gilt für die bevorstehende Erhöhung. Auch die kann sich sehen lassen. Das ist nämlich eine ordentliche Erhöhung für die Beamtinnen und Beamten. Genau das ist auch der Grund, warum es wirklich absurd ist, von einer Nullrunde zu reden. Es wäre nämlich eine teure Nullrunde, die wir uns hier leisten würden.

Ich will Ihnen einmal sagen, was diese angebliche Nullrunde uns alle, nämlich die Steuerzahler, in diesem und im nächsten Jahr kosten wird. Wenn Sie das mit den Tariferhöhungen zusammenrechnen, stellen Sie fest, dass das mit 250 Millionen € mehr zu Buche schlagen wird. Das ist eine Viertelmilliarde Euro. Eine Viertelmilliarde Euro ist schon eine besondere Dimension, in der man sich bewegt. Auch das muss man sich immer wieder vergegenwärtigen.

Wir müssen auch das durchrechnen, was die SPD und die Linkspartei wollen. Da sind wir nämlich am Ende bei 430 Millionen €. Das ist fast eine halbe Milliarde Euro. Ich glaube, das ist eine Zahl, die, das muss man der Wahrheit zuliebe immer wieder hinzufügen, ein Haushalt wie dieser nicht mehr stemmen können wird. Auch das gehört dazu, und das muss man den Leuten draußen hin und wieder einmal deutlich machen.

Wissen Sie, wenn wir hier schon über Zahlen reden, dann will ich jetzt einmal zu den wirren Zahlenketten von Herrn Schaus kommen. – Wo ist er? Herr Schaus ist weg. Hat er wieder eine Besuchergruppe?

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hier!)

Da ist er, wunderbar, fantastisch. Das hat mich schon ein bisschen traurig gemacht. – Ich will zu den wirren Zahlenkolonnen von Herrn Schaus kommen, die Sie uns hier beim letzten Mal zugemutet haben. Ich habe einmal die Fachabteilung gebeten – das sind nun wirklich ausgewiesene Spitzenleute, tolle Leute, die eine tolle Arbeit leisten –, sich das anzuschauen. Sie können sich gar nicht vorstellen, was in der Abteilung los war. Die haben geschwitzt; es ist wirk

lich eine Riesenarbeit gewesen. Aber sie haben es hinbekommen, weil sie eben Spitzenleute sind.

Siehe da, der schaussche A-10-Beamte steht gar nicht so schlecht da, wie Sie uns das weismachen wollten.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ach ja!)

Fakt ist, dass sich die Bezüge des schausschen A-10-Beamten, Stufe 7, ab dem 1. Oktober um monatlich 48 € erhöhen werden, ab Oktober 2012 noch einmal um rund 84 €. Ich bin jetzt kein großer Rechner, das gebe ich zu,

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja!)

aber das macht im Monat 132 € plus. 132 € plus ist doch eine Riesenzahl. Das heißt, mit dem Gesetzentwurf von CDU und FDP gibt es 132 € mehr in die Tasche. Das ist eine ordentliche Zahl. Ich finde, dass das alles andere als eine Nullrunde ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP – Hermann Schaus (DIE LINKE): In zwei Jahren! – Günter Rudolph (SPD): Sonderopfer!)

Das ist auch kein „Sonderopfer“. Lieber Herr Abg. Rudolph, das ist doch wirklich kein „Sonderopfer“. Ich habe mich jetzt an den schausschen Beamten gewöhnt. Nehmen wir ihn also noch einmal und schauen auf dessen Lohnzettel. Auf dem schausschen Beamtenlohnzettel, oder nehmen wir einfach das Konto, steht im Jahr 2011 am Ende die Zahl 3.241,20 €.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Das wissen Sie nur, weil Herr Schaus das ausgerechnet hat!)

Wenn ich jetzt den Tarifbeschäftigten mit vergleichbarer Entgeltstufe nehmen und auf dessen Konto schauen würde, wenn ich das dürfte, dann lese ich dort 3.172,30 €.

Herr Minister, gestatten Sie mir den dezenten Hinweis darauf, dass die für die Fraktionen verabredete Redezeit bereits abgelaufen ist.

(Widerspruch bei der CDU)